Testi

 

20.09.2002

Die Zukunft ohne Blocher

Christoph Blocher regelt seine Nachfolge und passt gleichzeitig die Strategie der Ems-Chemie an Interview im CASH vom 20. September 2002 Pascal Schumacher, Victor Weber Christoph Blocher, mit einer derzeitigen Eigenkapitalquote von 46,8 Prozent verfügt die Ems über ein dickes Polster. Trotzdem haben Sie am Kapitalmarkt viel Geld aufgenommen. Weshalb? Christoph Blocher: Wir haben in diesem Jahr die Finanzierung der nächsten acht Jahre in der Höhe von rund einer Milliarde Franken sichergestellt, obwohl wir das Geld nicht unbedingt brauchen: Sorge in der Zeit, so hast du in der Not. Wir haben für rund 600 Millionen Franken Bankkredite abgelöst. Mit 2,8 Prozent haben Sie eine sehr tiefe Verzinsung auf Ihren Anleihen, andere Firmen (ABB, Von Roll, Ascom) stehen dramatisch schlechter da. Blocher: Man darf Sanierungsfälle nicht als Massstab nehmen. Für sie wird es allein schon wegen der hohen Finanzierungskosten schwierig werden. Sie haben sich zu sehr verzettelt. Wieso? Hatten diese Firmen zu viele externe Berater? Blocher: Vielleicht. Aber Berater helfen hier auch nicht weiter. Weshalb nicht? Blocher: Strategien sind Chefsache. Einfache, überprüfbare Strategien statt hohe Theorien, etwas mehr "handglismet". Bis heute bin ich so besser gefahren. In welchen Bereichen zeigt sich das am meisten? Blocher: Im Vertrauen in die Führung! Eine überzeugende und nachvollziehbare Unternehmenspolitik sowie Durchsetzungskraft und die Nähe zum Markt wirken mehr als jede Theorie und Kommunikationswissenschaft. Jetzt steht bei der Ems eine wichtige Strategieentscheidung an. Werden Sie sich von der Börse zurückziehen oder Ihren Anteil verkleinern? Blocher: Ein schwieriger Entscheid. Aber es steht ja nicht das Überleben der Firma zur Diskussion. Es geht darum, das langfristige Interesse der Firma, die Interessen der Minderheitsaktionäre und die Erbschaft zu berücksichtigen. Im Zweifelsfalle gebe ich den unternehmerischen Interessen gegenüber den privaten Vorrang. Bis Ende Jahr werde ich mich definitiv entschieden haben. Welche Kriterien werden beim Entscheid eine wichtige Rolle spielen? Blocher: Bleibt die Ems an der Börse kotiert, werden meine vier Kinder kaum in der Lage sein, die horrenden Vermögenssteuern zu zahlen. Es sei denn, sie würden ihren Wohnsitz in London nehmen, weil dort keine Vermögenssteuern erhoben werden. Doch nur wegen der Steuern in einem anderen Land leben müssen? Nein. Gibt es auch andere als familiäre Gründe, die für ein Going Private sprechen? Blocher: Als privates Unternehmen ist man freier in der Firmenführung. Andererseits wäre die Ems - eine Firma mit einer Börsenkapitalisierung von über zwei Milliarden Franken - als Familienunternehmen einfach zu gross, um den weiteren Ausbau mit privaten Mitteln zu finanzieren. Welches Ihrer Kinder soll denn einmal die Ems-Chemie übernehmen? Blocher: Diese Frage ist offen. Ich dränge keines meiner vier Kinder zu diesem Entschluss. Mein Vater hatte damals auch nicht über meinen Lebensweg entschieden. Im Moment tendieren Sie also mehr für einen Verbleib an der Börse. Blocher: Für die Entwicklung des Unternehmens wäre es wahrscheinlich besser. Zumal der Zugang zu Kapital für ein Privatunternehmen heute ungleich schwieriger geworden ist. Weshalb? Blocher: Erstaunlicherweise finanzieren Banken heute nicht mehr so einfach private Firmen, obwohl viele substanziell solider dastehen als manche an der Börse kotierte. Sie könnten doch die Ems aufteilen. Einen Teil kotiert lassen, den andern als Familienfirma weiterführen. Blocher: Dies würde der langfristigen Strategie der Ems-Chemie widersprechen. Als Chemiefirma und für die Overheads (Finanzwesen, Controlling usw.) braucht die Ems eine gewisse Minimalgrösse, sonst kann sie nicht überleben. Sicher gibt es gewisse Teile, im Engineeringbereich beispielsweise, die man ausgliedern könnte. Ems ist mit 80 Prozent im Bereich der polymeren Werkstoffe tätig. Das müssen Sie zusammenlassen. Aber Ems-Dottikon wäre doch eine Tochter, die man ausgliedern könnte. Blocher: Das wäre eine Möglichkeit. Aber wir haben sie seinerzeit erworben, weil wir sie zur Abrundung brauchten. Das Gegenteil macht wenig Sinn. Die Lösung des Problems wäre eine Fusion von Ems-Dottikon mit Lonza? Blocher: Wir sind an Lonza mit über 10 Prozent bereits beteiligt. Mit den Schwierigkeiten der BZ-Gruppe - mit 20 Prozent der grösste Aktionär - ist jetzt natürlich eine neue Situation entstanden. Die Gruppe dominiert noch den VR, muss aber gleichzeitig ihr Aktienpaket verkaufen ... ... auch die ZKB muss verkaufen, weil mit dem Lonza-Anteil aus den Ebner-Visionen ein Klumpenrisiko entstanden ist. Blocher: Die ZKB hat erklärt, sie wolle keine Führungsrolle im Lonza-VR übernehmen. Wenn Sie aber 10 Prozent an einem Unternehmen halten, besteht nun mal eine Führungsverantwortung. Und sei es auch nur in der Generalversammlung. Wie sicher sind Sie denn, dass Ebners 20-Prozent-Beteiligung heute bereits zur Disposition steht? Blocher: Ich beziehe mich auf die öffentlichen Verlautbarungen. Sie werden es wohl kaum zulassen, dass Lonza von einem ausländischen Finanzinvestor übernommen wird. Blocher: Nein, irgend ein Finanzinvestor, das ist nicht nach unserem Sinn. Ich denke, dass ein solches Szenario auch die ZKB als Staatsbetrieb nicht zulassen könnte. Diese Gefahr geht natürlich auch von einem grossen europäischen Chemiekonzern aus, der danach seine Interessen auf Kosten der Lonza durchsetzt. Sie würden also mithelfen, eine Verteidigungsallianz aufzubauen, um die Lonza vor einer fremden Übernahme zu schützen? Blocher: Das kann ich jetzt nicht generell beantworten. Aber Sie wollen für einen solchen Fall gewappnet sein. Blocher: Das mit Sicherheit. Wo liegt denn Ihr Interesse an der Lonza? Blocher: Primär ist es eine Finanzbeteiligung. Die Chancen im Feinchemiebereich sind gut. Die Lonza ist aber noch nicht bereinigt. Die Firma muss noch den Polymerbereich ausgliedern. Mit den rund 350 Millionen, die noch von der Kapitalaufnahme verblieben sind, könnten Sie doch jetzt Ihre Lonza-Beteiligung aufstocken. Blocher: Mit den Anleihen haben wir uns einen finanziellen Handlungsspielraum offen gelassen. Ein Aufstocken der Lonza-Beteiligung schliesse ich nicht grundsätzlich aus. Beispiel Novartis: Die Firma hält noch 20 Prozent an ihrer Konkurrentin Roche. Wäre eine Fusion zwischen den beiden nicht von Vorteil für Basel oder für die Schweiz? Blocher: Sicher gäbe es bei einer Fusion der beiden Pharmariesen Vorteile in gewissen Bereichen, zum Beispiel an der Verkaufsfront oder im Bereich Forschung und Entwicklung. Grundsätzlich glaube ich aber, dass die hoch beschworenen Synergien gar nicht so viel bringen, weil sie meist durch den Integrationsaufwand wieder zunichte gemacht werden. Ist das der Grund, weshalb Sie Ems-Patvag nicht integriert haben? Blocher: Ems-Patvag stellt Zünder für Airbags her. Wie wollen Sie das in ein Feinchemie-Unternehmen integrieren? Das ist auch gar nicht nötig. Die Firma ist auch so ertragsstark. Ed Fagan soll eine Sammelklage vorbereiten, weil Ems-Patvag auch Zünder für Minen herstellte. Blocher: Wir stellten Zünder für Hohlladungen, aber nie für Minen her. Seit Wochen lese ich von einer Klage, aber bei mir ist noch keine eingetroffen (lacht). Das Ganze entspringt wohl eher der Fantasie gewisser Journalisten, die denken, man könne den Blocher da in etwas hineinziehen. Unterstützen Sie die Absicht von US-Präsident Bush, den Irak anzugreifen? Blocher: Zum Glück muss dies kein Schweizer entscheiden. Wenn die USA effektiv Beweise haben, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt und diese einsetzen will, muss etwas dagegen unternommen werden. Die Uno müsste handeln - bis jetzt tat sie es nicht. Der US-Präsident hat seinen Willen einzugreifen bekräftigt - notfalls auch ohne Uno-Resolution. Bei der EWR-Abstimmung 1992 haben Sie vorgeschlagen, anstatt der politischen EU beizutreten, mit den USA die Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen. Hat sich Ihre Meinung inzwischen geändert? Blocher: Nein, ich würde nach wie vor ein Freihandelsabkommen mit den USA einem EU-Beitritt vorziehen. Sind uns die USA wohlgesinnter als die EU? Blocher: Nein. Aber mit der EU haben wir längst ein Freihandelsabkommen. Die USA ist ein freies Land. Deshalb sollte sich die Schweiz wirtschaftlich eher den USA annähern. Wenn es zu einer Auseinandersetzung mit dem Irak kommt, dürfte sich Ihre USA-freundliche Meinung wohl ändern. Schliesslich wird die Ems ja auch betroffen sein. Blocher: Verschärft sich die geopolitische Lage, steigen die Ölpreise, und der Schweizer Franken wird gegenüber den anderen Währungen noch stärker. Die Investitionsbereitschaft sinkt. Darauf stelle ich mich als Unternehmer selbstverständlich ein. Wie denn? Blocher: Die Kosten sind tief zu halten. Es sind nur ertragreiche Produkte im Sortiment zu führen, damit wir notfalls mit unseren Reserven verlustreiche Jahre überstehen können. Die Gefahr eines Krieges ist allerdings nicht die Hauptproblematik, ernster ist die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Rechnen Sie mit einer länger dauernden Rezession? Blocher: Wir stellen uns darauf ein. Darum nahmen wir unsere Expansionsziele zurück und reduzierten unsere Investitionen. Müssten Sie denn jetzt nicht Investitionen tätigen, um dann vom Aufschwung überproportional zu profitieren? Blocher: Doch. Wir haben mit einer Erhöhung der Investitionssumme bereits reagiert. Schon vor vier Jahren haben Sie den Expansionskurs gedrosselt, weil Sie eine Konjunkturabkühlung erwarteten. Die meisten Analysten winkten damals ab. Sind Sie ein Hellseher? Blocher: Die Vorhersagen waren alle leichtfertig optimistisch. Nach so viel Hochkonjunktur folgt erfahrungsgemäss eine Baisse. Bezahlen wir heute die Zeche für die Übertreibungen der Neunzigerjahre? Blocher: Natürlich. Diese führte zu Euphorie und Kritiklosigkeit. Ich wurde ausgelacht, als ich an den Bilanzmedienkonferenzen eine Eigenkapitalbasis von 40 bis 60 Prozent postulierte. Jetzt zeigt es sich, wie überlebenswichtig eine gesunde Bilanz ist. Das Konservative ist plötzlich modern. War der Kauf von Atisholz der grösste Fehler, den Sie als Unternehmer je begangen haben? Blocher: Nein, der grösste Fehler war, dass ich Netstal nicht übernommen habe, als die Firma vor Jahren vor dem Konkurs stand.

13.09.2002

Stiftung gefährdet letztlich Wirtschaft und Arbeitsplätze

Interview mit dem Bündner Tagblatt vom 13. September 2002 Die geplante Solidaritätsstiftung sei ein neuer Staatszweck und gefährde Arbeitsplätze, auch in Graubünden. Nationalrat Christoph Blocher über die Verwendung der Nationalbankerträge. Interview Claudio Willi Graubünden ist auf Einnahmen angewiesen, sonst drohen Steuererhöhungen. Sie sind Föderalist, wieso sollen die Kantone - wenn die AHV-Goldinitiative angenommen wird - keine Erträge mehr bekommen, wie sie jetzt in der Verfassung festgeschrieben sind? Christoph Blocher: Die Goldinitiative nimmt den Kantonen keinen einzigen Franken weg. Es ist so, dass die Kantone ab dem nächsten Jahr von der Nationalbank nicht weniger, sondern mehr Geld bekommen, denn die ordentlichen Gewinn-Ausschüttungen der Nationalbank werden ab dem nächsten Jahr von 1,5 Milliarden auf 2,5 Milliarden erhöht. Für mindestens die nächsten fünf Jahre bekommen also die Kantone zu den heutigen Gewinnausschüttungen noch zusätzlich 650 Millionen Franken pro Jahr! Für die überschüssigen Reserven besteht kein Rechtsanspruch für die Kantone. Aber wer sind denn die Kantone? Die Kantone sind nicht nur die Finanzdirektoren, Regierungen und Parlamente. Sondern die in den Kantonen wohnhaften Personen. Stimmt man der Goldinitiative zu, so kommt dies allen Personen in den Kantonen - zum Beispiel im Kanton Graubünden - zugute. Denn sie müssen weniger Steuern und Lohnabzüge bezahlen und haben eine sichere Rente. Die Goldinitiative ist eine Massnahme, um das überschüssige Gold zu nutzen, damit es allen Leuten in den Kantonen zur Verfügung steht. Ist die AHV mit der Goldinitiative auf Jahre hinaus zu sichern? Blocher: Die Goldinitiative löst nicht sämtliche Probleme der AHV. Das hat auch nie jemand behauptet. Aber die Goldinitiative führt dazu, dass die Leute nicht immer noch mehr bezahlen müssen. Die Renten werden sicherer und die Leute müssen weniger bezahlen. Nur weil die Goldinitiative nicht alle Probleme der AHV lösen kann, darf man sie nicht ablehnen. Dies kommt mir vor, wie wenn ein Vater, dem für seine Familie 1000 Franken im Monat fehlen, 500 Franken ablehnt und diese wegwirft mit der Begründung, es seien ja doch nicht alle Probleme gelöst. 500 Franken ist für ihn zwar nicht genug, aber doch etwas mehr. Er wird auch diese 500 Franken gerne annehmen. Wird aber mit der Goldinitiative nicht alles Tafelsilber verscherbelt und mit dem Gegenentwurf dagegen die Substanz erhalten? Blocher: Nein. Der Gegenvorschlag verscherbelt einen Teil der Reserven leichtfertig. Die Goldinitiative wird die 20 Milliarden Franken entweder im Eigentum der Nationalbank anlegen oder im Eigentum des AHV-Ausgleichsfonds, wo das Vermögen ebenfalls nicht verbraucht werden darf. Die Gesetzgebung regelt die Einzelheiten. Da nun das Parlament bereits entschieden hat, dass es das Kapital, das heisst die 20 Milliarden Franken, über einen eigenen Anlagefonds verwalten will, wird das Parlament dieser Lösung zustimmen, und damit kann auch die SVP einverstanden sein. Welches ist denn der Vorteil der Goldinitiative? Blocher: Die Goldinitiative verteilt die Reserven in der Höhe von 20 Milliarden Franken gerecht auf alle Teile der Bevölkerung. Es kommt allen zugute, den Alten, den Mittelalterlichen und den Jungen. Sie müssen weniger für die AHV bezahlen und haben eine sichere Rente. Alle kommen in den Genuss der AHV, alle bezahlen ja auch in die AHV. Gerade in der heutigen Zeit, wo die Wirtschaft unsicher ist, wo die erste Säule (die AHV), die zweite Säule (die berufliche Vorsorge) und die dritte Säule (das Sparkapital) unsicherer sind, sollte man nicht 20 Milliarden Franken einfach für Dinge ausgeben, von denen wir nicht wissen, wofür sie gebraucht werden. Vor allem die geplante Solidaritätsstiftung im Gegenvorschlag ist ein neuer Staatszweck und gefährdet weiterhin unsere Arbeitsplätze und unsere Wirtschaft, vor allem auch in einem Kanton wie Graubünden. Der Nachteil der Goldinitiative ist sicher, dass die Kantone leer ausgehen. Aus der Sicht der Kantone wäre ein doppeltes Nein besser? Blocher: Wer dem Gegenvorschlag zustimmt, muss wissen, dass er 7 Milliarden Franken für 30 Jahre für eine dubiose Solidaritätsstiftung einsetzt. Diese Solidaritäts-Stiftung gibt die Hälfte ins Ausland und die andere Hälfte ins Inland. Der Stiftungszweck ist so formuliert, dass alles möglich ist, es ist ein Selbstbedienungsladen. Dazu kommt, dass diejenigen Kreise, welche diese Stiftung erpresst haben, die Schweiz jedes Jahr wieder erpressen werden, um ihre Beiträge zu bekommen, wenn man sie ihnen nicht schon zum voraus auszahlt. Wenn das Volk zweimal nein stimmt, dann ist sicher einmal diese Stiftung vom Tisch. Aber auch die Beiträge in die AHV fehlen in der ganzen Grössenordnung, und das heisst, wir haben Steuererhöhungen - für die AHV sicher schon in den nächsten Jahren - oder höhere Lohnabzüge. Mit der Goldinitiative ist mindestens für die nächsten 10 Jahre dafür gesorgt, dass um die ausbezahlten Beträge eben keine Steuererhöhungen und keine höheren Lohnabzüge für die AHV nötig sind, um die bestehenden Renten zu sichern. Und später, wenn die Mehrwertsteuer trotzdem einmal erhöht werden sollte, muss sie immer um rund eine Milliarde Franken weniger erhöht werden, als wenn man die Goldinitiative ablehnt. Die Leute haben es besser, und es geht ihnen dadurch auch besser. Der Pferdefuss des Gegenvorschlages des Bundesrates ist ohne Zweifel die Solidaritätsstiftung. Der "Geburtsfehler" bei der Lancierung wiegt schwer? Blocher: Die Stiftung hat nicht nur einen Geburtsfehler, sie ist wegen nichts anderem entstanden als der schwerwiegenden Drohung aus dem Ausland. Diese Stiftung wurde erstmals versprochen, angekündigt und ist gleichsam als feststehende Sache hingestellt worden, durch den damaligen Bundespräsidenten Koller, am 5. März 1997. Er hat diese Stiftung versprochen, und als einziger konkreter Stiftungszweck hat er genannt: "Selbstredend auch für Holocaust- und Shoa-Opfer." Diese Kreise werden auf diese Tatsache hin die Stiftung unter Druck setzen. Der Stiftungszweck ist auch so formuliert, dass aus dieser Stiftung so Geld gegeben werden kann und Geld gegeben werden muss. Es steht so ausdrücklich im Stiftungszweck. Damit setzt sich die Schweiz einem Druck aus, was gegenüber dem Ausland eine Schwächung bedeutet. Muss man, wenn man der Solidaritätsstiftung nicht zustimmt, nicht ein schlechtes Gewissen haben? Blocher: Nein, die Schweiz muss wirklich kein schlechtes Gewissen haben, praktisch alle Notenbanken haben Reserven aus den Notenbanken ausgegliedert und haben Goldreserven aufgelöst. Ich kenne keinen einzigen Staat, der eine solche Stiftung gemacht hätte. Im Weiteren leistet die Schweiz ein ausser-ordentlich grosses Mass an Auslandhilfe. Wenn man nicht nur die staatliche Entwicklungshilfe der Schweiz zählt, sondern alle anderen auch - insbesondere die private Hilfe - so liegt die Schweiz pro Kopf der Bevölkerung, mit Norwegen, an der Spitze. Sie zahlt proportional viereinhalb mal so viel wie die USA, zweieinhalb mal so viel wie Deutschland und zweimal so viel wie Japan. Die Schweiz hat keinen Grund, sich hier zu schämen. Abgesehen davon: Es spricht für Verantwortung und für allergrösste Solidarität, wenn man Eigentum, das einem nicht gehört, nämlich das Volksvermögen, wieder dem Volke zuführt. Und das in einer Form, welche die AHV für lange Zeiten sicherer macht. Das ist die Vorsorge für die Zukunft. * * * * *   «Persönlich Gutes tun wäre echte Solidarität» Besser als in die Stiftung wäre es gewesen, Geld in das Rote Kreuz fliessen zu lassen, sagt Christoph Blocher. Aber am besten in die AHV. Ein Sechstel der Erträge soll Projekten in der Schweiz zufliessen: Ist dies richtig, ist dieser Weg notwendig - gibt es Armut in der Schweiz? Christoph Blocher: Selbstverständlich zweifle ich nicht daran, dass man Projekte findet, die das Geld aus dieser Solidaritätsstiftung verteilen würden. Wenn man Armut findet in der Schweiz, das heisst wenn Leute unverschuldeterweise in Not gekommen sind und keine Kraft mehr haben, sich selbst zu helfen, dann hat die staatliche Fürsorge einzugreifen. Dafür gibt es Geld und muss es Geld geben. Aber diese Stiftung ist für alles da, auch für Armut, aber auch für vieles, vieles andere, für politische, kulturelle Integration, für Zusammenarbeit, für Versöhnung, für die Folgen von Verfolgungen, für die Folgen von Genoziden, bis zur Preisverleihung an verdienstvolle Leute. Mit dieser Stiftung kann man gleichsam alles machen. Es stört auch, dass ein kleiner Stiftungsrat über so viel Geld verfügen wird. Diese Stiftung kann in diesen 30 Jahre wo sie vorgesehen ist, ungefähr 7 bis 10 Milliarden Franken ausschütten. Das ist ein riesiger Betrag, der undemokratisch verteilt wird. Wäre es, wenn schon, nicht sinnvoller gewesen, beispielsweise das Rote Kreuz mit Geldern zu bedienen, statt eine neue Stiftung mit Apparat und Stiftungsräten aufzumachen? Blocher: Natürlich wäre es sinnvoller gewesen, das Geld einer Institution zu geben, wo man weiss, was damit getan wird und die auch Rechenschaft ablegen muss. Aber ich bin der Meinung, dass wir in der heutigen Zeit nicht vor allem daran denken sollten, wie man Geld verschenkt, sondern wie man Volksvermögen sinnvollerweise nutzt, so dass für die Menschen die Zukunft gesichert ist, ohne dass sie dafür dauernd mehr bezahlen müssen. Hätten Sie bei einer Lösung Nationalbanker-träge ans Rote Kreuz auch opponiert? Blocher: Ja, der Bund gibt bereits grosse Beiträge an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Natürlich kann man das Geld noch für viel Gutes verwenden. Aber dieses Geld wird der AHV fehlen, und die Leute müssen das bezahlen. Wenn man das Geld mit der Goldinitiative für die AHV nutzt, dann haben die Leute mehr zur Verfügung. Falls sie wollen, können sie persönlich Gutes tun - das wäre dann echte Solidarität. SP, CVP, aber auch FDP haben sich gegen die Goldinitiative ausgesprochen … Blocher: Es ist selbstverständlich, dass sich die "Koalition der Vernunft" auch in dieser Sache zusammengetan hat. Die Sozialdemokraten führen jetzt eine Unterschriften-Sammlung durch, welche den Zweck verfolgt, den Kantonen Geld aus den Nationalbankgewinnen wegzunehmen: Sie wollen die Gewinnausschüttungen pro Jahr von zweieinhalb Milliarden auf eine Milliarde Franken reduzieren. Und was wollen sie mit dem Geld machen? Sie wollen es für die AHV nutzen. Die FDP predigt dauernd, man sollte die Steuern nicht erhöhen und keine neuen Staatszwecke schaffen. Auch solle man dem Staat kein Geld geben ohne die Auflage, Steuern oder Schulden zu senken. Und was macht die FDP? Sie schafft mit der Stiftung einen neuen Staatszweck, sie setzt dafür 7 Milliarden Franken ein, die Leute müssen dafür mehr Steuern bezahlen. Wann endlich hört dieser Schlendrian auf?

10.09.2002

Notre initiative entend uniquement consolider l’AVS

Christoph Blocher défend l'initiative sur l'or et attaque le contre-projet du Conseil fédéral Interview dans L'Agefi du 10 septembre 2002 Le tribun dénonce avec véhémence la Fondation Suisse solidaire, qualifiée de pur "self-service" distribuant de l'argent sans contrôle. Edgar Bloch Le peuple devra se prononcer le 22 septembre sur l'initiative sur l'or lancée par l'UDC. Celle-ci propose de transférer les réserves monétaires excédentaires ou les revenus qui en seront tirés au fonds de compensation de l'AVS. Les modalités seront fixées par la loi. Pour faire le point sur cet objet, auquel s'oppose le Conseil fédéral qui présente un contre-projet, le conseiller national (UDC/ZH) Christoph Blocher répond à nos questions. Monsieur Blocher, le Conseil fédéral reproche à votre initiative de dépenser une fois pour toutes le capital constitué par la réserve d'or de la BNS. Que rétorquez-vous à cette critique? Christoph Blocher: Le Conseil fédéral ne dit pas ça. L'initiative sur l'or prévoit que le capital tiré des réserves d'or excédentaires de la BNS ne restera pas seulement à disposition durant 30 ans, mais pour toujours. Les revenus sont versés pour l'AVS et non pour la Fondation Suisse solidaire. L'initiative laisse deux possibilités au législateur: le capital de l'or reste en possession de la BNS ou va dans le fonds de l'AVS. Dans les deux cas, si l'on place à un taux moyen de 5% par an, cela produit un rendement d'un milliard de francs par an, pour une durée indéterminée. L'initiative sur l'or ne préconise pas une distribution de rentes aux habitants mais entend uniquement consolider l'AVS. On aurait pu verser directement à chaque personne en Suisse 3000 francs. Nous n'avons pas retenu cette idée. Un nouveau-né ne peut pas recevoir autant qu'une personne de 70 ans qui a cotisé toute sa vie. Et puis l'injection de vingt milliards de francs dans l'économie pourrait provoquer une surchauffe. En plus, le capital sera dépensé un jour. Avec l'initiative sur l'or, chacun payera moins pour l'AVS. Avec un milliard de francs par an, il n'est pas nécessaire d'augmenter la TVA, au minimum pendant dix ans. Que dit le Conseil fédéral? Il veut utiliser 7 milliards de francs sur 20 milliards pour une Fondation. A 5% par an, cela représente 350 millions de francs par an, soit 3,5 milliards de francs dans dix ans ou 10,5 milliards de francs dans trente ans. Et par la suite, il sera possible de répartir la fortune à raison d'un tiers pour les cantons, un tiers pour le Conseil fédéral et un tiers pour l'AVS. Ce sera dilapidé. Votre initiative est-elle vraiment solidaire, s'il faut de toute façon augmenter les taux de la TVA? Blocher: La plus grande institution de solidarité en Suisse est l'AVS, selon un mécanisme qui voit les riches payer le plus pour les pauvres qui perçoivent aussi le plus. Nous avons une responsabilité pour le bien-être de tous dans notre pays. Ici nous parlons de la fortune du peuple. Il ne s'agit pas de cadeaux, même si c'est toujours agréable d'en distribuer. Que l'on privilégie l'AVS me semble plus nécessaire que jamais avec les incertitudes économiques actuelles. Les jeunes se demandent s'il y aura encore suffisamment d'argent pour payer les rentes dans quarante ans. Voyez la discussion sur les taux à la baisse du 2e pilier avec le recul des bourses. La même remarque vaut d'ailleurs pour le 3e pilier où les rendements sont bien en dessous de l'an passé. Il est donc nécessaire d'utiliser ce que nous avons. Notre initiative permet aux individus de subir moins de réductions de leur salaire. Elle ne vise qu'à améliorer la situation qui permet aux Suisses de payer environ un milliard de francs de moins par an. L'attitude du gouvernement est typique de la mentalité dominante en cours chez nos politiciens: ils se contentent de répéter que c'est insuffisant pour l'AVS. C'est pour ces raisons que la Confédération est endettée pour plus de 100 milliards de francs, que nous dépensons deux milliards de francs pour Swiss et un milliard de francs pour l'Expo. Votre initiative ne pénalise-t-elle pas les cantons qui ont pourtant un droit aux bénéfices de la BNS? Blocher: Les cantons ne bénéficient pas d'un droit sur ces réserves. Ils perçoivent deux tiers des bénéfices des revenus de la BNS qui sont nécessaires à sa politique monétaire. Aujourd'hui, ils ont profité de l'augmentation des bénéfices de ces réserves passées de 1,5 milliard à 2,5 milliards de francs, répartis à raison d'un tiers à la Confédération et de deux tiers aux cantons. Dès 2003, les gouvernements cantonaux disposeront de 700 millions de plus qu'aujourd'hui de la part de la BNS. On leur verse donc beaucoup d'argent. Si on leur redistribue encore 300 millions de francs par an, comme le préconise le contre-projet du Conseil fédéral, ils ne diminueront en rien leurs dettes et leurs impôts. Au contraire, cette proposition augmente la quote-part de l'Etat, ce qui constitue un problème pour l'économie et le maintien de places de travail. Mais la Fondation Suisse solidaire n'a rien à voir avec le génocide nazi; elle est complètement tournée vers l'avenir. Blocher: Non, il est écrit que ces montants seront versés aux héritiers des victimes de génocides et du racisme, et d'encore beaucoup d'autres choses. On peut faire tout ce qu'on veut avec cette Fondation. Les cercles américains qui ont exercé des pressions ne cessent de nous répéter que nous leur avons fait des promesses. Il est évidemment impossible au Conseil fédéral de revenir sur ce qu'il a promis, mais le peuple est souverain et a tout loisir, lui, de dire non. La loi voulue par le contre-projet permet à l'étranger de nous dicter à quelles fins les montants seront affectés, pour moitié à l'étranger et aussi aux héritiers de génocides passés. Ce sera un vrai self-service. Que la Fondation soit explicitement obligée de soutenir pour moitié des bons projets en Suisse ne revêt aucun intérêt pour vous? Blocher: Naturellement, on peut trouver deux mille choses à soutenir, mais d'une part l'argent manque à l'AVS et d'autre part, il faut dire au peuple qu'on augmente les taxes. J'entends déjà chaque politicien formuler ses propositions: en faveur des mères célibataires, des jeunes, contre la lèpre, pour la culture, etc. Tant de choses méritent de l'aide. On distribuera trois cents millions de francs par-ci, par-là, sans le moindre contrôle démocratique. L'initiative sur l'or incite chacun à faire preuve de davantage de soutien individuel envers des institutions comme la Chaîne du Bonheur, par moins de TVA et de charges sociales prélevées sur les salaires. Le Conseil fédéral vous reproche de mettre en péril l'indépendance monétaire de la BNS? Blocher: C'est un argument non fondé. Ce n'est pas nous mais la BNS qui a décidé qu'elle disposait de 20 milliards de francs de trop. C'est la BNS qui décide qu'elle a des réserves qui ne lui sont plus nécessaires. L'indépendance monétaire est beaucoup plus mise en péril par les cantons et la Confédération qui veulent aller chercher et trouver l'argent à la BNS. Le Conseil fédéral exerce son influence sur la BNS parce qu'il en désigne le président. Et s'il s'avère que celui-ci est très faible, c'est un facteur négatif pour la BNS. Je regrette ainsi que celle-ci ait versé en son temps 100 millions dans le Fonds suisse en faveur des victimes de l'Holocauste avec les autres banques. Le fonds est aussi le résultat du chantage.

09.09.2002

Sieben Fragen zu Goldinitiative und Solidaritätsstiftung

Interview mit der Zeitschrift Active Live (Ausgabe Nr. 9, September 2002) Frage 1 Die Konferenzen der Kantonsregierungen wie auch der kantonalen Finanzdirektoren unterstützen den Gegenvorschlag ("Drittelslösung"). Sie indes plädieren für ein Ja zur AHV-Goldinitiative. Ein Teil der SVP ist für ein doppeltes Nein. Stehen Sie, respektive ein Teil der SVP, mit Ihrem Ansinnen politisch nicht allein auf weiter Flur? Antwort Dr. Ch. Blocher Dass die kantonalen Finanzdirektoren bzw. deren Regierungen gern einen Drittel für sich hätten, versteht sich von selbst. Die schweizerische Delegiertenversammlung der SVP hat mit 344 zu 2 Stimmen die Ja-Parole für die AHV-Goldinitiative beschlossen. Worum geht es? Die Nationalbank hat entschieden, dass sie Gold-Reserven von ca. 20 Milliarden für Währungszwecke nicht mehr benötigt. Diese Reserven gehören dem Schweizer Volk. Der beste Weg, dies dem Schweizer Volk zurückzugeben, ist über die notleidende AHV. Ob wir damit auf weiter Flur allein stehen, werden wir sehen. Selbstverständlich gibt es zahlreiche Interessenclubs, die diese Initiative bekämpfen, weil natürlich jeder gerne das Geld für sich hätte. Frage 2 Mit der Goldinitiative werden den Kantonen, denen nach geltendem Recht zwei Drittel der Erträge aus den Goldreserven zustehen, diese Finanzbasis entzogen. Ist dies Demokratie? Antwort Dr. Ch. Blocher Es ist nicht richtig, dass gemäss geltendem Gesetz den Kantonen zwei Drittel der Erträge aus den nicht benötigten Goldreserven zustehen. Den Kantonen stehen nur 2/3 der Erträge aus den für Währungszwecke benötigten Reserven zu. Für nicht benötigte Goldreserven - um diese geht es hier - braucht es eine separate Verfassungs-Bestimmung. Die Kantone verlieren also keinen Rappen bei Annahme der Gold-Initiative. Es ist demokratisch, wenn das Volk darüber abstimmt, wie es mit seinen nicht benötigten Reserven - und nur darum geht es - umgehen will. Die gerechteste Art, das Gold dem Volk wieder zuzuführen, geschieht meines Erachtens über die AHV. So profitieren alle davon. Die Renten werden sicherer und die Lohnabzüge, sowie die Mehrwertsteuer müssen dadurch weniger erhöht werden. Wovor haben Sie Angst? Trauen Sie der Ausgabenpolitik der Kantone nicht? Antwort Dr. Ch. Blocher Ich verstehe Ihre Frage nicht? Sicherlich ist, dass das Geld nicht für Schuldentilgung, sondern für neue Ausgaben gebraucht würde, wenn es an Bund und Kantone fliesst, was wirtschaftlich schädlich ist. Und dazu leidet erst noch die AHV weiter. Frage 3 Überschüssiges Nationalbankgold darf nicht ins Ausland verschachert werden. Was meinen Sie damit? Die Drittelslösung wäre ja auch nur auf die Schweiz zugeschnitten. Oder doch nicht? Antwort Dr. Ch. Blocher Der Gegenvorschlag des Bundesrates sieht vor, dass von den nicht mehr benötigten Goldreserven 7 Milliarden - also rund ein Drittel - einer Solidaritätsstiftung zugewiesen wird. Diese Mittel sollen "ausgewogen im In- und Ausland" eingesetzt werden. Also ca. die Hälfte soll ins Ausland gehen. Und da dies den amerikanischen Kreisen, die uns wegen unserer Friedenspolitik zur Zeit des zweiten Weltkriegs erpresst haben, versprochen wurde, würden wir jedes Jahr um die Erträge erpresst werden. Das ist klar voraussehbar. Wenn das Volk der Goldinitiative zustimmt, dann ist dieser Erpresserei auch ein Ende gesetzt. Zumindest heisst es von Seiten des Bundesrates, Wiedergutmachungszahlungen seien ausgeschlossen. Antwort Dr. Ch. Blocher Der Stiftungszweck sieht vor, dass das Geld auch "zur Verhütung der Ursachen und zur Linderung der Folgen von Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und Völkermord" gebraucht werden soll. Darunter lässt sich vieles, sehr vieles sumpsummieren, auch die damals vom Bundesrat versprochenen Zahlungen an die Holocaust-Opfer. Das sind dann Wiedergutmachungszahlungen, auch wenn man sie anders nennt. Frage 4 Die AHV hat substanzielle Finanzierungsprobleme. Wäre dies die Lösung? Antwort Dr. Ch. Blocher Das Problem der AHV ist tatsächlich die Finanzierung. Einerseits hängt das Funktionieren davon ab, ob die Wirtschaft floriert und genügend Lohnempfänger vorhanden sind, die die Beiträge zahlen und andrerseits hängt es von der Alterspyramide ab. Weil die Leute immer älter werden, ist die Finanzierung das Problem. Würden wir die Erträge - und es geht hier nur um die Erträge und nicht um das Aufbrauchen des Vermögens - für AHV-Rentner verwenden, so sind zusammen mit den übrigen heute bekannten Finanzierungen mindestens für die nächsten zehn Jahre keine Beitragserhöhungen notwendig, um die heutigen Renten zu sichern. Andernfalls müssen bereits in den nächsten Jahren Mehrwertsteuererhöhungen vorgenommen werden. Frage 5 Wie lang und in welcher Form könnte das Schweizervolk von der Goldinitiative profitieren? Ein Tropfen auf den heissen Stein? Antwort Dr. Ch. Blocher Das Schweizer Volk könnte ewig von dieser Goldinitiative profitieren. Denn es ist ja vorgesehen, dass entweder die ganzen Reserven in der Nationalbank bleiben und die Erträge jährlich in den AHV-Fonds ausgeschüttet werden, oder die ganzen Reserven werden in den AHV-Fonds überwiesen. Im AHV-Fonds ist vorgeschrieben, dass die Reserven in der Regel eine Jahreszahlung der Renten nicht unterschritten werden darf, d.h. heute ca. 27 Milliarden. Also auch in diesem Fall wäre es verboten, das Vermögen dieser einzuweisenden 20 Milliarden zu verbrauchen. Bei einem Ertrag von 5 % auf den 20 Milliarden bedeutet das jährlich 1 Milliarde. Das ist ungefähr die Hälfte eines Lohnprozentes oder die Hälfte eines Mehrwertsteuerprozentes für alle Zeiten. Das ist nicht nichts. Frage 6 Sie versprechen weniger Steuern, weniger Mehrwertsteuern und trotzdem eine sicherere AHV. Eine bestechende Lösung. Wo ist der Haken, dass nicht alle freudig auf dieses Schiff aufspringen? Antwort Dr. Ch. Blocher Das müssen Sie die andern fragen. Einerseits haben viele die Solidaritätsstiftung einfach versprochen, ohne zuerst das Volk zu fragen. Sie können leider nicht mehr zurück. Unterbinden kann dies nur noch die Mehrheit des Schweizer Volkes. Die Banken versprechen sich von dieser Solidaritätsstiftung, dass sie bezüglich Forderungen aus dem Ausland etwas abgedeckt werden. Darum haben die Banken auch einen wesentlichen Teil der Vorbereitungsarbeiten für diese Stiftung bezahlt. Es ist aber nicht Sache des Schweizer Volkes allfälliges Unrecht von Banken - welches über die Gerichte abzuklären wäre - mit ihrem Geld auszugleichen. Dass die Kantonsregierungen eher für den Gegenvorschlag sind, weil sie dann auch einen Teil davon bekommen, versteht sich von selbst. Frage 7 Die Goldinitiative hat vor allem für Otto-Normalverbraucher etwas verlockendes: Der Schritt hin zur sicheren AHV. Selbst Bundesrat und Finanzminister Villiger findet die Idee nicht abwegig. Er sieht aber die Unabhängigkeit der Nationalbank in Frage gestellt, weil Ihre Initiative die Höhe der überschüssigen Goldreserven nicht definiert. Antwort Dr. Ch. Blocher Die AHV kommt allen zu gut, nicht nur dem "Otto-Normalverbraucher". Aber die AHV ist die erste Säule. Wenn 20 Milliarden nicht benützt werden, gibt man es dort hin, wo die Not am grössten ist, also in die AHV. Ich weiss nicht warum die Unabhängigkeit der Nationalbank in Frage gestellt sein könnte. Es ist ein gesuchtes Argument. Denn wieviel Goldreserven die Nationalbank nicht benötigt, das bestimmt weiterhin, gemäss der heutigen Gesetzgebung, die Nationalbank. Die Goldinitiative ändert hier nichts!

05.09.2002

Geste oder Erpressung

Streitgespräch mit Peter Arbenz im FACTS Nr. 36/2002 vom 5. September 2002 Goldinitiative contra Gegenvorschlag: Christoph Blocher streitet mit Peter Arbenz, pro Solidaritätsstiftung, über die Verwendung der Goldreserven. Gesprächsleitung: Michael Gerber, Urs Zurlinden Herr Arbenz, was ist ein solidarischer Mensch? Peter Arbenz: Ein solidarischer Mensch kämpft für Gerechtigkeit. Für Ausgleich zwischen jenen, denen es weniger gut geht, und jenen, denen es besser geht. Ein solidarischer Mensch nimmt Anteil am Leiden anderer. Und er nimmt Rücksicht. Herr Blocher, fühlen Sie sich als solidarischer Mensch? Christoph Blocher: Solidarität ist ein hoher Begriff und heisst freiwilliges Einstehen für andere. In der Politik wird der Begriff Solidarität häufig missbraucht. Politiker halten sich oft für solidarisch, wenn sie Geld verteilen, das ihnen gar nicht gehört. Erklärt das Ihren Kampf gegen die Stiftung Solidarität Schweiz? Blocher: Auch. Solidarität basiert auf Freiwilligkeit. Man kann sie nicht von oben verordnen. Besonders stört mich, dass die Stiftung sieben Milliarden Franken erhalten soll, die dem Schweizer Volk gehören. Statt es dem Volk zurückzugeben, verteilt ein kleiner Stiftungsrat etwa 350 Millionen pro Jahr. Das macht 10,5 Milliarden in 30 Jahren. Mit Solidarität hat das nichts zu tun. Der Stiftungsname ist irreführend. Arbenz: Ganz im Gegenteil. Er bringt zum Ausdruck, dass wir Schweizer dieses Geld nicht einfach für uns behalten wollen, sondern Not leidende Menschen im Ausland auch daran teilhaben lassen wollen. Zudem wird die Stiftung nicht von oben verordnet, wie Sie behaupten, Herr Blocher. Und sie erhält auch nicht sieben Milliarden zur freien Verfügung, sondern lediglich die Zinsen davon. Am 22. September kann das Volk entscheiden, ob es die Stiftung will oder nicht. Von Zwang oder von Erpressung kann also keine Rede sein. Blocher: Sehr wohl. Und die Erpressungen werden weitergehen. Das Versprechen, das der damalige Bundespräsident Arnold Koller am 5. März 1997 im Parlament machte, ging um die Welt und macht uns erpressbar. Damals stand die Schweiz wegen der nachrichtenlosen Vermögen von amerikanischen Kreisen unter gewaltigem, erpresserischem Druck. Arbenz: Die Ankündigung der Stiftung war eine freiwillige Geste. Man darf die Stiftung nicht schlecht machen, weil die Idee dazu während der Debatte über die nachrichtenlosen Konten entstanden ist. Dieses zeitliche Zusammentreffen war purer Zufall. Die Verteilung des nicht mehr benötigten Goldes der Nationalbank war schon zuvor ein Thema. Blocher: Nein, Herr Arbenz, so war es nicht. Koller hielt seine Rede vor der Vereinigten Bundesversammlung unter dem Traktandum "nachrichtenlose Vermögen". Dabei versprach er, dass die Stiftung "selbstredend auch für Holocaust- und Schoa-Opfer" gedacht sei. Wenn wir nun die Stiftung gründen, werden diese amerikanischen Kreise ihren Anteil einfordern. Und uns im Notfall mit diesem Versprechen jedes Jahr erpressen. Arbenz: Davor habe ich keine Angst. Obwohl ich Erpressungsversuche nicht ausschliesse, wird die Stiftung die Gelder völlig unabhängig vergeben. Sie wird aber keine Individualhilfe für Holocaustopfer leisten. Das würde gegen das Stiftungsgesetz verstossen. Auch der World Jewish Congress, auf den Sie anspielen, Herr Blocher, wird von der Stiftung keinen Rappen sehen. Das hat der Bundesrat wiederholt betont. Blocher: Im Stiftungsgesetz steht schwarz auf weiss, dass die Gelder unter anderem "zur Linderung der Folgen von Genoziden verwendet werden können". Was ist das anderes als Vergangenheitsbewältigung? Arbenz: Die Stiftung ist zukunftsgerichtet. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie Geld zur Verhinderung von Völkermorden einsetzen wird. Doch das hat mit den Holocaustopfern nichts zu tun. Rund die Hälfte der jährlich 350 Millionen soll via Hilfswerke den Notleidenden zukommen. Sind die Hilfswerke tatsächlich in der Lage, von einem Jahr aufs andere 25 Prozent mehr Geld als bisher sinnvoll zu verteilen? Arbenz: Da sehe ich kein Problem. Es gibt im In- und Ausland unzählige, drängende Probleme, die nicht angepackt werden können, weil das Geld fehlt… Blocher: Ich zweifle keine Sekunde daran, dass das Geld ausgegeben würde. Doch fehlt es dann der AHV. Arbenz: Die Hilfswerke würden das Geld ja nicht einfach so erhalten. Sie müssten Projekte einreichen. Und erst nach einer genauen Prüfung würden die Gesuche bewilligt. Oder eben auch nicht. Wie viel davon peilt die von Ihnen präsidierte Helvetas an? Arbenz: Es ist völlig offen, wie viel wir allenfalls erhalten würden. Das hängt davon ab, welche Schwerpunkte der Stiftungsrat der Stiftung Solidarität Schweiz setzen wird. Die Gelder werden nicht nach dem Giesskannenprinzip verteilt. Das steht bereits heute fest. Blocher: Im Gegenteil. Die Stiftung wird zum Selbstbedienungsladen werden. Ihr Zweck ist im Gesetz dermassen schwammig umschrieben, dass alles und jedes finanziert werden kann. Von den Lese- und Schreibkursen für Analphabeten über Preisverleihungen und Integrationsprojekte bis zum Brunnenbau in Afrika. Was haben Sie gegen den Bau von Brunnen in Afrika? Blocher: Überhaupt nichts. Ich habe in Afrika ein Spital und eine Schule gestiftet. Es ist allen freigestellt, Entwicklungsprojekte auf privater Basis zu unterstützen. Die Schweiz zahlt Riesensummen für Entwicklungshilfe. Es ist unverantwortlich, in einer Zeit sieben Milliarden Franken vom Volksvermögen zu verteilen, in der die Leute um ihre Altersvorsorge bangen. Ich wehre mich dagegen, dass gerade die jungen Leute mit höheren Lohnabzügen und höheren Steuern für diese noble Geste büssen müssen. Was würden Sie mit den 1300 Tonnen Gold machen, wenn Sie in Eigenregie darüber bestimmen könnten? Blocher: Ich würde sie dem rechtmässigen Besitzer zurückgeben, dem Schweizer Volk, in bar oder als Goldvreneli. Leider wäre diese Geste kaum umzusetzen. Es gäbe Streit darüber, ob ein Säugling gleich viel erhalten soll wie ein Rentner. Einen solchen Verteilkampf umgehen wir, indem wir die 20 Milliarden der AHV zukommen lassen. Dank dem jährlichen Ertrag von gegen einer Milliarde Franken müssten junge Leute, Familien und Betagte weniger für die AHV abgeben. Das ist die gerechteste Lösung. Arbenz: Eine Scheinlösung. Saniert wäre die AHV damit noch lange nicht. Blocher: Die Goldinitiative löst zwar nicht alle Probleme der AHV. Alle Leute müssten aber weniger bezahlen. Arbenz: Mit dem Transfer des gesamten Goldes in den AHV-Fonds würde der Druck abnehmen, die AHV strukturell zu reformieren. Ausserdem würde damit das in der Verfassung verankerte Recht der Kantone auf zwei Drittel der Erträge der Nationalbank missachtet. Deshalb lehnen die Kantone auch Ihre Initiative ab und unterstützen stattdessen unseren Gegenvorschlag, der ihnen ein Drittel der Erträge aus dem Erlös des Goldverkaufs zusichert. Blocher: Es gibt keinen verfassungsmässigen Anspruch der Kantone auf das Gold. Arbenz: Doch. Den Kantonen stehen zwei Drittel des Gewinns der Nationalbank zu. Und solche Reserven sind letztlich nichts anderes als zurückbehaltene Gewinne. Blocher: Den Kantonen wird nichts weggenommen. Im Gegenteil. Sie werden reichlich bedient. Ab 2003 erhalten sie 650 Millionen mehr als bisher, da künftig zweieinhalb statt eineinhalb Milliarden Franken Gewinn pro Jahr ausgeschüttet werden. Arbenz: Sie kommen vom Thema ab, Herr Blocher. Die höhere Gewinnausschüttung der Nationalbank hat mit der Auflösung der Goldreserven nichts zu tun. Blocher: Sehr viel sogar. Die Finanzdirektoren erhalten zusätzliche 650 Millionen, damit keine neuen Reserven entstehen. Ich befürchte jedoch, dass sie damit wiederum die Ausgaben erhöhen statt die Schulden abbauen oder die Steuern senken würden. Welche Folgen hätte ein Nein zum Gegenvorschlag - und damit zur Solidaritäts-Stiftung? Arbenz: Mit einem Nein würde die einmalige Chance vertan, die nicht mehr benötigten Goldreserven der Nationalbank nachhaltig zu nutzen - die künftige Verwendung offen lassend. Zugleich würden wir eine günstige Gelegenheit verpassen, ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Das würde im Ausland zur Kenntnis genommen. Und mit viel Häme kommentiert? Arbenz: Sicher bekäme damit das hartnäckige Vorurteil Auftrieb, wonach wir Schweizer in erster Linie für uns schauen, uns abschotten - und Not leidenden Menschen im Ausland nicht einmal ein Sechstel der Goldzinsen gönnen. Blocher: Damit versucht man zu drohen. Viele Länder bauen gegenwärtig ihre Goldreserven ab. Und kein einziges überführt einen Teil des Erlöses in eine solche Stiftung. Ich bin sicher, dass wir kaum Kritik, sondern Beifall ernten würden, weil wir dem erpresserischen Druck gewisser Kreise nicht nachgegeben haben.