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Immigration

16.07.2009

La Suisse est-elle menacée de destruction?

Discours public du 16 juillet 2009 à l'Hôtel Marriott, Zurich 090716resume_01.pdf

28.01.2009

Blocher gegen Schneider-Ammann

Streitgespräch in der Weltwoche, Christoph Blocher (SVP) und Johann Niklaus Schneider-Ammann (FDP) Interview in der "Weltwoche" vom 28. Januar 2009 von Andreas Kunz und Markus Somm Weltwoche: Herr Schneider-Ammann, die Wirtschaftsverbände werben mit grossem Aufwand für die Personenfreizügigkeit. Warum ist ein JA zur Personenfreizügigkeit aus ihrer Sicht als Unternehmer so wichtig? Schneider-Ammann: Die Schweiz ist ein Industrie- und Exportland. Wir haben den Weg der Bilateralen Verträge gewählt, und er hat sich in den vergangenen Jahren bewährt. Er ermöglichte uns den gleichen Marktzugang wie den Ländern innerhalb der EU. Alternative dazu wäre eine Isolation oder ein EU-Beitritt. Die Wirtschaft braucht sichere Rahmenbedingungen, um konkurrenzfähig zu bleiben und investieren zu können. Vor allem in den schwierigen Zeiten, die auf uns zukommen, können wir uns unsichere Verhältnisse nicht leisten. Herr Blocher, warum nehmen Sie als Unternehmer unsichere Rahmenbedingungen in Kauf? Blocher: Ein NEIN verbessert die Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft. Mit einem JA werden sie verschlechtert. Natürlich brauchen wir Arbeitskräfte. Aber Personenfreizügigkeit heisst, dass jeder aus den betreffenden Ländern mit Familiennachzug in der Schweiz arbeiten und – auch im Falle der Arbeitslosigkeit – während mindestens 5 Jahren sämtliche schweizerischen Sozialleistungen beanspruchen kann. Beim letzteren liegt die Problematik. Es stimmt, dass in der Hochkonjunktur neue Arbeitsplätze in der Schweiz entstanden sind. Das ist auch keine Kunst. Aber jetzt werden sie wieder abgebaut und die Nachteile der Personenfreizügigkeit werden sich jetzt in den nächsten Jahren zeigen: Die Arbeitslosigkeit wird massiv steigen und die Sozialwerke werden unverantwortlich beansprucht. Die Personenfreizügigkeit mit den bisherigen Staaten ist eine Dummheit. Die Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien ist Wahnsinn! Die meisten Zuwanderer sind hochqualifiziert. Die werden weniger von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Blocher: Im ganzen Bankensektor werden jetzt "Hochqualifizierte" entlassen. Zu Tausenden! Seit der vollen Freizügigkeit mit den alten Staaten rekrutierten wir am meisten Deutsche und Portugiesen. Die Behauptung, die Leute gingen bei Arbeitslosigkeit wieder heim, wird bereits durch die Zahlen widerlegt: Die Arbeitslosigkeit bei den Deutschen in der Schweiz stieg nur schon vom September 2008 bis zum Dezember 2008 um 50%, bei den Portugiesen sogar um 89%. 7% aller Arbeitslosen in der Schweiz sind Ende Dezember bereits Portugiesen, und wir stehen erst am Anfang einer Rezession. Das wird mit der Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien extremer werden. Darum müssen wir für neue Verträge – wie Rumänien und Bulgarien – die Notbremse ziehen. Wenn Sie so grundsätzliche Zweifel an der Personenfreizügigkeit haben, warum hat Ihre Partei, die SVP, überhaupt je zugestimmt? Blocher: Ich habe bei der erstmaligen Einführung NEIN gestimmt, weil die Personenfreizügigkeit auf die Länge ein nicht tragbares Risiko für unser Sozialsystem darstellt. Die Erweiterung auf die 10 Oststaaten hat die SVP bekämpft, weil wir uns – die im internationalen Vergleich sehr guten Sozialleistungen – die wir in den Verträgen versprechen, nur in Hochkonjunkturzeiten leisten können. Es gibt kein Land auf der Welt, das solche Verträge abschliesst oder abschliessen wird. Gerade für die Schweizer Wirtschaft wird dies sehr nachteilig sein! Schneider-Ammann: Wir beide sind ja Unternehmer und wissen ganz genau, dass es in positiven Zyklen einfacher ist. Mir geht Ihre ewige Angstmacherei auf die Nerven. Entscheidend ist doch: Haben wir geregelte Verhältnisse mit unserem wichtigsten Handelspartner EU oder nicht? Bei einem NEIN setzen wir diese mutwillig aufs Spiel. Es ist für mich unverständlich, dass Sie als Unternehmer ein solches unnötiges Risiko eingehen wollen. Was sind denn die Alternativen? Die Idee der Personenfreizügigkeit ist, dass nur ins Land kommt, wer einen Arbeitsvertrag hat oder als selbständig Erwerbender für sich sorgen kann. Bei den Verhandlungen waren wir doch nicht so naiv und dachten, alle kommen jetzt rein und wollen von unseren Sozialleistungen profitieren. Ziel war, unser Wachstum zu fördern und die Wirtschaft anzukurbeln. Blocher: Mit einem NEIN zur Ausdehnung auf Rumänien / Bulgarien stellt man keine weiteren Verträge aufs Spiel. Das ist Angstmacherei. Aber wenn jemand der hier arbeitet und nach kurzer Zeit – im Extremfall nach einem Tag – arbeitslos wird, kann bis zu 5 Jahren die besten Sozialleistungen Europas samt Familie beanspruchen. Darum werden sie in der Schweiz bleiben! Schneider-Ammann: Wir als Unternehmer stellen doch niemanden nur für einen Tag an, wir holen die Leute, weil wir sie für längere Zeiten brauchen. In den guten Zeiten zahlen sie Beiträge, und in den schlechten belasten sie die Kassen. Per saldo ist das für uns gut. Das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre. Blocher: Das sind nur Erfahrungen in einer Höchstkonjunktur! Und erst seit 1 ½ Jahren mit den 15 alten EU-Staaten! Die ersten drei Monate einer rückgängigen Konjunktur sprechen Bände. Schneider-Ammann: Das stimmt, wir hatten eine Hochkonjunktur. Blocher: Sogar, eine Höchstkonjunktur! Eine Überhitzung! Schneider-Ammann: Vielleicht sogar eine Überhitzung. Aber die Angstmacherei ist nicht in Ordnung. Bundesrat und Parlament haben mit der EU eine Lösung gefunden, die gangbar ist. Dass es die Beste aller schlechten Lösungen ist, will ich ja gar nicht abstreiten. Blocher:Aber was passiert mit den Leuten, die hier jetzt gearbeitet haben und arbeitslos werden? Jetzt werden nicht Arbeitsplätze auf- sondern massiv abgebaut. Jeden Tag können Sie das in der Zeitung lesen. Wie gross ist der Anreiz, dass sie wieder zurückgehen in ihre Länder? Vergleicht man die Sozialleistungen der Schweiz mit den EU-Ländern, wäre doch jeder dumm, der zurückgeht. Schneider-Ammann: Genau gleich hat es schon vor zwei Jahrzehnten getönt, als die Italiener gekommen sind. Blocher:Nein. Damals gab es keine Personenfreizügigkeit. Es gab lange Fristen und die Zuwanderung war beschränkt. Die Probleme waren damals andere. Schneider-Ammann: Das stimmt, der administrative Aufwand, um die benötigten Leute zu holen, war viel grösser. Aber wir haben sie in den guten Zeiten geholt und auch damals hat man uns Angst gemacht vor den schlechten Zeiten. Von heute aus betrachtet stellt man fest, dass die Schweiz keinen Schaden genommen hat. Nochmals: Gehen die Leute wieder heim, wenn sie arbeitslos werden oder bleiben sie hier? Schneider-Ammann: Vielleicht werden sie tatsächlich hier bleiben. Aber grundsätzlich gehen die Leute immer zurück in ihre Heimat, wenn sie dort Arbeit finden. Und je freier der Markt ist, umso grösser ist die Bereitschaft, heimzukehren. Die Leute wollen zwar soziale Sicherheit, aber in erster Linie wollen sie arbeiten. Blocher: Wenn die Sozialleistungen gleich wären wie in der Schweiz, hätten Sie recht. Aber das ist nicht so. Übrigens: Einreisen kann jeder auch ohne Arbeitsvertrag für mindestens drei Monate, verlängerbar auf sechs Monate, um eine Arbeit zu suchen. Mit Schengen haben wir das Problem, dass wir nicht mehr wissen, wann jemand eingereist ist. Die Kontrolle ist unmöglich. Unser Sozialstaat wirkt wie ein Sog: Ich mache ein Beispiel: Polen hat 54 Prozent Arbeitslosengeld für sechs Monate. Wir haben 80 Prozent für 400 Tage. Und jetzt wollen wir diese Praxis noch auf Rumänien und Bulgarien ausdehnen – zwei der ärmsten Länder in der EU – mit hoher Arbeitslosigkeit, mit hoher Kriminalität und der höchsten Korruption europaweit. Ich kann nicht verstehen, dass die Wirtschaft so kurzfristig denkt. Schneider-Ammann: Ich will ein paar Sachen richtig stellen. Wer kommt, hat einen Arbeitsvertrag und ist darum registriert. Wir werden niemanden hier haben, der sich eingeschlichen hat. Jeder, der kommt, hat die gleichen Rechte - aber auch die gleichen Pflichten. Wenn Sie sich derart vor den Rumänen und Bulgaren fürchten, warum argumentieren Sie mit den Portugiesen und Deutschen? Das ist doch keine korrekte Argumentation. Blocher: Er kann für max. 6 Monate einreisen ohne Vertrag um Arbeit zu suchen. Erfahrungen haben wir seit 1 ½ Jahren. Am meisten rekrutierten wir in Deutschland und Portugal. Mit Rumänien und Bulgarien haben wir keine Erfahrungen. Darum sind Deutschland und Portugal relevante Beispiele, die zeigen: Selbst aus diesen Ländern gehen die Leute nicht mehr nach Hause, weil die Verhältnisse im Falle der Arbeitslosigkeit und der Sozialleistungen viel besser sind, als bei ihnen zuhause. Der Anstieg bei der Arbeitslosigkeit von 89% für die Portugiesen in der Schweiz in nur 3 Monaten ist keine Angstmacherei, sondern leider Realität. Schneider-Ammann: 89 Prozent von relativ wenig ist nicht wahnsinnig viel. Blocher: Wenig? Im September 2008 waren 4'604 Portugiesen in der Schweiz arbeitslos. Bereits im Dezember 2008 waren es 8'634. In den kommenden Monaten müssen die Unternehmen massiv Kosten reduzieren, um ihre Unternehmen lebensfähig zu halten. Zu Tausenden werden sie Leute entlassen. Darum sollten wir jetzt nicht zu sehr von der vergangenen Hochkonjunktur sprechen. Die 200'000 Arbeitsplätze die geschaffen wurden, sind in kurzer Zeit wieder abgebaut. Die Personenfreizügigkeit wird unsere Sozialkassen massiv belasten. Darum nicht auch noch neue Verträge unterzeichnen. Herr Blocher, wenn man Sie so reden hört, fragt man sich, warum Sie der Personenfreizügigkeit je zugestimmt haben. Es geht Ihnen doch nicht um Rumänien und Bulgarien. Blocher: Wie gesagt: Ich sagte schon damals NEIN. Aber jetzt haben wir die Verträge, deren negative Folgen in der Krise auf uns zukommen. Aber Verträge sind nun einmal Verträge. Darum würde ich diese heute nicht kündigen. Aber wenigsten nicht noch mit neuen Staaten und mit Staaten mit ganz anderer Qualität abschliessen. Und dies schon gar nicht jetzt vor einer Krise, von der wir nicht wissen, wie sie uns treffen wird. Ob am 8. Februar 2009 ein JA oder ein NEIN resultiert: Neuverhandlungen mit anderen Bedingungen für die Personenfreizügigkeit sehe ich als unvermeidlich. Die Bilateralen Verträge neu aushandeln? Blocher: Sicher die Personenfreizügigkeit. Das im Interesse der Wirtschaft. Sie werden sehen, auch andere europäische Staaten werden auf diese Personenfreizügigkeit zurückkommen. Das wird die EU nicht zulassen. Blocher: Ewig dieser vorauseilende Gehorsam! Wer den Erfolg von Anfang an schon in Frage stellt, wird ihn auch nie erreichen! Sollte es eine schwerwiegende Weltwirtschaftskrise geben, was ich nicht hoffe aber auch nicht ganz ausgeschlossen werden kann, werden wir notfalls auch die bestehenden Freizügigkeitsverträge kündigen müssen, wenn eine Änderung nicht möglich sein sollte. Dafür haben wir aber Zeit genug, denn ab dem Mai besteht eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Sehen denn die Politiker und die Wirtschaftsverbände überhaupt nicht was eigentlich abläuft in der Weltwirtschaft? Das man in guten Jahren ähnlich leichtsinnig war wie alle Banken auf der Welt, kann man ja noch hinnehmen. Aber dass man heute auf dem gleichen Pfad weitergeht und nicht sieht, was in der Weltwirtschaft derzeit abläuft, ist für mich unverständlich. Herr Schneider, ist es nicht undemokratisch, dass die Weiterführung und die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit – zwei verschiedene Dinge – zu einer Vorlage verbunden wurden? Schneider-Ammann: Es stimmt: Der Bundesrat hat 2000 und 2005 gesagt, dass über eine Verlängerung und Ausweitung separat abgestimmt werden kann. Ich selber habe dreimal gegen dieses Päckli gestimmt und mich bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten. Aber das Zusammenknüpfen der beiden Fragen war ein parlamentarisch-demokratischer Prozess. Blocher: Ich hätte nie gedacht, dass Politiker zu so etwas fähig wären. Von Simbabwe hätte ich vielleicht so etwas befürchtet, aber nicht von der Schweiz. Schneider-Ammann: Das war unbestritten ein demokratischer Prozess, von Staatsrechtlern legitimiert. Persönlich hätte ich aber den Mut gehabt, die beiden Vorlagen dem Volk einzeln vorzulegen. Aber meinen Sie tatsächlich, bei einem NEIN hätten wir die besseren Voraussetzungen, einen bilateralen Weg mit der EU zu gehen? Glauben Sie denn im Ernst, dass bei einem NEIN die Schweiz und die EU an den Tisch kommen würden und die EU sagt, okay, ihr dürft wünschen, was ihr wollt? Ich bin überzeugt, dass dem nicht so ist. Ich habe den Eindruck, dass wir bei einem NEIN genau am gleichen Ort landen wie jetzt mit einem JA, bloss mit schlechteren Konditionen. Blocher: Die Wirtschaftsverbände sitzen vor der EU wie das Kaninchen vor der Schlange. Es ist doch so einfach: Die EU hat ihre Interessen und wir haben unsere. Die sieben bilateralen Verträge sind zu 90% im Interesse der EU. Das Päckli das jetzt vorliegt, ist darum bedenklich, weil es zwei getrennte Fragen beinhaltet, zu denen wir nur eine Antwort geben können. Für die Stimmbürger ist es das Werk der Totengräber der Demokratie. Wenn die Mehrheit am 8. Februar 2009 JA sagt, was heisst das dann? Ist es ein JA zur Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien oder ist es ein JA zur Weiterführung mit den bisherigen EU-Staaten? Wenn wir aber NEIN sagen, wissen wir auch nicht, zu was man NEIN gesagt hat. Der Bundesrat kann aber das Päckli aufschnüren und die Weiterführung separat dem Parlament vorlegen. Darum ist das NEIN auf jeden Fall besser als das JA. Ich glaube, gegen die Weiterführung gäbe es nicht einmal ein Referendum. Aber für Rumänien und Bulgarien kommt dies nicht in Frage. Die EU würde nie akzeptieren, dass wir mit diesen beiden Ländern eine Sonderregelung haben. Blocher: Schon wieder dieser Defätismus. Viele der EU-Länder machen bereits Sonderregelungen mit diesen Staaten. Nur die kleine Schweiz ausserhalb der EU meint, sie könne und dürfe nichts tun. Was würde denn überhaupt drin liegen in allfälligen neuen Verhandlungen? Blocher: Ich bin überzeugt, dass wir mehr herausholen könnten. Zum Beispiel eine Verknüpfung mit anderen Forderungen der EU wäre dringend. Auch warten für eine gewisse Zeit ist eine Option. Oder Sonderregelungen für Rumänien und Bulgarien, so wie das andere EU-Länder heute anstreben. Schneider-Ammann: Die EU hat mit aller Deutlichkeit gesagt, dass die Schweiz mit einzelnen Ländern der Union nicht separate Verträge aushandeln kann. Blocher: Diese Position ist klar. Das muss doch die EU sagen vor Verhandlungen. Wenn das Schweizer Volk jetzt NEIN sagt, ist das auch ein Signal an die EU und stärkt der Schweizer Regierung für weitere Verhandlungen den Rücken. Doch setzt es voraus, dass man in der Regierung etwas für die Schweiz herausholen will. Für EU-Befürworter ist es natürlich kein Ziel. Herr Schneider-Ammann, wäre es möglich, dass wir bessere Verträge aushandeln könnten? Schneider-Ammann: Herr Blocher kann das schon sagen, den Beweis muss er ja nicht mehr antreten. Blocher: Ich würde dies gerne beweisen! Aber leider wurde dies unterbunden. Nach einem NEIN müsste man es. Aber es darf doch nicht sein, dass wir im Voraus sagen, wir können sowieso nichts herausholen. An diesem Defätismus geht das Land noch zu Grunde. Schneider-Ammann: Ich will klipp und klar festhalten: Diese Abstimmung geht im Wesentlichen um die Frage, in welchem Verhältnis wir zur EU organisiert sind. Alle Schweizer können jetzt sagen, ob wir diesen Weg mit der EU weitergehen wollen und Kenntnis davon nehmen, dass sich die EU erweitert hat. Es scheint mir wichtig, dem Volk zu sagen, dass es nicht unter Druck steht. Dass man einfach Ja oder Nein zu einem bestehenden Verhältnis sagen kann. Herr Schneider-Ammann, dieses Bild vermittelt die Pro-Kampagne nun aber wirklich nicht. Der Baum mit den fruchtbaren und abgestorbenen Ästen suggeriert, dass wir zwischen Untergang und Wohlstand wählen können. Schneider-Ammann: Das ist Symbolik, die besagt, dass es uns bei einem JA besser gehen wird und wir bei einem NEIN in unsichere Zeiten schlittern. Blocher: Die kurzfristigen Interessen der Unternehmer, unter möglichst vielen In- und Ausländer wählen zu können ist verständlich vor allem in der Hochkonjunktur. Aber die Schweiz wird verlieren, weil die Sozialwerke und ihre Defizite dank Personenfreizügigkeit von den Schweizern und ihrer Wirtschaft zu bezahlen sind. Das zeigt sich vor allem in wirtschaftlich schlechten Jahren. Die werden jetzt kommen und sie werden immer wieder kommen, denn es gibt nie nur gute Zeiten. Das haben nicht nur die Banken unterdessen auf der ganzen Welt begriffen, sondern das müssten eigentlich auch die Wirtschaftsverbände in der Schweiz endlich begreifen. Schneider-Ammann: Tatsache ist, dass das Schweizer Volk entscheiden kann, ob man den Bilateralen Weg mit der Ausweitung gehen will oder nicht. Bei einem Nein sagt das Volk, man will weder verlängern noch erweitern. Aber was es genau will, weiss man dann nicht. Blocher: Dann muss man das Volk halt fragen. Dann wird sich zeigen, die bilateralen Verträge stellt man heute nicht in Frage. Aber neue Verträge für die Personenfreizügigkeit wollen die Schweizer nicht. Schneider-Ammann: Was passiert bei einem NEIN? Brüssel wird es zur Kenntnis nehmen und der Bundesrat wird es bestätigen müssen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass wir die Verträge kündigen würden. Blocher: Der Bundesrat muss die Weiterführung nochmals dem Parlament vorlegen und dies neu beschliessen. Wenn er will, kann er dies der EU noch mitteilen, aber Folgen gibt es keine. Schneider-Ammann: Das ist zu einfach. Damit wird das Parlament ausgeschaltet, das den Entscheid gefasst hat, die beiden Vorlagen zusammenzuschnüren. Das vom Volk gewählte Parlament hat in einem demokratischen Prozess gesagt, wir können die Frage verknüpfen und dem Volk vorlegen und wir bekommen eine Antwort darauf, ob ja oder nein. Blocher: Bei einem JA legen sie es dann aus, wie es den Politikern passt. Schneider-Ammann: Nein. Blocher: Doch. Schneider-Ammann: Nein. Blocher: Doch, darum hat es das Parlament ja überhaupt zusammengeschnürt. Schneider-Ammann: Nur im Fall eines NEIN kann es zweifach ausgelegt werden. Im Fall eines JA nicht. Blocher: Weil die Politiker bei einem NEIN ein Interesse daran haben, die Vorlage zu trennen. Da treffen wir uns ja wieder. Schneider-Ammann: Ein NEIN ist ein klares Signal an Brüssel: wir wollen weder verlängern noch erweitern. Also beginnt eine Frist zu laufen, die das ganze Bilaterale Paket aushebeln könnte. Was genau passiert nun am 9. Februar, dem Tag nach der Abstimmung, falls es ein NEIN gäbe? Schneider-Ammann: Der Bundesrat wird den Willen des Volkes akzeptieren. Er wird wissen, wie wichtig geregelte Verhältnisse zu Europa sind. Er weiss, dass wir die EU nicht geteilt behandeln können. Er wird nach Brüssel gehen und die Resultate auf den Tisch legen. Wenn wir bei einem NEIN aber nicht innerhalb kürzester Zeit eine neue Lösung finden, stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Dieses Risiko will ich nicht eingehen. Blocher: Insofern stimme ich mit Ihnen, Herr Schneider, überein: Ein NEIN hat der Bundesrat zu akzeptieren. Er wird das Päckli nicht nochmals verknüpft vorlegen können. Das gebührt der Respekt vor dem Volk. Aber einzeln kann er sie neu vorlegen Wie könnte man bei einem NEIN weiter vorgehen? Blocher: Die EU hat schon mitgeteilt, sie wolle die Verträge auch bei einem NEIN nicht kündigen. Und die Schweiz wird es auch nicht tun. Schneider-Ammann: Herr Blocher, wir dürfen diese Abstimmung, die für unser Land derart wichtig ist, nicht einem parteipolitischen Kampf opfern. Blocher: Wer führt hier einen parteipolitischen Kampf? Schneider-Ammann: Wenn die SVP jetzt mit Drohungen Wahlkampf macht, allein um ihre Opposition zu markieren, geht das nicht an. Blocher: Weil sie keine Argumente mehr haben, greifen sie zu solchen Ausweichmanövern. Es geht um die Schweiz und nicht um irgendeine Partei. Die Frage ist: Was bedeutet die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit in einer wirtschaftlich unsicheren Zukunft? Diese tiefe weltwirtschaftliche Krise hat uns alle überrascht. Das wird weitreichende Folgen haben auf die Realwirtschaft. Hat die Schweiz die Kraft, in einer solchen Situation, einen Vertrag zu unterschreiben und darin solche Sozialleistungen für Leute mit einer so kurzen Arbeitszeit und ihre Familien anzubieten? Oder ist die Schweiz gezwungen, Arbeitslosenentschädigungen, Ergänzungsleistungen, Mutterschaftsversicherungsbeiträge, IV, AHV an das osteuropäische Niveau anzupassen? Also massiv zu senken? Bereits heute sind bei einem Ausländeranteil von 21,3% über 45,9% der Arbeitlosen Ausländer. Bei der IV ist das Missverhältnis ebenso gross! Oder müssen wir die künftigen riesigen Defizite mit höheren Lohnabzügen oder Mehrwertsteuerprozenten ausgleichen? Wenigsten sprechen wir nicht mehr von einer automatischen Guillotine! Das ist schon einmal wichtig. Gibt es für sie keine Guillotine, Herr Schneider-Ammann? Schneider-Ammann: Doch, die beiden Fragen sind miteinander verknüpft, darum kann man von einer Guillotine sprechen. Wenn wir die Personenfreizügigkeit nicht weiterführen, werden alle anderen bilateralen Abkommen in Frage gestellt. Das Entscheidende ist, wie man mit dem Volksentscheid umgeht und was man Brüssel meldet. Aber auch ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bundesrat nach einem NEIN Brüssel erklärt, dass das Schweizer Volk alle Bilateralen Verträge kündigen möchte. Blocher: Leider steht dies aber in Euren Broschüren: Wer betreibt hier Angstmacherei? Aber Sie haben Recht: Der Bundesrat wird nicht so dumm sein und die Verträge kündigen, weil er auch keinen solchen Auftrag hat. Schneider-Ammann: Das Volk weiss, und darum ist unsere Kampagne korrekt, dass ein Nein für Brüssel ein Nein zur Personenfreizügigkeit wäre. Blocher: Was macht denn der Stimmbürger, der das eine will und das andere nicht? Der hat keine Möglichkeit zu stimmen. JA ist falsch und NEIN ist falsch. Schneider-Ammann: Wenn er JA sagt, akzeptiert er, dass es nur eine einzige EU gibt. Bei einem NEIN sagt er höchstwahrscheinlich nein zu… Blocher: Wenn das die Interpretation eines JA ist, dass es nur eine einzige EU gibt und dann automatisch die Personenfreizügigkeit für alle auch kommenden Staaten gilt, also zum Beispiel als Nächstes für die Türkei, für Mazedonien, für Serbien, Kosovo und man spricht bereits von der Ukraine und weiteren Ländern, die bald einmal zur EU gehören werden. Dann muss man ohnehin jetzt dringend NEIN sagen. Herr Schneider-Ammann, bei welchen Ländern ist denn für Sie die Schmerzgrenze im Bilateralen Weg erreicht? Müssen wir in zehn Jahren automatisch auch Ja sagen zur Erweiterung auf die Türkei oder die Ukraine? Schneider-Ammann: Wenn sich die EU tatsächlich nochmals erweitern würde, stünden wir wahrscheinlich wieder vor der Frage, ob wir die Ausdehnung mitmachen oder die gesamten Verträge kündigen wollen. Sind für Sie, Herr Blocher, die Bilateralen Verträge nicht wichtig genug, um sie zu verteidigen? Blocher: Sie haben eine gewisse Bedeutung. Aber die Behauptung der Economiesuisse, die Schweiz stehe und falle mit diesen Verträgen, ist doch Unsinn. Schneider-Ammann: Nein, das stimmt. Ganz einfach weil keine Alternativen da sind. Blocher: Es gibt immer Alternativen. Ein Unternehmer muss immer Alternativen haben. Jetzt haben wir die Alternative, die Notbremse zu ziehen und dem Volk die Erweiterung und Ausdehnung demokratisch vorzulegen. Auch die EU hat ein Interesse, für gute Verhältnisse. Die Schweiz ist schliesslich der zweitwichtigste Kunde der EU. Herr Schneider-Amman, glauben Sie bessere Verträge liegen nicht drin? Schneider-Ammann: Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir bessere Bedingungen aushandeln können. Oder welche Verbesserungen würden Sie sich denn wünschen? Blocher: Man könnte allfällige neue Verträge mit dem Steuerstreit verknüpfen. Die EU ist derart interessiert, dass wir die Personenfreizügigkeit gewähren, dafür sollten wir auch etwas bekommen. Es sind Sicherungsmassnahmen möglich. Zum Beispiel Arbeitsvertragsdauer als Voraussetzung für den Bezug von Sozialleistungen. Mit unserem Widerstand stärken wir die Verhandlungsposition des Bundesrats entscheidend. Aber man muss wollen. Könnten wir bei Rumänien und Bulgarien mehr herausholen? Blocher: Ja, wie erwähnt. Aber die Verhandlungen werden weitere Möglichkeiten eröffnen. Wenn wir wollten, bekämen wir grosse Zugeständnisse, davon bin ich überzeugt. Ob diese reichen würden, muss man sehen. Schlimmstenfalls müssten wir verzichten. Denn selbst innerhalb der EU weiss man nicht, wie man das Problem mit den neuen Ländern lösen kann. Auch diese Staaten suchen neue Wege und sind doch alles sogar Mitglieder. Und das sollte einem Aussenstehenden nicht möglich sein? Schneider-Ammann: Dass wir mehr herausholen könnten, ist eine reine Behauptung. Wir steuern auf schwierige Zeiten zu. Wenn die Krise sich weiter verschlimmert, wird die EU vielleicht nicht einmal mehr gemeinsam auftreten können. Das wäre der allerschlimmste Fall, an den ich am liebsten gar nicht denken möchte.

23.01.2009

L’UDC è il solo partito di Governo a sostenere che un «no» l’8 febbraio

«Corriere del Ticino» del 23 gennaio 2009 “Bruxelles conosce bene le problematicità di Romania e Bulgaria” L’UDC è il solo partito di Governo a sostenere che un «no» l’8 febbraio non comporterà la fine della via bilaterale con l’Ue e che la cosiddetta «clausola ghigliottina» è uno «spauracchio» agitato ad arte. «È vero, perché l'8 febbraio noi non votiamo sui bilaterali. Qualsiasi sarà l'esito della votazione, gli accordi con l'Ue restano in vigore. Bisogna essere precisi con la popolazione. Gli accordi dicono che ogni parte contraente ha il diritto fino alla fine di maggio di eventualmente notificare la denuncia della libera circolazione.  Ma con un «no» l’8 febbraio, la Svizzera non ha alcun obbligo di denunciarlo, e di certo il Consiglio federale non ha alcun interesse a farlo. Il Governo avrebbe dunque tutto il tempo per tornare in parlamento con due oggetti  distinti o per trovare una nuova soluzione con l’Ue. Anche se l’8 febbraio scaturisse un no dalle urne, il Consiglio federale non avrebbe nessun incarico di denunciare l’accordo sulla libera circolazione. Se lo volesse veramente fare dovrebbe prima di tutto sottoporre al parlamento e poi al popolo un nuovo disegno di legge che chieda l’abbandono della libera circolazione. Solo  in un secondo tempo il Consiglio federale potrebbe procedere in questo senso. Ma è veramente un’ipotesi inverosimile». E da parte europea? «Anche da parte europea nessuno ha interesse a denunciare l’accordo con la Svizzera sulla libera circolazione, senza poi contare che dovrebbe esserci l’unanimità degli stati membri per eventualmente far ricorso alla cosiddetta clausola ghigliottina e far cadere tutti gli altri accordi. Anche questa è un’ipotesi abbastanza inverosimile, gli interessi in gioco sono troppo alti. Di fronte ad esempio alla possibilità di recedere l’accordo sui trasporti, non credo proprio che l’Austria sia disposta a farsi carico d’un massiccio incremento del traffico pesante su strada attraverso il Brennero. La stessa cosa valga per la Germania, l’Italia e la Francia, interessate a loro volta al transito attraverso la Svizzera. Il conto economico e ambientale sarebbe troppo alto per l’Ue. E questo vale anche per gli altri settori degli accordi. L’Ue non ricorrerà mai alla clausola ghigliottina, perché gli accordi bilaterali con la Svizzera fanno nel 90 per cento dei casi gli interessi degli stati europei. Tutto il resto sono storielle.» Lei è dunque certo che Bruxelles accetterebbe un accordo sulla Libera circolazione solo con 25 e non 27 stati membri? «Bruxelles conosce bene le problematicità di Romania e Bulgaria. , Penso che un rinvio da parte nostra dell'accordo con questi due paesi sia negoziabile. Siamo un piccolo Paese ma molto attrattivo per il livello dei salari e la qualità di vita. Estendendo a Bulgaria e Romania la Libera circolazione, già entro la fine di quest'anno potremmo avere i primi effetti negativi in termini di aumento della disoccupazione per i lavoratori svizzeri. Ci sarà infatti inevitabilmente un afflusso di manodopera a basso costo attirata dalle condizioni di lavoro favorevoli del nostro Paese. Tanto più con la crisi attuale. Bisogna essere franchi, l’accordo sulla libera circolazione è figlio d’un periodo di vacche grasse.  L’attuale crisi economica  acuisce il problema, tanto più se si vuole estendere la libera circolazione a due paesi come Romania e Bulgaria. Io credo che questo passo sia prematuro e avventato.» Ma l’accordo non apre le porte a chiunque. Potrà restare in Svizzera ad esempio solo chi trova un lavoro entro sei mesi, chi può dimostrare d’avere sufficienti mezzi finanziari per stabilirvisi e chi è già coperto da un’assicurazione sociosanitaria. Le misure d’accompagnamento sono pensate per favorire manodopera qualificata. Senza poi contare le misure di controllo per evitare forme di dumping salariale. «Le misure di accompagnamento sono utili, indubbiamente, ma insufficienti a sopportare la pressione di un forte afflusso di lavoratori da questi due paesi. Se ad esempio vengono per cercare lavoro e non lo trovano, ma non per questo tornano a casa dopo i sei mesi, cosa facciamo? Se poi anche lo trovano un lavoro, ma in seguito a causa della congiuntura o delle fluttuazioni stagionali lo perdono, questi lavoratori resteranno qui a spese delle nostre assicurazioni sociali. Basta infatti che abbiano lavorato anche un solo giorno in Svizzera per poter percepire le assicurazioni sociali per un periodo fino a cinque anni. Io non farei troppo affidamento sulle misure di accompagnamento. Senza poi menzionare la problematica di molti Rom, che non hanno neppure un luogo di residenza a casa loro dove eventualmente rientrare. Basti guardare ai problemi con i rumeni,  cui l’Italia è oggi confrontata per rendersi conto dell’ampiezza delle problematiche.» Ma i rumeni che in Italia causano problemi sono soprattutto clandestini che soggiornano illegalmente. «No, è vero che un parte dei Rom è arrivata in Italia illegalmente, ma una gran parte ha anche approfittato della libera circolazione delle persone per giungervi. Comunque la sostanza non cambia, perché i Rom non si possono rispedire a casa. L'accordo di libera circolazione chiaramente specifica che chi non trova lavoro entro sei mesi deve lasciare la Svizzera e rientrare al proprio domicilio, ma per i nomadi direi che è inapplicabile. È per questo che quando ero Consigliere federale avevo chiesto per i Rom una regolamentazione specifica.» La stessa UDC è comunque divisa sul voto: anche se i delegati hanno sostenuto il no, quasi la metà dei deputati che siedono in parlamento si è schierata a favore della libera circolazione. «Il partito non è affatto diviso, il 90 per cento dell'assemblea dei delegati  ha votato per il «no» l'8 febbraio. Certamente nella frazione una buona fetta di deputati si è distanziata, ma non è certo l'ala economica del partito, come i media l'hanno etichettata. Sono infatti molti gli imprenditori e gli industriali che sono dalla nostra parte. Purtroppo nelle votazioni che riguardano l'Europa, una parte della classe politica si sente spesso costretta ad assumere posizioni di facciata, dicendosi sempre a favore dell'apertura all'Europa, per non essere biasimata dai media, dalle organizzazioni economiche, che sono sempre a favore. Tutte le votazioni sull'Europa sono sempre così. Bisogna seguire il trend. Ma la base del nostro Partito non è d'accordo, e noi lo abbiamo detto a chiara voce.» Lei stesso però ha cambiato posizione in corsa... «Sono sempre stato contrario all’estensione della Libera circolazione a Bulgaria e Romania, che come detto ritengo un passo politico prematuro. Ma il parlamento, unendo i due dossier in un sola domanda, ha costretto l’UDC a schierarsi anche contro il rinnovo della Libera circolazione. Un’operazione poco democratica e per niente trasparente».

18.01.2009

Wir prüfen eine Initiative

Mit der Wirtschaftskrise wird die Politik der offenen Grenzen unter Druck kommen, glaubt Christoph Blocher (68). Eine Initiative soll eine neue Lösung bringen. Herr Blocher, landauf, landab kämpfen Schweizer Unternehmer für ein Ja bei der Abstimmung am 8. Februar. Sie unterstellen diesen Unternehmern egoistische Motive. Weshalb? Christoph Blocher: Nicht Egoismus, sondern Eigennutz. Die Unternehmer haben verständlicherweise ein Interesse, aus 470 Millionen statt 7,5 Millionen Einwohnern wie in der Schweiz auswählen zu können. Das ist doch ein volkswirtschaftlicher Vorteil! In der Hochkonjunktur ja, aber nicht in der Rezession. Was geschieht, wenn die gleichen Unternehmer die Leute wieder entlassen müssen? Ein verantwortungsvoller Unternehmer muss langfristig denken. Grundsätzlich sind Sie aber doch für die Personenfreizügigkeit? Ich bin dafür, dass wir die Arbeitskräfte kriegen, die wir brauchen. Aber ich bin nicht dafür, dass alle bleiben können, sobald sie arbeitslos sind. Aber jetzt haben wir die Verträge unterschrieben, und wir sollten dazu stehen, sie also nicht kündigen – aber nicht noch das Abenteuer auf Rumänien und Bulgarien ausweiten. Was stört Sie denn an der erweiterten Freizügigkeit für Bulgarien und Rumänien? Das sind zwei der ärmsten Länder Europas. Beide Staaten weisen eine hohe Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Korruptionsrate auf. Die werden importiert. Das sind aber boomende Wirtschaften, die sich entwickeln. Das war die Meinung in der Hochkonjunktur. Sie scheinen sich speziell vor den Roma zu fürchten. Warum? Das Problem sind die Fahrenden, nicht die Roma. Es gibt auch Roma mit festem Wohnsitz. Es ist sehr schwierig, die zurückzuschaffen. Warum wäre es denn so schwierig, die Fahrenden wegzuschicken? Wir haben schon grosse Mühe, einen Afrikaner per Flugzeug heimzuschaffen. Es ist praktisch unmöglich, eine ganze Gruppe von Fahrenden samt ihren Wohnwagen zwangsweise auszuschaffen! Daran arbeitet nun Italien verzweifelt. Wo sind denn die Fahrenden der fraglichen EU-Länder, mit denen wir heute schon die Personenfreizügigkeit praktizieren, etwa aus der Slowakei? Diese Volkswirtschaften sind viel weiter fortgeschritten. In Spanien, das seit dem 1. Januar 2007 die volle Freizügigkeit mit Rumänien und Bulgarien kennt, sind 730000 Rumänen und 150000 Bulgaren eingereist. Spanien versucht dies rückgängig zu machen, weil es ein Riesenproblem ist. Und die kleine Schweiz will hier öffnen! Sie sind kurz vor den Schlussverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien als Bundesrat abgewählt worden. Was wäre Ihr Verhandlungsziel gewesen? Eigentlich wollte ich überhaupt nicht verhandeln, aber der Bundesrat wollte es so. Also kämpfte ich für möglichst lange Übergangsfristen. Dann wollte ich Sonderregelungen für die 2,5 Millionen Fahrenden aus Rumänien und Bulgarien. Doch dann wurde der Vertrag ohne diese Klausel abgeschlossen! Im schlimmsten Fall hätten wir keine Freizügigkeit für Personen ohne festen Wohnsitz zulassen können. Eine Sonderlösung für Fahrende, womöglich noch mit einem Stempel im Pass. Das erinnert sehr an ein dunkles Kapitel unserer Geschichte. Nur keine falschen Parallelen! Es geht um objektive Voraussetzungen. Viele EU-Länder suchen jetzt eine Lösung. Sehen Sie: Es gibt kein einziges Land auf der Welt, das eine Personenfreizügigkeit hat. Die kleine Schweiz ist das einzige Land, das sich diese Verrücktheit erlaubt. Die typischen Einwanderungsländer USA, Kanada, Australien und Japan – kein Land kennt eine Personenfreizügigkeit. Das wäre für sie ein Abenteuer. Und für die Schweiz wird es eines! Aber die EU-Staaten. Die europäischen Staaten können dies nur innerhalb der EU. Diese Länder wollen keine Staaten mehr sein und haben deshalb ihre Souveränität an die EU abgetreten. Die Schweiz ist ein souveräner Staat! So absolut stimmt das weder für die Schweiz noch für die Staaten der Europäischen Union. Von Deutschland heisst es, es würde nur noch 17 Prozent aller Gesetze selber erlassen. Die Schweiz dagegen ist noch ein souveränes Land. Was wäre dann für Sie die richtige Lösung? Leute aus der ganzen Welt sollten in der Schweiz arbeiten können, wenn sie einen Arbeitsvertrag haben. Wenn der Arbeitsvertrag abläuft, müssen sie die Schweiz wieder verlassen. Nur wenn sie lange genug da sind, bekommen sie eine Niederlassungsbewilligung. Mit der vollen Personenfreizügigkeit ist es dagegen möglich, dass einer, der vorher in der EU gearbeitet hat und nach nur einem Arbeitstag in der Schweiz arbeitslos wird, Arbeitslosengelder und die schweizerischen Sozialleistungen während fünf Jahren bezieht. Diese Woche sagte die CVP an einer Pressekonferenz, ein Nein am 8. Februar bedeute zwingend das Ende der bilateralen Verträge. Sie widersprechen. Es gibt keinen Automatismus und keine Guillotine. Nur wenn der Bundesrat die Bilateralen kündigen würde, wäre dies das Ende. Doch der Bundesrat ist nicht so dumm, dass er das täte. Er hätte auch keinen Auftrag vom Volk dazu. Der Bundesrat hat keinen Plan B. Was sollte er tun, wenn es wider Erwarten ein Nein gäbe? Bei einem Nein muss der Bundesrat das Abstimmungspäckli wieder aufmachen und jede Vorlage separat vorlegen, wie er das ja ursprünglich machen wollte. Die Weiterführung könnte sofort beschlossen werden. Es dürfte nicht einmal ein Referendum geben. Also keine Probleme... Auf jeden Fall dann nicht, wenn die Schweizer in drei Wochen mit Ja stimmen. Aber mit dem Ja zur Personenfreizügigkeit am 8. Februar wird die Schweiz grosse Probleme und eine hohe Arbeitslosigkeit erhalten. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung stellt sich die Frage: Unter welchen Bedingungen darf der Arbeitsmarkt geöffnet werden? Die SVP sollte prüfen, ob sie eine Initiative für eine eingeschränkte Personenfreizügigkeit lancieren soll. Wir wollen nichts zerstören. Aber man kann alles neu verhandeln. Ist das schon von den Parteigremien abgesegnet worden? Dieses Projekt werde ich nach der Abstimmung neu in die Partei tragen. Ich gehe davon aus, dass die Parteigremien mitziehen. Denn die SVP weiss: Die Personenfreizügigkeit in dieser Form können die Schweizer nicht verkraften.

18.01.2009

Wenn so weitergewurstelt wird, droht uns ein Asylchaos

Interview mit der "Zentralschweiz am Sonntag" vom 18. Januar 2009 von Kari Kälin Schuld am Anstieg der Asylgesuche sei der Schlendrian, sagt Christoph Blocher. Mit der Forderung nach mehr Unterkünften, mehr Geld, mehr Personal und Ausreden für die Misstände löst man kein Asylproblem. Christoph Blocher, die Zahl der Asylgesuche stieg 2008 um 53 Prozent auf 16 600 an. Eveline Widmer-Schlumpf will jetzt das Asylgesetz verschärfen. War Ihre Vorlage, die erst ein Jahr in Kraft ist, zu wenig streng? Christoph Blocher: Nein. Die Revision ist zwar nötig. Aber der Bundesrat lenkt davon ab, dass er sein Ziel nicht erreicht hat. Es braucht zwar neue Paragraphen, Aber das Gesetz muss angewendet werden. Das geschieht mangelhaft. Stattdessen wird das Asylwesen nur noch verwaltet. Man wartet, wie viele Asylbewerber kommen. Dabei ist dafür zu sorgen, dass unechte Asylanten gar nicht kommen. Der Anstieg ist schlimm. Immerhin will Widmer-Schlumpf erreichen, dass Dienstverweigerer und Deserteure nicht mehr automatisch Asyl erhalten, nachdem dies die damalige Asylrekurskommission als Fluchtsgrund anerkannt hatte. Blocher: Genau diese Massnahme wurde vorbereitet, bevor ich abgewählt wurde. Ich wollte sie aber bereits auf die Märzsession 2008 per dringlichen Bundesbeschluss einführen, um dem Problem mit den Dienstverweigerern und Deserteuren aus Eritrea Herr zu werden. Leider wurde dies auf die lange Bank geschoben! Jetzt handelt Ihre Nachfolgerin und wird dafür von der SP getadelt. Blocher: Bis die Revision in Kraft tritt, dauert es mindestens bis 2011. Sie wird also spät wirksam. Das Problem brennt jetzt! Es ist absolut unverständlich, dass es keinen dringlichen Bundesratsbeschluss gab. Auf Ihre Initiative wurden die Asylstrukturen bei Bund und Kantonen auf jährlich 10 000 Gesuche ausgerichtet. Jetzt steigt die Zahl der hängigen Fälle, und viele Kantone wissen kaum noch, wo und wie sie die zugewiesenen Asylbewerber unterbringen sollen. War der Rückgang während ihrer Amtszeit nur ein Strohfeuer? Blocher: Ich möchte daran erinnern, dass die Zahl der Asylgesuche unter meiner Führung kontinuierlich sanken – von 23'000 im Jahre 2003 auf ca. 10'000 im Jahre 2007. Bei straffer Führung wären sie 2008 unter 10'000 und nicht bei 16'600! Jetzt macht sich in Bern wieder der Asylschlendrian breit. Und die Probleme werden mit mehr Geld zugedeckt. Die Kantone klagen, der Bund stelle nicht genügend militärische Anlagen zur Verfügung, obwohl er dies bei einem unerwartet grossen Ansturm versprochen hatte. Diese Kritik richte sich auch an Sie. Blocher: Würde der Asylbereich vom Bundesrat richtig geführt, bräuchte es nicht mehr Unterkünfte! Natürlich muss der Bund Unterkünfte bereitstellen, wenn zu hohe Eingänge vorliegen! Es gibt entsprechende Verträge mit dem VBS! Aber wir haben keine ausserordentliche Situation. Wenn in Bern so weitergewurstelt wird wie jetzt, droht ein Asylchaos, und bis Ende nächsten Jahres werden es wieder 20 000 neue Gesuche. Wir müssen die Schlepper abschrecken! Sie behaupten, es wären höchstens 10000 Asylbewerber gekommen, wenn sie Justizminister geblieben wären? Blocher: Das war die Vorgabe an mich, denn ich wusste ja nicht, dass ich abgewählt würde. Ich hätte sie mit Sicherheit erreicht! Mir wäre ein Nachtragskredit niemals so reibungslos gewährt worden, darum habe ich stets meine Budgetziele erreicht!. Widmer-Schlumpf sagt, ihre Annahme von 10000 Gesuchen sei wohl zu optimistisch gewesen. Blocher: Die Asylzahlen sind nicht gottgegeben. In Österreich gab es letztes Jahr zum Beispiel nur 8 Prozent mehr Gesuche. Österreich liegt ebenso nahe bei Italien! Insgeheim erhoffte ich mir, die Zahl auf 8000 herunterzubringen. Die Zeichen standen gut. Nachträglich muss ich sagen, auch das wäre möglich gewesen! So hat sich etwa auch die Situation im Irak verbessert. Dann wurde ich abgewählt, und jetzt sind es mehr als doppelt so viele Asylbewerber. Wer die Ziele nicht erreicht, kann nicht dem Budget Schuld geben Die meisten Gesuche stammen aus Eritrea und Somalia. Beide Länder sind in Kriege verwickelt. Deshalb bitten auch bei uns mehr Flüchtlingen um Aufnahme. Man kann den Migrationsdruck doch nicht einfach von Bern aus mit einer Zielvorgabe eindämmen. Blocher: Diese Schallplatte kenne ich. Das sind Ausreden. Wenn sich irgendwo eine Naturkatastrophe ereignet oder ein Krieg wie damals in Kosovo ausgebrochen wäre, könnte ich den galoppierenden Anstieg auf 16 000 Gesuche ja noch verstehen. Das war aber nicht der Fall. Die Schweiz ist wieder zu attraktiv, weil das Asylgesetz nicht konsequent umgesetzt wird. Die Schlepper wissen, dass man die Flüchtlinge jetzt wieder in unser Land schleusen kann. Das spricht sich herum! Doppelt so viele Flüchtlinge – rund 33000 – gelangten letztes Jahr über die Lampedusa-Route nach Italien und von dort nach Europa. Der Anstieg in der Schweiz lässt sich auch so erklären. Blocher: Auch dies sind die ewigen Ausreden! Weshalb reisen diese Menschen denn nicht nach Österreich? Das Problem sind die Schlepper. Wenn die Menschen, die ohne asylrelevante Gründe in die Schweiz einreisen, schnell zurückgeschafft werden, spricht sich das in ihrer Heimat herum. Die Leute wissen dann, dass es sich nicht lohnt, viel Geld für einen Schlepper zu bezahlen, wenn man doch nicht bleiben darf. Die Schlepper verlieren ihren Markt! Woher wissen Sie das so genau? Blocher: Weil ich 2004 bis 2007 das Asylwesen verantwortet habe - und Erfolg hatte. Ich war selber immer auch an der Front. Ich habe mich zum Beispiel einmal bei der Empfangsstelle in Kreuzlingen inkognito in die Warteschlage eingereiht. Viele Asylbewerber haben von den Schleppern einen Zettel bekommen, auf dem die Adresse der Empfangsstelle stand. Und es ist keineswegs so, dass nur verfolgte, arme, unbeholfene Menschen um Asyl bitten. Die Ärmsten der Welt können sich die Reise gar nicht leisten Die Berner Beamten sollten sich vermehrt vor Ort ein Bild machen Blocher: Wenn es an Personal fehlt, sind Leute aus der Bundesverwaltung an die Empfangsstellen zu schicken. Man muss jede Woche Auskunft verlangen, wie viele Gesuche behandelt  und wie viele Asylbewerber zurückgeschafft wurden. Fordern, kontrollieren und korrigieren. Die Personen, welche die Asylgesuche behandeln, brauchen Unterstützung von zuoberst. Ihre Arbeit ist unangenehm. Der Bundesrat muss sie deshalb gegen Vorwürfe von Hilfswerken, linken Kreise und Kirchen, sie seien fremdenfeindlich, verteidigen. Sonst resignieren sie. Schauen Sie nach Zürich, wo Papierlose Kirchen besetzt haben. Der Vorsteher des kantonalen Migrationsamts wurde von den verantwortlichen Politikern völlig im Regen gelassen. Dabei wendete er nur das Gesetz an. Ich finde, es wäre angebracht gewesen, wenn sich in diesem Fall der Zürcher Regierungsrat und der Bundesrat öffentlich klar und deutlich hinter den Leiter des Migrationsamtes gestellt hätten. Dieser hätte den Titel eines  Schweizer des Jahres verdient!