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Economy

15.01.2010

I metodi dell’élite politica per rovinare la Svizzera

Discorso del Albisgüetli del 15 gennaio 2010

15.01.2010

Les méthodes de l’élite politique

Discours de l'Albisgüetli, 15 janvier 2010

19.11.2009

«Ich sass hin, eine Nacht lang»

Interview in der «Weltwoche» vom 19. November 2009 mit Urs Gehriger VBS-Chef Ueli Maurer fordert 700 Millionen Franken mehr für die Armee. Sie erteilen dem Verlangen eine brüske Absage. Kein Rappen über Budget dürfe gesprochen werden. Trauen Sie Ihrem Bundesrat nicht? Ein Problem zu lösen mit mehr Geld, ist immer am einfachsten. Gibt man in der Bundesverwaltung einen Auftrag, kommt die Antwort wie von einem Roboter: Ich brauche mehr Geld und mehr Leute. Für mich als Industrieller heisst es stets: Auftrag ausführen mit mehr Erfolg bei niedrigeren Kosten. Die SVP-Parteileitung will also den eigenen Bundesrat disziplinieren? Das Parlament muss den Bundesrat endlich zwingen, Konzeptionen vorzulegen und mit den budgetierten Mitteln zu haushalten. Es sind immerhin 4 Milliarden Franken pro Jahr. Bundesrat Maurer bezeichnet ihre Vorgabe als „realitätsfremd“. Vor seiner Wahl hatte BR Maurer das VBS als „Sauladen“ bezeichnet. Heute konstatiert er, der Zustand sei schlimmer, als er früher geglaubt habe. Viele Fehlinvestitionen und zu vieles funktioniert nicht. Wo man soviel falsch machen konnte, ist zuviel Geld vorhanden. Zuviel für das Falsche - zuwenig für das Richtige. Was gibt es für Varianten um mit einem Kostendach von 4 Milliarden das Land zu verteidigen? Welche dieser Varianten ist die beste? Wenn dies – immer in bezug auf künftige Bedrohungen – gemacht wird, dann kann entschieden werden. Auch die Militärexperten ihrer Partei wehren sich. Nationalrat Roland Borer zum Beispiel bezeichnet ihr Armee-Papier  als „Luftheuler“. Mir hat er das nicht gesagt. Die Kritiker Borer und Thomas Hurter wollen jetzt sofort ein neues Kampfflugzeug. Diesen Entscheid jetzt zu fällen, ist verfrüht. Eine weitere, kleinere Minderheit in unserer Partei will der Armee soviel Geld geben, wie das VBS fordert!  Das ist fahrlässig. Wer ein Unternehmen so führt, macht Konkurs. Sie orten im VBS einen „Speckgürtel“ von 20 Prozent. Wie kommen Sie auf die Zahl? Zu meiner Zeit als Bundesrat verordnete ich meinem Departement eine Kostensenkung von mindestens 20 Prozent. Schlussendlich reduzierten wir  um 22 Prozent, ohne eine Leistung abzubauen. Das ist auch im VBS mit gezieltem Vorgehen möglich. Einige Sparideen haben sie bereits in die Runde geworfen: Die „Abschaffung des VBS“ zum Beispiel, oder der „Verkauf aller Armee-Liegenschaften“. Ist das Ihr Ernst? Zuerst muss man mit extremen Vorgaben  arbeiten. Mehr Armee – weniger VBS mit dezentralen Strukturen ist ernsthaft zu prüfen. Es sind Impulse. Viel anderes ist auch zu prüfen: Immer mit dem Ziel: mehr Wirkung und weniger Kosten. Das müssen heute Tausende von Betrieben tun. Warum nicht die Bundesverwaltung? Bevor man solche Varianten ausarbeiten kann, muss man sich über die Bedrohungen im Klaren sein. Wo orten Sie die Feinde der Schweiz? Richtig. Was sind die künftigen Bedrohungen? Wie der künftige Krieg aussieht, weiss man immer erst im Nachhinein. Er wird jedenfalls anders sein als früher. Es geht aber auch in Zukunft um Macht, Geld, Kommerz, Terrorismus, Öl, Wasser, Geschichte, Freiheits- und Selbstbestimmungsdrang von Minderheiten mit religiösen, politischen und ethnischem Hintergrund. Dabei liegen die internationale Kriminalität, mafiaähnliche Strukturen, bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen, terroristische Überraschungen als mögliche Gefahren auf der Hand. Wie wappnet man sich gegen solche Gefahren? Indem man viel Erdenkliches übt, um dann die Überraschung besser bestehen zu können. Zuerst ist die Polizei am Zug. Wenn sie an ihr Limit gelangt, braucht man Soldaten. Gut ausgerüstete Soldaten zur Beobachtung, Überwachung, Bewachung. Leute, die im bekannten Raum, die Menschen vor heute Unbekanntem schützen können. Das heisst, üben von Ortskampf, Abschreckung, Abwehr, Verteidigung. Eine Art moderne territoriale Infanterie. Dafür eignet sich am besten die Milizarmee: Wenn man sie nicht braucht, ist sie zu hause. Wenn man sich braucht, kann sie innert Kürze in grosser Zahl aufgeboten werden. Sie ist: Integriert in die Wirtschaft und Gesellschaft. Ortskundig. Die Bilanz der hochtechnischen Armeen der Nachkriegszeit ist für Angriffsarmeen bescheiden. Ganz zu schweigen für eine Verteidigungsarmee. Ein Abbau drängt sich auf, bedingt durch die demographische Entwicklung. Wir haben doch heute nicht weniger Leute als im Zweiten Weltkrieg. Aber wenn man Wehrpflichtige so grosszügig ausmustert wie in den letzten Jahren und Dienstunwillige in den Zivildienst entlässt, dann fehlt es natürlich an Soldaten. Die Geburtenrate ist rückläufig. Entsprechend muss die Armee personell und finanziell reduziert werden. Das ist ein Beschluss des Bundesrates vom November 2008. Diesen Entscheid hat ex-VBS-Chef Samuel Schmid vor seinem Rücktritt noch durchgedrückt, ohne jede gründliche Grundlage. Natürlich hat man nicht nur von den möglichen realistischen Bedrohungen, sondern auch von den möglichen personellen und finanziellen Mitteln auszugehen. Und wie wehrt sich die Armee gegen Terroristen? Indem wir unsere Stärke ausspielen. Wir kennen unser Land. Die Entwicklung gilt es dauernd zu beobachten. Nachrichten zu sammeln. Hören, sehen, vorbeugen. Das Gelände ist unser bester Verbündeter. Wenn wir die modernen Kriege ansehen, stellt man fest, dass der Heimvorteil kriegsentscheidend sein kann. Darum müssen wir an Ort das mögliche Geschehen im eigenen Land üben, und nicht in Sizilien und Amerika. Ganz wichtig ist die bewaffnete Neutralität. Durch die Neutralität werden wir weniger zum Angriffsziel. Gerade auch gegenüber Terroristen. Es gibt Kräfte in unserer politischen und militärischen Elite, die die Neutralität beseitigen wollen. Sie halten nur noch verbal daran fest. Wie Bundesrat Maurer fordern Sie für die Schweiz die beste Armee der Welt. Ist das nicht etwas hoch gegriffen? Nein, aber sie ist im Positionspapier präzisiert. Sie muss nicht in Amerika oder in Afghanistan die beste sein, sondern „die beste Armee der Welt zur Verteidigung des unabhängigen und neutralen Kleinstaates Schweiz.“ Nur dann schreckt sie einen Gegner ab. Gibt es ein historisches Vorbild für diese „beste Armee“? Alle kleinen Armeen, die in der Geschichte im Land gewonnen haben. Die spektakulärste ist wohl der Vietkong. Der Vietkong operierte mit simplen, aber effektiven Mitteln. Ich war in diesen unterirdischen Gängen und dem KP von Ho Chi Minh. Gänge, die sich trichterförmig verengen, so dass die korpulenteren Amerikaner, aber nicht die Vietnamesen, darin stecken blieben. Der Kampf mit einfachsten Mitteln unter Ausnützung der lokalen Verhältnisse und der Schwäche des Gegners. Aber auch die Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg: Die Armee im Gebirge, das den Gegner abschreckte. Die Dissuasion hat gespielt. Wie viele Soldaten braucht die Armee, die Ihnen vorschwebt? Diese Frage muss ich jetzt nicht beantworten. Im Friedensfall hat man immer zuviel und im Ernstfall immer zu wenig. Was wieder für die Milizarmee spricht. Wir erwarten Antworten mit unserem Vorstoss. Es gibt Varianten. Eine Armee die quer über die Schweiz an allen Ecken und Enden platziert ist? Sie muss im Stande sein, Gefährdungen, die an mehreren Orten gleichzeitig erfolgen, abzuwehren. Eine Armee die so mobil ist, die man von Zürich nach Genf verschieben kann,  funktioniert, wenn es nicht in Genf und Zürich gleichzeitig losgeht. Ein asymmetrischer Gegner schlägt jedoch häufig an verschiedenen Orten zu. Aber ich will nichts vorwegnehmen. Die Konzeptionsvarianten zur künftigen Verteidigung soll nun der Bundesrat vorlegen. Mit dem Papier haben Sie sich sozusagen als Schatten-Militärminister positioniert und die Armee-Debatte in eine neue Richtung gelenkt. Was ist ihr Motiv? Es geht mir um eine Belebung der Debatte. Als ich nach 14 Tagen – abgeschnitten von der Welt – aus Nordkorea heimkam, traf ich ein riesiges Durcheinander an, auch in der eigenen Partei. Die einen riefen: „Kampfflugzeuge sofort!“ Andere meinten: „Kosten senken, keine Flieger!“ Dann las ich in der Zeitung, Bundesrat Maurer habe beantragt, keine Kampfflieger zu beschaffen. Der Bundesrat habe ihn im Stich gelassen und auf der Flugzeugbeschaffung beharrt, ohne jedoch dafür die nötigen Finanzmittel zu sprechen. Schliesslich habe die Sicherheitspolitische Kommission (SIK) neue Kampflugzeuge und mehr Geld verlangt. Da sagte ich mir: Jetzt ist ein geordnetes Vorgehen am Platz. Dann sind Sie hingesessen und haben das Armee-Papier verfasst? Ich sass hin, eine Nacht lang, und habe einen ersten Entwurf eines Positionspapieres geschrieben. Dieses sendete ich den Verantwortlichen in der Partei. An einem Sonntag, Anfang November, morgens um 8 Uhr, trafen wir uns. Mit dabei: der Partei- und Fraktionspräsident, der Parteisekretär, ein Mitglied der SIK und selbstverständlich auch unser Bundesrat. Das Papier wurde bereinigt. Ein zweiter Entwurf wurde der Parteileitung zur Stellungnahme unterbreitet. Ein 3. Entwurf entstand. Dann beschloss die Parteileitung. Es folgte die Orientierung der SIK- und der Finanzkommissionsmitglieder. Das Papier wurde verdeutlicht. Dann der Presse vorgestellt, damit es in der Öffentlichkeit frei diskutiert werden konnte. Schliesslich wurde es von der Fraktion mit vier Gegenstimmen verabschiedet. Was ist hier auszusetzen? Bundesrat Maurer war von Beginn weg eingeweiht? Selbstverständlich. Wir arbeiten mit offenem Visier. Das gilt vor allem auch, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Niemand verlangte von Ueli Maurer, dass er dem Papier zustimme. Das ist seine Sache. Aber wir wollten seine Meinung hören. Natürlich will er mehr Geld. Aber er erklärte in der Fraktion, er könne mit diesem Positionspapier leben, und er habe die Untersuchungen über Varianten bereits in Auftrag gegeben. Die ganze Aktion ist also kein Rückenschuss auf Maurer, sondern ein taktischer Schachzug: Indem Sie das VBS in ein Budgetkorsett zwingen, bringen Sie die Mitteparteien in Zugzwang. Wir können niemanden von der Entscheidung dispensieren. Die Sozialdemokraten und Grünen klammere ich aus. Sie sind ja nicht für die Armee. Aber FDP und CVP, aber auch die SVP selbst, müssen sich dann entscheiden: Wenn sie tatsächlich der Meinung sind, 4 Milliarden seien zuwenig, müssen sie mehr Geld sprechen. Aber auch sagen, wo sie es auftreiben wollen. Ich bin der Meinung, bei guter Führungsarbeit kommt man mit 4 Milliarden durch. In Ihrer Partei scheint die Stossrichtung der Sparübung bereits vorgezeichnet: Fraktionschef Baader zum Beispiel hat gesagt, durch die Streichung der Auslandeinsätze könnten 300 Millionen gespart werden. Gibt es überhaupt Auslandeinsätze, die Sie befürworten? Das alles sind Impulse und Varianten. Sie müssen sicher geprüft werden. Ich war immer der Meinung, dass Schweizer Armeeeinsätze im Ausland nichts bringen. Sie sind ein Leerlauf. Die Interventionseinsätze aller Länder sind weltweit gescheitert. Sie sehen keinen Sinn in friedenserhaltenden Einsätzen? Ausser dem schönen Namen machen sie keinen Sinn.

04.11.2009

Streitgespräch mit Fulvio Pelli

Interview in der «Zürcher Landzeitung» vom 4. November 2009 mit Lukas Odermatt Fulvio Pelli, von der FDP ist in Sachen Klumpenrisiko wenig zu hören gewesen. Fassen Sie als Verwaltungsratspräsident der Tessiner Kantonalbank im Eingeninteresse die Kollegen der Grossbanken mit Samthandschuhen an? Pelli: Das ist eine lustige Frage. Aber die Kantonalbanken gehören ja nicht zu den Banken, die ein Klumpenrisiko darstellen. Wir wollen, dass die Schweiz ein Bankenplatz bleibt. Bankenplätze ohne Grossbanken gibt es aber nicht. Neue Regeln müssen auf den Bankenplatz Rücksicht nehmen. Es darf daher zu keiner Überregulierung kommen. Christoph Blocher, Sie schlagen quasi die Zerschlagung der Grossbanken vor. Ist das Ihre späte Rache, weil sie 1991 nach zehn Jahren aus dem Verwaltungsrat der Bankgesellschaft geflogen sind? Blocher: (lacht) Nein. Die Schweiz soll ein wichtiger Bankenplatz bleiben. Aber wir haben Grossbanken, die so bedeutungsvoll geworden sind, dass sie den Staat bei schlechtem Geschäftsgang in den Bankrott reissen können.. Too big to fail! - zu gross um zu sterben! Das darf es nicht geben. Die Schweiz haftet faktisch mit einer Staatsgarantie. Das muss sich ändern. Würden beide Grossbanken – z.B. wegen Problemen in den USA – ins Trudeln kommen, zahlt die Schweiz. Herr Pelli, für Sie stellt das Klumpenrisiko kein Problem dar? Pelli: Das Systemrisiko existiert hier wie in andern Ländern auch. Unser Bankenplatz hat Systembedeutung für die Volkswirtschaft. Mit diesem Risiko müssen wir leben. Kein System ist ohne Risiken. Wir müssen sie eingrenzen, abschaffen können wir sie nicht, ausser wir verzichten auf Grossbanken. Dann wird eine ausländische Bank zum Klumpenrisiko, weil kleine Banken von ausländischen Banken übernommen werden können. Doch diese wird gleiche Risiken eingehen wie die UBS. Die Schweizer Banken hätten keine Chance, international tätig zu sein. Blocher:. Es geht um die Existenz der Schweiz! Die Bilanzsumme der beiden Grossbanken ist fünfmal grösser als das ganze Bruttoinlandprodukt. Dasjenige der grössten Banken in den USA ist nur das 0,9-fache. Das grosse Risiko ist nicht die Tätigkeit der Banken in der Schweiz, sondern das Engagement im Ausland, vor allem in den USA. Es ist dafür zu sorgen, dass diese amerikanischen Gesellschaften  im Konkursfall nicht auch die schweizerischen Geschäftsbanken mitreissen. Pelli: Die Welt ist nicht nur schwarz-weiss. Wir hatten eine Krise, die aufgrund von Entscheiden einer Bank entstanden ist. Die UBS hat strategische Fehlentscheide getroffen. Daraus müssen wir lernen. Die Finanzmarktaufsicht Finma hat mit Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften auf die Fehler reagiert. Hätte damals die Finma ihre Aufsicht wahrgenommen, hätten wir vielleicht die Krise nicht gehabt. Blocher: In der Wirtschaft ist das Risiko von Fehlentscheiden stets vorhanden. Die Politik hat aber dafür zu sorgen, dass dann nicht die ganze Volkswirtschaft mitgerissen wird.. Es ist erfreulich, dass auch die Nationalbank heute so denkt. Daher wollen Sie, Herr Blocher, die Grossbanken nun zerschlagen? Blocher: Nein, es braucht neben einer Neuordnung des Konkursrechts und neuen Eigenmitteln auch Vorschriften zur Entflechtung, nicht Zerschlagung! Z.B. müssen die ausländischen Banktätigkeiten als selbstständige Tochtergesellschaften geführt werden, ebenso die schweizerischen. Die Gesellschaften  könnten unter einer gemeinsamen Holding stehen. Im Falle eines Konkurses einer dieser Gesellschaften wird vielleicht auch die Holding in den Abgrund gezogen. Aber – und das ist entscheidend – nicht die schweizerische Tochter. Der Staat hätte nicht einzugreifen. Pelli: Das ist illusorisch. Wenn die US-Tochterfirma in Konkurs geht, wäre die ganze Holding betroffen, auch die Schweizer Filiale. Ihr Vorschlag, Herr Blocher, bringt keine Lösung. Ein einziger Teil kann nicht losgelöst von der Holding fallen gelassen werden. Blocher: Die Holding ist nicht das Systemrisiko. Die "Filiale" ist es. Diese könnte auch verkauft werden. Haben Sie einen besseren Vorschlag, um das Problem zu lösen? Also Herr Pelli, was schlägt die FDP vor? Pelli: Wir müssen dieses internationale Problem international lösen .. Blocher: Da bin ich nicht dagegen. ... Pelli: Aber Sie setzen auf die Extremlösung. Zuerst braucht es den internationalen Weg, um korrekte Kapitalvoraussetzungen, mehr Eigenmittel, zu schaffen. Bestrebungen laufen. Sind die Risiken global besser geregelt, ist es für die Schweiz im Detail denkbar, dass für risikoreichere Banktätigkeiten, wie das Investmentbanking, noch schärfere Eigenmittelvorschriften gelten. Sie stört also auch, wenn das Geld des normalen Anlegers einfach in ein risikoreiches Investmentbanking fliesst? Pelli: Das bestimmen sie selber, wenn sie Kunde einer Bank sind... Blocher: Das weiss der Kunde in aller Regel nicht... Pelli: Doch. Ein Kunde, der kein Risiko will, investiert in eine Kantonalbank, in die Raiffaisen, in einfache Sachen. Blocher: (lacht) Nur in die Tessiner Kantonalbank. Doch beim Zusammenbruch der Grossbanken würden auch die kleinen Banken mitgerissen. Für die Schweiz ist das problematischer als für die USA. Pelli: Ich bin nicht einverstanden. Die Schweiz griff ins Bankensystem ein. Und sie löste sich wieder in einer finanziellen Situation, die viel besser war als jene in Amerika. Die Risiken waren in Amerika grösser, die Massnahmen dort viel wichtiger, auch wenn das Verhältnis zwischen Bankengrösse und Bruttoinlandprodukt ein anderes ist als hier. Blocher: Im Verhältnis sind die von der Schweiz eingeschossenen 46 Milliarden Schweizer Franken mehr als das, was die USA einsetzte. Und: die Bankenkrise ist noch nicht ausgestanden und alle zehn Jahre kommt eine neue. Die Krisen werden immer heftiger. Pelli: Aber die Geschichte zeigt, dass diese Risiken kurzfristig waren. ... Blocher: Herr Pelli, da werde ich empfindlich. Jetzt heisst es, wir sind noch gut weggekommen. Tatsache ist: Vor einem Jahr war niemand ausser dem Staat und der Nationalbank bereit, der UBS noch Kapital zu geben. Wäre der Staat nicht beigestanden, wäre nicht nur die UBS sondern auch die CS in den Abgrund gezogen worden.. Es ist vorsorgliche Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass solche für den Staat gravierende Risiken nicht eintreten können. Pelli: Herr Blocher, Sie unterschätzen die Kräfte der Schweiz. Kurze Zeit nach den Staatsinterventionen hat man rasch wieder Privatinvestoren gefunden ... Blocher: Natürlich mit faktischer Staatsgarantie.... . Pelli: ... das System ist nicht so schwach ist, wie Sie es beschreiben. Blocher: Die sind eingestiegen, weil der Staat die Risiken der Banken trägt. Pelli: Das glaube ich nicht. Sie unterschätzen das Schweizer System. Zumindest bei den schärferen Eigenmittelvorschriften sind Sie einig. Nun wehrt sich aber die UBS bereits dagegen. Pelli: Dann muss die UBS aufzeigen, dass sie ohne höhere Eigenmittel in der Lage wäre, die Probleme zu lösen. Die Erfahrung zeigt, dass Eigenverantwortung bei der UBS nicht funktioniert hat. Blocher: Ich habe ein gewisses Verständnis für die Bedenken. Die gesetzliche Eigenmittelvorschrift ist für die Konkurrenzfähigkeit einer Bank entscheidend. Vorschriften für höhere Eigenmittel werden kommen – international. Es gibt eine Obergrenze, klar. Will der Liberale Blocher wirklich per Gesetz Banktätigkeiten vorschreiben? Blocher: Wenn ein für das Land existentielles Problem besteht, dann ja. Dann kann man auf eine Überregulierung verzichten. Pelli: Die Politik ist nicht in der Lage, die Risiken einzuschätzen. Via Finma und Nationalbank sind die Banken theoretisch bereits extrem kontrolliert. Die Finma arbeitet mit wissenschaftlichen Risikoeinschätzungen. Die Politik hingegen aufgrund Empfindlichkeiten, die moralische Kriterien beinhalten. Blocher: Sie haben recht: Die Politik kann die Risiken nicht beurteilen. Wir wissen nur eines: Es wird immer Risiken geben! Und wir wollen, dass diese nicht so gross sind, dass die ganze Volkswirtschaft mitgerissen wird. Viele Länder attackieren die Schweiz, die EU will den automatischen Informationsaustausch. Können wir das Bankkundengeheimnis noch halten? Blocher: Wenn wir das wollen, bestimmt! Aber die anderen Staaten müssen merken, dass wir das wollen. Es kommt darauf an, wieviel Druck wir erleiden mögen. Pelli: Wir wollen das Bankgeheimnis, müssen aber das System anpassen. Die Verrechnungssteuer ist nicht modern. Dieses System hat Löcher. Es soll durch eine Quellensteuer ersetzt werden, die einen tieferen Prozentsatz hat. Wir müssen auch schauen, dass der Finanzplatz nicht nur aufgrund der Vermögensverwaltung von Schwarzgeld lebt. Daher wollen wir die Stempelsteuer abschaffen. Diese Steuer auf den Umsatz wird zum Problem für die Schweizer Firmen und den Finanzplatz. Blocher: Seit 20 Jahren fordern wir die Abschaffung der Stempelsteuer. Warum passiert nichts? Der Bundesrat will es nicht – und Herr Merz auch nicht. Pelli: Herr Merz hat Schritte angekündigt. Blocher: Seit 20 Jahren wird angekündigt. Kann das Bankgeheimnis nicht nur für Schweizer gelten, für Ausländer nicht? Pelli: Warum sollen wir Kunden in Kategorien einteilen? Entweder schützt das System die Privatsphäre oder nicht. Zwei Systeme sind unwürdig. Blocher: Man könnte es schon tun, aber auf lange Sicht würde man es nicht aufrecht erhalten können. Was ist ein Ausländer, was ist ein Schweizer? Pelli: Nun, alle, die hier wohnen und den Lebensunterhalt verdienen, fallen unter das Bankgeheimnis. Blocher: Und was machen Sie mit den Grenzgängern, mit Auslandschweizern? Pelli: Das ist eine Detailfrage. Blocher: Der Teufel steckt eben im Detail. Ist es nicht unhaltbar, das Bankgeheimnis zum Geschäftsmodell zu machen? Blocher: Die Gefahr besteht tatsächlich, dass dank des Bankkundengeheimnisses die Gelder nicht versteuert werden. Darum haben wir die Verrechnungssteuer eingeführt. Das müssen wir den andern Ländern auch anbieten – doch die wollen es nicht, weil sie die Informationspflicht haben wollen. Wenn wir es fordern, werden sie es wollen! Pelli: Sie wollen die Verrechnungssteuer nicht, obwohl sie mehr einnehmen würden. Aber sie würden nicht wissen, wieso. Sie müssten sich fragen, warum ihre Bürger das Geld ins Ausland bringen. Die EU-Länder wollen den automatischen Informationsaustausch, um ihre eigenen, teils perversen Fiskalsysteme beizubehalten. Blocher: Es ist der Kampf des Auslands gegenüber der erfolgreichen Schweiz: Konkurrenzkampf. Und diesen Kampf muss die Schweiz mit allen Mitteln führen – auch Sistierung von Doppelbesteuerungsabkommen? Blocher: Wenn's nicht anders geht. Pelli: Ja, genau. Die Schweiz ist gegenüber den USA eingeknickt. Nun will die EU Gegenrecht. Blocher: Es war ein grober Fehler. Und bei den OECD-Listen haben wir es verpasst, den Ländern das Bankkundengeheimnis zu erklären. Man gibt jeder Forderung, jeder Erpressung, nach. Pelli: Ich sehe es anders. Die Schwarze Liste bestraft nicht den Finanzplatz, sondern den Werkplatz Schweiz. Deshalb war die Strategie des Bundesrats nicht falsch. Er gab auf einem Niveau nach, das noch korrekt ist, vielleicht korrekter als vorher. Zeitgleich mit allen anderen Finanzplätzen. Nun darf man keine Zugeständnisse mehr machen. Blocher: Das höre ich nach jedem Zugeständnis. Als die graue Liste kam... Pelli: Es war eine schwarze ... Blocher:. Ob schwarz, grau, grün, blau oder rot... Pelli: (lacht) Das ist nicht unwesentlich ... Blocher: Wir haben auf einer schwarzen Liste als Exporteure sicher keine Vorteile. Man muss aber Druck ertragen können. Wenn man natürlich bei jedem, der kommt... Pelli: ...das war nicht jeder. Das war die G-20. Blocher:. Auch gegenüber Grossen darf. man nicht einfach nachgeben. Es gilt der Grundsatz: "Tue recht und scheue niemand."

18.09.2009

Führungskrise Schweiz – Leadership in schwierigen Zeiten

Referat vom 18. September 2009 von Christoph Blocher, Herrliberg gehalten anlässlich der Tagung Wirtschaftsimpulse Schaffhausen 2009 Freitag, 18. September 2009 im Stadttheater Schaffhausen