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Économie

16.07.2012

Die Geschichte gab mir mehr recht, als ich erwartet habe

Interview zum EWR, zur EU und zur Schweiz mit Nicole Meier, sda Für Nationalrat Christoph Blocher und die SVP begann mit der EWR-Abstimmung von 1992 der steile Aufstieg. Im Interview mit der sda erinnert sich Blocher an den Abstimmungskampf mit Teufelskarikaturen und nächtlichen Zweifeln. Und er kündigt das Referendum gegen das Stromabkommen mit der EU an. sda: Herr Blocher, der emotionale und aggressive Stil des Abstimmungskampfs war 1992 neu für die Schweiz. Woran erinnern Sie sich vor allem? Christoph Blocher: An die Spannung am Abstimmungssonntag. Am Ende des Ab-stimmungskampfs war ich erschöpft, auch körperlich am Ende. Ich ging um 20 Uhr ins Bett, während meine Kollegen mit Feuerwerk feierten. Otto Fischer und ich hatten ein Jahr lang jeden Tag mindestens einen Vortrag gehalten. Aber ich war oft auch von Zweifel geplagt: Wir wussten ja nicht, wie die Zukunft herauskommt. sda: Sie hatten Zweifel daran, dass das Nein richtig war? Blocher: Ich hatte während des ganzen Abstimmungskampfs Zweifel - vor allem nachts. Tagsüber war ich wieder sicher. Ich fragte mich oft, ob es möglich ist, dass alle anderen - die Classe politique, aber auch meine industriellen Freunde - falsch lagen. sda: Was ziehen Sie 20 Jahre nach dem Nein für eine Bilanz? Blocher: Die Geschichte hat mir mehr recht gegeben, als ich gedacht hatte. Dass es der Schweiz heute besser geht als den meisten EU-Ländern, liegt daran, dass wir nicht in der EU sind, und dass dank dem EWR/EU Nein die schweizerische Souveränität gewahrt werden konnte. sda: Das Volk hat nicht über einen EU-Beitritt abgestimmt, sondern über den EWR. Blocher: Der EWR - ein Kolonialvertrag - wäre nur der erste Schritt - der Vorhof - auf dem Weg in die EU. Das merkte auch der Bundesrat. Darum hat er ja auch das schweizerische EU-Beitrittsgesuch beschlossen und deponiert. sda: Was haben Sie am Abstimmungssonntag, dem 6. Dezember, gemacht? Blocher: Ich habe am Nachmittag Radio gehört. Unter den ersten Resultaten war eine Gemeinde mit 100 Prozent Stimmbeteiligung und keiner einzigen Ja-Stimme: Lü/Lüsai im bündnerischen Münstertal. Dort hatte mich der Gemeindepräsident nach einem EWR/EU-Anlass zu einem Alp-Gottesdienst eingeladen. Er sagte:  Das werden ihnen die Leute nie vergessen. Allerdings hatte die Gemeinde nur 29 Stimmberechtigte. Am Abstimmungssonntag sagte ich zu meiner Frau: Wir wären besser in der Stadt Zürich zum Alp-Gottesdienst gegangen. Das hätte mehr eingeschenkt. sda: Die Stimmbeteiligung lag mit über 78 Prozent in Rekordhöhe, die Stände lehnten den EWR deutlich ab, aber das Volks-Nein war lange Zeit ungewiss. Blocher: Nach dem Resultat von Lü/Lüsai kam auch bald eine kleine Gemeinde in der Westschweiz mit keiner einzigen Nein-Stimme. Das zeigte den tiefen Graben. Ich hatte keinen Mitkämpfer in der welschen Schweiz. Es gab zwar Gegner, aber die haben sich kaum gezeigt. sda: Haben Sie überhaupt um die Stimmen der Romands gekämpft? Blocher: Natürlich. Ich habe in meinem schlechten Französisch Vorträge gehalten. Als ich an der Universität Freiburg sprach, haben Studenten und Professoren Plakate aufgehängt: "C'est le diable, qui vient" - es sei der Teufel, der da komme. So war die Stimmung. sda: 1992 wurde sozusagen der Grundstein für den Erfolg der SVP gelegt. Wäre sie auch ohne EWR-Abstimmung so stark geworden? Blocher: Ohne die Abstimmung vielleicht schon, aber nicht ohne die Debatte über die Unabhängigkeit. Die SVP stand damals allein für die Unabhängigkeit. sda: Hat die SVP nach dem Verlust in den Wahlen 2011 ihre maximale Grösse erreicht? Blocher: Das kann sein. Sie kann vielleicht stärker werden als 26,6 Prozent, aber dann müssen wir Konzessionen machen. Das macht keinen Sinn. Es braucht keine weitere Mittepartei. sda: Hört man in der SVP überhaupt noch auf Sie? Blocher: Eher zuviel als zuwenig. sda: Sie sind 71, andere sind in diesem Alter längst in Rente. Blocher: Wer einen ernsthaften Kampf für das wichtigste Gut der Schweiz - die Unabhängigkeit - führt, kann nicht dauernd nach dem eigenen Alter fragen. Man hat wichtigeres zu tun. Weiter kämpfen! sda: Wogegen? Blocher: Bundesrat und Parlament wollen jetzt für die Schweiz erneut einen Kolonial-vertrag um so die Schweiz in die EU zu führen: Es soll mit der EU ein harmloses Stromabkommen abgeschlossen werden, das Modellcharakter hat für alle folgenden Verträge. Die Schweiz soll sich verpflichten, künftig bei jedem Vertrag unbesehen künftiges EU-Recht zu übernehmen und sich fremden Richtern zu beugen. Alles unter dem harmlosen Titel: Energieabkommen.Darunter versteckt sich ein Kolonialvertrag schlimmer als der EWR. Das muss verhindert werden. Sonst geht die Schweiz unter. Wir stehen wie 1992 vor einer Wegscheide. sda: Wie wollen Sie das verhindern? Blocher: Schlussendlich bleibt nur das Referendum. Noch in diesem Jahr gründen wir ein überparteiliches Komitee, das sich für den Abstimmungskampf vorbereitet. Bisher arbeiten wir im kleinen Kreis die Materialien auf. sda: Wer gehört zum kleinen Kreis? Blocher: Namen möchte ich noch keine nennen. sda: Dass die Schweiz heute relativ gut dasteht, ist auch den bilateralen Verträgen zu verdanken. Zuerst nannten Sie diese als Alternative zum EWR, jetzt bekämpfen Sie sie. Blocher: 1992 legte ich dar: Wenn wir Probleme haben mit den Nachbarn, lösen wir sie bilateral. Zwei Verträge sind schlecht: Schengen und die Personenfreizügigkeit. Weil wir die schweizerische Staatsform haben geht es uns heute besser. Darum haben wir tiefere Steuern und weniger Schulden, darum wollen alle in der Schweiz arbeiten. Dies, weil die Schweiz Nein sagte zum EWR/EU-Beitritt. sda: Was haben Sie eigentlich gegen Europa? Blocher: Ich habe nichts gegen Europa. Die Schweiz ist selbst ein europäisches Land. Aber die EU ist nicht Europa, sondern eine intellektuelle Fehlkonstruktion. Zum Glück bin ich heute nicht mehr der Einzige, der das einsieht. sda: Wie lange gibt es die EU noch? Blocher: Ich weiss es nicht. Die EU wird vielleicht nicht auseinanderbrechen, aber die dezentralen Kräfte nehmen sicher zu. Die EU wird wirtschaftlich keinen Erfolg haben, das ist ihr Hauptproblem. sda: Wie viel Zeit geben Sie dem Euro noch? Blocher: Auch das kann ich nicht beantworten. Die EU hält ihn mit allen Mitteln aufrecht, weil sie merkt, dass sonst die ganze Konstruktion auseinanderfällt. Den Euro hat man nicht aus wirtschaftlichen Gründen geschaffen, sondern um die Völker stärker miteinander zu verbinden. Nur funktioniert er ökonomisch nicht: Arbeitslosig-keit und Armut sind die Folge. sda: Während die Schweiz isoliert dasteht. Blocher: Was? Sind Sie isoliert? Die Schweiz kann mit allen Ländern freundschaftlich verkehren, aber die Schweizer wollen und können ihre Zukunft selbst bestimmen. Die Schweiz ist zu klein, um nicht mit allen Ländern freundschaftlichen Kontakt zu pflegen. Hier hilft uns die Neutralität und die Weltoffenheit der Schweiz. sda: Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit. Blocher: Das soll so bleiben. Aber auch gute Freunde lassen sich nicht beherrschen. Hier hat die Freundschaft ihre Grenze. sda: Wie lange wollen Sie weiterkämpfen? Blocher: Solange nötig und solange mir die Kräfte gegeben sind. Jetzt stehen wir am anfang eines neuen widerlichen Kampfes. Da bin ich als unabhängiger, kampfer-probter Politiker gefragt. Ich kämpfe nach der Devise: "Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird Euer Leben gewonnen sein."

16.07.2012

Le combat contre l’Union Européenne continue

Interview au sujet de I'EEE, I'UE et la Suisse avec Adren Kay, ats Christoph Blocher a mené la campagne contre l'EEE. Vingt ans après, il se félicite de l'indépendance de la Suisse et y voit la source de sa prospérité. Mais le combat n'est pas terminé. Il met en garde contre l'intégration européenne "rampante" et promet un référendum contre l'accord sur l'énergie négocié avec l'UE. ats: Comment avez-vous vécu la soirée de votation? CB: La tension était à son comble. Au début de la campagne, nous étions donné perdants par tous les sondages. Les médias étaient contre nous. Lorsque le résultat a été annoncé, mon camp a laissé éclater sa joie et lancé des feux d'artifice. Mais moi, j'étais à bout physiquement: je me suis couché à 20h00. J'avais tenu des conférences dans toute la Suisse durant une année sans interruption, au moins une par jour. Et puis, j'avais des doutes. Vous n'étiez pas certain que le rejet de l'EEE soit le bon choix? Je ne suis pas prophète. J'étais sûr de moi la journée, lorsqu'il s'agissait de faire campagne. La nuit je me demandais s'il était possible que tant de gens se trompent. La classe politique et mes amis industriels étaient tous convaincus que la Suisse ferait naufrage si elle choisissait de faire cavalier seul. En outre, le pays a été profondément divisé par cette votation. La Suisse romande ne vous a pas suivi. Effectivement. C'est certes symbolique mais l'après-midi du 6 décembre 1992, la radio annonçait les premiers résultats et on a appris qu'une petite commune des Grisons, Lü/Lüsai, avait voté à 100% contre l'Espace économique européen. En Suisse romande, l'inverse s'est produit, avec un hameau dont les habitants ont tous glissé un "oui" dans l'urne". Comment expliquez-vous un tel Röstigraben? L'UDC n'était vraiment implanté que dans certains cantons alémaniques. Le débat était aussi posé en des termes différents des deux côtés de la Sarine. En Suisse alémanique, il était simplement question de conserver sa souveraineté. Les Romands votaient eux sur "l'ouverture" de la Suisse. Et puis, j'ai peut-être fait office de repoussoir. Lors d'une conférence que j'ai donnée à Fribourg, des affiches me caricaturaient en affirmant: "c'est le diable qui vient". Vingt ans après, quel bilan tirez-vous? L'histoire m'a donné raison. Bien davantage que je ne l'aurais imaginé à l'époque. On ne pouvait prévoir ni l'ampleur de la prospérité helvétique ni celle de la débâcle européenne actuelle. Ne mélangez-vous pas EEE et UE? C'est la même chose. Le Conseil fédéral avait clairement vue à l'époque que l'EEE était le premier pas avant l'adhésion. Si nous avions perdu la votation, la Suisse ferait aujourd'hui partie de l'UE. Aujourd'hui, le peuple est très largement opposé à une adhésion. Vous n'avez plus de souci à vous faire! Au contraire. Le combat le plus important des vingt prochaines années sera d'éviter une intégration rampante dans l'UE. C'est d'ailleurs ce qui risque d'arriver avec la négociation entre Berne et Bruxelles d'un accord sur le dossier énergétique. Ce traité semble inoffensif. Oui, au premier abord, c'est bien le problème. Mais le Conseil fédéral compte en profiter pour régler la question institutionnelle et va faire des concessions à l'UE. L’accord sur l'énergie pourrait avoir valeur de modèle pour la reprise automatique du droit communautaire. Il pourrait aussi consacrer la mise sur pied d'une instance d'arbitrage indépendante pour régler les conflits entre Berne et Bruxelles. La Suisse n'aurait plus son mot à dire. Que comptez-vous faire? Lancer le référendum. Nous allons mettre sur pied un comité interpartis avant la fin de l'année pour commencer à sensibiliser l'opinion. Notre tâche ne sera pas aisée. Avec le vote sur l'EEE, on annonçait clairement la couleur. Cette fois-ci, les partisans de l'accord sur l'énergie parleront énergie et nous devrons montrer que c'est de souveraineté qu'il s'agit. Vous vous opposez à l'accord sur l'énergie comme vous avez combattu d'autres accords bilatéraux. Vous aviez pourtant présenté les bilatérales comme l'alternative à l'EEE en 1992. Je n'ai pas combattu tous les accords. Seulement les mauvaises. Ceux sur Schengen et sur la libre circulation des personnes. J'ai simplement dit que si nous avions des problèmes avec nos voisins, il suffisait de les régler en bilatérale. Mais sans déstruiere la souveraineté de la Suisse. Vous ne partagez donc pas le constat selon lequel les bilatérales sont la source principale de la prospérité helvétique? La Suisse ne se porte pas mieux grâce aux bilatérales. Nous sommes prospères car nous ne faisons pas partie de l'UE. Nous avons des impôts bas et moins de dettes. Aujourd'hui nous n'avons plus besoin de conclure de nouveaux accords bilatéraux. Les besoins vitaux sont tous couverts. En somme, c'est l'indépendance qui fait notre force. Ne nous isole-t-elle pas également? Le secret bancaire a souffert de l'absence d'alliés. Des alliés? Nous n'en avons pas besoin. Regardez l'Autriche ou le Luxembourg. Eux aussi sont mis sous pression dans le dossier bancaire et ils font pourtant partie de l'UE. La Suisse a de tout temps été seule. C'est aussi pour cela que nous sommes devenus si forts. Dans le fond, vous n'aimez pas l'Europe. J'aime beaucoup les Européens. Mais l'Union européenne, c'est une construction intellectuelle. Une construction défectueuse. Aujourd'hui, tout le monde peut s'en rendre compte. Doit-on s'attendre à la fin de l'UE? Je ne sais pas. Si l'UE n'implose pas, il est probable qu'un mouvement de décentralisation se fasse jour. Combien de temps allez-vous encore vous engager contre l'UE? Tant que j'en serais capable, je mènerai le combat. Ce combat est necessaire pour un Suisse libre, neutre et fructueuse.

09.07.2012

Verschärftes Aktienrecht statt «Abzocker-Initiative»

Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung vom 9. Juli 2012 Bei jedem klassischen Unternehmen gilt: Der Unternehmer (Eigentümer) hat die Entschädigungen seiner Mitarbeiter zu genehmigen. Leider gilt dies bei den grössten börsenkotierten Unternehmen nicht. Das führt dazu, dass sich leitende Manager mit sehr hohen, z.T. exorbitanten Entschädigungen und Boni sogar bei Misserfolg selbst bedienen. Abhilfe ist dringend notwendig Dieser Misstand ist dringend zu beseitigen. Das Aktienrecht müsste dafür sorgen, dass die Kontrolle des Managements durch die Aktionäre gewährleistet werden kann, denn der Staat hat das Privateigentum zu schützen. Es ist Thomas Minders Verdienst, dass er mit seiner Volksinitiative enormen Druck auf die abgeschlossene Gesetzgebung machte. Seine Stossrichtung stimmt. Das neue Aktienrecht nimmt denn auch die Forderung seiner Volksinitiative weitgehend auf. Doch leider kann das Gesetz nicht in Kraft treten. Ausgerechnet seine nicht zurückgezogene "Abzockerinitiative" steht dem entgegen. Das Aktienrecht als Gegenvorschlag Das neue Aktienrecht ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Minderinitiative. Als Gesetz untersteht es nicht dem obligatorischen Referendum. Es gilt auch nur, wenn entweder die Volksinitiative zurückgezogen oder abgelehnt wird. Hätte Minder die Volksinitiative zurückgezogen, könnte es unverzüglich in Kraft gesetzt werden. Würde die Volksinitiative angenommen, träte es überhaupt nie in Kraft. Was bringt denn dieser Gegenvorschlag? 1. Wie die Initiative sieht das neue Aktienrecht vor, dass jährlich die Generalversammlung über die Gesamtsumme sämtlicher Vergütungen des Verwaltungsrates und über sämtliche Vergütungen der Geschäftsleitung abstimmt. Entgegen der Minderinitiative präzisiert das neue Aktienrecht nicht nur dass "abgestimmt wird", sondern es sagt, dass der Gesamtbetrag für den Verwaltungsrat verbindlich genehmigt werden muss, ebenso der durch den von der Generalversammlung jährlich zu genehmigende Vergütungsbericht mit dem auf jedes Verwaltungsratsmitglied entfallenden Betrag unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitgliedes (neu: OR Art. 731 g, Abs. 2 Ziff 1). 2. Für die Geschäftsleitung ist nicht nur der Gesamtbetrag, sondern auch der höchste auf ein Mitglied entfallende Betrag (neu: OR Art. 731 g Abs. II, Ziff 2) zu genehmigen. Die Statuten können vorsehen, ob dies verbindlich oder konsultativ geschehen soll. Die konsultative Regelung gilt heute z.B. in England und hat sich als wirksam erwiesen. Die Verbindlichkeit hat den Nachteil, dass bei Ablehnung die gesamte Geschäftsleitung ohne Entschädigung dasteht, während die konsultative Regelung bei Ablehnung eine Anpassung ermöglicht. Die Volksinitiative Minder lässt diese Fragen offen. Sie verlangt nur, dass abgestimmt wird. 3. Die Volksinitiative verbietet Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen an Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Das verbietet auch der neue indirekte Gegenvorschlag (neu: OR Art. 731 l Abs.1 Ziff. 1 und 2). Hingegen kann es gerechtfertigte Ausnahmen geben. Wer kennt nicht die Fälle, wo man mit einer Abgangsentschädigung für einen loszuwerdenen Manager billiger davon kommt? Aber über solche Ausnahmen hat neu die Generalversammlung zu beschliessen (neu OR Art. 731 lit.c Abs. 2) und zwar verbindlich. 4. Das neue Gesetz sieht vor, dass vielerlei Einzelheiten (Erfolgs- und Beteiligungspläne, Anzahl VR-Mandate, Rentenregelungen, allfällige Kredite etc.) nicht - wie in der Volksinitiative vorgesehen - in den Statuten sondern im Vergütungsbericht verankert werden. Der Vergütungsbericht muss aber jedes Jahr durch die Generalversammlung genehmigt werden. Das ist sinnvoll. Denn Dinge, die sich laufend ändern, sollten nicht statutarisch festgehalten, aber auch durch die Aktionäre beschlossen werden. 5. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass Verwaltungsräte jedes Jahr einzeln gewählt, bzw. wieder gewählt werden müssen. Dies insbesondere, weil es nicht angeht, dass sich Verwaltungsräte für drei Jahre wählen lassen, aber sich dann jedes Jahr ohne Einfluss der Eigentümer selbst bedienen. Da nun nach dem neuen Aktienrecht sämtliche Bezüge, Boni, Entschädigungen jährlich von der Generalversammlung beschlossen werden müssen, fällt der Hauptgrund der einjährigen Amtsdauer weg. Aber die einjährige Amtsdauer wird im neuen Aktienrecht für börsenkotierte Firmen zum gesetzlichen Normalfall erklärt. Einzelne Regelungen der Volksinitiative von untergeordneter Bedeutung hat das Gesetz leider nicht aufgenommen. Doch das neue Aktienrecht erfüllt 80 Prozent der Forderungen der Volksinitiative. Der Hauptvorteil aber ist: Es könnte sofort in Kraft treten, und damit könnten die Misstände überrissener Boni und Entschädigungen unverzüglich behoben werden. Unter dem Druck von E-mails Bestimmt sieht dies der Initiant auch. Aber er beruft sich auf "viele Leute aus dem Volk." Er erhalte "viele E-mails." Doch es ist zu bedenken: Wenn die Volksinitiative angenommen werden sollte, dann fällt der brauchbare Gesetzesvorschlag dahin. Das Ganze beginnt wieder von vorne. Bis eine gesetzliche Regelung da ist, dürfte dies noch Jahre dauern. Und ob ein neues Gesetz dann der Initiative näher kommt, als der jetzige Gegenvorschlag, wage ich zu bezweifeln. Absurderweise werden sich die "Abzocker", die Herr Minder bekämpfen will, über die allfällige Annahme seiner "Abzockerinitiative" am meisten freuen.

15.06.2012

Senza di noi saremmo nell’UE

Intervista, La Regione, 15 giugno 2012, Edy Bernasconi

07.06.2012

Wir benötigen keine neuen Abkommen

Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 7. Juni 2012 mit Herrn Simon Gemperli Herr Blocher, Sie haben sich im Abstimmungskampf über die Staatsvertrags-Initiative der Auns bisher kaum zu Wort gemeldet. Weshalb halten Sie sich zurück? Diesen Abstimmungskampf muss die Auns führen. Wer eine Initiative macht, ist auch für den Abstimmungskampf verantwortlich. Wo ich gefragt werde, spreche ich für diese wichtige Vorlage - zum Beispiel jetzt. Sie stehen aber hinter der Initiative „Staatsverträge vors Volk“? Voll und ganz. Das schweizerische Recht wird zunehmend unter Berufung auf internationales Recht ausgehebelt. Vor allem der Souverän - d.h. die Bürger - werden immer mehr umgangen. Nehmen wir den Internationalen Währungsfonds (IWF) als Beispiel. Das Parlament hat letztes Jahr den Beitritt zu den geänderten Neuen Kreditvereinbarung (NKV) beschlossen, und 15 Milliarden bewilligt. Für die Rettung von Griechenland. Weitere 10 Milliarden, für welche die Schweiz bürgt, sind versprochen! Bei Annahme der Initiative "Staatsverträge vors Volk," könnte das Schweizervolk abstimmen. Aber ein IWF-Darlehen ist kein Staatsvertrag. Es würde durch die Initiative gar nicht erfasst. Das bestreite ich! Wer jemandem unter Bedingungen 10 Milliarden bezahlt, oder Bürgschaft leistet, schliesst einen Vertrag. Die Initiative verlangt bei völkerrechtlichen Verträgen ein obligatorisches Referendum bei neuen einmaligen Ausgaben von mehr als 1 Milliarde Franken oder bei neuen wiederkehrenden Ausgaben von mehr als 100 Millionen. Die Schweiz wird immer mehr unter Druck gesetzt. Die Gefahr ist gross, dass auch die Schweiz in die Schuldenkrise gezogen wird. Hier sind Barrieren einzubauen. Die Initiative sieht das obligatorische Referendum für Staatsverträge in «wichtigen Bereichen» vor. Was heisst das? Das geltende Recht sagt, dass der Bundesrat völkerrechtliche Verträge selbständig abschliessen kann, soweit diese von "beschränkter Tragweite" sind. Wie "wichtige Bereiche" ist auch dieser Begriff auslegungsbedürftig. Wenn man z. Bsp. vereinbart, die Signalisation auf Autobahnen mit andern Staaten zu vereinheitlichen, so ist das vermutlich kein wichtiger Bereich. Wenn aber ein Staatsvertrag eine automatische Rechtsübernahme in Zukunft verlangt, so ist dies sicher ein "wichtiger Bereich." Auch andere Kriterien im Verfassungstext sind auslegungsbedürftig. Hätte es keinen prägnanteren Verfassungstext gegeben? Die Verfassung ist das Grundgesetz. Die Konkretisierung basiert im Gesetz. Die Verfassung vertraut dem Gesetzgeber. Heute bin ich zwar nicht mehr sicher, ob das richtig ist. Weshalb? Mein Vertrauen, dass Bundesrat, Verwaltung und Parlament die Verfassung ernst nehmen, ist gesunken. Die deutlich angenommene Ausschaffungsinitiative soll gemäss Bundesrat so angewendet werden, dass 84 Prozent der kriminellen Ausländer, die gemäss Verfassungsbestimmung ausgeschafft werden müssten, im Land bleiben können. Wie sollte der Initiativtext denn besser lauten? Wenn man dem Gesetzgeber nicht mehr trauen kann, müsste das detaillierte Gesetz in die Verfassung aufgenommen werden. Das ist widerlich. Es gibt ein fakultatives Staatsvertragsreferendum. Wie bei Gesetzesvorlagen sind 50 000 Unterschriften zu sammeln. So wird nur über das abgestimmt, was auch wirklich wichtig ist. Ist das nicht eine sinnvolle Lösung? Nein. Wichtige Dinge sollte man nicht dem Zufall überlassen. Referenden sind zudem mühsam und teuer. Schikanen sind viele: Nehmen wir die Verträge mit Deutschland und Grossbritannien über die Abgeltungssteuer. Nach der Schlussabstimmung nächste Woche bleiben 100 Tage Zeit, um die Unterschriften zu sammeln. Mitten in den Sommerferien. Kaum sind die Unterschriften abgeliefert, kommen schon die Abstimmungscouverts. Wann findet ein seriöser Abstimmungskampf statt? Auns-Präsident Pirmin Schwander hat bereits das Referendum angekündigt. Ich weiss nicht, ob die Auns das Referendum ergreift. Wenn sie es tut, muss sie sich überlegen, ob sie Zeit, Kraft und Geld hat, dann auch den Abstimmungskampf zu führen. Die SVP und die Auns wären doch ein schlagkräftiges Duo. Die Sache ist verzwickt. Der SVP geht es darum, den inländischen Finanzplatz Schweiz zu retten, während die Bankmanager sich vor möglichen Strafverfolgung in Sicherheit bringen wollen. Darum sind sie für die Vorlage. Im Abstimmungskampf würde die SVP und die AUNS für den Finanzplatz Schweiz und die Grossbanken - wohl mit Millionen - gegen uns kämpfen. Ein solche Kampf ist kaum zu gewinnen. Das wäre aber bei einem obligatorischen Referendum nicht anders. Doch. Es wird nicht eine Sache von Abstimmungslagern. Man redet über eine Vorlage und nicht über die Referendumsführer. Sie haben 1992 den EWR erfolgreich bekämpft – allein gegen die Wirtschaft. Und jetzt, beim Bankgeheimnis, soll es nicht reichen? Damals ging es um die Unabhängigkeit der Schweiz - letztlich um den EU-Beitritt. Die Abstimmung war obligatorisch. Heute würde das Parlament wahrscheinlich solche Verträge nicht einmal dem Referendum unterstellen. Zudem waren damals auch einzelne FDP und CVP-Parlamentarier dabei. Jetzt haben Sie die SP auf Ihrer Seite. Kaum. Die Opposition der SP ist l'art pour l'art. Die SP will das Gegenteil der SVP. Sie will den Bankenplatz Schweiz schwächen oder sogar zerstören. Was passiert, wenn die Steuerabkommen abgelehnt werden? Zunächst nichts. Es geht weiter wie bisher. Man droht uns ja immer mit der OECD, die dann den automatischen Datenaustausch verlangen würde. Aber dies wird nie geschehen. Die USA z. Bsp. werden niemals in einen automatischen Datenaustausch einwilligen. Und ohne die schweizerische Stimme kann die OECD nicht beschliessen. Aber es werden wieder die Steinbrücks kommen, und es wird CDs mit gestohlenen Kundendaten geben. Das müssen wir aushalten. Und dafür sorgen, dass keine CD's gestohlen werden. Die EU schliesst seit fast fünf Jahren keine Abkommen mit der Schweiz ab und pocht auf die Übernahme des EU-Rechts in vertraglich geregelten Bereichen. Kommission, Parlament und Rat in Brüssel verschärfen laufend den Ton. Beunruhigt Sie das nicht? Nein, wir benötigen auch keine zusätzlichen Abkommen. Wo ich in der EU hinkomme, beglückt man die Schweiz für ihre Selbständigkeit. Aber die Schweiz will etwas von der EU, sie braucht Zutritt zum Binnenmarkt. Den Zutritt haben wir. Gegenseitig! Beamte suchen aber mit der Lupe nach Möglichkeiten, ein neues Abkommen zu schliessen. Nicht die Schweiz, sondern die EU ist der "demandeur." Da und dort muss man ihr vielleicht etwas entgegenkommen; aber dann muss sie auch uns etwas geben. So will z. Bsp. die EU, dass wir unsere Steuergesetze ändern. Sie behauptet, dass unsere Holdingbesteuerung nicht mit dem Freihandelsabkommen zu vereinbaren sei und eine indirekte Wettbewerbsverzerrung darstelle. Das ist zwar etwas gesucht. Aber diskutieren muss man es wohl. Aber sollte die Schweiz darauf eingehen? Es geht um Gesellschaften, deren Erträge aus dem Ausland bevorzugt besteuert werden. Die Kantone suchen hier von sich aus eine Lösung. Der Bundesrat möchte mit der EU ein Stromabkommen aushandeln, das die Übername des EU-Rechts regelt und als Referenz für weitere Abkommen dienen soll. Werden Sie in diesem Fall das Referendum ergreifen? Sicher. Das wird die wichtigste Volksabstimmung dieser Legislatur. Dieser Mustervertrag, der eine automatische Rechtsübernahme und eine fremde Gerichtsbarkeit enthalten soll, wäre ein Mustervertrag werden für alle kommenden bildenden Verträge. Das wäre ein Kolonialvertrag. Ein EWR plus! Aber die Schweiz übernimmt ja heute schon laufend EU-Recht. Leider. Und oft auf verschlungenen Wegen. Darum sollen Verträge vermehrt vor's Volk! Schon Schengen hätte man dem obligatorischen Referendum unterstellen sollen. Auch dort sind wir jetzt eingeklemmt. Das sehen sie in der Ausländer- und Asylpolitik, sowie in der Zunahme der Kriminalität. Ob Schengen oder Energieabkommen, die Schweiz übernimmt das EU-Recht nur, wenn sie zustimmt. Nein. Es ist wieder der EWR-Mechanismus. Wir haben zwar ein Mitspracherecht. Und theoretisch können wir nein sagen, aber dann fällt der ganze Vertrag dahin. Man ist in der Willensäusserung nicht mehr frei. Das haben wir bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die osteuropäischen Staaten gesehen. Das bedeutet, dass Sie lieber auf neue Verträge mit der EU verzichten? Manövriert sich die Schweiz nicht ins Abseits? Ich habe nichts gegen Verträge. Aber die Staatssäulen - Unabhängigkeit, Neutralität, direkte Demokratie, die eigene Gerichtsbarkeit, - kurz die Selbstbestimmung darf nicht angetastet werden. Denen verdankt die Schweiz ihre Freiheit und Wohlfahrt! Ein Stromabkommen ist nicht unerlässlich. Die Stromwirtschaft sieht das anders. Interessenvertretern muss man klar sagen, dass wir nicht die Grundpfeiler der Eidgenossenschaft auf den Kopf stellen können, um etwas leichter mit Strom zu handeln. Die schweizerische Stromwirtschaft hat einen grossen Standortvorteil: Die Schweiz ist das Wasserschloss Europas, und die EU hat ein Interesse an Pumpspeicherwerken. Die Branchen können untereinander Stromverträge abschliessen. Aber ein Abkommen zur Übernahme des künftigen Energierechts der EU brauchen und wollen wir nicht.