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Federal Councillorship

02.04.2004

Pressekonferenz «100 Tage» in Buchs – Teil 3

Begrüssung und Einleitung durch Bundesrat Blocher 02.04.2004, Buchs Es gilt das gesprochene Wort Meine Damen und Herren Ich begrüsse Sie zur Pressekonferenz, welche ich nach dreimonatiger Amtstätigkeit als Bundesrat hier im St. Gallischen Buchs durchführe. Warum dies? Ausgangspunkt Ich bin in den Bundesrat gewählt worden, und der Bundesrat hat mir anschliessend die Führung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) übertragen. Mein Auftrag ist es demnach, einerseits im Bundesrat mitzuwirken, mitzuentscheiden und die Mitverantwortung zu tragen und anderseits das EJPD zu führen. Wenn ich diesen Auftrag gut erfülle, wird dies die Freiheit, die Sicherheit und das Wohlergehen der Schweizerinnen und Schweizer positiv beeinflussen. Die Pressekonferenz findet in zwei Teilen statt. Im ersten Teil betrifft sie meine Tätigkeit im Justiz- und Polizeidepartement und im zweiten Teil generell meine Amtsführung als Bundesrat. Hauptsorgen an der Basis Das Augenscheinliche der ersten drei Monate sind - nicht nur von Seiten der Bevölkerung - sondern vor allem auch von Seiten der Kantonsregierungen, von Seiten der Städte, von Strafvollzugs- und Sozialbehörden eindeutig die zahlreichen Bitten, Hilferufe und Forderungen zur Lösung von Problemen im Bereich der illegalen Einwanderung, des Missbrauchs im Asylwesen und der Ausländerkriminalität. Nachdem diese Probleme allzu lange verschwiegen, schöngeredet und tabuisiert wurden, ist es an der Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen, damit zur Lösung der Probleme geschritten werden kann. Warum in Buchs? Der Kanton St. Gallen ist einer der 15 Grenzkantone unseres Landes. Hier im Rheintal zeigen sich beispielhaft all die Probleme der Einwanderung, der legalen und illegalen Migration, der ungelösten Probleme im Asylwesen und der mit der illegalen Einwanderung zusammenhängenden Kriminalität. Dass die Probleme im Grenzraum zusammenkommen, beweist Ihnen die örtliche Konzentration von zahlreichen Ämtern und Institutionen aus diesem Bereich: - Im benachbarten Altstätten befindet sich ein Transitzentrum, das heisst eine Bundesempfangstätte. - Hier in Buchs ist eine Station der Kantonspolizei St. Gallen, insbesondere eine Station der Grenzpolizei der Kantonspolizei, welche spezialisiert ist auf Personenkontrollen in Zügen und Cars. - Das Regionalgefängnis, primär für Untersuchungshaft - ein Teil davon wird auch zur Ausschaffungshaft benutzt - ist ebenfalls in Altstätten angesiedelt. - Beheimatet ist im benachbarten Heerbrugg das Kommando des Grenzabschnittes Rheintal, das zum Grenzwachtkorps 2 der Ostschweiz mit Sitz in Schaffhausen gehört. - Hier in dieser Region ist das Sonderdetachement "Ameise" oft im Einsatz, welches sich ausschliesslich der Bekämpfung des Drogenhandels widmet. Diese Gruppe macht Schwerpunktkontrollen in Kooperation mit der Staatsanwaltschaft. Sie sehen, wir sind hier "am Ort des Geschehens". Ich finde es daher richtig, dass wir hier für den ersten Teil der Veranstaltung auch den direkt betroffenen Behörden das Wort geben. Die Region hat das Wort Deshalb habe ich für diese Pressekonferenz Gäste eingeladen, die Ihnen ihre Hauptsorgen, Nöte und Forderungen aus dem Alltag darlegen. Diese Gäste werden sich anschliessend auch Ihren Fragen stellen. Ich begrüsse: Frau Regierungsrätin Karin Keller-Sutter (SG), Präsidentin der Ostschweizer Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz Sie wird begleitet von: - Herrn Bruno Zanga, Leiter des Ausländeramtes des Kantons St. Gallen - Herr Oblt Siegward Rüegg, Chef der Regionalpolizei der Kantonspolizei St. Gallen - Herr Peter Christoffel, Chef der Grenzpolizei in Buchs - Herr Thomas Wieland, Leiter der Abteilung Jugend/Sozialhilfe/Migration beim Amt für Soziales des Kantons St. Gallen Aus einem anderen Grenzkanton - dem Kanton Wallis - begrüsse ich Madame Françoise Gianadda, Vorsteherin der Dienststelle für Zivilstandswesen und Fremdenkontrolle des Kantons Wallis. Diese Damen und Herren, welche die anstehenden Probleme hautnah aus ihrer täglichen Arbeit kennen, werden Sie in der nächsten Stunde über ihre Anliegen orientieren und Ihnen Fragen beantworten. Vom Grenzwachtkorps anwesend sind hier: - Herr Werner Schöni, stv. Kommandant des Grenzwachtkorps 2, Schaffhausen - Herr Oskar Gächter, Abschnittchef des Grenzwachtsabschnittes Heerbrugg Auch sie stehen für Fragebeantwortungen zur Verfügung, wie auch die Verantwortlichen aus meinem Departement. Es sind dies: - Herr Eduard Gnesa, Direktor des Bundesamtes für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES) - Herr Urs Hadorn, Direktor a.i. des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF) - Herr Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz (BJ) - Herr Jean-Luc Vez, Direktor des Bundesamtes für Polizei (FEDPOL)

02.04.2004

Pressekonferenz «100 Tage» in Buchs – Teil 1

Bundesrat Christoph Blocher steht Red und Antwort 02.04.2004, Buchs Es gilt das gesprochene Wort Einleitende Betrachtung Am 10. Dezember 2003 bin ich in den Bundesrat gewählt worden und dies als Politiker mit einer politischen Grundhaltung, die ich vor den Wahlen eindeutig dargelegt und bekannt gegeben habe. Ich habe versprochen, meine politische Überzeugung nach bestem Wissen und Gewissen in den Bundesrat einzubringen. Insbesondere war es die Überzeugung, dass unser Land politische Korrekturen nötig hat. Mit dem Wahlerfolg der SVP am 19. Oktober 2003 haben dies die Bürgerinnen und Bürger ebenfalls zum Ausdruck gebracht. Was heisst das? Die Fehlentwicklungen in unserem Land - Schuldenwirtschaft, Defizite der öffentlichen Hand, stark gestiegene und weiter steigende Staatsausgaben, geringes Wirtschaftswachstum, abnehmende Sicherheit, Unterwanderung der Selbstverantwortung - sind in erster Linie auf eine falsche, zunehmend sozialistische Politik zurückzuführen. Darum forderte ich eine Neubestimmung über die Aufgaben des Staates. Oder etwas provokativer: Wir haben zu viel Staat! Nach drei Monaten Regierungstätigkeit muss ich mit Dringlichkeit bestätigen: Es ist so! Der Staat als Alles-Regler, als All-Versorger, als gesellschaftlicher Schulmeister hat ausgedient. Es ist dringend, dass sich der Staat möglichst zurückzuhalten und zurückzunehmen hat, damit sich die Menschen in Selbstverantwortung frei entfalten können. Was sind denn eigentlich die Hauptaufgaben des Staates? 1. Er hat für die äussere und innere Sicherheit des Landes zu sorgen. 2. Er hat die Freiheitsrechte des einzelnen durch die Gesetzgebung und Rechtssprechung zu gewährleisten. 3. Er hat die Freiheit des Marktes und des Marktgeschehens zu gewährleisten. 4. Er hat jene Güter bereitzustellen, für die es keinen funktionierenden Markt gibt. 5. Er hat sich jener Menschen anzunehmen, die nicht eigenverantwortlich handeln können. Es ist Tatsache, dass der Staat in den letzten 20 Jahren vor allem anderes getan hat, was zur Überforderung des Staates führte - mit äusserst fatalen Folgen für die Menschen. Ihre Sicherheit und Ihre Wohlfahrt sind immer weniger gewährleistet. Als Mitglied des Bundesrates und somit als einer der Repräsentanten der Schweiz sehe ich die Sache mehr von Innen, aber nach gründlicher Analyse nicht wesentlich anders. - Nehmen wir die Sicherheit. Sicherheit kann man nur für einen begrenzten Raum gewährleisten. Bestimmt wird dieser Raum durch Grenzen. Welchen Stellenwert haben diese Grenzen in der heutigen Politik? Die Antwort finden Sie in den Medien. Die Politik sucht zur Zeit das Grenzenlose - nicht nur geographisch. Der heutige Morgen hat Ihnen einen Teil dieser Problematik vor Augen geführt. - Wie steht es mit der ökonomischen Freiheit als Voraussetzung zur Wohlfahrt? Der Staatsinterventionismus ist sprichwörtlich, verbunden auch mit den Subventionen zahlreicher privatwirtschaftlicher Interessen. Wohl wird diese Problematik - vor allem angesichts leerer Kassen, Schulden und fehlendem Wirtschaftswachstum - theoretisch anerkannt. Eine eigentliche Verzichtsplanung ist nirgends sichtbar und politisch noch verpönt. - Statt uns der Bedürftigen anzunehmen, schütten wir die staatlichen Unterstützungen über möglichst viele Bürger aus. - Statt fehlende Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen, leisten wir uns vor allem im öffentlichen Verkehr einen öffentlichen Luxus. Redimensionierung ist unausweichlich. - Um all die ausufernden Staatsaufgaben zu bewältigen, leisten wir uns eine zu grosse Staatsverwaltung, die ein System am Leben erhält und keine Zeit und Kraft mehr übrig lässt, das System zu ändern. Weitgehend braucht es eine Verwaltung, um die Verwaltung zu betreiben. Es ist gut, dass der Bundesrat eine "umfassende Verwaltungsreform" prüfen will. - Am meisten aber fällt mir auf, wie unklar und schwammig mit dem zentralen Führungsbegriff der Verantwortung umgegangen wird. Niemand ist klar für etwas gegenüber jemandem verantwortlich. Auch nicht gegenüber dem Bundesrat. Die Verantwortungen sind auch innerhalb des Bundesrates unklar. Von weit oben bis weit unten sind zwar umfassende Kompetenzen - über Finanzen, Mittel, Einflussmöglichkeiten - gegeben, aber ohne Verantwortlichkeiten. Das wirkt sich dann insbesondere in Situationen verhängnisvoll aus, wo Führung gefragt ist, wie in Krisensituationen, oder wenn bedeutende Änderungen anstehen und in schwierigen Situationen, wo Unangenehmes mit hohem Verantwortungsrisiko zu vollziehen ist. Wo alle für alles verantwortlich sind, ist niemand für etwas verantwortlich. - Augenscheinlich ist nach drei Monaten Regierungstätigkeit: Die Information der Bürgerinnen und Bürger über den eigenen Staat ist schlecht. Insbesondere über die Arbeit der eigenen Regierung. Die Bürgerinnen und Bürger sind schlecht und falsch über die Regierungstätigkeit orientiert. Das liegt nicht in erster Linie an den Journalisten. Es hängt damit zusammen, dass die Regierungstätigkeit geheim ist. Daraus resultiert eine selektive Geheimhaltung und deren gezielte Umgehung. In diesem System entwickeln sich Informationsdienste zu Propagandaabteilungen. Andererseits wird unten in der Verwaltung quantitativ viel und unkoordiniert informiert. Ich bin heute der Meinung, dass eine Systemänderung, nämlich ein System mit grundsätzlich öffentlich durchgeführten Bundesratssitzungen, besser wäre. Zumindest drängt sich die Überprüfung des heutigen Systems auf: Die öffentliche Sichtbarmachung des "Für- und Wider" und die offene Abstimmung im Entscheidungsgremium wäre der heutigen Situation vorzuziehen. Mir scheint dies gerade in einer Konkordanzregierung bedeutungsvoll. Die Glaubwürdigkeit unserer Regierung würde gestärkt, weil die Politik transparenter würde, die Verantwortung klarer wahrgenommen und zugewiesen werden könnte. Die Bevölkerung wäre - im Gegensatz zu heute - orientiert. Dies sind ein paar einleitende Bemerkungen. Weitere Ausführungen erfolgen bei der Beantwortung Ihrer Fragen, wobei ich dies im heutigen System tue, d.h. es gilt das Kollegialitätsprinzip im Bundesrat und da halte ich mich an die Schweigepflicht, so lange dieses System gilt.

08.02.2004

Volksinitiative Lebenslange Verwahrung (Abstimmung vom 8. Februar 2004)

Stellungnahme von Bundesrat Christoph Blocher, Vorsteher des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes 08.02.2004 Es gilt das gesprochene Wort Die Verwahrungsinitiative ist von Volk und Ständen gut geheissen worden. 1'198'751 (56,2 %) Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und 21,5 Kantone haben sich für die Initiative ausgesprochen, lediglich 934'576 (43,8 %) und 1,5 Kantone dagegen. Das Resultat ist klar. Damit ist gesagt, dass extrem gefährliche Gewalt- und Sexualverbrecher, die nicht therapierbar sind, lebenslänglich zu verwahren sind. Die Annahme dieser Initiative erfolgte entgegen der Empfehlung von Parlament und Bundesrat. Der nun beschlossene Verfassungstext ist die Reaktion auf eine jahrelange allzu large Strafvollzugspraxis und ist Ausdruck eines weitverbreiteten Misstrauens gegenüber Behörden und Fachleuten im Straf- und Massnahmenvollzug. Diese Besorgnis und dieser Vertrauensverlust sind ernst zu nehmen. Es geht nun darum, den Volkswillen zu respektieren, auch wenn Parlament und Bundesrat anderer Meinung waren. Durch die Annahme der Initiative sind Bundesrat und Parlament verpflichtet, unverzüglich die entsprechenden Gesetzgebungsarbeiten an die Hand zu nehmen. Ich versichere Ihnen, als Vorsteher des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements, dies umgehend zu tun: Die Änderung des Strafgesetzes im Sinne der Verwahrungsinitiative wird umgehend in die Wege geleitet.

19.01.2004

«Verwahrung: «Nicht von Rachegefühlen leiten lassen»»

Extrem gefährliche, nicht therapierbare Schwerverbrecher sollen lebenslang verwahrt werden: Dies verlangt eine Initiative, über die am 8. Februar abgestimmt wird. Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz, nimmt Stellung. 19.01.2004, 20 Minuten (Cornelia Stauffer) Die Initiative will die Gesellschaft vor solchen Schwerverbrechern schützen. Weshalb soll man dieses Anliegen nicht unterstützen? Heinrich Koller: Die Initiative verspricht mehr als sie halten kann. Sie löst das Problem nicht, da sie nur extrem gefährliche und nicht therapierbare Täter in die Verwahrung nimmt. Man kann aber auch gefährlich sein, ohne krank zu sein. Weshalb sollen Entlassungen geprüft werden, wenn die Straftäter doch nicht therapierbar sind? Koller: Der Mensch kann sich im Verlaufe der Zeit verändern. Es wäre unsinnig und gegen jede Menschenwürde, eine Entlassung nicht wiederholt zu prüfen. Bei einem Rückfall des Täters soll die zuständige Behörde haften. Spornt dies nicht zu genaueren überprüfungen an? Koller: Seit diesen grausamen Fällen - wie etwa dem von Kindermörder Werner Ferrari - haben die Kantone ihre Entlassungspraxis überprüft und verschärft. Wohl brauchte es einen so entsetzlichen Fall, damit wieder mit viel mehr Sorgfalt gearbeitet wird. Die Behörden haben offenkundig die Lehren daraus gezogen. Das zeigt sich auch darin, dass seit 10 Jahren praktisch niemand mehr aus der Verwahrung entlassen wurde. Weshalb soll die Revision des Strafgesetzbuches einen besseren Schutz bieten? Koller: Es erfasst nicht nur die psychisch kranken, sondern auch die gesunden gefährlichen Täter sowie jene, die später gefährlich werden. Es erlaubt auch, später die Aufhebung einer Verwahrung zu prüfen. Zudem wird ein Täter nie ohne Probezeit und Bewährungshilfe aus der Verwahrung entlassen. Das neue Strafgesetzbuch ist differenzierter, vollständiger und menschenwürdiger. Welche Auswirkungen hat die Initiative bei einer Annahme? Koller: Wir müssten für die zurzeit rund 30 extrem gefährlichen Sexual- und Gewalttäter eine zusätzliche Form der Verwahrung ins Strafgesetzbuch aufnehmen. Es dürfte allerdings schwierig sein, sie so auszugestalten, dass sie mit den Menschenrechten vereinbar ist. Welche Chance geben Sie der Initiative? Sie wurde ja von Betroffenen lanciert, was Sympathien bringt. Koller: Ich vertraue darauf, dass sich der Bürger nicht nur von Rachegefühlen und Emotionen leiten lässt. Wir haben Verständnis für die Anliegen der Initiantinnen, hoffen aber, dass der Bürger erkennt, dass das neue Strafgesetzbuch die bessere Lösung ist. Deshalb rechne ich damit, dass die Initiative abgelehnt wird - obwohl das Volk die Betroffenheit der Initiantinnen teilt.

19.01.2004

Referat von Bundesrat Christoph Blocher, Vorsteher des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements

Medienkonferenz vom 19. Januar 2004 über die Volksinitiative «Lebenslange Verwahrung» 19.01.2004 Es gilt das gesprochene Wort Zusammenfassung Im Mittelpunkt der Problematik steht die Beurteilung der Gefährlichkeit eines Täters. Davon hängt ab, ob eine lebenslange Verwahrung verhängt werden muss, wann dem Täter allenfalls Urlaub gewährt werden und wann er entlassen werden darf. In diesem Bereich sind in der Vergangenheit Fehler gemacht worden, die bei vielen Leuten zu einem Verlust an Vertrauen in die verantwortlichen Instanzen geführt haben. Die Verwahrungsinitiative ist Ausfluss dieses Misstrauens. Die gleiche Sorge um den Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen Tätern hat auch zur Revision des Strafgesetzbuches geführt, das eine verschärfte Form der Verwahrung vorsieht. Die Initiative und das neue Strafgesetzbuch haben das gleiche Ziel, gehen jedoch für extrem gefährliche, nicht therapierbare Sexual- und Gewaltstraftäter verschiedene Wege, um dieses Ziel zu erreichen. Die rigorose Regelung der Initiative nimmt bewusst in Kauf, dass auch Täter, die nicht mehr gefährlich sind oder nachträglich therapierbar werden, in der Verwahrung bleiben müssen. Das revidierte Strafgesetzbuch sieht hingegen eine periodische Überprüfung der Voraussetzungen der Verwahrung vor. Um Fehler bei dieser Überprüfung zu vermeiden, stützt sich die verantwortliche Behörde bei ihrem Entscheid, ob ein Täter aus der Verwahrung entlassen werden soll, auf das Gutachten eines Sachverständigen, den Bericht der Anstaltsleitung und die Beurteilung der Fachkommission. Gemäss Initiative "kann die Verwahrung nur aufgehoben werden, wenn durch neue, wissenschaftliche Erkenntnisse erwiesen" wird, dass der Täter geheilt werden kann und keine Gefahr mehr bedeutet. Bundesrat und Parlament sind klar der Meinung, dass der neue Allgemeine Teil des Strafrechtes, der 2006 in Kraft tritt, den besseren Weg darstellt, auch für extrem gefährliche, zur Zeit des Urteils nicht therapierbare Sexual- und Gewaltverbrecher. Referat Sehr geehrte Damen und Herren Was bedeutet "Verwahrung"? Verwahrung bedeutet, jemanden zum Schutz der öffentlichen Sicherheit einzusperren und zu überwachen, weil er gefährlich ist, das heisst, weil er schwere Straftaten begangen hat und die Gefahr besteht, dass er wieder solche Taten begehen wird. Die Verwahrung ist unabhängig von Schuld- und Sühneaspekten, sie basiert allein auf Sicherheitsüberlegungen. Deshalb kann sie bereits nach geltendem Recht so lange dauern, als sie aus Sicherheitsgründen notwendig ist, also wenn nötig bis zum Tod des Täters. Im Mittelpunkt der Problematik steht die Beurteilung der Gefährlichkeit eines Täters. Von ihr hängt ab, ob eine lebenslange Verwahrung verhängt werden muss; von ihr hängt auch ab, wann dem Täter allenfalls Urlaub gewährt werden und wann er entlassen werden darf. Eine zu large Praxis bei der Urlaubsgewährung und der Entlassung aus Freiheitsstrafe oder Verwahrung hat dazu geführt, dass das Vertrauen in das geltende Strafrecht und in die Verantwortlichen des Strafvollzuges verloren gegangen ist. Die Verwahrungsinitiative ist Ausfluss dieses Misstrauens. Darum verlangt die Verwahrungsinitiative, dass extrem gefährliche und nicht therapierbare Sexual- und Gewaltverbrecher grundsätzlich immer verwahrt bleiben müssen. Die Vorbehalte der Initianten gegenüber dem geltenden Strafrecht und Strafvollzug teilte auch der Gesetzgeber, was zur Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches führte, welches 2006 in Kraft tritt. Diese Bestimmungen gelten nicht nur für Sexual- und Gewaltverbrecher, sondern für alle gefährlichen Straftäter. Die Initiative und das neue Strafgesetzbuch haben dasselbe Ziel. Sie gehen jedoch verschiedene Wege, um dieses Ziel zu erreichen. Die Initiative will, dass die, die zum Zeitpunkt der Verurteilung als untherapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter gelten, von Gesetzes wegen lebenslang verwahrt werden - auch dann, wenn sie später als ungefährlich bezeichnet werden können. Neue Gutachten für eine allfällige Entlassung sollen nur möglich sein, wenn durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse erwiesen wird, dass der Täter geheilt werden kann und somit für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt. Mit dieser rigorosen Regelung nimmt die Initiative bewusst in Kauf, dass Täter, die zum Beispiel infolge Altersschwäche oder Invalidität nachweislich nicht mehr gefährlich sind, oder Täter, die nachträglich therapierbar werden, in der Verwahrung bleiben müssen. Hier liegt denn auch der zentrale Unterschied zum revidierten Strafgesetzbuch, welches eine periodische Überprüfung der Voraussetzungen der lebenslangen Verwahrung ausdrücklich vorsieht. Um dem Risiko zu begegnen, dass ein Täter im Zuge dieser Überprüfungen zu früh aus der Verwahrung entlassen wird, müssen gemäss neuem Gesetz drei verschiedene Gutachten vorliegen - nämlich durch einen unabhängigen Sachverständigen, die Anstaltsleitung, und schliesslich muss eine ganze Fachkommission die Voraussetzungen für eine allfällige Entlassung prüfen, bevor die Behörde entscheidet. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab, weil sie zu restriktiv ist, weil das revidierte Strafgesetzbuch eine bessere und umfassendere Lösung bietet und weil die Initiative nur durch eine weite Auslegung ihres Wortlautes mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar ist. Das Volk wird am 8. Februar darüber bestimmen können, welchen Weg es gehen will.