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30.03.1999 Algroup-Aktionär Christoph Blocher: "Sergio Marchionne wird jetzt neue Möglichkeiten zur Stärkung der Firma ergreifen." Interview mit der "Berner Zeitung" vom 30. März 1999 Nicht zuletzt an der harten Haltung von Alusuisse-Aktionär Christoph Blocher ist die Fusion mit Viag gescheitert. Im BZ-Interview erklärt der Chef der Ems-Chemie, weshalb er nicht nachgeben wollte. Interview: Andy Bantel Herr Blocher, der Aufsichtsrat der Viag hat gestern die Zustimmung zur Fusion verweigert. Überrascht? Christoph Blocher: Nein. Wir wussten, dass die andere Seite über ein Gutachten verfügen soll, welches besagt, das Verhältnis müsste bei 67,5 respektive 32,5 Prozent liegen. Wir konnten dies jedoch nicht akzeptieren, denn damit wäre das Potential der Alusuisse zu wenig berücksichtigt worden. Für Sie gab es keinen Zweifel an der Richtigkeit des 65-zu-35-Prozent-Verhältnisses? Blocher: Für uns war stets klar: Wenn die deutsche Seite sagt, sie wolle ein anderes Verhältnis, werden wir nicht nachgeben können. Ich möchte aber festhalten, dass wir lediglich an unseren vereinbarten Bedingungen festgehalten haben. Trotzdem: Im Grunde ist es doch normal, dass sich bei der genauen Überprüfung beider Gesellschaften Veränderungen ergeben können. Blocher: Es gibt keine neuen Erkenntnisse, die ein anderes Umtauschverhältnis rechtfertigen würden. Im Gegenteil: Unsere Beurteilung zeigte, dass die Risiken in Deutschland eher grösser sind, als man allgemein annimmt. Ich denke etwa an die Kernengerie-Diskussion. In diesem Geschäft ist die Viag stark engagiert. Ich denke auch an die politische Situation in Deutschland, die relativ unsicher ist. Dennoch haben wir das Verhältnis nie in Frage gestellt. Die Unruhe mitsamt dem Hosenlupf von Herrn Tschopp dürfte dem Deal nicht gerade förderlich gewesen sein. Blocher: Das war kein Hosenlupf: Herr Tschopp ist von sich aus zurückgetreten. Das ist sein Entscheid. Ganz so harmonisch dürfte es nicht gegangen sein: Im Alusuisse- Verwaltungsrat war es offensichtlich zu grossen Meinungsverschiedenheiten gekommen. Blocher: Das ist nicht auszuschliessen. Ich denke auch, Herr Tschopp hat eingesehen, dass er es schwer haben wird, die Angelegenheit in seinem Sinn zu einer Lösung zu bringen. Es ist deshalb verständlich, wenn er sagte: Ich mache es lieber nicht. Herr Tschopp war offensichtlich gegen die Fusion. Blocher: Er war derjenige, der die Fusion ursprünglich beantragt hatte. Aber Herr Tschopp hatte auch schwere Bedenken, denn schliesslich ist ein solcher Zusammenschluss alles andere als ein einfaches Vorhaben. Deshalb kam er dann zum Schluss, er könne das nicht weiter mittragen. Sie haben nie einen Hehl aus Ihrer Unterstützung für Herrn Marchionne gemacht, weil er für Sie der beste Garant für die von Ihnen geforderte aggressive Strategie ist. Blocher: Es ist richtig, dass ich Herrn Marchionne für einen guten Manager halte. Er redet nicht bloss, er macht auch, was er sagt. Er geht konzeptionell absolut richtig an die Sache heran. Daher ist es klar, dass er für uns im neuen Vorstand eine wichtige Person gewesen wäre. Jetzt wird er sich mit seinen Fähigkeiten wieder ganz auf die heutige Alusuisse konzentrieren können und auch neue Möglichkeiten zur Stärkung der Firma ergreifen.
30.03.1999 Interview mit der "Tages Anzeiger" vom 30. März 1999 Algroup-Grossaktionär Christoph Blocher über die Gründe, warum die Fusion mit der deutschen Viag gescheitert ist. Mit Christoph Blocher sprach Martin Spieler Herr Blocher, warum haben Sie und Martin Ebner die Algroup/Viag-Fusion platzen lassen? Blocher: Wir haben diese Fusion nicht platzen lassen. Wir waren davon überzeugt, dass der Zusammenschluss Sinn macht, und es gibt keinen Grund, unsere Abmachungen zu ändern. Anders tönt es in München: Die Viag schiebt die Verantwortung für das Scheitern Ihnen und Herrn Ebner zu. Blocher: Wir halten an den im November zwischen der Viag und der Algroup vereinbarten Bedingungen fest. Viag glaubt, diese unter Berufung auf ein Gutachten ändern zu müssen. Doch dafür gibt es keinen Grund. Das von Ihnen erwähnte Gutachten kommt zum Schluss, dass die Viag mehr Wert hat. Dennoch waren Sie nicht bereit, mehr zu zahlen. Haben Sie zu hoch gepokert? Blocher: Nein. Im Laufe unserer Analyse sind wir sogar zum Schluss gekommen, dass wir das Austauschverhältnis zu unseren Gunsten ändern müssten. Das haben wir aber nicht getan. Wir haben Wort gehalten. Warum sind Sie nicht mehr zu weiteren Verhandlungen mit der Viag bereit? Blocher: Wir sind durchaus zu weiteren Gesprächen bereit. Das haben wir der Viag bereits am Sonntag übermittelt. Doch gibt es keinen Grund, vom Austauschverhältnis abzuweichen. Wenn da keine Einigung möglich ist, muss man eine Absage in Kauf nehmen. Gibt es eine Rückkehr an den Verhandlungstisch? Blocher: Wir sind bereit, nochmals über alles zu sprechen. Aber wir halten an unseren Bedingungen fest. Aus Sicht der Deutschen ist die Fusion geplatzt. Sind Sie überrascht, dass der Zusammenschluss nicht zu Stande kommt? Blocher: Damit musste man immer rechnen. Bei Fusionen und schwierigen Verhandlungen gehört dies dazu. Ging es Ihnen nicht allein ums Geld? Blocher: Es ging darum, eine Strategie für eine effiziente, ertragsreiche Firma zu entwickeln. Natürlich muss auch der Wert stimmen. Seit dem letzten Herbst haben Martin Ebner und Sie unzählige Male betont, warum die Fusion für die Algroup das Beste ist. Jetzt sagen Sie das Gegenteil. Sie verlieren das Gesicht. Blocher: Wenn die Deutschen jetzt plötzlich mehr Geld wollen, sehe ich keinen Grund, warum wir darauf eingehen sollten, zumal zwei unabhängige Gutachten unser Austauschverhältnis als fair bezeichneten. Ich bedaure, dass die Fusion gescheitert ist. Man hätte etwas Gutes daraus machen können. Wie geht es jetzt mit der Algroup weiter? Blocher: Da werden wir eine andere Lösung finden, um die Firma zu stärken. Das Unternehmen ist jetzt wieder frei und handlungsfähig. Werden Sie mit einem anderen Partner über einen Zusammenschluss sprechen? Blocher: Das ist eine Möglichkeit - aber nur eine von mehreren. Jetzt ist alles wieder offen. Die Fusion ist gescheitert: Sprang Algroup-Präsident Theodor Tschopp umsonst über die Klinge? Blocher: Er konnte sich mit unserem Vorhaben nicht mehr identifizieren. Er ist freiwillig ausgeschieden. Aber Sie haben Druck auf ihn ausgeübt. Blocher: Nein, weder ich noch Martin Ebner haben auf Theodor Tschopp Druck ausgeübt. Sein sofortiger Rücktritt war allein seine Entscheidung.
15.01.1999 Discorso del Albisgüetli del 15 gennaio 1999
01.01.1999 Albisgüetli-Rede 1999
09.12.1998 Mein Beitrag für die HandelsZeitung vom 9. Dezember 1998 Volkswahl des Bundesrates - ein Gebot der Zeit In unserem Land hängt alle öffentliche Gewalt von der Volkssouveränität ab; diese verlangt in ihrer konsequenten Ausgestaltung die Wahl der Regierung durch die Regierten. Es entspräche dem Gebot einer sauberen Gewaltentrennung, wenn sich das Parlament auf seine ureigenste Aufgabe - die Gesetzgebung - beschränken würde. Auch ist heute das seit 1848 gültige Gleichgewicht zwischen Volksvertretung (Nationalrat) und Kantonsvertretung (Ständerat) nicht gegeben: der Nationalrat wirft bei der Bundesratswahl 200 Stimmen in die Waagschale, der Ständerat nur 46. Die Volkswahl des Bundesrates stand schon 1848 bei der Schaffung des Bundesstaates zur Diskussion, wurde aber mit einer hauchdünnen Mehrheit von 10 zu 9 Stimmen abgelehnt. Wäre damals die Volkswahl des Bundesrates beschlossen worden, könnten wir uns heute wohl schwerlich eine Alternative vorstellen. In allen Kantonen hat sich die Volkswahl der Kantonsregierungen durchgesetzt. Keinem einzigen Kanton gereichte dies zum Nachteil, nirgendwo vernehmen wir Klagen, es würden nur noch mediengewandte Blender, geschliffene Rhetoriker oder Millionäre in den Regierungen sitzen. Weshalb sollte bei der Bundesregierung nicht funktionieren, was bei den Kantonen zur allgemeinen Zufriedenheit längst funktioniert? Die Vorteile der Volkswahl sind offenkundig Bundesräte könnten den Volkswillen nicht mehr missachten und sich nicht mehr im Ausland für Volksentscheide entschuldigen - denn das Volk wäre ihr Wahlgremium. Verkommene, skandalöse Ränkespiele um die Bundesratswahlen wären nicht mehr denkbar. Der Bundesrat hätte ein Mandat des Volkes und wüsste eine Volksmehrheit hinter sich. Dem Bundesrat würde bewusst, wem er in all seinem Handeln verantwortlich ist: allein dem Schweizervolk. Die Wahl des Bundesrates durch das Volk wäre eine echte Regierungsreform, wirksamer als ein Präsidialsystem, wirksamer als ein paar Staatssekretäre und wirksamer als eine schön tönende neue Bundesverfassung.