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Economy

23.05.2010

Wir wählen zwischen Cholera und Pest

Interview im «SonntagsBlick» vom 23. Mai 2010 mit Hannes Britschgi Herr Blocher, bis jetzt war die SVP strikt gegen den Staatsvertrag. Warum? Christoph Blocher: Der Vertrag ist und bleibt eine Katastrophe: Für die USA ist er rechtsgültig, weil der Bundesrat  keinen Vorbehalt einfügen liess. Keinen bezüglich einer gerichtlichen Überprüfung, keinen bezüglich der Genehmigung durch das Parlament. Der Vertrag aber verletzt ganz massiv schweizerisches Recht. Warum sind Sie jetzt plötzlich bereit, diesem Vertrag zuzustimmen? Dieser Vertrag wird genehmigt, entweder als alleiniges Übel mit uns oder der SP, mit zusätzlichem Unsinn. Wir wählen zwischen Cholera und Pest. Erklären Sie uns die Pest! Wenn wir ablehnen, stimmt die SP dem Vertrag zu, aber nur wenn eine neue Unternehmenssteuer bewilligt wird. Sie meinen die Boni-Steuer? Zur Tarnung sagt man «Boni-Steuer». Dabei werden gar keine Boni besteuert. Das Unternehmen wird besteuert. Deshalb sind die Manager für diese Steuer. Sie kriegen ihre Boni und zahlen trotzdem nicht mehr Steuern. Die Boni gehen auch nicht zurück. Die Boni sollen  aus dem Gewinn des Unternehmens bezahlt werden. Das geht also den Aktionären ab, zum Beispiel den Pensionskassen, die beteiligt sind. Der Bundesrat hat aber der Erpressung durch die SP nachgegeben, obwohl er  eigentlich gegen die Boni-Steuer ist.. Das darf nicht sein? Wenn die SVP den US-Vertrag ablehnt, wird also nicht nur der himmeltraurige Vertrag genehmigt, sondern eine weitere Dummheit - die zusätzliche Unternehmenssteuer. Dazu kommt: Nur mit der SVP wird gesorgt, dass solche schädlichen Verträge nicht mehr abgeschlossen werden. Sie und die SVP stossen sich vorallem an der Boni-Steuer. Aber von Obama bis Europa wollen alle eine solche Steuer. Nur die Schweiz soll sich dagegenstemmen? Nehmen Sie diese Staaten nicht zum Vorbild. Rund herum sind bald alle Pleite, vor allem auch die USA. Diese Staaten wollen die Kassen füllen, darum sprechen auch sie von Boni-Steuern! Die SVP hat ein klares Konzept zur Bekämpfung der Boni-Missbräuche. Wenn der Staatsvertrag im Parlament - neu also mit Unterstützung der SVP- genehmigt wird, werden Schweizer Bürger der amerikanischen Justiz ausgeliefert. Können Sie das verantworten? Nein, aber ich habe leider keine Möglichkeit das zu verhindern. Die SP sagt: Schaut die SVP will im Kampf gegen die Boni-Steuer das Bankgeheimnis opfern? Nicht wir, sondern die SP. Und erst noch mit zusätzlich anderem Unsinn. Manchmal muss man im Leben für etwas Schlechtes stimmen, nur um noch grösseres Übel zu verhindern. Die FDP sagt Ja zum Staatsvertrag, will ihn aber nicht dem fakultativen Referendum unterstellen. Das geht nicht. Der Beschluss zur Genehmigung dieses Staatsvertrages  setzt andere Gesetze ausser Kraft, nämlich die, die heute gelten. Also muss er zwingend dem Referendum unterstellt werden. Wird jemand das Referendum ergreifen wollen? Ich weiss es nicht, glaube es aber kaum. Sie haben sich ja auch schon getäuscht und zwar bei den eigenen, jungen Parteimitgliedern! Kann schon sein. Dann wird er halt ergriffen. Dann gibt es eine Volksabstimmung. Das wäre gar nicht so schlecht, aber es wird nicht dazu kommen. Vor ein paar Tagen wurde ein neuer SRG-Generaldirektor gewählt: Roger de Weck - ein treuer wie scharfer SVP- und Blocherkritiker. Das ist auch der einzige Grund, warum er gewählt wurde. Es ist das letzte Aufbäumen der Gut-Menschen-Clique, die gesehen hat, dass in der Schweiz niemand mehr Ernstzunehmende in die EU will - ausser de Weck. Man hofft wohl auf einen voraus eilenden Gehorsam nach unten. Das heisst Ausgrenzung der SVP am Monopolfernsehen. Hat sich die SRG eine politische Hypothek im rechten Lager angeschnallt? Ich hätte geraten, nicht einen solch parteiischen Mann zu wählen. In einer solchen Rolle muss der Chef für alle Seiten schauen. Ist es denn nicht hervorragend, dass das publizistische Projekt SRG einen publizistischen Kopf gekriegt hat. Jetzt haben Sie dort einen brillianten Gegner? Wäre alles schön und gut. Er vertritt aber eine Position, die die andere Meinung nicht zulassen will. Er ist im «Club helvétique» und im Verein «Unser Recht». Die wollen sagen, über was das Volk abstimmen darf und über was nicht. Die sind gegen die direkte Demokratie. Man will eine „Gutmenschen-Diktatur“ einrichten. Er hat seine Mitgliedschaft im «Club helvétique» sistiert. Eben nur sistiert! Gesinnung bleibt – auf dem Papier verschwindets. Und dieses Wahlprozedere! So wie wir zur Volkswahl des Bundesrates greifen müssen, so werden wir auch hier die Bürger  einschalten müssen: Das TV-Publikum braucht mehr Einfluss. Auch bei den Gebühren. Die SVP nimmt sich diesem Problem an. Ende mit „Sauhäfeli – Saudeckeli“. Was kann das konkret heissen? Ich bin überzeugt: das Deutschschweizer Fernsehen braucht keine Gebühren. Die Werbung genügt. Die Welschen sowie die italienische und rätoromanische Schweiz können wir aus der Bundeskasse unterstützen. Gegen einen Service Publique für die Minoritäten habe ich nichts einzuwenden. Unsere Gebührengelder gehen ins Welschland sowie in die italienische und rätoromanische Schweiz. Wir haben aber keine Kontrolle. Und wer bestimmt die Gebühren? Der Bundesrat mit der SRG. Bei den Steuern …….  . Nur Volk und Stände! 0,4 Prozent Mehrwertsteuer macht für die Leute weniger aus als die Radio- und Fernsehgebühren. Das aber musste vor Volk und Stände. Faktisch werden in Zukunft Herr de Weck und sein Freund Leuenberger die Radio- und Fernsehgebühren bestimmen. Bundesrat Ueli Maurer steckt mit seiner Armee im Tief. Wo liegt das Problem? Er musste ein neues Leitbild entwerfen. Jetzt liegt ein Sicherheitspolitischer Bericht vor, bei dem man das Gefühl kriegt, zwei hätten ihn geschrieben: Der erste Absatz ist für die Landesverteidigung, der zweite nur für Auslandeinsätze. Jetzt muss er ein Armeepapier machen. Ich hoffe, er hat die Kraft zu echten Varianten. Er will «die beste Armee der Welt». Richtig: Die beste Armee zur Verteidigung des Landes. Also aufhören mit sinnlosen Auslandeinsätzen, dem Liebäugeln mit der Nato. Wir müssen uns wieder auf die Schweiz konzentrieren. Müssen uns fragen: Was ist ein möglicher Krieg? Was heisst heute der Cyber-War? Sie meinen also gar nicht mehr mit Panzer, Flugzeuge und Abwehrraketen aufrüsten? Moment: Rundherum verschuldete Staaten, die geklaute Daten kaufen. Da ist es ein kleiner Schritt, um bei Banken einzubrechen, um Daten direkt zu holen und als nächstes wohl die Bundeskasse, Die Schweiz und ….. Wir müssen uns vorbereiten mit einer Armee, die rasch mobilisiert werden kann, wenn die Polizei überfordert ist. Da braucht es viele Soldaten, die man rasch aufbereiten kann. Sie sehen unsere eigenen Nachbarn ins Land kommen, um unsere Banken zu knacken. Eine wilde Vorstellung! Sie lachen! Hätten Sie sich vor vier Jahren vorstellen können, dass unsere Nachbarn geklaute Bankdaten kaufen? In der Kriegsvorbereitung müssen Sie damit rechnen, dass das technisch mögliche auch tatsächlich möglich ist.

21.05.2010

Il faut parfois savoir faire un mauvais choix pour éviter le pire

Le Matin, 21.05.2010 Interview: M. Muhieddine L’UDC risque de retourner sa veste sur l’accord UBS et c’est vous qui l’aurez poussé au crime! L’UDC ne retourne pas sa veste. Le parti a toujours dit que cet accord avec les Etats-Unis pour livrer 4500 de clients UBS est illégal. Misérable. Il est contre le droit suisse et notre constitution. Le tribunal fédéral l’a d’ailleurs confirmé. Et je suis toujours totalement opposé à cet accord. Ca fait six mois que l’UDC hurle contre cet accord et vous allez demander cet après-midi (ndlr hier) au groupe parlementaire de voter pour ce contrat lors de la prochaine session... Ce n’est pas un changement de direction à 180 degré, ça? Aujourd’hui, nous ne pouvons plus choisir qu’entre la peste et le choléra. Le conseil fédéral a d’abord commis la faute de mal négocier cet accord. Et maintenant, il tremble devant le PS et accepte contre un vote favorable de taxer davantage les entreprises. En plus, nous n’avons aucune garantie que le Conseil fédéral ne recommencera pas à signer de tels accords. Que proposez-vous alors? D’accepter ce contrat misérable mais seulement  à deux conditions. D’abord, que les bêtises de l’augmentation de la taxe du PS soient oubliées. Ensuite, que le conseil fédéral ne puisse plus signer d’accord avec un état étranger sans avoir, au préalable, consulter le parlement. Il faut enlever les exceptions de la loi actuelle. Que devient la promesse de l’UDC d’inscrire le secret bancaire dans la Constitution et de n’accepter aucune exception? Elle tient toujours. Mais dans la vie, il faut parfois savoir faire un mauvais choix pour éviter le pire. Vous pouvez bomber le torse. Mais au fond, vous faites comme le Conseil fédéral, vous pliez devant le PS. Si vous voulez. Mais qui décide maintenant? Ce n’est plus le parti socialiste. Ce sont les libéraux-radicaux et le PDC. Nous avons renvoyé la balle au centre. Au final, l’accord UBS sera de toute façon voté par le parlement. Que ce soit avec vos conditions ou celle du PS. Vous deviez être drôlement furieux contre la gauche pour en arriver à renier vos propres valeurs à ce point. Je ne suis pas furieux contre le PS. C’est le jeu politique. La faute incombe au Conseil fédéral. Je n’aurais jamais pensé qu’il allait céder à leur chantage. Il l’a fait et aujourd’hui nous devons réagir. Il est vrai que nous ne réussirons probablement pas à faire refuser l’accord, mais le combat aura lieu sur les mesures qui l’accompagneront. Et pensez-vous avoir vos chances? Avez-vous consulté les autres partis? Oui, nous avons pris contact avec eux. Avouez que votre manœuvre politique n’a qu’un but: couper l’herbe sous les pieds des socialistes. Si nous gagnons au parlement, je ne vous cache pas que ca me plairait d’avoir contrecarré les socialistes. Mais ce n’est pas un jeu. C’est simplement la meilleure solution pour la Suisse.  L’UDC ne fait qu’appliquer son programme: nous avons promis à nos électeurs de diminuer les taxes. Alors quoi, vous ne voulez qu’une chose : permettre à vos amis banquiers de continuer à toucher leur bonus? Les banquiers ne sont ni mes amis ni mes ennemis. Ces dernières années, j’ai toujours dénoncé leurs dérapages. Je suis pour une économie suisse florissante. Sincèrement Monsieur Blocher, 2 millions de bonus, vous ne trouvez pas ça indécent? Ce n’est pas à moi de le dire. C’est au propriétaires de chaque entreprise de le décider. Vous êtes l’un des entrepreneurs suisses qui a le mieux réussi. On vous dit l’un des hommes les plus riches du pays…Vous êtes-vous déjà versé des bonus de 2 millions? Non. Même lorsque j’étais majoritaire dans les parts de mes sociétés, mon salaire le plus haut a été de 300 000 francs. Alors qui mérite de toucher 2 millions pour un travail? Pourquoi ne soutenez-vous pas la proposition du PS? Parce que le principe est faut. L’état ne peut pas régler les salaires. Les socialistes veulent faire payer les bonus à l’entreprise et non à la personne qui touche le bonus. Ca ne va pas. Et puis, si on laisse réglementer l’état, je suis sûr qu’après les banques et les assurances, ils voudront s’attaquer au salaire des patrons de PME. Donc, pour vous, il ne faut pas limiter les salaires? Non. Comment un politicien pourrait savoir quel limite il faut fixer? Quelqu’un est-il choqué que Roger Federer touche des millions? Non, simplement parce qu’il a succès et qu’il gagne. C’est la même chose pour un manager. S’il permet à son entreprise de faire du bénéfice, il doit être payé. C’est pourquoi l’UDC propose que l’argent des bonus soit placé sur un compte bloqué pendant 5 à 10 ans. Si durant cette période, l’entreprise fait des bénéfices, les managers touchent leur bonus, sinon, ils doivent les rendre. A vous écouter, Marcel Ospel doit rembourser ses bonus… Non, puisque le droit actuel ne le permet pas. Mais s’il était sous un régime comme nous le proposons. Oui, il aurait dû rembourser. Encadré: Que pensez-vous de l’alliance du centre entre PLR, PBD et PDC? Ca vous fait peur? C’est une réaction de partis qui perdent. C’est comme les entreprises : quand elles perdent de l’argent, elles cherchent toujours une autre cause perdue. S’ils veulent essayer de mélanger leur électorat, c’est leur problème. Croyez-vous qu’ils iront jusqu’au bout ? Non. Il y a trop de différences entre ces trois partis, ca posera très vite des problèmes. Est-ce qu’une telle alliance rapporterait des voix à l’UDC? Evidemment. Une alliance anti-UDC ne peut que nous avantager. Mais ce n’est pas bien pour le pays. Il serait préférable que l’UDC puisse compter sur ses partenaires libéraux et conservateurs. Combien pensez-vous que l’UDC fera en 2011? On verra. Attendons d’y être. Mais je suis sûr que ce sera plus que 30%. Et vous allez vous représenter au Conseil fédéral? Non puisqu’on ne veut pas de moi. Et de toute façon, je me rends compte que j’ai beaucoup plus d’influence dans en dehors du gouvernement.

16.05.2010

Interview in der Weltwoche

Interview Weltwoche, Roger Köppel, 16.05.2010 Der Bundesrat lobt das 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket zur Stützung der europäischen Einheitswährung. Zu Recht? Nein, der Bundesrat lobt eine Lösung, die keine ist. Er hätte besser nichts gesagt. Zumindest sollte er kritisch bleiben, weil auch die Schweiz über den Internationalen Währungsfonds an den Beiträgen beteiligt ist… …was Sie sicher schlecht finden? Ja. Leider ist die Schweiz seit 1991 Mitglied des Internationalen Währungsfonds. Sie hatte nicht die Kraft weiter dagegenzuhalten. Wir verloren damals leider die Volksabstimmung, weil auch die Banken – aus Anstand gegenüber dem Bundesrat – dafür waren. Die Annahme der Vorlage euphorisierte den Bundesrat derart, dass er nur wenige Tage später ein EU-Beitrittsgesuch in Brüssel einreichte. Dort liegt es heute noch.   Was halten Sie vom Rettungspaket?   Die Fehlkonstruktion der EU tritt nun deutlich und für jedermann sichtbar zu Tage. Die Griechen hatten eine miserable Ausgabendisziplin, sie lebten über ihre Verhältnisse. Es gab Betrügereien, Bücherfälschungen; Bilanzen wurden geschminkt – vermutlich nicht nur von Griechenland. Diese Praktiken wurden und werden jetzt mit Geld unterstützt. Das Motiv dahinter: Es wird Geld bezahlt, um den Euro - eine weitere Fehlkonstruktion - zu stützen. Man behauptet keck, der Euro sei eine grossartige Erfindung und das aktuelle Problem habe seine Ursache lediglich im Larifari der Griechen. Aber: Der Euro ist eine wesentliche Ursache des Griechenland-Problems und damit aller Folgeprobleme. Die Griechen profitierten jahrelang ungerechtfertigt von einer Währung mit für sie zu tiefen Zinsen. So erhöhten sie die Ausgaben. Das Geld zur Schuldendeckung bekamen sie immer. Hätten die Griechen die Drachme behalten, hätte man ihnen nie diese Kredite gegeben, und es wäre nie soweit gekommen. Der Euro ist das Problem, nicht die sogenannt bösen Spekulanten.   Der Euro hat die Disziplinlosigkeit der Mittelmeer-Länder verschärft?   Eindeutig. Die tüchtigen EU-Länder müssen nun zahlen, die schwachen Staaten dürfen die Hand aufhalten. Sie haben gemerkt, dass man sie nicht fallenlassen kann. Die Ansteckungsgefahr ist gross.  Wer weiss, dass man ihn nicht fallenlassen kann, geht zu hohe Risiken ein. Der Fehler liegt in der Grundkonstruktion der EU und ihrer Währung. Der Euro wurde aus politischen Gründen eingeführt mit dem Ziel, die EU-Länder zusammenzuschweissen. Die Ökonomie wurde ausgeblendet. Es war von Anfang bekannt, wie gefährlich diese Währungsunion ist. Darum legte man für die einzelnen Länder Grenzen für Staatsverschuldung und Defizite fest. Auf dem Papier wurden diese eingehalten und schliesslich offen ohne Sanktionen überschritten. Elf Länder der Eurozone halten unterdessen die Kriterien nicht ein!  Das Wichtigste hat man vergessen: In der politischen Euphorie der Gründung legte man fest, wie man in den Euro reinkommt, aber nicht wie man ausgeschlossen werden kann.   Was wäre denn die Alternative gewesen? Deutsche und französische Politiker beteuern, alle Experten hätten ihnen gesagt, dass eine Umschuldung Griechenlands zum jetzigen Zeitpunkt viel zu riskant gewesen wäre. Man habe den grossen Rettungsschirm spannen müssen.   Die Politiker hatten Angst vor den unmittelbaren Folgen. Aber man täusche sich nicht: Was jetzt gemacht wurde, lindert zwar kurzfristig den Schmerz. Die Krankheit hingegen wird kultiviert. Szenarien für einen Ausstieg aus der Währung hätten schon vor Jahren erarbeitet werden müssen. Ich hätte deshalb erwartet, dass man unter dem Eindruck der unmittelbaren Krise diese Szenarien ernsthaft prüft. Offenbar wollen dies die europäischen Politiker noch immer nicht. Bundeskanzlerin Merkel soll erklärt haben: „Ohne Euro, kein Europa.“ Man klammert sich an eine Fehlkonstruktion.   Kritiker sagen, man hätte den Griechen einen Teil der Schulden erlassen, die Banken hätten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten sollen. Frau Merkel antwortete, dafür sei es zu spät gewesen. Alle Fachleute hätten ihr zum gewählten Weg eines Rettungspakets ohne  Umschuldung geraten.   Es ist billig, alles auf das Timing abzuschieben. Wenn alle das gleiche sagen und alle beteuern, es gebe keine Alternativen, ist die Sache stets faul! Natürlich sind mit einem Staatsbankrott erhebliche Verluste verbunden. Vor allem deutsche Staatsbanken kauften sorglos griechische Staatsanleihen, um einen etwas höheren Zins zu erzielen. Diese Banken hätten die Verluste tragen müssen, aber die EU wäre ihr Klumpenrisiko Griechenland losgeworden. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die EU-Staaten ihre Griechenland-Kredite jemals zurückbekommen?   In Griechenland gehen bereits die Beamten auf die Strasse. In Deutschland sind die meisten Leute gegen die Hilfe. Wie schätzen Sie die politische Stimmung in Europa ein?   Die Weigerung der Politik, die Euro-Krise an der Wurzel anzugehen, erzeugt gewaltige Spannungen. Das erfüllt mich mit Sorge. Wenn ich sehe, wie deutsche Zeitungen gegen die Griechen schreiben, bin ich alarmiert. In Österreich greift der SP-Fraktionschef die Schweiz als «Trittbrettfahrer« an, wir müssten auch bezahlen. Das Friedensprojekt EU wird plötzlich zum Brandbeschleuniger nationaler Spannungen.   Hat Sie das überrascht?   Nein. Man kann die Reaktionen nachvollziehen: Der deutsche Arbeiter muss zahlen, während viele Griechen mit 55 und übersetzten Renten in die Pension gehen und die dolce vita pflegen. Einzelne Länder fühlen sich ausgenützt. Zu Recht. Allen voran die Deutschen, die einem durchaus leid tun können: Nach dem Krieg durfte man nicht Deutscher sein, also  war man Europäer. Die EU wurde so eine Art Ersatzidentität. Die anderen Länder der EU forderten stets, dass die Deutschen zahlen mussten. Stillschweigend warf man ihnen immer den verlorenen  Krieg vor. Jetzt aber leben Generationen in der Bundesrepublik, die weder einen Krieg angefangen noch verloren haben. Irgendwann muss das aufhören. Ich legte schon anfangs der neunziger Jahre, als die Schweiz über den EWR-Beitritt (die Vorstufe zur EU) <//u>zu entscheiden hatte, dar: Die Österreicher zahlen den Schweizern auch nichts mehr, obschon sie die Schlachten bei Morgarten und Sempach verloren haben! (lacht)   Was würden Sie Merkel und Sarkozy raten, wenn Sie mit Ihnen am Tisch sässen?   Sie müssten hinstehen und sagen: „Schaut, wir mussten diesen Unsinn mit dem Rettungspaket beschliessen, das ist nun durchzuziehen. Aber jetzt müssen wir innerhalb eines Monats ein Ausstiegsszenario entwerfen für Länder, die die Kriterien nicht erfüllen und deshalb in solche Schwierigkeiten geraten.“ Es braucht ein Ausschlussverfahren. Der Euro wird nicht zu halten sein. Politisch geschaffene Währungen, es gab einige in der Geschichte, leben höchstens 15 bis 30 Jahre. Das ist beim Euro genauso. Es fehlen die ökonomischen Voraussetzungen.   Die EU will das Euro-Problem mit noch mehr Europa lösen. Kommt jetzt der Durchbruch zum Superstaat EU?   Die linken Kreise suchen das Heil in noch mehr Zentralisierung. Man will alles unter einen Nenner zwingen: Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik. Das ist die Tragik: Wenn Politiker etwas falsch machen, haben sie nicht den Mut, den Fehler zuzugeben und das ganze rückgängig zu machen. Nein, man legt lieber noch einen Zacken zu, auf dem falschen Weg. Aber machen wir uns nichts vor. Dies alles wird die EU wirtschaftlich weiter schwächen.   EU-Kommissionspräsident Barroso sagte vor fünf Jahren, mehr Zentralismus werde es nicht geben. Heute erzählt der gleiche Mann das Gegenteil.   Wer ohne Grundlage regiert, erzählt jeden Tag etwas anderes. Die EU-Politiker setzen den Wohlstand Europas aufs Spiel, um den Euro zu stützen. Stellen wir uns nur für einen Moment vor, was es heisst, von Portugal über Deutschland bis Polen eine einheitliche Wirtschafts-, Sozial-, Finanz- und Steuerpolitik durchzuführen. Die Türken stehen auch vor der Tür. Wer setzt die Steuerstandards? Wer prüft die Bücher und schreibt die Budgets vor? Die EU ist und bleibt ein Grössenwahnprojekt.   Eine Rückabwicklung des Euro würde in den Augen der Deutschen und der Franzosen das Friedensprojekt EU gefährden. Das löst Ur-Ängste aus. Wie ist damit umzugehen?   Man müsste sich von der fixen Idee, entweder die Konstruktion EU oder kein Europa, lösen. Die EU-Staaten klammern sich an die EU mit dem Argument, sonst gebe es wieder Krieg. Stimmt das? Es war sicher gut, dass vor allem Deutschland und Frankreich nach zwei Weltkriegen näher zusammenrückten. Das war auch für die Schweiz nachvollziehbar. Das Ziel, Kriege zu verhindern durch bessere Zusammenarbeit, bestreitet doch niemand. Aber eine Währung darf niemals zu einem derartigen Götzenbild werden, dass man es als Kriegsverhinderungsinstrument anbetet. Wegen verschiedener Währungen bricht doch kein Krieg aus. Und man kann auch dann zusammenarbeiten, wenn es verschiedene Währungen gibt. Das zwanghafte Zusammenbinden in der EU verschärft die Spannungen.   Der Ökonom Kurt Schiltknecht ist pessimistisch. Durch die riesigen Hilfspakete und die enorme Staatsverschuldung würden dem Markt gewaltige Summen entzogen. Folge: Die EU wird in den nächsten Jahren der Chance beraubt, wirtschaftlich zu wachsen.   Einverstanden. Es wird wirtschaftlich schlechter gehen für alle Länder. Es wird auch die Schweiz treffen, weniger als die EU-Staaten, aber trotzdem. Das Problem geht weit über Europa hinaus.  Die schlimmsten Verschuldungen haben die USA und Japan. Staatsverschuldungen ziehen Unsummen aus dem Privatsektor ab. Dieses Geld fehlt für Investitionen. Nehmen Sie Deutschland: Die Deutschen müssten zur Ankurbelung ihrer Wirtschaft die Steuern senken. Dringend. Das sei angesichts der Euro-Hilfen nicht mehr möglich, sagt jetzt die Kanzlerin. Sie erkennen den Mechanismus: Wenn es darum geht, den Bürgern 30 Milliarden weniger zu nehmen, kann man sich das nicht leisten. Beim Ausgeben sind Garantien in mehrfacher  Höhe dann kein Problem.   Kann man Staatsschulden dieser Grössenordnung ohne Inflation tilgen?   Kaum. Und das trifft dann alle. Vor allem die Rentner und Kleinverdiener. Dazu kommt heute das billige Geld. Bei den tiefen Hypothekar-Zinsen überschulden sich viele, um in angeblich sichere Immobilien einzusteigen. Ich würde im Bundesrat ernsthaft darüber nachdenken, was wir unternehmen müssen, um eine Immobilienkrise in der Zukunft abzuwenden. Es wäre die Aufgabe der europäischen Notenbank, die Inflation zu verhindern, statt überschuldeten Staaten Geld zu geben. Ich traue dem europäischen Notenbankpräsidenten Trichet ehrlich gesagt diese Standhaftigkeit nicht mehr zu. Woher sollen die Europäer den Mut nehmen, die gewaltige Liquidität aus dem Markt zu ziehen, wenn es ihnen schon an der Courage fehlt, Griechenland auf den normalen Weg jedes Schuldners zu zwingen.   Welchen europäischen Politikern trauen Sie eine Lösung zu?   Grundsätzlich traue ich den Engländern von der Mentalität her am ehesten eine Lösung zu. Wenn es hart wird, bringen die Briten hervorragende Führungspersönlichkeiten hervor. Sie hatten einen Churchill, eine Thatcher. Möglicherweise würde es Tony Blair besser machen als heute Cameron oder Clegg. Warten wir ab. Wenn ich auf Deutschland blicke, sähe ich, obwohl ich gar nicht auf seiner Linie liege, bei Ex-Kanzler Gerhard Schröder das Potenzial, das Heft in die Hand zu nehmen. Schröder hatte immerhin den Mut, im Sozialwesen etwas aufzuräumen - gegen heftigen Widerstand. Früher wäre es wohl Helmut Schmidt gewesen.   Erleben wir eine Zeit schwacher Politiker?   Eindeutig. Die wirtschaftlich sehr guten Nachkriegsjahre bilden kein Lebensklima, das starke Persönlichkeiten erzeugt. Das gilt nicht nur für die Politik. Kommt dazu, dass die Bürger die farblosen Anpasser dem mutigen oft etwas unbequemen Realisten vorziehen. Das hat Politiker dazu verleitet, nicht über die fundamentalen Dinge zu reden und zu streiten. Wer redet zum Beispiel über die EU, die horrenden Staatsverschuldungen, die Fragwürdigkeit,  alles mit Geld decken zu wollen? Das fällt mir vor allem in Deutschland auf. Wer den Wert  des übersichtlichen Nationalstaates hochhält, wird sofort als Extremist verschrien. Hier spürt man, dass Deutschland eine junge Demokratie ist. Die direkte Demokratie, wie wir sie haben, zwingt zu mehr Offenheit und Auseinandersetzung. Ein etwas ungezwungener Umgang gerade mit Problemen, von denen niemand gerne spricht, wäre nötig. Das Unheil passiert ja stets mit solchen Tabu-Konstruktionen.   Sind Sie enttäuscht von Angela Merkel?   Es fehlt ihr die Kraft. Sie schaut auf den Wahlerfolg -  von ihr und ihrer Partei. Sie macht im Wesentlichen  das Gleiche wie die Vorgängerregierung. Darum wird sie die Wahlen verlieren. Dabei hätte sie eine hervorragende Chance gehabt: Sie wurde mit der FDP gewählt und hätte sagen können, jetzt gehen wir massiv in die freiheitliche Richtung. 4 Jahre kann das niemand verhindern. Sie hätte sich für das Wohl ihres Landes einsetzen, die Steuern senken, die Wirtschaft befreien und die Fehlkonstruktionen der EU anpacken können. Mag sein, dass sie in 4 Jahren nicht wiedergewählt worden wäre, aber ihrem Land ginge es wohl besser.   Wo sehen Sie die grössten Risiken für die Schweiz?   Kurzfristig resultiert ein starker Schweizer Franken. Die negativen Folgen für den Export sind kurzfristig und nicht zu überschätzen. Langfristig gleicht sich das wieder aus. Aber ich sehe es grundsätzlicher: Wir sind von Staaten mit einer massiven Verschuldung umgeben. Die brauchen Geld. Damit steigt die Versuchung, andere Länder über die Grenzen hinweg unter Druck zu setzen. Das kann gefährlich werden.  Der kriegerische Griff nach der Schweizer Staatskasse ist eine Konstante in der europäischen Geschichte. Riskant sind die Spannungen innerhalb der EU. Es geht nicht um Konflikte unter Politikern, sondern die Bürger sind verärgert über die unsolide Politik. Das ist brandgefährlich. Deshalb gilt für die Schweiz: Vorsorgen, auch für eine starke Armee.   Wie verletzlich ist die Schweiz durch Staaten, die irgendwann ihre Schulden nicht mehr bedienen können?   Die Schweiz ist wohl mit Krediten in USA und Deutschland am meisten engagiert. Beide Staaten – vor allem USA – sind sehr hoch verschuldet. Wie die Amerikaner das Problem der zu hohen Schulden lösen, kennen wir: Durch Geldentwertung. Und, wenn es hart auf hart geht, sind sie gross und stark genug, die  Schulden nicht zurückzahlen. Die Schweiz hat kein Interesse, dass es anderen schlecht geht. Doch die Schweiz muss die Kraft haben, den eigenen Weg zu gehen. Leider höre ich aus dem Bundeshaus andere Signale. Unsere Aussenministerin sagte bereits, man wolle in Brüssel mitentscheiden. Das ist ein Beitritts-Plädoyer. Ich höre Stimmen, die im starken Schweizer Franken einen Nachteil sehen. Die wollen sogar in den Euro, um diesen Schwierigkeiten auszuweichen.   Die Nationalbank hat massiv Euros eingekauft. Ist das richtig?   Dass die Nationalbank versucht, gewisse  Eurosprünge auszugleichen, ist verständlich. Ich würde es aber nicht so an die grosse Glocke hängen. Je mehr sie betonen, wie viel Euros sie einkaufen, desto offenkundiger wird die Tatsache, dass der Franken nach oben tendiert und dass der Euro zur Schwäche neigt.   Welche konkreten Strategien muss die Schweiz jetzt gegenüber der Europäischen Union anwenden? Erstens: Wir dürfen auf keinen Fall weitere Verträge mit der EU abschliessen, die unsere Handlungsfreiheit einschränken. Zweitens: Wir müssen im Inland wie eine kluge Hausfrau wirtschaften. Die Einnahmen und die Ausgaben sind genau aufeinander abzustimmen. Wir glauben, die Schweiz stehe gut da. Unter den Blinden ist auch der Einäugige König. Unsere Staatsverschuldung ist auch zu hoch. Vor allem müssen wir den Bürger stärken! Der Staat muss den Bürgern Geld zurückgeben. Das gibt Beweglichkeit. Was Staaten mit dem Geld anrichten, das hat man jetzt gesehen.   Warum greift die SVP nicht gerade jetzt die Personenfreizügigkeitsabkommen und den Schengenvertrag mit der EU an? Sie sagen selbst, dass die Unabhängigkeit zu stärken sei.   Zunächst: Es wird bis in höchste Regierungsstellen behauptet, wer gegen die Personenfreizügigkeit sei, sei gegen ausländische Arbeitskräfte. Das ist dummes Zeug und nicht unsere Position. Wir waren immer der Meinung, wenn wir Leute brauchen, müssen wir sie dort holen, wo sie sind. Egal, ob Japaner, Amerikaner oder Deutsche oder Chinesen. Man darf diesen Ausländern aber nicht sofort ein Bleiberecht zusprechen oder gar, wie wir es heute mit der EU praktizieren, unverzüglich den vollen Anspruch auf unsere Sozialleistungen gewähren. Jetzt haben wir die unhaltbare Situation, dass wir alle aus der EU ins Land lassen müssen, aber die Arbeitskräfte aus aussereuropäischen Länder, die wir vielleicht noch mehr brauchen, müssen draussen bleiben. Die Rückwanderung wird abnehmen, weil die Herkunftstaaten in immer grössere Schwierigkeiten geraten. Das Gefälle wird grösser.   Die Wirtschaft ist in diesem Punkt mehrheitlich gegen Sie. Warum gelingt es Ihnen nicht, die Unternehmer auf Ihre Seite zu ziehen?   Die SVP war allein und hat die Abstimmung bei der Personenfreizügigkeit verloren. Viele Wirtschaftsleute denken in dieser Sache zu kurzfristig. Immerhin: Die Schattenseiten der Personenfreizügigkeit werden langsam erkennbar. Auch der Schengenvertrag stellt sich als Mogelpackung heraus. Die Kosten laufen aus dem Ruder. Im Asylbereich trat der versprochene Rückgang der Gesuche um zwei Drittel nicht ein. Zudem gibt es immer mehr Verbrechen. Der Fall Libyen zeigte schliesslich, dass wir unsere Unabhängigkeit bei der Visapolitik verloren haben. Wir mussten über Schengen gegen Libyen vorgehen. Am Ende stellten sich die Schengenstaaten nicht etwa auf unsere Seite sondern auf die Seite von Gaddafi.   Was halten Sie von der neuen Mitte-Allianz aus FDP, BDP und CVP?   Verlierer schliessen sich gerne zusammen. Das ist eine Reflexbewegung, kopflos. Man muss sich den Sinn dieses Bündnisses vor Augen führen: Sie wollen ohne SVP regieren. Die neue Allianz rühmt heuchlerisch die Konkordanz, setzt sich aber im Konkreten darüber hinweg. Aber verlieren wir nicht zu viel Kraft für dieses Parteigeplänkel. Die SVP wird sich für eine unabhängige, freie und wohlhabende   Schweiz einsetzen, gleichgültig mit wie viel Sitzen sie im Bundesrat vertreten ist. Darum gewinnt die SVP die Wahlen.   Was raten Sie der FDP?   Kehrt zu euren Grundprinzipien zurück! Bald sind wir von der SVP die einzigen Freisinnigen. Würde die FDP das Gleiche vertreten wie wir, würde dies die SVP schwächen. Dann könnte ich endlich abtreten und sagen, jetzt ist gut, endlich machen die anderen auch das, was wir machen müssen. Mir geht es um die Schweiz, nicht um die SVP, ein Partner in dieser Sache wäre wertvoll. .   Parteipräsident Pelli hat Ihnen in einem NZZ-Interview vorgeworfen, Sie seien beim Dossier Staatsvertrag mit den USA Steigbügelhalter der Linken. Man könne mit Ihnen nicht zusammenarbeiten.   Es stimmt, dass wir bei der „too big to fail“-Problematik mit der SP zusammengehen, wenn auch aus ganz anderen Motiven. Die Frage aber ist: Wie oft geht denn der Freisinn mit der SP zusammen? Wer hat denn mit der Linken die Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU unterstützt? Die FDP. Wer hat an der Seite der SP den Schengenvertrag gefordert? Die FDP. Wer hat denn mit der Linken bei der Mehrwertsteuer einer Erhöhung zugestimmt? Die FDP. Und schliesslich: Wird die neue Mitte den Mut haben, bei der von links geforderten „Bonisteuer“, die nichts anderes als eine neue Unternehmenssteuer ist, nein zu sagen? Wenn es Herr Pelli so schlimm findet, in einer Sache auch mit Linken zusammenzuspannen, könnte er mit seiner Partei vorangehen.   Ein letzter Punkt: Gehen die Bestrebungen des Bundesrates zur Lösung des „Too big to fail“-Problems in die richtige Richtung?   Es sieht so aus. Zumindest: Endlich wird das Problem anerkannt. Sogar die Grossbanken sehen es endlich. Sie wissen, dass sie nur aus der Umklammerung des Staates herauskommen, wenn sie wieder voll den Marktkräften ausgesetzt werden ohne offene oder verdeckte Staatsgarantie. Das stimmt zuversichtlich.   Zusätzliche Fragen:   Mit welchen konkreten weiteren Angriffen der EU auf die Schweiz rechnen Sie angesichts der gewaltigen finanziellen Probleme, in denen sich die EU-Staaten befinden? Der Druck auf die Schweiz nach Zahlungen, Steuerharmonisierung, Anpassungen an das EU-Recht wird zunehmen. Wenn die Schweiz - wie bisher – fast jeden beliebigen Wunsch erfüllt, wird dies gefährlich. Wenn sie standhaft bleibt und ihre berechtigte Situation durchsetzt ist dies keine ausweglose Situation. Übrigens: Dieser Druck kommt, weil es der Schweiz finanziell besser geht. Er wäre noch höher, wenn unser Land in der EU wäre.   Man sagt, hohe Boni gefaehrden den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Handkehrum aergert sich niemand, wenn Roger Federer Hundert Millionen verdient. Stimmt es eigentlich, dass zu hohe Loehne gesellschaftliche Spannungen verursachen? Oder warum wird Federer anders bewertet als Brady Dougan?   Hohe Boni werden dann akzeptiert, wenn sie die Folge hoher Leistungen sind. Das ist bei Federer und der Wirtschaftsmanagern so. Federer erhält den „Bonus“ weil er der beste ist. Die hohen Managerlöhne sind besonders seit der Bankkrise in der Kritik. Hohe Boni bei schlechter Leistung! Hier muss angesetzt werden. Wo keine Leistung - auf längere Sicht - keine Boni. Wo hohe Leistung – hohe Boni! Das wird die Akzeptanz erhöhen. Es ist aber  unverständlich, wenn es Firmen gibt, die trotz juristischer oder faktischer Staatsgarantie und ungenügenden Leistungen Boni bezahlen. Das wird sich ändern!

09.05.2010

Die «Bonisteuer» ist nichts anderes als eine neue Unternehmenssteuer

Interview in der Sonntagszeitung vom 9. Mai 2010 Glauben Sie, dass die SP am Ende den Staatsvertrag ablehnen wird? Nein, die SP wird zustimmen. Sie wird sicher nicht die Auslieferung von 4500 Bankkundendossiers verhindern, wo sie doch allen Steuerbehörden automatisch sämtliche Bankkundendaten ausliefern will. Sie würde sich mit einem Nein ja völlig unglaubwürdig machen. Deshalb dürfen sich Bundesrat und die anderen Parteien nicht von der SP erpressen lassen. Warum sind Sie gegen die SP-Forderungen? Die “Bonisteuer” ist nichts anderes als eine neue  Unternehmenssteuer. Das zahlen die Aktionäre,  darunter viele Pensionskassen. Wenn die Boni nicht mehr im Aufwand, sondern im Gewinn anfallen, führt das zudem zu Scheingewinnen.  Die Boni trifft das gar nicht. Was ist die Alternative? Boni sollen auf ein Sperrkonto und erst nach Jahren ausbezahlt werden, wenn es denn keine Verluste gab. Die SP fordert auch Massnahmen gegen die Risiken systemrelevanter Banken. Da könnten sie doch mitmachen. Das ist unsere Forderung und geht jetzt in Richtung der von uns seit der Wirtschaftskrise vom 2008 geforderten Holdingstruktur, unabhängig von der SP. Die SVP lehnt den Vertrag strikte ab, obwohl Wirtschaftsverbände und Verwaltung vor grossem Schaden warnen. Sehen sie keine Gefahr? Die Szenarien sind zumindest massiv übertrieben. Natürlich haben wir ein Problem: Der Vertrag wurde vom Bundesrat rechtswidrig abgeschlossen, ohne den Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung. Da wird es nicht schön, wenn die USA die harte Linie fahren sollten. Die Frage ist aber, ob man solche Rechtswidrigkeiten begehen darf, nur weil die Wirtschaft droht. Welche Auswirkungen hat ein Nein zum Staatsvertrag ihrer Meinung nach? Es kann sein, dass die USA wieder gewisse Prozesse gegen Banken aufnehmen würden. Das schliesse ich nicht ganz aus. Es ist aber bei Erpressungen immer so, dass mit Ängsten gespielt wird. Dann müsste man halt mit den Amerikanern zusammensitzen. Ist die Schweiz durch mögliche Staatsbankrotte in Europa bedroht? Eindeutig. Durch die gegenseitigen Kredite könnten andere Staaten selbst in den Bankrott gerissen werden. Dies würde den Euro weiter schwächen. Das würde  der Schweizer Wirtschaft enorm schaden. Es zeigt aber vor allem, dass das Grossmachtprojekt EU ein intellektuelles Fehlkonstrukt ist. Aus politischen Gründen, wurden Staaten in die Währungsunion aufgenommen, die aus wirtschaftlichen Gründen nie hätten aufgenommen werden dürfen. Alle, die noch in die EU wollen, müssen spätestens jetzt einsehen, dass die Schweiz nie Mitglied werden darf. Ist denn der Versuch Griechenland mit Krediten zu retten, falsch? Ich halte es auf jeden Fall für gefährlich. Man hätte Griechenland besser aus dem Euro-Raum entlassen. Mit einer eigenen Währung hätte das Land wieder vorne anfangen können, ohne dass viele andere Staaten, in den Strudel gerissen werden. Soll die Schweiz bei der Sanierung helfen? Die Schweiz selbst und unsere Banken  sollten sehr zurückhaltend sein. Und sollte der IWF von uns Geld zur Sanierung bankrotter Staaten verlangen, muss der Bundesrat das ablehnen.

26.04.2010

Der Euro ist ein politisches, kein ökonomisches Produkt

Referat von alt Bundesrat Dr. Christoph Blocher gehalten am 18. int. Europa Forum im KKL Luzern vom 26. April 2010 zum Tagungsthema «Staatliche Unabhängigkeit in einer Welt der Abhängigkeiten» Staatspolitische Schlussfolgerungen für die Schweiz Meine sehr verehrten Damen und Herren Ich beginne mit der lobenden Erwähnung, dass der Begriff "Souveränität" heute wieder eine grössere Bedeutung hat als damals, als ich in den 90er Jahren – kurz nach seiner Gründung – in diesem Europa Forum sprach. Damals war eigentlich der Tenor: "Souveränität" ist etwas Veraltetes! In der Zukunft gibt es nur noch multinationale Organisationen und keine souveränen Staaten mehr! Souveränitätsbeschränkung statt Souveränität? Obwohl heute die ersten Referenten – namentlich Herr Staatssekretär Mauro Dell'Ambrogio und Herr Professor Rudolph Stichweh – die Souveränität ausserordentlich relativieren, so sprechen sie doch immer über die Souveränität. Und das freut mich. Doch fällt auf, dass man in politischen und professoralen Kreisen vor allem deshalb von Souveränität spricht, damit man über deren Beschränkung sprechen kann. Interessant ist, dass das bundesrätliche Vorwort in Ihrem Prospekt nicht mit der Feststellung beginnt, die Souveränität sei ausserordentlich bedeutungsvoll, sondern als Punkt 1 erklärt: "Die Souveränität eines Staates ist nicht gänzlich schrankenlos" – wie wenn jemand je etwas anderes behauptet hätte! Es ist doch jedermann klar: Kein Staat – auch der unsrige nicht – ist auf dem Mond! Unser Staat ist 700 Jahre alt – und die Souveränität war zu allen Zeiten von aussen bekämpft. Wer das Gegenteil sagt, kennt die Geschichte nicht. Souveränität - die Grundsäule des Staates Wir haben sogar Schlachten führen müssen (als man sich Kriege noch leisten konnte). Wir haben zwei Weltkriege durchgemacht. Schon bei der Gründung des Schweizerischen Bundesstaates spielte die Souveränität und ihre Bedrohung die Hauptrolle. 1848 haben die europäischen Staaten der Schweiz gedroht, als sie eine souveräne, freiheitliche Verfassung schufen. Sie haben sogar von "Geisteskranken" gesprochen, die das allgemeine Wahlrecht einführten. Und die Schweiz hat es trotzdem getan, also nicht lange gefackelt und gesagt, "die Schweiz sei eben nicht ganz schrankenlos" und darum könne man nie ganz alles allein durchführen; also müsse man die Souveränität relativieren. Im Gegenteil: Man sprach von Geburtsstunde der modernen Eidgenossenschaft. Wir machen es! Wir machen es trotzdem! Und sie haben's gemacht! Die europäischen Staaten um die Schweiz herum erklärten: "Diese Verfassung wird nicht lange leben." Wir haben sie im Wesentlichen heute noch! Die umliegenden Staaten haben alle ihre Verfassungen, die doch der "allgemeinen Auffassung" entsprachen, verloren. Ihre damaligen Regimes überlebten nicht. Sie sind auf schreckliche Art zugrunde gegangen. Änderung der Auffassungen Es war interessant zu hören, was die heutige Luzernische Regierungsrätin in der Einführung gesagt hat: "Also, wenn man einem Politiker heute sagt, er nehme es mit der Souveränität nicht ernst, so ist es das Schlimmste, was man ihm sagen kann." Das ist ein willkommener Wechsel der gesellschaftlichen Auffassung. Also müssen die, welche die Souveränität der Schweiz eigentlich nicht wollen, aber sich nicht getrauen, es zu sagen, einen Ausweg finden. Und diesen Ausweg findet man in einem Trick. Man spricht dann von einer "zeitgemässen Souveränität". Mit "zeitgemäss" meint man eine sehr beschränkte Souveränität. Das ist eine akademische Schlaumeierei. Seien Sie doch ehrlich und sagen Sie: "Die Souveränität ist ein". Die Frage ist: Können oder wollen wir souverän sein? Und dann müssen Sie zugeben: Das sind Einschränkungen! Wenn Sie aber nicht ehrlich sind, greifen Sie zu den schönen Formulierungen: "Wir grenzen die Souveränität ein, damit wir souverän bleiben". Vor 20 Jahren hörten wir: Wir gehen in den EWR (Europäischen Wirtschaftsraum), damit wir nicht der EU beitreten müssen – und solche Dinge. Das sind alles Kunstgriffe, die natürlich in der "praktischen" Bevölkerung zu Recht nicht verfangen. Es geht jetzt nicht um theoretische Modelle, sondern um ganz handfeste Dinge: Die Wahrung der Souveränität steht auch in der heutigen Bundesverfassung an erster Stelle als Staatszweck. Es hat keinen Sinn, einen Staat zu bilden, wenn man die Souveränität nicht will. Wozu auch? Souverän heisst unabhängig sein, autonom sein. Das aber heisst: Auf dem Staatsgebiet bestimmen die Bürgerinnen und Bürger direkt oder indirekt selbst. Selbstbestimmungsrecht der Staaten Es war das grosse Schlagwort nach dem Zweiten Weltkrieg: "Selbstbestimmungsrecht der Staaten". Heute habe ich bei den Diskussionen in der Schweiz das Gefühl, das gelte nur noch für afrikanische Staaten (weil sie von der "Kolonie" befreit werden mussten). Souveränität ist das höchste Gut des Staates. Da gibt es nichts zu wollen. Nun komme ich zur Frage: Wo ist man denn souverän – wenn überhaupt? Stets in einem begrenzten Gebiet. Und was ist die Voraussetzung zur Wahrung der Souveränität? Das ist die Staatsgewalt – die Macht des Staates, das Recht durchzusetzen. Und das verpflichtet die Politiker zur Verantwortung. Verantwortung Es ist interessant: Im ersten Teil des heutigen Symposiums (ich muss ja über die "Schlussfolgerungen" reden) ist das Wort "Verantwortung" nie gefallen. Aber Verantwortung ist das Entscheidende: Wer trägt die Verantwortung? Es ist das Belastende, darum wird es ausgeklammert. Darum haben die internationalen Organisationen für Politiker eine so grosse Anziehungskraft – weil dort niemand die Verantwortung trägt. "Alle sind für alles verantwortlich!" heisst es da. Und das tönt schön! Aber das heisst immer gleichzeitig: "Niemand ist für etwas verantwortlich". Verantwortung ist ein Führungsbegriff – man mag das meiner Tätigkeit als Unternehmer ankreiden – und zwar ist es der zentrale Begriff der Führung – auch für eine staatliche Regierung. Aber den multinationalen Organisationen fehlt erstens die Macht, das durchzusetzen, was sie sollten, und zweitens: Die Verantwortung ist nicht vorhanden. Sie ist nicht greifbar. Darum ist es für einen Politiker – für einen Bundesrat – viel schöner, wenn wir in der EU sind, weil man dort zwar dabei ist, aber die Verantwortung nicht tragen muss. In der Schweiz ist es viel schwieriger, die Verantwortung für die Schweiz zu tragen. Geht ein Bundesrat in einen Kanton, muss er aufpassen, dass er von einem kantonalen Regierungsrat nicht über den Tisch gezogen wird. Er muss immer aufpassen, was er macht, denn er ist ja der Bevölkerung Rechenschaft schuldig. Er muss aufpassen, weil er wieder direkt oder indirekt gewählt wird. All das muss er beispielsweise  in der EU nicht auf sich nehmen. Das alles fehlt in diesen grossen Organisationen Es war schön, heute, die Darstellung des britischen Redners zu hören (es ist kein Zufall, dass er ein Brite ist; die Briten sehen ja immer alles aus höherer Warte). Sobald es schlecht ging, haben in der EU alle Staaten munter die internationalen Interessen wahrgenommen, und wenn es ums Geld geht, sehen sie sich nur noch selbst. Das ist die Realität! Beklagen müssen wir es nicht, aber die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. Nein, es gibt in Sachen Souveränität nicht Neues zu definieren. Aber es gilt zu fragen: Wo müssen wir allenfalls Souveränität abtreten. Souveränität abtreten Viele Dinge gibt es, bei denen wir das tun können. Wenn zum Beispiel in ganz Europa die Nationalstrassen gleich angeschrieben werden und wir vor der Wahl stehen, ob wir es anders machen sollen oder nicht, haben wir zwar die Möglichkeit, es anders zu machen. Vielleicht ist es aber zweckmässig, es gleich zu machen wie die anderen. Wir haben viele solche Dinge getan, und das stört mich nicht. Aber wenn es jemanden stört und die Bevölkerungsmehrheit das Gegenteil will, dass wir die Nationalstrassen anders anschreiben, dann bin ich der Meinung, wir sollen es tun, auch wenn ich finde, es sei nicht gerade intelligent. Die Wahrung des Rechts, das wir unserem Land gegeben haben und das in unserem Land die Bevölkerung, "der Souverän". gesetzt hat, muss, kann und darf gelten. Darum sprechen wir in der Schweiz bei der Gesamtheit der Stimmbürger vom Souverän. Ich weiss: Damit sind wir natürlich ein Sonderfall. Aber dieser hat uns auch stark gemacht. Also ist es kein Nachteil, ein Sonderfall zu sein. Wettbewerb statt gleich lange Spiesse Wenn ich von Wirtschaftsleuten höre, wir sollten dafür sorgen, dass wir "gleich lange Spiesse" haben wie die EU, dann muss ich sagen. Das ist doch kein staatliches Ziel. Wir müssen längere Spiesse haben als die andern. Das ist das Ziel eines Staates. So entsteht der Wettbewerb. Und den haben wir in vielen Dingen. "Gleich zu sein wie die andern" ist kein Ziel. Der Kleinstaat Schweiz mit seiner unmöglichen topografischen Lage, weitab vom Meer, ohne Bodenschätze, muss besser sein, anders sein – das macht den Sonderfall aus. Ich schaue auch die EU nicht nur vom schweizerischen Standpunkt aus an. Ich schaue kritisch auf den Geist – auf die Konstruktion dieser EU. Und merke: Ein EU-Beitritt wäre für die Schweiz ein enormer Wohlstands- und ein grosser Freiheitsverlust. Aber ich bin immer mehr davon überzeugt, was ich damals beim Kampf gegen den EWR-Beitritt der Schweiz schon sagte und deshalb so bitter angegriffen worden bin: dass die EU eine intellektuelle Fehlkonstruktion ist. Es tut mir leid, dass ich es sagen muss: Ich glaube nicht, dass die Sache funktioniert. Fehlkonstruktion Sie sehen es heute am Euro. Wir haben es vor seiner Einführung dargelegt. Eine gemeinsame Währung für so viele Staaten, die eine je völlig verschiedene und eigene Finanzpolitik betreiben, kann nicht funktionieren. Ökonomisch geht es nicht. Der Euro war ein politisches Produkt, kein ökonomisches. Es ist ganz gefährlich, Währungen aus politischen Gründen zu schaffen. Währungen die keinen ökonomischen Rückhalt haben. Das erleben Sie jetzt. Es ist ein grosser Fehler, dass zum Beispiel Griechenland den Euro eingeführt hat. Hätte es den Euro nicht, so hätte es eine eigene Währung, die nun fast oder ganz ihren Wert verloren hätte, und Griechenland und die, die diesem Land fälschlicherweise Geld gegeben haben, müssten selber bezahlen. Das wäre der normale Gang, die Folge der Verantwortung. Damit sind wir wieder bei der Verantwortung. Und wie steht es heute? Sie haben jetzt mit Griechenland ein Land, das sich selbst – bis zum Betrug – in Misskredit und in die Schuldenkrise gebracht hat. Schuld daran sind nicht die Spekulanten! Der Euro ist für einzelne Länder – das war schon in den letzten Jahren so – zu schwach und für andere zu stark, weil die Volkswirtschaften nicht übereinstimmen. Es ist ein grosses Glück, dass die Schweiz dank ihrer Souveränität eine eigene Währung hat. Darum hat sie die Finanzkrise besser meistern können als andere. Lob des Sonderfalls Sie hat sie aber auch besser meistern können, weil sie die direkte Demokratie kennt. Diese Geldverschwendung und solche Steuerhöhen wie in der EU sind in der Schweiz – dank der direkten Demokratie – nicht zu schaffen, weil wir einen Souverän haben, der solche Steuererhöhungen nicht zulässt. All die Theorien über Souveränitätsverlust und Auflagen in völkerrechtlichen Verträgen gehen schliesslich an die Substanz. Die hohe Beschäftigung in er Schweiz, die kleine Arbeitslosigkeit, das hat alles – und zwar wesentlich – mit ihrer Souveränität zu tun. Bei allen Schwierigkeiten, die wir mit dem Ausland haben, wird natürlich sofort die Frage gestellt: "Ja, wäre es nicht viel besser, wenn wir bei der EU wären?" Ich weiss nicht, warum man immer auf diese Idee kommt (natürlich weil man in die EU will). Wo hätten wir denn bis heute irgend einen Vorteil gehabt? Fall Libyen: Ein erhellendes Beispiel! Dort sitzt Gaddafi, der völlig menschenrechtswidrig Geiseln aus der Schweiz zurückhält. Wären wir nicht in "Schengen", hätten wir Libysche Visa sperren können, und zwar allein! Wir hätten niemanden fragen müssen. Vor dem Schengenbeitritt hiess es: "Geht zu Schengen. Da seid Ihr unter Freunden. Die helfen Euch!" Dann kam der Fall Libyen über die Schweiz: Wir mussten unser Anliegen aufgeben, weil unsere "Schengenfreunde" lieber zusammen mit Libyen gingen, als mit uns! Vor Tische las man es anders. Nachvollzug? Und wenn man sagt, wir seien nicht mehr "autonom"; in vielen Bereichen haben wir nachgezogen: Tatsächlich wird in Bern in vielen Geschäften nur noch "nachvollzogen". Aber nicht weil wir müssten. Nachvollziehen als Sucht. Ich bin zum Beispiel gegen den in einem Votum genannten Vertrag in der Stromwirtschaft. Denn ich glaube, dass es bessere Alternativen gibt. Ich bin dagegen, dass man noch Dienstleistungsverträge abschliesst, weil sie eine Souveränitätseinschränkung bringen, die vielleicht für die Branche im Moment gut sind. Aber auf die Länge sind sie für die Volkswirtschaft schlecht. Wir haben auch eine bessere Steuersituation, weil wir autonom sind. Es ist auch nicht wahr, dass wir alles übernehmen müssen. Wären wir in der EU, hätten wir 15% Mehrwertsteuer, jetzt haben wir 7,6%! Lassen Sie sich von Wörtern wie "Globalisierung" (und dergleichen) nicht zu sehr beeindrucken. Was in diesem Umfeld herumgeistert, ist nichts Neues. Auch wenn es „zeitgemäss“ ist. Aber dass ein Staat souverän sein muss und über seine Substanz verfügen soll, das ist – und jetzt rede ich als Unternehmer und Staatsbürger – auch für die Zukunft von grosser Bedeutung. Schlusswort Ich sage Ihnen: Die Schweiz ausserhalb der Europäischen Union, ausserhalb dieser multilateralen Strukturen, hat eine grosse Chance in der Zukunft, wenn wir es richtig machen. Unsere Devise heisst: Wir müssen nicht gross sein, sondern klein bleiben, wie wir es sind. Aber souverän, sonst gehen wir unter!