Wir brauchen eine Garantie

Interview in der «SonntagsZeitung» vom 19. Dezember 2010 mit A. Windlinger und D. von Burg zum Thema «Transparenz im Bundesrat»

Wenn Sie Transparenz fordern für die Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, ist das doch ein Vorwand. Sie wollen nicht hinein, da die Initiative nicht vollständig umgesetzt werden kann.
Im Gegenteil. Die Initiative lässt sich sehr wohl vollständig umsetzen. Wenn die Verwaltung das Gegenteil behaupten will, soll sie dazu stehen und das nicht in einer Dunkelkammer tun. 90 Prozent des Amtsgeheimnisses – auch im Bundesrat –  sind gemacht, um Ungereimtheiten zuzudecken. Auch hier droht dies.

Der Bundesrat braucht doch Vertraulichkeit, damit seine Mitglieder von den Parteimeinungen abrücken und Kompromisse schmieden können?
Das Gegenteil stimmt: Wenn Verhandlungen öffentlich sind, ist man gezwungen, gute Kompromisse zu schmieden. Transparenz ist besser, als wenn – wie heute – per Indiskretionen Halbwahrheiten an die Öffentlichkeit kommen. Deshalb sollten  auch Bundesratssitzungen öffentlich sein.

Das würde die Position des Bundesrats gegenüber dem Ausland massiv schwächen.
Klar müssen Geschäfte, bei denen etwas, das im  Landesinteresse geheim bleiben muss, oder auch Personalangelegenheiten vertraulich behandelt werden. Aber normale Sachgeschäfte – das sind über 90% – könnten ohne Weiteres offen  behandelt werden. Dies würde nicht nur die Glaubwürdigkeit des Bundesrats erhöhen, sondern auch das politische Klima verbessern.

Leidet denn heute Ueli Maurer so sehr darunter, dass Bundesratssitzungen vertraulich sind?
Transparenz ist im Interesse der öffentlichen Kontrolle und nicht der Bundesräte. Nehmen wir den Sicherheitspolitischen Bericht  als Beispiel. Es ist nicht der des VBS. Aber niemand weiss warum man  diesen neu so gestaltet hat. Das wäre für die Glaubwürdigkeit  und Nachvollziehbarkeit des Berichtes entscheidend.

Wie wichtig ist für Sie ein zweiter Bundesratssitz?
Die SVP ist für die Konkordanz. Gemäss Wählerstärke hat die SVP den ausgewiesensten Anspruch auf zwei Sitze. Seit zehn Jahren ist sie nicht mehr vollwertig vertreten. Klar konnte vieles von aussen verhindert oder erzwungen werden. Aber wir sind nicht volle Regierungspartei.

Verzichten Sie für den zweiten Sitz auf Transparenz?
Die SVP will einen zweiten Sitz und Transparenz. In der Ausländer- und Europapolitik werden wir nicht von unseren Positionen abweichen können. Schon gar nicht, solange bei den Bundesratssitzungen nicht Transparenz herrscht.  Selbst wenn die SVP einen zweiten Sitz erhält, muss sie Oppositionspolitik in diesen zentralen Bereichen weiterführen.

Mit dieser Aussage laden Sie die anderen Parteien ein, Ihnen den zweiten Sitz zu verwehren.
Wenn diese so denken, muss man dies im Kauf nehmen. Dann sind sie aber nicht mehr für die Konkordanz. Jede Partei ist infolge ihres Wähleranteils im Bundesrat und jede Partei muss die andere so akzeptieren wie sie ist.

Unter welchen Voraussetzungen sollte die SVP auf eine Koalitions- statt eine Konkordanzregierung hinarbeiten?
Wir glauben, dass die Konkordanz für die Schweiz die beste Lösung ist. Wenn dies nicht möglich ist, sind wir für eine Mitte-Rechtsregierung. Man kann damit Erfolg haben. Die Angst, vor einer Blockade durch die Linke ist unbegründet. Wenn sich die Mitte aber weder für eine Konkordanz noch für eine Mitte-Rechts-Regierung, sondern für die SP entscheidet, dann ist die SVP in der Opposition.  Heute weiss man, was die SP will: in die EU, die Armee abschaffen, die Neutralität aufgeben und den Kapitalismus überwinden. Für die Mitte müsste klar sein! Nur mit der SVP kann sie eine freiheitliche marktwirtschaftliche Ordnung  bewahren.

Wären Sie bereit, eine Mitte-Rechts-Regierung unter Einbezug der BDP und  von Frau Widmer-Schlumpf zu bilden?
In einer Mitte-Rechts-Regierung  hätte die SVP  wohl drei und die Mitte vier Sitze. Wenn die Mitte einen ihrer Sitze der BDP geben möchte, würden wir dies akzeptieren müssen.

Was ist ihr Wahlziel?
Wir sollten uns gegenüber 2007 nochmals steigern und die Marke von 30 Prozent knacken. Das ist möglich, aber nicht einfach. Minimalziel ist, dass wir die stärkste Partei bleiben.

Zu welchem Thema soll die SVP 2011 eine Initiative lancieren?
Unsere Basisbefragung hat gezeigt, welche Themen die Schweizer beschäftigen: Unabhängigkeit der Schweiz,  Ausländer, Zuwanderung, Kriminalität, die Personenfreizügigkeit und Schengen.

Wollen sie diese Verträge per Initiative ausser Kraft setzen?
Das ist eine Möglichkeit. Bei solchen Verträgen zurückzubuchstabieren, ist aber immer schwierig  Persönlich bin ich für eine Initiative, die verhindert, dass Leute in unser Land einwandern, die sich hier nicht integrieren können.

Was planen Sie konkret?
Wenn es nach mir geht, sollen nur noch Ausländer eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, die unsere Sprache beherrschen. Dies müssten sie mit einem Sprachtest auf einer Schweizer Botschaft schon vor der Einreise belegen. Nach einer bestimmten Zeit müssten sie  in der Schweiz einen Test mit höheren Anforderungen bestehen, um bleiben zu dürfen.

Damit geriete man  in Konflikt mit der Personenfreizügigkeit.
Man soll nicht zum vornherein eine gute Lösung mit dem EU-Argument verhindern: man kann die Verträge auch anpassen. Die USA praktizieren dieses System mit Erfolg. Eine solche Initiative ist mein Favorit. Damit könnten wir viele Probleme lösen: Wir hätten weniger Schulprobleme, weniger Kriminelle, weniger Papierlose, weniger Integrationsprobleme und das Sozialsystem würde weniger belastet.

Zur Zusatzfrage
Schon die Erhöhung der Entwicklungshilfe um 134 Millionen ist in der heutigen Zeit unverantwortlich. Eine dauernde Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,5% des BIP lehnt die SVP entschieden ab. Die Schweiz ist auf dem besten Weg, das Geld  mit beiden Händen aus dem Fenster zu werfen: Gigantische Euro-Stützungskäufe, Entwicklungshilfe in Milliardenhöhe, zweistellige Milliardenbeträge für den IWF! Und das meiste nur um dem Ausland zu gefallen.

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