Was hat Jugendgewalt und Jugendarbeitslosigkeit mit Erziehung zu tun?

St. Gallen. Referat von Bundesrat Christoph Blocher an der SVP-Informationsveranstaltung vom 14. September 2007

14.09.2007, St. Gallen

Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.

Meine Damen und Herren

Sie haben Ihrer Veranstaltung eine Frage vorangestellt: „Was haben Jugendgewalt und Jugendarbeitslosigkeit mit Erziehung zu tun?“

Sie wären wohl kaum auf dieses Thema gekommen, wenn Sie nicht einen Zusammenhang zwischen falsch gelaufener Erziehung und den genannten Problemen vermuteten.

1. Hirngespinste

Ist die Jugendgewalt und Jugendkriminalität nur Hirngespinste? Sind die laufenden Debatten allein ein aufgebauschtes Produkt der Medien und Parteien? Wird gar, wie Experten aus dem Umfeld der Jugendarbeit behaupten, mit falschen Zahlen operiert?
Hat die Gewalt unter Jugendlichen etwa gar nicht zugenommen, sondern bloss die „Sensibilisierung“, man sei halt heute mehr auf dieses Problem fokussiert und deshalb eher bereit, Anzeige zu erstatten? Werden die Jugendlichen, wie andere wortreich bedauern, in die kriminelle Ecke gedrückt?

Ist die Zunahme von Jugendgewalttaten nur gefühlt und nicht belegt? Wir müssen diese Vermutung mit einem klaren Nein beantworten. Seit Ende der 80er Jahre haben sich die Gewalttaten (je nach Bereich) verdoppelt oder verdreifacht. Als Opfer sind viel häufiger Jugendliche betroffen. (Prof. Martin Killias, Tages-Anzeiger vom 7.8.2007). Auf der Täterseite ergibt sich ein ähnliches Bild: Die Zahl jugendlicher Straftäter ist markant gestiegen – und zwar trotz rückläufiger Anzeigenrate!


2. Statistiken

Wir kommen zu folgenden Ergebnissen:

Die Jugendgewalt und vor allem das Ausmass der Gewalt hat in den letzten Jahren massiv zugenommen.

Jugendliche Ausländer, namentlich aus dem Balkan, gehören überdurchschnittlich oft zu den Tätern.

«Sorgenkind Nummer eins ist und bleibt die Jugendkriminalität», so der Zürcher Kripo-Chef Bernhard Herren. Namentlich Jugendliche aus den Balkanländern träten über-proportional in Erscheinung. Bei den Delikten gegen Leib und Leben machen sie 52,6 Prozent von allen ausländischen tatverdächtigen Jugendlichen aus.

Aber hinter all diesen Zahlen stecken Menschen und Schicksale. Für die Opfer und ihr Umfeld heisst dies viel Leid und unter Umständen furchtbare Erlebnisse, die ein ganzes Leben zerstören können.

3. Und die Erziehung?

Gerade bei der sich ausbreitenden Jugendgewalt gibt es eine auffallend häufige Gemeinsamkeit: Die mangelnde elterliche Erziehung. Eine Mehrheit der Ursachen für Jugendgewalt ist in diesem Bereich zu finden:

* Misshandlung und Vernachlässigung in der Erziehung
* Mangelnde elterliche Aufsicht
* Massive Streitigkeiten zwischen den Eltern
* Inkonsequenter Erziehungsstil

Dazu kommen schulische Probleme, die besonders bei Fremdsprachigen auftauchen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Zugehörigkeit zu einer Gewalt befürwortenden bzw. ausübenden Clique.

Die Eltern können sich also nicht aus der Verantwortung stehlen. Und auch wenn jetzt häufig von staatlicher Betreuung, Ganztagesschulen, familienexterner Erziehung die Rede ist: Die Erziehung ist und bleibt Sache der Eltern:

Selbst bei maximalem Betreuungsangebot durch den Staat, sind die Kinder den grössten Teil Ihrer Zeit nicht in der Schule und nicht unter Aufsicht von Kinderkrippen und Kinderhorten. Der grösste Teil des 24-Stunden-Tages, Samstag, Sonntag, in den Ferien sind sie in der Obhut der Eltern. Darum verbleibt die Verantwortung bei den Eltern!

4. Schule ohne Disziplin?

* Ich höre viele Klagen von Lehrpersonen über die Schwierigkeiten, im      Unterricht bestehen zu können.
* Lehrmeister kritisieren, dass es Schulabgängern an minimalen Kenntnissen    und Fähigkeiten mangelt.
* Grössere Firmen machen eigene Aufnahmetests, weil sie den Zeugnissen    nicht mehr trauen.
* Eltern sind besorgt, weil ihren Kindern wegen der schlechten Schulausbildung die beruflichen Möglichkeiten fehlen.

Diese Verhältnisse sind Früchte einer verfehlten Schul- und Erziehungspolitik. Vor allem in den 70er Jahren setzten sich die Linken zunehmend mit ihren antiautoritären Rezepten durch. Die Lehrkörper liessen sich von solchen Versprechungen verleiten und bis heute prägt diese Reformpädagogik die Schulen und die Elternhäuser:

Ein paar Stichworte dieser gescheiterten Reformpädagogik:

* Abschaffung der Noten
* Leistungsfeindlichkeit
* Antiautoritäre Erziehung
* Disziplinlosigkeit
* Schule nach dem Lustprinzip
* Züchtung und Gewährung einer Anspruchsmentalität
* Jedes Fehlverhalten wird mit psychologischen Erklärungen entschuldigt.
* Wenn ein Kind nicht stillsitzen und sich konzentrieren kann – wird es zum hochbegabten Sprössling erklärt, das sich angeblich so furchtbar langweilt in der Schule und gar nicht anders kann als stören.

Wir müssen uns von dieser gescheiterten Pädagogik radikal lösen. Die linke Pädagogik hat versagt. Wir sind aufgefordert, die Trümmer nun zu beseitigen.

5. Die 68er-Pädagogik entsorgen

Die antiautoritäre Erziehung glaubte, den Kindern jede Schwierigkeit aus dem Weg räumen zu müssen.
Erziehung heisst aber, die Kinder auf das Erwachsenenleben vorzubereiten.
Alles andere ist zum Nachteil des Kindes. Im Erwachsenenalter werden die Kinder auf Schwierigkeiten stossen, die sie überwinden müssen. Wer dies bestreitet, betrügt die Kinder.

Aufgabe der Eltern ist es deshalb, das Kind zu lehren, Schwierigkeiten zu überwinden, ohne dass es daran verzweifelt. Die Kinder sollen ihrem Alter und ihren Fähigkeiten gemäss lernen, die Probleme selbständig zu lösen, ohne über- oder unterfordert zu werden.
Dazu benötigen die Kinder klare Werte. Die Eltern haben ihnen diese Werte mitzugeben. Dazu benötigen Kinder Führung. Diese Führung leisten Eltern durch ihr Vorbild.

Wenn man Kindern klare Regeln setzt, akzeptieren sie auch die Sanktionen, wenn sie diese Regeln verletzen.

Es braucht eine Hinwendung zum Bewährten:

* Erziehung geht nicht ohne Konsequenz.
* Es gibt kein Vorwärtskommen ohne Anstrengung.
* Eine Schule, die nicht auf Leistung und Disziplin setzt, versagt in ihrem elementaren Auftrag.

Erziehung heisst:
Vorbild – Konsequenz – Zuneigung.
Diese drei Säulen bilden das Fundament einer Erziehung, die ein Kind liebevoll, aber mit der nötigen Strenge anleitet.

6. Verbrechen und Strafe

Der Staat hat nun allerdings mit Folgen einer falschen Erziehungspolitik zu tun, die er auch strafrechtlich lösen muss. Die Strafe ist auch Teil der Erziehung.

Oft wird beschönigend festgestellt, dass ja nur eine relativ kleine Anzahl Jugendlicher für viele Delikte verantwortlich ist. Das stimmt zwar. Aber in der Kriminalität ist die Prozentrechnung ein untaugliches Mittel. Wenn in Zürich an der Streetparade 4 Messerstecher auf Passanten losgehen, sind das zwar wenig % der Besucher, aber der Zustand ist besorgnisserregend. Diese Intensivtäter müssen besonders beobachtet und mit geeigneten Massnahmen aus dem Verkehr gezogen werden.
Als zuständiger Justizminister halte ich es für wichtiger, die Bürger vor Kriminellen zu schützen – als Kriminelle mit allen möglichen und unmöglichen Therapieformen zu beglücken.

Als zuständiger Justizminister, der auch für die Migration (Zuwanderung) verantwortlich ist, bin ich der Meinung, dass eine Ausschaffung von kriminellen Ausländern nicht nur möglich sein muss, sondern auch verpflichtend sein sollte.

Wer Straftaten begeht, muss die Konsequenzen spüren. Und zwar unmittelbar auf die Tat. Wenn Monate oder sogar Jahre vergehen, bis jemand für seine Straftaten büssen muss, verfehlt die Strafe ihre beabsichtigte Wirkung.

Wir haben festgestellt, dass sich viele jugendliche Opfer von Gewalt, Bedrohung und Nötigung aus Angst nicht melden. Sie getrauen sich weder mit den Eltern, der Schule noch mit der Polizei zu sprechen. Das ist eine verheerende Entwicklung.

Wir wollen, dass Kriminelle und Integrationsverweigerer die Konsequenzen ihres Handelns spüren.

Wir wollen, dass auch jugendliche Problemausländer hart angefasst werden, zum Schutz all jener Immigranten, die sich bemühen in unserem Land, die arbeiten, Leistung erbringen, sich an die Gesetze halten und sich mit der Schweiz identifizieren.
Wir wollen, dass die Jugendkriminalität als gesellschaftliche Fehlentwicklung angegangen wird.
Wir wollen gemeinsam an der konservativen Wende arbeiten: Wir setzen auf Disziplin, Leistungsbereitschaft, Konsequenz, Fleiss, Hartnäckigkeit.

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