Die Last ist Teil des Lebensinhaltes

Wie kaum ein Zweiter vertritt Christoph Blocher die traditionellen konservativen Werte der Schweiz – seit Anfang 2004 auch in der Regierung. Der Justizminister über Salärexzesse, seine Bilanz als Bundesrat und nächtliches Problemwälzen im Garten.

31.08.2007, Bilanz, Stefan Barmettler und Erik Nolmans

Vergleicht man den Aktienkurs der Ems Chemie unter Ihrer Führung und unter jener Ihrer Tochter, drängt sich der Schluss auf: Tochter Magdalena ist die bessere Unternehmerin als Sie.
Sogar viel besser (lacht).

Wie das?
Ernsthaft: Sie übernahm den Konzern 2004, am Ende einer Rezession, seither stehen die Zeichen auf Hochkonjunktur. Spasseshalber sagte ich den Kindern stets: „Leider beginnt Ihr nicht in einer schweren Rezession. Dann würdet Ihr man am meisten lernen.“ Ich freue mich: EMS treibt hochtemperaturbeständige Kunststoffe – Resultate aus 15jähriger Forschungstätigkeit – in den Märkten voran. Aber kein Zweifel: Meine Tochter Magdalena macht es sehr gut. Sie ist auch besser ausgebildet als ich.

Ihre Tochter verdient als Ems-Chefin 1,2 Millionen Franken, Sie bezogen als Chef bloss 370 000 Franken. Weshalb dieser Lohnunterschied?
Für jemanden, der faktisch Eigentümer ist, spielt das Salär eine untergeordnete Rolle. Man ist ja Eigentümer des Firmengewinns – und des -verlustes! Es gab übrigens damals Ems-Kadermitglieder, die ein höheres Jahressalär hatten als ich. Das Salär meiner Tochter ist wohl auch eine Folge der Transparenz, sind doch die Bezüge der leitenden Mitarbeiter und das höchste Salär auszuweisen. Niemand würde verstehen, wenn der CEO ein kleineres Salär bezöge als die Mitarbeiter.

Sie greifen jetzt als Justizminister mit der Revision des Obligationenrechts in die Lohndiskussion ein und verlangen Offenlegung der VR-Honorare.
Ich habe den Auftrag, ein neues Aktienrecht aufzulegen. Die Mängel des heutigen Rechts sind offensichtlich: Es ist nicht mehr zeitgemäss, zu wenig flexibel, zudem fehlen wichtige Aspekte der Corporate Governance.

Zur Offenlegung der VR-Löhne braucht es keine staatlichen Vorschriften, die Entlöhnung der Topleute können Firmen und Aktionäre selber regeln.
Darum wehre ich mich dagegen, dass der Staat die Entlöhnung festlegt. Aber der Staat hat zum Schutz des Privateigentums die Aufgabe, die Prozesse zu garantieren. Eine der höchsten Staatsaufgaben ist, die Grundrechte zu wahren. Dazu gehört die Eigentumsgarantie. Namentlich in grossen Firmen, wo die Eigentümer pulverisiert, nicht fassbar sind und die Transparenz fehlt, legen die Verwaltungsräte ihr Honorar selber fest – ohne Kontrolle der Eigentümer. Bei breit gestreutem Kapital ist es ähnlich wie im Kommunismus: das Eigentum gehört allen, aber niemandem wirklich. Daraus bildete sich die Nomenklatura heraus, die sich auf Kosten der anderen bediente. Das gilt es zu verhindern. Geschützt werden müssen auch Minderheitsaktionäre in nicht kotierten Unternehmen. Diese können häufig ihre Beteiligungen nicht veräussern, weil es keinen Markt für sie gibt.

Dennoch bescheren Sie uns neue Vorschriften. Wir zitieren Bundesrat Blocher: “Wir müssen endlich aufhören mit dieser Flut von neuen Gesetzen.”
Wir schaffen kein neues Gesetz, sondern revidieren das bisherige Aktienrecht. Der jetzige Entwurf stellt sicher, dass die Rechte der Eigentümer angemessen geschützt werden.

Dieser Aktivismus ist doch reiner Populismus. Bereits heute wird die Gesamtentschädigungssumme der VRs in börsenkotierten Firmen ausgewiesen.
Und damit nur bei einem kleinen Teil der Schweizer Firmen. Sie verschweigen die Missstände. Ich erinnere an ABB: Barneviks Millionenentschädigungen wurden nie öffentlich ausgewiesen. Was sind Entschädigungen? Seit diesem Jahr sind kotierte Gesellschaften gesetzlich verpflichtet, sämtliche Entschädigungen, auch Gewinnbeteiligungen, Sonderboni oder Leistungen an Pensionskassen transparent zu machen. Die Veröffentlichung der Saläre wird tendenziell zwar eher zu steigenden Salären führen, aber die grossen Fälle von Selbstbedienung und Missbrauch – vor allem bei Versagen des Managements – werden unmöglich.

Haben Sie etwas gegen hohe Managersaläre?
Nein. Bei entsprechend guter Leistung ist dagegen nichts einzuwenden. Weil ich weiss: Es gibt keine schlechten Untergebenen, nur schlechte Chefs. Nehmen Sie denn Fall der Credit Suisse: Als man nicht mehr weiter wusste, holte man Oswald Grübel, der sich schon verabschiedet hatte. Ob er, wenn er die Firma nach einer so misslichen Situation wieder in Schwung bringt, 20, 30 oder mehr Millionen erhält, ist nebensächlich. Aber dass einer im grossen Stil kassiert, wenn die Firma schlecht geführt wird oder gar am Abgrund steht, das versteht niemand.

Sie wollen auch, dass sich der VR jedes Jahr der Wiederwahl durch die Aktionäre stellt – auch das eine unnötige Regelung.
Das ist die vorgeschlagene Lösung im Hinblick auf die Stärkung der Generalversammlung, namentlich im Hinblick auf die Salärierung. VR-Mitglieder oder Topmanager sind Angestellte einer Firma, Leute mit einem Mandat. Und bei einem Mandat und einer Anstellung zählen Leistung und Salär. Sie stehen in einem Zusammenhang. Warum soll dies bei Top-Managern nicht gelten?

Ein Aktionär kann seine Aktien verkaufen, wenn er der Firmenleitung misstraut.
Ein schrecklicher Einwand. Was würden Sie sagen, wenn man morgen in Ihrem Garten eine Trafostation bauen würde – notabene ohne Entschädigung? Und wenn Sie dann wegen Missachtung Ihres Eigentums reklamierten, hiesse es: Dann verkauf doch einfach das Grundstück! Nein, so kann man mit Privateigentum nicht umspringen. Ausserdem stimmt dies nicht im Hinblick auf nichtkotierte Unternehmen. Die Aktionäre können hier in der Regel ihre Beteiligungen nicht einfach verkaufen, weil es keinen Markt dafür gibt.

Früher waren Sie mit Financier Martin Ebner ein innovatives Gespann. Sie lancierten Finanzprodukte, forderten kleine Verwaltungsräte, pochten auf Leistungslöhne. Bei der Pharma Vision bezogen Sie als VR ein Honorar von zwei Millionen Franken – damit haben Sie die Riesensaläre hierzulande erst salonfähig gemacht.
Die VR-Entschädigungen wurden in diesem Fall an die Performance, also an die Leistung, gekoppelt. Das System wurde von der Generalversammlung einstimmig genehmigt. Jeder Investor, der das Geld bei der Pharma Vision anlegte, kannte dieses Entschädigungssystem. Am Anfang bei der guten Performance waren die Bezüge des VR tatsächlich sehr hoch, später gab es wegen fehlender Performance jahrelang kein Honorar mehr. Das ist richtig so.

Ihre hoch bezahlte VR-Leistung war bescheiden, im Portfolio der Pharma Vision lagen fast nur Roche-Papiere.
Wenn das so einfach war, weshalb haben Sie dann nicht in Roche-Aktien investiert? Unsere Leistung bestand darin, damals den Mut zu haben, uns auf Roche zu konzentrieren und nicht auf 100 verschiedene Titel. Unser Erfolgsrezept lautete: Eine Auswahl treffen, Konzentration auf das Beste. Es kommt auf die Leistung an, nicht auf den damit verbundenen Aufwand.

Ihr Verhältnis zur grössten Schweizer Bank UBS war Zyklen unterworfen: Bei der Übernahme der Ems griff Ihnen die SBG mit einem Millionenkredit unter die Arme, später wurden Sie aus dem VR geworfen. Wo stehen wir heute?
Die Bankgesellschaft hat mich einst in den VR geholt, weil man einen Unternehmer suchte. Ich hielt damals in einem Brief zwei Punkte fest: Erstens ist die Ems frei im Gestalten ihrer Geschäftsbeziehungen, zweitens lasse ich mir keine politische Instruktionen geben. Der damalige VR-Präsident Robert Holzach antwortete mir, dass diese zwei Bedinungen selbstverständlich gälten. Vor der EWR-Abstimmung gab es Widerstand im VR. Man verlangte von mir ein Bekenntnis zum EU-Beitritt, was ich ablehnte. Darum wurde ich rausgeworfen. Im Übrigen war ein EWR-Nein im ureigenen Interesse der Bank, was die Banker leider erst heute einsehen.

Und wie ist das Verhältnis heute?
Ach, ich habe diese doch eher humorvolle Episode längst abgebucht. Auch mit der späteren UBS hatte ich nie ein schlechtes Verhältnis. Unterdessen wissen alle: Ein unabhängiger Finanzplatz verdient mehr Vertrauen als einer in der EU. Unterdessen bitten mich Bank- und Wirtschaftsvertreter, doch ja dafür zu sorgen, dass die Schweiz nicht der EU beitritt.

Könnten Sie einem Unternehmer raten, in den Bundesrat einzutreten?
Wenn er auf Prestige oder hohen Verdienst aus ist, rate ich dringend ab. Wenn er bereit ist, in der Regierung unternehmerische Grundsätze einzubringen, sich für die Schweiz einzusetzen und all die Anfeindungen in Kauf zu nehmen, dann rate ich ihm dies sehr.

1989 sagten Sie zur BILANZ: “Ich bin lieber in Ems der erste als in Bern einer von sieben.” Das gilt heute nicht mehr?
Doch. Ich ging nicht in den Bundesrat, um mich zu amüsieren, sondern um etwas zu bewegen. Das ging im Unternehmen EMS einfacher als im Bundesrat.

Ist alles nur Last?
Nein! Nehmen wir ein extremes Beispiel: In den Krieg zu ziehen, ist eine schwere Last. Bei mir würde es eine Riesenangst auslösen, aber wenn die Pflicht ruft, gibt man dem Ross die Sporen und zieht freudig los. So ist es auch im Bundesrat.

Tönt nicht sehr begeistert.
Als Unternehmer kann man leichter führen, hat mehr Handlungsfreiheit, kürzere Entscheidungswege. Im Bundesrat bestimmen Sieben, mit ganz verschiedenen Auffassungen. Oft ist man allein gegen Sechs, dann aber auch wieder erfolgreich.

Wir haben nach Ihrer Bundesrats-Wahl die bürgerliche Revolution erwartet.
Eine Revolution in der Schweiz – das ist zum Glück Unsinn. Was ist Anfang 2004 passiert? Von sieben Bundesräten blieben fünf im Amt, zwei neue kamen hinzu – Hans-Rudolf Merz und ich. Insgesamt also nur eine kleine Verschiebung. Immerhin nehme ich in Anspruch, dass der Bundesrat in den letzten vier Jahren weniger Dummheiten begangen als früher. Es gab keinen Fall Swissair, keine Geldverschleuderung namens Expo, auch der Eircom-Kauf durch die Swisscom wurde im letzten Moment gestoppt. Damit verhinderte der Bundesrat einen zweiten Fall Swissair!

Wenn man Sie an Ihren eigenen Zielen misst – Senkung der Staatsquote, Senkung der Steuerbelastung, Abbau der Bürokratie -, muss man konstatieren: Aufgabe nicht erfüllt.
Ich kann mich nur an Zielen messen, die ich allein erreichen kann. Tatsächlich nahm sich der Bundesrat vor, die Ausgaben um 20 Prozent zu senken, daraus ist nichts geworden. Weil der politische Wille fehlt.

2006 kamen 5596 neue Gesetzesseiten dazu. Wer stoppt diesen Wahnsinn?
Ich gebe Ihnen Recht, nach wie vor wird reguliert statt dereguliert. Der Drang zur Regulierung ist enorm, von allen Seiten, vor allem vom Parlament.

Immerhin sitzen im Bundesrat vier Bürgerliche: zwei von der FDP, der Wirtschaftspartei, zwei von der SVP, die stets von Steuersenkungen redet. Haben Sie zuwenig Durchsetzungsvermögen?
Ich kann wegen dem Kollegialitätsprinzip nicht aus der Schule plaudern, aber die Parteifarben werden überschätzt. Im Bundesrat liegen die Mehrheiten oft ganz anders. Abstrakt wird jeder sagen: Klar bin ich für einen Bürokratie-Abbau. Aber im Einzelfall wird es unangenehm. Die Reduktion der Kosten von 20 Prozent ist möglich, aber wo kein Wille, da kein Weg. In meinem Departement haben wir die Kosten um 22 Prozent gesenkt, ohne soziale Härte, ohne Leistungsabbau.

Müssen Sie sich bei diesem mageren Gesamtergebnis nicht fragen, ob Sie in der Opposition nicht effizienter wären?
Ich ziehe jedes Jahr Bilanz. Heute glaube ich im Bundesrat mehr zu erreichen als in der Opposition. Und ich habe bislang mehr erreicht, als ich anfänglich dachte. So gelang es, bei gesellschaftlichen Problemen mehr Transparenz herzustellen. Heute redet man offen über Sozial- oder über Asylmissbrauch. Das Aufdecken von Problemen ist der schwierige Anfang. Ich denke auch an die Ausländer- und Jugendkriminalität. Und wenn sogar die Sozialdemokraten aufs Rütli wollen, zeigt das doch, dass sich etwas in diesem Land bewegt.

Die Steuerbelastung steigt weiter.
Immerhin hat dieser Bundesrat in dieser Legislatur keine Steuererhöhungen beschlossen. Zudem konstatiere ich einen leisen Mentalitätswandel.

Haben Sie Beispiele?
Etwa im Verhältnis zur EU. Der Bundesrat hat das Ziel eines Beitritts aufgegeben, das ist auch ein Signal an die Verwaltung. Dann haben wir beschlossen, keine Verträge mehr abzuschliessen, die unseren Handlungsspielraum einengen. Das ist eine Abkehr von der EU-Euphorie der Neunziger Jahre. Entscheidend für die Wirtschaft.

Wie viele der 36 000 Bundesbeamten haben das neue Denken internalisiert?
Noch nicht viele, das dauert ziemlich lange. Für gewisse Chefbeamte und Politiker ist der EU-Beitritt immer noch verlockend.

Um wie viel kann man den Staatshaushalt ohne Leistungseinbusse straffen?
Als ich noch in der Opposition war, schätzte ich den Anteil auf 30 Prozent. Das kann ich als Bundesrat bekräftigen. Wenn wir zusätzlich Aufgaben streichen oder auslagern, sind es noch mehr – gegen 50 Prozent. Das System in Bern funktioniert so: Neue Aufgaben = mehr Leute + mehr Geld. Wenn Sie das Geld entziehen, gehen die Ausgaben zurück. Wenn Sie mehr Geld geben, gilt das Gegenteil.

Wann schafft dieser Bundesrat die Trendwende?
Am Anfang gab es Ansätze, jetzt unterliegen wir dem Fluch der grossen Steuereinnahmen, womit jeder Reformansatz erlahmt. Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe guter Tage…

Welche Aktivitäten sind überflüssig?
Das ist die falsche Frage. Man muss zuerst die Steuereinnahmen reduzieren, dann muss man sich fragen: Was machen wir mit dieser Summe? Dann werden die Aufgaben – wie in der Wirtschaft – priorisiert. Aber eben, wenn die Steuern sprudeln, gibt es keinen Sparwillen.

Das gilt auch für die Landwirtschaft, wo jeder Bauernhof mit 60 000 Franken subventioniert wird. Wie gross ist hier das Sparpotential? Wieviele Bauernbetriebe braucht es? 20 000?
Wieder eine falsche Fragestellung. Wer Land besitzt, dem müssen wir die minimale Bewirtschaftung ermöglichen, sonst wird er das Land nicht bestellen. Den Rest soll der Markt entscheiden. Aber das ist eben nicht politischer Konsens.

Und weshalb passiert hier nichts?
Wir leben zum Glück in einer Demokratie, da gibt es keine Diktatoren, da hat jeder seine Vorstellungen und Wünsche. Dass die Landwirtschaft nicht der Marktwirtschaft unterstellt wird, widerspricht übrigens nicht meinen Grundsätzen. Es gibt in einem Staat gewisse Aufgaben, die man nicht der freien Marktwirtschaft aussetzen kann. Dazu gehört die Bewirtschaftung des Landes. Wer darauf verzichten will, kann die Landwirtschaft sterben lassen!

Täuscht der Eindruck, dass Christoph Blocher dann am stärksten, wenn von links auf ihn eingeprügelt wird?
Ich bin kein Masochist, wenn Sie das meinen. Aber die Auseinandersetzung bietet die Möglichkeit, Leute mit einer Frage zu konfrontieren. Und wo ich Mängel oder Handlungsbedarf sehe, trete ich an. Führen heisst nicht nur nett sein, sondern Vorbild sein, nach Lösungen suchen. Und ich gebe gerne zu: Manchmal muss ich mich aufraffen, manchmal tut es mir sogar leid, wenn ich die Arbeit der vereinigten Verwaltungsräte und Topmanager, die eigentlich auf meiner Seite stehen, regeln muss. Aber ich mache diese Gesetzesrevision nicht, weil ich diese Leute hasse. Es ist doch nur menschlich: Wenn eine Kasse offen herumliegt, nimmt einer erfahrungsgemäss relativ viel raus – mir ginge es doch nicht anders (lacht).

Sie sind seit vier Jahren im Justizdepartement, das als eher unbedeutend gilt.
Das haben alle gesagt, ja. Mir wirft man jetzt aber plötzlich vor, ich würde das Schlüsseldepartement leiten.

Wohin treiben Sie Ihre Ambitionen noch? Ins Reich von Infrastrukturminister Leuenberger?
Ich kann mir alles vorstellen: das Finanzministerium oder auch das schwierigste Departement, das Sozialdepartement von Pascal Couchepin. Man könnte sich verbeissen und bei AHV und IV nach Lösungen suchen. Von meinem Alter her wäre das perfekt, denn nach dieser Herkules-Aufgabe wäre man ja wohl ausgebrannt!

Keine dritte Karriere in der Privatwirtschaft, zum Beispiel als Chef einer Private-Equity-Gesellschaft?
Davon verstünde ich zuwenig. Hätte ich die Wahl, würde ich einen Industriebetrieb kaufen. Im Herzen bin ich ein Industrieller, kein Financier.

Im Buch “Das Blocher-Prinzip” lesen wir: “Die Last ertragen ist ein Lebensprinzip”. Oder: “Ich bin nie zufrieden mit meiner Leistung”. Das tönt nicht grad nach einem Bundesrat, der eine Unternehmerkarriere hinter sich hat, sondern nach dem Leiden des Moritz Leuenberger.
Ich glaube nicht, dass Moritz Leuenberger mit seiner Leistung unzufrieden ist. Vielleicht ist es eine Déformation professionnelle, dass man immer – auch im Erfolg – sieht, was man hätte besser machen können. Ich kenne keinen tüchtigen Unternehmer, der nicht diese Haltung hat. Wer diesen Drang nicht spürt, wird als Unternehmer scheitern.

Als Unternehmer litten Sie an Schlafstörungen, nachts standen Sie im Garten und wälzten Probleme. Und heute?
Tue ich das immer noch, allerdings geniesse ich dabei auch die Ruhe. Die Last ist auch Teil des Lebensinhaltes.

Wie hält sich ein 67jähriger fit?
Seit 40 Jahren täglich mit Sport. Ich laufe frühmorgens entweder 6,5 Kilometer, oder ich schwimme.

Was war heute das Programm?
Ab 5 Uhr 30 schwamm ich 500 Meter.

Man hört, Sie hätten sich in jüngster Zeit mit Ihrem Handy angefreundet und würden sogar SMS verschicken.
Stimmt. Das Senden von SMS ist mein grosser Technologieschritt. Heute sind es pro Tag vier bis fünf Stück. Meine Sekretärin sendet mir jeweils ein SMS, wenn ich zurückrufen soll. Oder wenn sie mir einen Fax zuschickt. Mit E-Mails will ich mich nicht mehr anfreunden. Wenn ich sehe, welcher Wortschwall sich in diesen Mails aufbaut, ist für mich klar: viel Zeitverschwendung.

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