Es geht aufwärts und vorwärts – die erfolgreiche Beziehung zwischen der Schweiz und Russland

Referat von Bundesrat Christoph Blocher am Russian Economic and Financial Forum, 18. März 2007, in Zürich

18.03.2007, Zürich

Zürich. Zur Eröffnung des Russian Economic and Financial Forums würdigte Bundesrat Christoph Blocher die wachsenden Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Russland und betonte die Wichtigkeit, die Wirtschaftsbeziehungen zu vereinfachen.

Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.

Noch vor 10 Jahren galt Russland für den Westen als beinahe hoffnungsloser Sanierungsfall. Was ist heute? Heute ist Russland wieder eine Weltmacht. Dies ist einerseits auf die enormen innenpolitischen Veränderungen zurückzuführen, andererseits aber auch mit der Bedeutung Russlands als Energieversorger.

Die neue alte Weltmacht

Nach Saudi-Arabien exportiert Russland zurzeit das meiste Erdöl.

Russland verfügt über die weltweit grössten Erdgasreserven.

Die russische Wirtschaft wächst ungebrochen: Seit 1999 durchschnittlich um mehr als sechs Prozent im Jahr.

Im Jahre 2001 exportierte die Schweiz für 108 Milliarden Waren und Dienstleistungen ins Ausland. Die Schweiz lag noch 2001 auf Rang 17 der grössten Exportnationen. Im gleichen Jahr beliefen sich Russlands Exporte auf lediglich 103 Milliarden. Die Exporte des mächtigen Russland waren also kleiner als die der Schweiz.

Ganz anders ist die Situation 2005: Obwohl die Schweiz die Exporte von 108 Milliarden auf 151 Milliarden gesteigert hat, wurde sie von Russland überholt: Russland steigerte sich von 103 auf 243 Milliarden Dollar!

Man wird relativierend einwenden: Der Erdölpreis habe sich verdoppelt. Aber diese Relativierung relativiert sich wiederum selber: Denn die 243 Milliarden Dollar Exporterlöse bleiben 243 Milliarden. Und diese Milliarden wollen investiert werden.

Rasant wachsende Handelsbeziehungen

Heute steht Russland mit prallgefüllten Staatskassen da: Rund 250 Milliarden Dollar an Devisen- und Goldreserven. Wie erwähnt: Dieses Geld will investiert werden. In die heimische Infrastruktur oder in ausländische Industrien oder in Geldanlagen.

Kein Wunder, dass die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Russland wachsen. Ähnlich erfreulich ist das wachsende Investitionsvolumen auf beiden Seiten. Umso wichtiger ist es, die Wirtschaftsbeziehungen zu vereinfachen. Dafür haben die Schweiz und Russland letztes Jahr Freihandelsgespräche vereinbart.

Migration

Die Waren und der Handel sind das eine. Als Justizminister bin ich namentlich für die Migration in die Schweiz zuständig. Hier knüpfen die beiden Länder an Beziehungen an, die weit vor die sowjetischen Zeiten zurückreichen.

Ab dem 15. Jahrhundert wanderten besonders viele Schweizer Architekten und Militärs nach Russland aus. Einer der bekanntesten Schweizer Architekten in Russland war Domenico Trezzini. Er entwarf die Pläne für die Peter-und-Paul-Festung in St. Petersburg!

Ab dem 18. Jahrhundert haben sich dann vermehrt auch Schweizer Wissenschafter in Russland niedergelassen, darunter der Mathematiker Leonard Euler, der 1727 an die Universität St. Petersburg berufen wurde.

Umgekehrt kamen um 1900 viele russische Studenten in die Schweiz; besonders junge Frauen, denen ein Studium in ihrem Heimatland damals noch verwehrt war. An der medizinischen Fakultät der Universität Genf verzeichnete man im Wintersemester 1911/12 659 Studierende, davon 408 Russen (zu drei Vierteln Frauen), 73 Bulgaren und nur gerade 88 Schweizer.

Natürlich erinnern wir uns hier in Zürich auch an den Schweizer Aufenthalt Lenins. So kommt es, dass mir ein russischer Minister kürzlich zurief: “Hätte die Schweiz Lenin damals kein Asyl gewährt, wäre die Revolution ausgeblieben.” Ich schob die Verantwortung – wie das unter Staaten üblich ist – weiter und antwortete ihm: “Nein, es waren die Deutschen. Sie haben Lenin eigenhändig wieder in Russland eingeschleust.” Zugegeben: Es wäre wohl für alle besser gewesen, wenn Lenin in der beschaulichen Limmatstadt Zürich geblieben wäre und ein beschauliches Leben zu Ende geführt hätte.

Neue Abkommen in Sicht

Heute haben wir es mit anderen Migrationsverhältnissen zu tun. Ab 2008 tritt bei uns ein neues Ausländergesetz in Kraft. Russische Staatsangehörige, welche in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen, benötigen eine Bewilligung. Die Bewilligung hängt vom Interesse der Gesamtwirtschaft und den Chancen der nachhaltigen Integration auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt ab.

Wir beabsichtigen aber, mit einem Visumabkommen die Reisetätigkeit zwischen unseren beiden Ländern zu vereinfachen. Ziel eines solchen Abkommens ist die gegenseitige Erleichterung der Visumausstellung. Bei einem Kurzaufenthalt bis zu 90 Tagen soll die Erleichterung erfolgen. So wie dies Russland mit der Europäischen Union auch vereinbart hat.

Demnach gelten Visumerleichterungen beispielsweise für Mitglieder von offiziellen Delegationen, welche für Meetings, oder Verhandlungen in die Schweiz reisen. Insbesondere kommen aber auch Geschäftsleute wie Sie in den Genuss von Visumerleichterungen.

Die baldige Zugehörigkeit der Schweiz zum Schengen-Raum wird in Zukunft Ihre Geschäfts- oder Privatreisen in die Schweiz zusätzlich erleichtern. Dadurch wird nämlich eine doppelte Visumbeantragung für russische Reisende nach Europa entfallen.

Sie sehen: Die wirtschaftlichen und menschlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Russland sind auf bestem Weg. Schauen wir, jeder an seinem Ort, dass wir diese erfolgreiche Beziehung fortführen und verstärken können.

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