Wettbewerbsfähigkeit – ein Anliegen guter Unternehmer und guter Politiker

Vortrag, gehalten von Bundesrat Blocher anlässlich der Esprix-Preisverleihung vom 24. Februar 2005 im KKL Luzern

24.02.2005, Luzern

Es gilt das gesprochene Wort

Meine Damen und Herren

Soeben haben wir Preise verliehen. Preise für eine hervorragende Leistung. Das Hervorragende, das über den Durchschnitt hinausragende, macht das Wesen des Wettbewerbes aus. Wer hervorragt, gewinnt. Doch wie steht der Mensch persönlich zum Wettbewerb?

Machen wir uns nichts vor:

1. Einleitung

Niemand setzt sich gerne dem Wettbewerb aus. Denn Wettbewerb heisst Konkurrenz, und das riecht nach Anstrengung, mehr Leistung, höherem Innovationsdruck und darüber hinaus droht immer das Schicksal, gleichwohl vom Rivalen überholt, ja gar aus dem Rennen geworfen zu werden. Neben diesem düsteren Befund ist uns allerdings eine zweite Erkenntnis bewusst: Jeder profitiert in sämtlichen Lebenslagen vom Wettbewerb. Darum wollen alle möglichst viel Wettbewerb – aber nur beim andern… Als Kunde bekomme ich dank Wettbewerb qualitativ bessere und günstigere Produkte oder Dienstleistungen – und zwar in einer Vielzahl und in einer Verschiedenartigkeit, die sich ein Einzelner nicht ausdenken könnte.

Der ganze technische Fortschritt auf der Basis unserer Wettbewerbsgesellschaft bescherte uns ein Leben voller Vorzüge und Möglichkeiten wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Weil wir aus dieser Fülle von Angeboten auswählen können, haben wir die Möglichkeit das Bessere, ja sogar das Beste zu erweben.

Sie alle, die Sie nominiert wurden für den Esprix 2005, und ich denke, auch die Mehrheit hier im Publikum, wissen um die kreative Kraft des Wettbewerbs. Wer heute prämiert wurde, ist ein Ausgezeichneter. Eben darum nennt sich diese Veranstaltung ein “Forum für Excellence”. Exzellent meint eben herausragend. Wenn jeder ausgezeichnet würde, verlöre dieser Preis umgehend seine Bedeutung.

Doch Preisverleihungen verströmen immer einen Beigeschmack. Schliesslich sitzt eine Jury zusammen und die Kriterien der Vergabe scheinen manchmal etwas schwer nachvollziehbar zu sein. Die Frage muss man sich ernsthaft stellen: Ist diese Jury überhaupt entscheidend, um eine “Exzellenz” auszumachen? Wer ist “exzellent”, herausragend? Im freien Markt sind es nie ein paar wenige, die das bestimmen, sondern die Kunden – täglich, dauernd, unermüdlich. Die beste, weil unbestechlichste Jury war und ist stets der freie Markt. Und damit ist nichts Abstraktes gemeint, sondern die Summe aller Konsumentinnen und Kunden. Es ist gleichsam eine Publikumsbefragung. Wer in diesem Umfeld erfolgreich agiert, verdient unsere ungeteilte Anerkennung. In diesem Sinne sind heute im Kunst- und Kongresszentrum in Luzern tatsächlich eine Vielzahl von Preisträgern versammelt. Nämlich alle Unternehmer und Mitarbeiter von Unternehmen, die sich jeden Tag erfolgreich dem freien Wettbewerb stellen. Und weil wir wissen, dass nur der Wettbewerb Wohlstand und Arbeitsplätze sichern kann, ist es ein primäres Anliegen, dass der Staat dafür sorgt, dass die Unternehmen sich frei entfalten können.

2. Plädoyer für den Wettbewerb

Ich will Ihnen heute ein paar Gedanken zum Thema Politik und Wettbewerb näher bringen. Und zwar aus der Sicht einer Person, die sich dreissig Jahre parallel in der Politik und in der Wirtschaft -als Unternehmer in einem weltweiten Wettbewerb – bewegt hat und durchaus ihre einschlägigen Erfahrungen sammelte mit den Prinzipien des funktionierenden oder eben eingeschränkten Wettbewerbs.

Wie alle Menschen ruft auch kein Unternehmen freiwillig und freudig nach mehr Wettbewerb. Im Gegenteil, einige Unternehmer wollen sich die Konkurrenz vom Halse halten, geschweige denn fördern. Es ist sogar so, dass ein Unternehmen, wenn es seine Arbeit ernst nimmt, nach einer Monopolstellung strebt. Es gibt Unternehmen, die diese Position erreichen. Doch haben wir es mit einem Monopol auf Zeit zu tun und im Gegensatz zu staatlichen Monopolen besteht die Möglichkeit für andere, diese Vorrangstellung streitig zu machen und in letzter Konsequenz den Monopolisten abzulösen. Der deutsche Nationalökonom Wilhelm Röpke warnte vor einer möglichen Verwechslung: “Ein Vorsprung berechtigt uns nicht, von einem Monopol zu sprechen, sofern er nur vorübergehend ist und jeder Nachfolgende dem Vorauseilenden dicht auf den Fersen bleiben kann.” Ein einmal erreichtes Monopol kann sogar träge machen. Denken Sie an die damalige Uhrenindustrie, die sich in einem geschützten Markt glaubte und über diesem Irrtum unter ging. Ich könnte Ihnen eine Vielzahl anderer berüchtigter Beispiele nennen, wo ein Unternehmen durch eine Erfindung über lange Zeit scheinbar ewige Gewinne einfuhr, also gleichsam von den Dividenden seiner kreativen Vorgänger lebte und darob die Weiterentwicklung verschlief und sich plötzlich überrundet sah. Dieses Schicksal kann leider einen Staat und seine Einrichtungen nicht ereilen. Er kann die Weiterentwicklung glückselig verschlafen – denn die Folgen tragen nicht die Verantwortlichen. Wenn es sie überhaupt gibt. Weil in diesem Geflecht letztlich alle Verantwortung tragen müssten, läuft es am Ende stets darauf hinaus, dass keiner Verantwortung übernimmt: Denn die Verantwortung ist unteilbar. Darin liegt die Krux der staatlichen Institutionen. Insbesondere in der Konkordanz. Bezahlen muss schliesslich der Bürger. Und zwar jeder Einzelne. Weil er in einem überschuldeten, aufgeblasenen Staatsgebilde leben muss, das seine Misserfolge mit neuen Steuern und Abgaben schönfinanziert und damit die Bürger für sein Versagen büssen lässt.

3. Lob dem Herausragenden

“Wettbewerb ist immer ein Prozess, in dem eine kleine Gruppe eine grössere dazu zwingt, etwas zu tun, was ihr nicht gefällt; sei es, härter zu arbeiten, Gewohnheiten zu ändern oder ihrer Arbeit einen Grad an Aufmerksamkeit. zu widmen, der ohne Wettbewerb nicht nötig wäre.” (Friedrich August von Hayek). Wenn wir diesen Gedanken weiterspinnen, ist es nicht verwunderlich, dass die bedrängte Mehrheit diese herausfordernde Minderheit in die Schranken weisen will. Das geschieht häufiger und versteckter als man vermuten würde. Denken sie an die Gewerkschaften, aber vor allem an die Politik. Wie schnell wird einem Exponenten, der etwas aus dem Rahmen fällt, die Flügel gestutzt. Sie kennen die faden Begründungen: “Er ist ja allein mit seiner Auffassung.” “Alle anderen sind dafür, nur er ist dagegen.” “Er meint, er könne es besser als die anderen.” So werden alle, die ihren Kopf über das Mittelmass hinausstrecken, sofort um denselben gekürzt. Der Kampf für das Bessere ist darum immer auch eine Schlacht für die Freiheit.

4. Harmonisierung

Ein umso gefährlicherer Begriff, weil er über eine vordergründig positive Ausstrahlung verfügt, ist die “Harmonisierung”. (Gelegentlich tarnt sich die “Harmonisierung” auch als “Integration”, die in ihrer Konsequenz aber auf das Gleiche hinausläuft.) Harmonisierung erschwert das Vergleichen, denn eine harmonisierte Welt ist gleichgeschaltet und nivelliert. Wer nichts anderes kennt, kann schwerlich nach Alternativen verlangen. In einer harmonisierten Welt – so wunderbar dieses Projekt in der Theorie klingen mag – fehlen die Ausweichmöglichkeiten für Bürger. Wer den Wettbewerb in der Politik einschränkt – und sei es auch nur zur Harmonisierung – liefert Minderheiten schutzlos der jeweiligen Mehrheit aus. Auf dem Spiel stehen allerdings nicht nur die Ausweichmöglichkeiten der Minderheiten, sondern auch die Vergleichsmöglichkeiten der Mehrheit. Was nichts anderes heisst, als dass der freie Wettbewerb ausgeschaltet wird, denn nur er kann Vergleichsmöglichkeiten schaffen.

Das gilt insbesondere auch für die steuerliche Harmonisierung. Auf den ersten Blick mag es unfair erscheinen, dass jemand in einer anderen Gemeinde und einem anderen Kanton günstigere oder höhere Steuern bezahlen muss. Nur wird hier einmal mehr die verhängnisvolle Sehnsucht nach Gleichheit sichtbar. In der Steuerpolitik ist es jedenfalls so, dass Gemeinden und Kantone einem weit stärkeren Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind als etwa Bern mit seinen Bundessteuern für natürliche Personen. Und zwar deshalb, weil die Gemeinden und Kantone dem Wettbewerbsföderalismus unterstehen. Menschen stimmen nicht nur mit dem Wahlzettel ab, sondern mit ihren Füssen: Sie verlagern ganz einfach ihren Wohn- bzw. Unternehmenssitz – was man ihnen nicht verübeln darf. Ich teile die Auffassung gewisser wirtschaftlicher Think Tanks keineswegs, man sollte im Sinne der Effizienz, den Föderalismus abschaffen. Gewiss: Es gäbe dann nicht mehr unterschiedliche Steuersätze, aber es würden dann alle gleich viel, was in der Realität heisst: viel mehr bezahlen.

Nicht nur die Marktwirtschaft, sondern auch die Demokratie muss eine Staatsform der Alternativen sein, sonst macht sie keinen Sinn. Eine Wahl allein genügt nicht. Jede Wahl muss eine Auswahl beinhalten. Die Schweiz kann sich glücklich schätzen mit ihren direktdemokratischen Rechten. So findet auch in Sachfragen ein Ideen- und Argumentenwettstreit statt, der gerade in einer Konkordanzdemokratie dringend nötig ist. Dazu braucht es allerdings eine freiheitliche Gesinnung. Die Mehrheit darf die Minderheitsmeinung nicht einfach verbieten oder nicht zu Wort kommen lassen oder sie moralisch abqualifizieren!

5. . oder der Sozialismus auf Samtpfoten

Ob “soziale Gerechtigkeit”, “Service public”, “Chancengleichheit”, “Harmonisierung” oder “soziale Marktwirtschaft”: All diesen schönen Begriffen liegen sozialistische Vorstellungen zugrunde – unabhängig davon, ob der Einzelne darin den Sozialismus erkennt oder nicht. Und es ist erstaunlich und beängstigend zugleich, wie sich dieser Tarnsozialismus bis weit ins bürgerliche Lager hinein ausbreiten konnte. Dabei gäbe es alarmierende Anzeichen genug: 1985 betrugen die Gesamtausgaben des Bundes 23,57 Milliarden. Im Jahre 2003 befinden wir uns bei 50 Milliarden. Den konsequenten Ausbau zum Sozialstaat lässt sich im Bereich “Soziale Wohlfahrt” am Deutlichsten ablesen. Dieser stieg zwischen 1985 und 2004 von 5 auf 13,4 Milliarden Franken. Der Sozialstaat verschlingt heute etwa einen Viertel des gesamten Budgets. Gemessen am volkswirtschaftlichen Ertrag (BIP) hat sich die Sozialausgabenquote von 19,3 (1990) auf 28,8 (2002) erhöht. Wachstumsraten, die weit über jenen der Wirtschaft mitsamt der Teuerung liegen. Wer angesichts dieser Zahlen von “Sozialabbau” spricht, hat jeden Bezug zur Realität verloren. Der Staat hat sich in den letzten fünfzehn, zwanzig Jahren massiv ausgeweitet. Dieser Staat ist nicht gratis: Er fordert Prämien, Gebühren, Steuern. Er hat eine gewaltige Umverteilungsmaschine eingerichtet. Er reguliert. Er schränkt ein. Er zerstört Freiheit. Er verunmöglicht Wettbewerb. Dieser Staat ist längst nicht mehr sozial. Sozial sind die gewinnbringenden Unternehmer, die sich dem Wettbewerb stellen und Arbeitplätze schaffen und erhalten

6. Der Staat hat seinen Preis

Der Wettbewerb ist der Schweiz so wichtig, dass sie eine Kommission eingesetzt hat, die Wettbewerbskommission, auch bekannt unter dem Kürzel Weko. Dazu kommt die Einrichtung des Preisüberwachers, der in letzten Jahren jeweils ein Vertreter der SP vorgestanden ist, einer Partei also, die man nicht als übertrieben marktfreundlich bezeichnen könnte.

Immerhin wartete der designierte Preisüberwacher Rudolf Strahm mit einer – wenigstens für ihn – überraschenden Einsicht auf: Der Staat funktioniere als Preistreiber, wenn auch “meist unbewusst”, wie der staatlich besoldete Preisüberwacher zu beruhigen versuchte. In der Tat. Es sind gerade staatliche Dienstleistungen bzw. staatliche Dienstleister (“Service public”!), die für ein überdurchschnittliches Kostenwachstum sorgten. Ob Bahn oder andere Transporte, ob Fernsehgebühren oder Flughafentaxen, ob Wasser oder Kehricht, es wird kräftig aufgeschlagen. Heute nehmen Bund, Kantone und Gemeinden jährlich rund 23 Milliarden Franken an Gebühren ein. Allein die Gemeinden haben seit 1990 ihre Gebühren um 80 Prozent erhöht. Ganz “unbewusst” wie Rudolf Strahm vermutet? Immerhin lassen sich bei den Gebühren erstaunliche regionale Unterschiede ausmachen, die sich so keiner erklären kann. Tröstlich für den Bürger ist, dass es überhaupt zu solchen Vergleichsmöglichkeiten kommt. Dem Föderalismus sei Dank. Nur dieser schafft Transparenz. Nur dieser erlaubt Ausweichmöglichkeiten. Nur durch föderalistische Unterschiede entsteht in staatlichen Einheiten so etwas wie Wettbewerbsdruck.

Stellen Sie sich nun eine durchharmonisierte Schweiz vor, wie sie sich die meisten Politiker erträumen. In einer “harmonischen” Schweiz würde einem Preisüberwacher diese Preisdifferenzen gar nicht auffallen. Denn es gäbe keine Differenzen mehr. Sondern einen zentralistisch definierten Einheitspreis. Denken Sie daran, wenn nächstes Mal wieder jemand über den Föderalismus schimpft.

7. Wettbewerbsföderalismus statt falscher Konsens

Der Föderalismus garantiert die Rivalität zwischen politischen Einheiten mit dem Ergebnis, dass möglichst hohe Lebensqualität durch möglichst wenig Steuermittel geschaffen wird. Die Schweiz muss ihren Wettbewerbsföderalismus nicht abbauen, sondern stärken, was nur auf kantonaler und kommunaler Ebene geschehen kann. Darum: Möglichst wenig staatliche Lenkung, möglichst wenig Staat auf nationaler Ebene. Dafür weitgehende Autonomie in Finanz- und Steuerfragen für die Kantone und Gemeinden. Das heisst aber auch, dass es keine Gleichheit der Lebensbedingungen geben kann. Wer diese Illusion auf Kosten des Föderalismus und des Wettbewerbs anstrebt, gefährdet insgesamt den Wohlstand, beschneidet unnötig Freiheiten und schwächt die Eigenverantwortung.

Eine der Hauptaufgaben des Wettbewerbs besteht darin, falsche Pläne und Wege aufzuzeigen. “Der Wettbewerb ist ein Entdeckungsverfahren., das den Menschen dazu brachte, unwissentlich auf neuartige Situationen zu reagieren.” (Friedrich August Hayek) Nicht Übereinstimmung, sondern Wettbewerb bringt eine Gesellschaft weiter. Nur in einem möglichst grossen Freiraum kann ein Land und seine Bürger auf die Herausforderungen der Zeit reagieren oder noch besser eigenständig vorangehen. Die Übereinstimmung, der Konsens, klingt zwar wohlig nach Familienglück und Kaminfeuer – doch lauert hinter jedem Konsens ein fauler Kompromiss. Die Gewährung von Freiheit ist eine primäre Forderung der heutigen Zeit. Und hier vor allem: Die Freiheit des Bürgers gegenüber dem Staat!

Machen wir uns ein zweites Mal nichts vor: Heute gilt – selbst in betuchten, selbst in bürgerlichen Kreisen,- in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft das Streben nach Konsens und kollektiver Verantwortung als höchste Daseinsform. Folglich gilt jeder, der dieses Konsensdiktat nicht von vornherein bejubelt, als “gefährlich” oder gar “extremistisch”. Diese verordnete Gesinnung bringt uns nicht voran. Denn Konsens kann genauso gut Kungelei bedeuten. Ein einträchtiges Kollektiv kann genauso gut in Verflechtungen enden, die den Boden bereiten für Vetternwirtschaft und Mauscheleien. Mit Wettbewerb hat dies nichts zu tun!

8. Entflechtung von Staat, Wirtschaft und Verwaltung

Wir haben eine Reihe scheinprivater Betriebe in der Schweiz, die zwar auf dem Papier unabhängig sind, aber entweder dem Staat als Aktionär gehören oder in einem derart regulierten Umfeld handeln müssen, dass wir nicht ernsthaft von Markt oder Wettbewerb reden können. Letzteres gilt für den Gesundheitsmarkt, der diesen Namen eigentlich gar nicht verdient. Wir haben im Weiteren ein Monopolfernsehen, das sich zu 70 Prozent von staatlich sanktionierten Zwangsgebühren alimentieren lässt und ein zweites privates Fernsehen auf Landesebene faktisch verunmöglicht. Unter solchen Voraussetzungen kann bei SF DRS keiner aufrichtig von journalistischer Unabhängigkeit mehr sprechen. Dazu kommen noch weitere Unternehmen, die bloss dem Namen nach eigenständig agieren. Denken Sie an die Swiss, die Osec, den Flughafen Zürich, die Skyguide usw. usf. In den genannten Bereichen findet praktisch kein Wettbewerb statt – entsprechend teuer kommen diese Leistungen dem Steuer- und Gebührenzahler zu stehen.

Bei einem Blick ins Sponsorenregister der heutigen Veranstaltung fällt auf, dass mit der Suva ein staatlicher Monopolist aufgeführt ist und mit der Swisscom ein Unternehmen, an welchem der Bund nach wie vor Hauptaktionär ist. Es ist schön, dass sich diese beide Unternehmen engagieren und diesen mit eigenen Worten “Schweizer Qualitätspreis für Wettbewerbsfähigkeit” mitfinanzieren. Darf ich trotzdem anfügen, dass dem Wettbewerb insgesamt eine rigorose Entflechtung dieser beiden Unternehmen vom Staat mehr bringen würde? Das durchzusetzen ist allerdings nicht Aufgabe der Swisscom oder der Suva, sondern der Politik. Es ist auch schön, dass im letzten Jahr ausgerechnet die Suva selbst sich als Preisträgerin des Esprix feiern konnte. Oder anders gesagt: Die Jury hat die Suva ausgezeichnet. Ob die Suva auch den Preis erhielte vom Markt und den Kunden, könnte nur entschieden werden, wenn sie der Konkurrenz ausgesetzt wäre. Doch die Suva kann beruhigt sein, der Bundesrat hat eine Privatisierung abgelehnt.

Erinnern Sie sich noch an die gute alte Service-Public-Zeit? Als es nur eine PTT gab im Lande? Zuständig für Post und Telekommunikation? Wer einen Telefonapparat wollte, durfte ein schickes graues Modell mit runder Wählscheibe nach Hause tragen. Das heisst, er bezahlte viel Geld dafür oder er mietete es für einen stolzen Preis monatlich. Ich erinnere mich an Bekannte, die uns Besucher in verdunkelte Hinterzimmer führten und ein italienisches Telefonmodell zeigten, das sie unter Einsatz ihrer bürgerlichen Freiheitsrechte über die Grenzen geschmuggelt hatten. Vergangene Zeiten. Dank Liberalisierung und Wettbewerb. Studien haben ergeben, dass wir heute durchschnittlich 40 Prozent günstiger telefonieren. 1978 zahlte man noch 9.60 Franken, um in die USA zu telefonieren. Wohlverstanden: 9.60 Fr. pro Minute. Der Vorteil solcher Preise war, das man sich wenigstens auf das Wesentliche im Gespräch konzentrierte. Heute telefonieren Sie am Wochenende für 10 Rappen pro Minute in die Vereinigten Staaten. Mit der Liberalisierung kam der Wettbewerb, mit dem Wettbewerb bessere Produkte und günstigere Tarife.

9. Dienen statt beherrschen

Das schweizerische Erfolgsmodell basierte auf einem massvollen Staat mit freier, prosperierender Wirtschaft. Leider sind wir in den letzten 20 Jahren von diesem Pfad abgekommen! Ganz anders die neuen Mitgliedsstaaten der EU. Sie haben den Sozialismus erlebt. Seit dem Zusammenbruch setzen sie nun konsequent auf eine liberale Marktwirtschaft. Selbst sozialdemokratisch geführte Staaten in Skandinavien oder Deutschland haben liberale Reformprogramme eingeleitet. Nur die Schweiz macht weiter in Richtung Sozialismus. Nirgendwo in der Welt ist die Behördenmacht, die Staatsintervention und die staatliche Reglementierung in den letzten Jahren stärker gewachsen als in der Schweiz. Unsere Staatsquote ist sogar stärker gewachsen als in allen afrikanischen und südamerikanischen Ländern. Sie ist stärker gewachsen als in Kasachstan.

Meine Damen und Herren,

ich meine, die Zeichen der Zeit sollten erkannt werden: Die Politik hat sich in den vergangenen Jahren in einer behaglichen und sicheren Kammer eingerichtet. Jeder Kompromiss wurde mit Geld – also Steuergeldern erkauft. Der gemütliche Konsens brachte aber höhere Abgaben für die Bürger an den Staat und 130 Milliarden Franken Schulden. Der gemütliche Konsens war nicht geeignet, um wirtschaftliche Spitzenleistungen zu beflügeln. Plötzlich stellt die Schweiz fest: Wir hinken in Wachstum und Produktivität hinterher. Das ist alarmierend. Sollten wir nicht handeln? Ich meine – wir sollten. Natürlich können wir zuwarten bis die Folgen (Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Zerfall und Armut) noch drastischer werden. Besser wäre eine rechtzeitige Besinnung: Der Erfolg ist wieder in den Mittelpunkt zu stellen und nicht zu verdammen. Geschäftsleute, Manager, die mit ihrem Unternehmen Geld verdienen, sind sozial und jedenfalls moralisch hochstehender als Politiker, die nonstop von Helfen, Fördern und Geld verteilen reden. Den Sozialarbeiter in Ehren. Tugendhafter als Geschäftsleute ist er deswegen nicht. Ich meine, dass Mut, Bereitschaft zum Risiko, Verantwortung für Erfolg, Durchsetzungsvermögen als schulische Tugenden wieder erkannt werden müssten, wenn wir das Steuer noch drehen wollen. Wir haben zu erkennen, dass das Wuchern des Staats dasLand teuer und unbeweglich gemacht hat, und dabei die Freiheit der Bürger unzulässig einschränkte. Nicht der Interventionismus,nicht der Kollektivismus bringt unsere Welt weiter. Sondern der Kampf um das Bessere. Die Gewissheit, dass der Beste gewinnen muss. Also Wettbewerb. Es wäre schön, wenn die Preisverleihung als EIN Esprit etwas in dieser Richtung bewirken könnte!

Nur der freie Wettbewerb bringt eine Gesellschaft weiter. Denn nur in diesem Freiraum kann eine Minderheit Alternativen entwickeln, aufzeigen und Kraft ihrer Qualität möglicherweise auch durchsetzen. Je weniger Freiheit, desto weniger Raum bleibt, etwas anderes anzustreben als den herrschenden Status quo. Die Feinde der Freiheit – und nichts anderes sind jene Leute, die sich gegen den Wettbewerb und gegen die Konkurrenz aussprechen – tun dies meist nicht aus höheren Motiven, sondern aus Angst vor dem eigenen Versagen. Wer das Leistungsprinzip leugnet, fürchtet sich nur zu oft vor seiner Unfähigkeit. Oder wie es der grosse Ökonom Ludwig von Mises ausdrückte: “Wer seinen Mitmenschen nicht zu dienen in der Lage ist, will sie beherrschen.” Und das einfachste Mittel über die Mitmenschen zu verfügen, liegt in den langen Fluren der Politik und in den Möglichkeiten der staatlichen Verfügungsgewalt. Mit einem Federstrich in der Verwaltung können Sie einen ganzen Wirtschaftszweig lahm legen oder zumindest in einer Art belasten, dass er sich im internationalen Markt nicht mehr behaupten kann. Dieser Federstrich (ein Gesetz, eine neue Vorschrift, eine zusätzliche Abgabe) setzt keine besondere Geistesgabe voraus. Mit der Macht der Behörde ausgestattet, kann das zu verheerenden Auswirkungen führen.

10. Schlusswort

Der amerikanische Präsident George Bush hat in seiner Inaugurationsrede 28 mal von Freedom (Freiheit) gesprochen. Kein schlechter Wert bei einer Redezeit von 20 Minuten. In den Ansprachen schweizerischer Politiker suchen Sie das Wort “Freiheit” meistens vergeblich. Unserem Land, einst als Wiege der Freiheit besungen, scheint das Fundament seines Wohlstandes vergessen gegangen zu sein. Ich bin nicht der Meinung, dass wir die Freiheit gleich zum missionarischen Projekt überhöhen sollten. Aber verschweigen muss man sie auch nicht. Irgendwo zwischen null und 28 Erwähnungen läge ein guter Mittelwert.

Meine Damen und Herren,

So wünsche ich den Preisträgern, aber auch allen anderen hier vertretenen Unternehmen, viel Freiheit, wenig staatliche Eingriffe, tiefe staatliche Abgaben, viel Eigenverantwortung und Eigeninitiative, die Sie dazu bringen, den Kampf im internationalen Wettbewerb zu bestehen und dann wird Ihnen der Publikumspreis sicher sein- meist in der Form eines anständigen Unternehmensgewinnes.

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