Unsere Asylpolitik ist grundsätzlich falsch

Bundesrat Christoph Blocher über sein Modell für eine neue Migrationspolitik und Sparmöglichkeiten im Staatshaushalt

04.04.2004, SonntagsZeitung (Denis von Burg und Andreas Windlinger)

Sie haben angekündigt mit einem eigentlichen Verzichtsprogramm in den Bundesrat zu gehen. Wie soll das aussehen?

Es liegt noch nicht vor. Der Staat sollte grundsätzlich auf Ausgaben verzichten, die nicht der Erfüllung seiner Aufgaben dienen. Ein Beispiel ist der ganze Bereich der Wirtschaftsförderung. Die vom Bund geleisteten Subventionen an Organisationen wie Tourismus- und Hotellerieförderung, Osec, Präsenz Schweiz und so weiter müssten wohl gestrichen werden. Wir brauchen auch keine staatliche Wohnbauförderung. Diese staatliche Hilfe verhindert letztlich den Bau billiger Wohnungen.

Warum?
Wenn der Staat hier subventioniert, haben Privatunternehmer überhaupt keinen Anreiz mehr, billige Wohnungen zu bauen, weil diese Wohnungen immer teurer sind, als die vom Staat subventionierten. Jetzt fördert der Staat zum Beispiel 5000 billige Wohnungen. Es braucht aber vielleicht 30’000. Der günstige private Wohnungsbau hat sich jetzt aber weitgehend zurückgebildet, und die Wohnungen werden teurer.

Sie wollen nur in anderen Departementen sparen.
Nein, ich arbeite auch an einem Modell für eine neue Asylpolitik – in diesem Bereich erfolgen in meinem Departement die grössten Ausgaben. Wir lassen heute 20’000 Menschen ins Land, um dann nach langen und teuren Asylverfahren 1000 Menschen als echte Flüchtlinge zu beherbergen und 19’000 wieder wegzuschicken. Das ist ein grundsätzlich falsches System.

Wie sieht ihre Alternative aus?
Ich habe lediglich erste Vorstellungen: Statt weiterhin alle Gesuche aus der ganzen Welt zu prüfen, könnte man zum Beispiel pro Jahr 3000 echte Flüchtlinge aus Krisengebieten aufnehmen, die dann gezielt auch im Arbeitsmarkt integriert würden – bei Beachtung der Drittstaatenregelung. Ob dies möglich und völkerrechtlich vereinbar wäre, muss geprüft werden.

Das wäre ein radikaler Abbau in der Asylpolitik der Schweiz.
Nein, wir können so unseren humanitären Verpflichtungen effizienter nachkommen. Sie müssen sehen: Heute gibt alleine der Bund jährlich 900 Millionen für die Asylpolitik aus. Wäre es nicht besser, mit weniger Geld mehr echte Flüchtlinge unterzubringen? Wenn wir nicht Tausende von Menschen hier hätten, die gar keine wirklichen Flüchtlinge sind, könnten wir mit weniger Geld mehr wirklich Verfolgte aufnehmen.

Was haben sie kurzfristig vor?
Auf den 1. April ist die neue Regelung für Nichteintretensentscheide in Kraft getreten. Zusätzlich muss Asylsuchenden, die keine Papiere vorweisen wollen und ihre Identität absichtlich verheimlichen, die Zulassung erschwert werden. In der Folge werden weniger um Asyl nachsuchen, und wir können leichter feststellen, wer wirklich verfolgt ist und Anrecht auf Asyl hat. Das muss jetzt ausgearbeitet werden.

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