Christoph Blocher über die Bundesratswahl

Interview mit CASH vom 8. Dezember 2000

Mit Samuel Schmid ist bei den Bundesratswahlen kein offizieller SVP-Kandidat gewählt worden. Was bedeutet das für die Konkordanz?

Christoph Blocher: Wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin gewählt wird, der oder die von der Partei vorgeschlagen ist, so sind die Loyalität und die Kompromissbereitschaft natürlich wesentlich grösser. Das liegt in der Natur der Sache.

Haben Sie als Taktiker in Wahrheit nicht sogar darauf gesetzt, dass Samuel Schmid gewählt wird, weil Sie damit Ihre erfolgreiche Politik zwischen Regieren und Opponieren auch in Zukunft besser rechtfertigen können?

Blocher: Das ist gesucht. Nein, das haben wir nicht getan, aber wir haben erwartet, dass Schmid gewählt würde. Die Positionen, welche Herr Schmid vertritt, stimmen mit meinen nicht überein, deshalb habe ich mich nicht für ihn eingesetzt.

Der gemässigte Berner Flügel ist gestärkt worden durch die Wahl von Samuel Schmid. Erwarten Sie jetzt innerhalb ihrer Partei die Forderung nach einem Kurswechsel der Gesamtpartei?

Blocher: Bis jetzt ist diese Forderung nicht gekommen. Eine Minderheit soll ihre Minderheitsposition vertreten, und wenn sie zur Mehrheit wird, wird sie zur Mehrheit. Ich habe diesbezüglich keine Bedenken. Ich merke in der Fraktion nicht, dass hier eine solche Bewegung stattfindet. Die Sitzungen in unserer Fraktion finden eigentlich in recht harmonischem Klima statt.

War die Wahl von Samuel Schmid ein Schuss vor den Bug der SVP?

Blocher: Ich weiss es nicht, ich habe es jedenfalls nicht so empfunden. Und Schüsse vor den Bug, von denen man nichts merkt, nützen wenig. Aber es ist klar: Die SVP ist in den Wahlen derart erfolgreich, das man uns mit allen Mitteln stoppen will. Ob es die richtigen Mittel sind, weiss ich nicht. Wenn ich auf der Gegenseite wäre, würde ich etwas anderes tun.

Die SP hat die SVP in diesen Bundesratswahlen angegriffen. Werden Sie ihrerseits bei den nächsten Wahlen um einen frei werdenden SP-Sitz wieder einen eigenen Kandidaten vorschlagen?

Blocher: Wir sind der Meinung, dass es nicht einzusehen ist, weshalb die SP zwei und die SVP nur einen Sitz haben soll. Seit die CVP mehr Sitze hat, als ihr gemäss Wähleranteil zustehen, wird die Konkordanz nicht mehr eingehalten. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir bei einem Rücktritt von Bundesrätin Dreifuss einen eigenen Kandiaten aufstellen werden.

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