Die SVP muss im Dezember antreten

Christoph Blocher zur Regierungsbeteiligung seiner Partei

Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 27. Oktober 1999

Nach dem für sie sehr positiven Ausgang der Wahlen haben Exponenten der Schweizerischen Volkspartei bereits mehrmals den Anspruch auf eine Zweiervertretung im Bundesrat erhoben. Inlandredaktor Max Frenkel hat sich mit Christoph Blocher über die Rahmenbedingungen einer solchen Vertretung unterhalten.

Wird die SVP im Dezember mit zwei Kandidaten zur Bundesratswahl antreten?

Blocher: Das muss die Fraktion entscheiden. Aber für mich ist es klar, dass wir den Anspruch auch mit einer Kandidatur untermauern müssen.

Haben Sie Hinweise darauf, dass eine Zweierkandidatur chancenreich sein könnte?

Blocher: Nein, sie ist es nicht. Die andern Parteien verlangen von uns, dass wir zuerst Konzessionen machen. Darauf können wir nicht eingehen. Man verlangt das ja auch von der SP nicht. Bisher war es bei einer Änderung der Regierungsform immer so, dass das Parlament zur Überzeugung kam, dass eine neue Kraft eingebunden werden müsse. Ich erinnere an Minger, aber auch an die CVP und die SP. Dann erst, in der Regierungsarbeit, kam der Konsens. Franz Steinegger (fdp.) – er schiebt zwar Adalbert Durrer (cvp.) vor – will uns, mindestens für die nächste Legislaturperiode, keinen zweiten Sitz zugestehen.

Wäre aber ein Vertreter Ihrer SVP-Richtung im Bundesrat auch konsensfähig?

Blocher: Selbstverständlich. Das ist ja das schweizerische Regierungssystem. Wenn man nicht in der Regierung ist, dann trägt man seine Opposition nach aussen aus, sonst im Gespräch nach innen.

Kommen wir gleich zum Szenarium Ihrer eigenen Einsitznahme in den Bundesrat.

Blocher: Dazu wird es nicht kommen. Das Parlament wählt mich nicht. Ich bin auch nicht ein Mann der Verwaltung und strebe deshalb nicht nach diesem Amt. Aber ich wäre, wie jeder Parlamentarier sein muss, bereit, es zu übernehmen. Es wäre eine Last, aber ich würde sie übernehmen.

Können Sie sich tatsächlich in einem Kollegium vorstellen?

Blocher: Wieso nicht? Ich war und bin in vielen Kollegien. Ich pflege natürlich meine Meinung einzubringen. Aber man konnte und kann mit mir sowohl im Gemeinderat Meilen (ich erinnere an meine Vorstösse zum Leuensaal und zur Privatisierung der Elektrizitätswerke) wie in der Gesellschaft für Chemische Industrie reden.

Das Kollegialsystem verlangt aber auch, dass man die Meinung der Regierung vertritt, selbst wenn es nicht die eigene ist.

Blocher: Auch das würde mir keine Probleme machen. Ich würde es tun, auch wenn man mir – und hier bin ich ja nicht der einzige – meine eigenen Präferenzen vielleicht anmerken könnte.

Sie sind jedoch auch Industrieller. Wie würden die daraus entstehenden Bindungsprobleme gelöst?

Blocher: Selbstverständlich wäre das nötig. Dazu habe ich Vorstellungen. Aber es wäre noch früh genug, nach einer Wahl darüber zu reden.

Mit wem wird die SVP im Dezember antreten?

Blocher:
Das hängt von der Fraktion und von den andern Parteien ab. Wenn wir das Signal bekommen, dass man unseren Anspruch – auch ohne mich – sowieso nicht akzeptiert, können wir nicht zum Beispiel eine Regierungsrätin wie Rita Fuhrer “verheizen”.

Aber einen Christoph Blocher könnte man opfern?

Blocher:
Einen Christoph Blocher könnte man opfern.

Wie stellen Sie sich zu einer SVP-Bundeskanzler-Kandidatur?

Blocher: Das strebt die SVP nicht an. Der Kanzler macht Traktandenlisten. Aber wenn man einen SVP-Kanzler wählt, werden wir uns nicht dagegen stemmen.

Nehmen wir an – mit Ihnen übrigens -, dass es im Dezember bleibt, wie es ist, wie geht’s dann weiter mit der SVP?

Blocher: Wir werden unsere Position vor allem auch in der Westschweiz ausbauen und dann in vier Jahren wieder antreten.

Heisst das, dass Sie davon ausgehen, dass Ihre Initiative auf Volkswahl des Bundesrats dann noch keine Wirkung zeigt?

Blocher: Die Initiative ist ja auch in der SVP selbst umstritten. Wer nach einem von der Bundesversammlung vergebenen Amt strebt, ist dagegen. Und ich sehe das mit ihr aufgeworfene Problem der Minderheitenvertretung ebenfalls. In vier Jahren wird es jedenfalls noch nicht so weit sein, dass das Volk den Bundesrat wählt. Auch wenn das in den Kantonen gut funktioniert und die Probleme der Zauberformeln automatisch löst.

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