Testi

Immigrazione

28.04.2008

Die Gegner merken, dass die Bürger unzufrieden sind

Heute beginnt Christoph Blocher den Kampf für die Einbürgerungsinitiative. Über Widmer- Schlumpf zu sprechen, findet er langweilig. Interview mit "punkt.ch" vom 28. April 2008 Von David Schaffner und Jessica Pfister Es ist bekannt, dass Sie früher nur fünf Stunden schliefen. Gönnen Sie sich mehr Ruhe seit Sie nicht mehr im Bundesrat sind? Christoph Blocher: Vorläufig nicht. Ich arbeite voll und stehe sehr früh auf. Fünf bis sechs Stunden Schlaf genügen. Nehmen Sie sich gar keine neuen Freiheiten? Doch. Ich muss nicht pünktlich an so vielen Sitzungen sein wie als Bundesrat. Meine Arbeitseinteilung ist freier. Mussten Sie etwa stempeln als Bundesrat? Nein, das nicht gerade. Aber in einer grossen Organisation kann man die Zeit nicht so frei einteilen wie als Unternehmer. In den letzten Wochen war es verdächtig still um Sie. Nach meiner Abwahl habe ich mich im Stillen vorbereitet. Ab heute führen wir den Kampf für die Einbürgerungsinitiative. Ich trete fast täglich auf und erkläre den Leuten, warum sie Ja stimmen sollten. Was hätten Sie als Bundesrat gemacht? Hätten Sie wie Widmer-Schlumpf die SVP-Initiative bekämpft? Ich hätte die Meinung des Bundesrates vertreten. Ich hätte zum Ausdruck gebracht: Der Bundesrat ist dagegen. Meine Meinung hätte ich verschwiegen. Leider hätte ich dann gegen meine Überzeugung nicht für die Initiative kämpfen können. Das darf ich jetzt wieder. Wieso wollen Sie bei den Einbürgerungen die Uhren zurückdrehen? 150 Jahre lang haben die Gemeinden das Gemeindebürgerrecht verliehen. Ihr Entscheid galt. Die Bürger kennen die Umstände ja besser. Plötzlich hat das Bundesgericht entschieden, dass ein Ausländer, dem das Bürgerrecht verweigert wird, vors Gericht gehen kann und dieses die Gemeinde zwingen kann, dem Ausländer das Bürgerrecht zu erteilen. Die Gemeinden müssen die Ablehnung bis ins Detail begründen. Das führt zu erleichterten Einbürgerungen mit allen Missständen. Wenn es keine Begründung braucht, öffnen wir der Willkür Tür und Tor. Die Bürger sind verantwortungsvolle Menschen. Aber sie sind bei den Einbürgerungen zurückhaltend. Sie verlangen Integration. Schon heute gibt es kaum ein Land, das so viel einbürgert wie die Schweiz. Wer bei uns eingebürgert wird, kann nicht nur wählen, sondern auch abstimmen. Die Bedingungen für Einbürgerung sind in vielen EU-Ländern weniger hoch. Diese Länder haben viel weniger Ausländer als die Schweiz und bürgern daher viel weniger ein. Kennen Sie Fälle, in denen es zu leichtfertigen Einbürgerungen kam? Ja natürlich. Aber die Sache ist doch klar: Die Behörden haben neuerdings Angst, dass aus einem ablehnenden Einbürgerungsentscheid ein Gerichtsfall wird. Deshalb bürgert man im Zweifel ein, um keine Probleme vor Gericht zu haben. Viele Personen werden kriminell, kaum sind sie eingebürgert. Sind sie eingebürgert, können wir sie nicht mehr ausweisen. Ein überparteiliches Komitee unterstützt die Initiative. Ärgert Sie das? Sie würden doch gerne gegen alle anderen kämpfen. Nein, ich bin glücklich darüber. Das hilft, dass die Einbürgerungsinitiative angenommen wird. Seit meiner Abwahl im Bundesrat gewinnt die SVP Mitglieder und Wähler. Die Gegner merken, dass die Leute unzufrieden sind mit der Ausländerpolitik. Darum müssen jetzt auch andere Parteien reagieren. Deshalb unterstützen sie nun die Initiative. Gut so. Wie lange spielt der Effekt, dass die SVP allein wegen ihrer Abwahl gewinnt? Der Effekt ist anfangs sicher stärker. Ganz abflauen würde er nur, wenn wir nichts täten. Aber diese Freude werden wir den Gegnern nie bereiten. Wie viel Handlungsraum besteht noch? Im Bereich der Migration haben sie mit dem neuen Asyl- und Ausländergesetz und der Einbürgerungsinitiative bereits aufgeräumt. Oh es gibt noch vieles zu tun. Das Asylgesetz ist erst auf dem Papier da, es muss noch umgesetzt werden. Im Bereich der Kriminalität müssen wir Druck auf den Strafverfolgung und die Richter ausüben, damit  sie die Gesetze rasch und wirkungsvoll anwenden. Dann steht die Ausschaffungsinitiative für kriminelle Ausländer auf dem Tapet. Bei den Sozialmissbräuchen sind wir erst bei den Anfängen. Die Unabhängigkeit der Schweiz ist bedroht. Die Verwaltung will immer noch in die EU, sie will es aber nicht offen aussprechen. Aber sie unterwandern die Unabhängigkeit mit allerlei Verträgen und der Übernahme internationalen Rechts. Sind Sie immer noch der Meinung, dass es keine weiteren Abkommen braucht? Überlebens- und lebensnotwendig sind sie für die Schweiz nicht, auch wenn sie da und dort kleinere Erleichterungen bringen werden. Wenn wir immer wieder etwas von der EU wollen, setzt sie uns immer wieder unter Druck. Am Schluss geht es schliesslich ums Bankgeheimnis und gegen unsere Steuervorteile. Ohne unseren Widerstand wird die Schweiz still und leise von der Verwaltung in die EU geführt. Lohnt es sich noch, für das Bankgeheimnis zu kämpfen? Die Amerikaner haben doch längst über die SWIFT Einblick in unsere Datenbanken. In der SWIFT melden alle Länder die Bilanzbewegungen der Bankkonten. Die Amerikaner brauchen die Daten aber nicht für den Fiskus, sondern für die Bekämpfung von Terrorismus. Natürlich ist es problematisch, dass die Amerikaner einen Zugang haben. Wir haben aber bis jetzt festgestellt, dass sie die Daten nie missbraucht haben, zum Beispiel für den Fiskus. Gerade deshalb müsste die Schweiz doch vorausschauen und sich auf eine Zukunft nach dem Bankgeheimnis vorbereiten. Ach, alle zehn Jahre kommt der Angriff aufs Bankgeheimnis. Es besteht und wird weiter bestehen. Schliesslich hat das Volk darüber abgestimmt. Die Schweizer Politik war in den letzten Wochen sehr emotional. Nimmt Sie das mit? Die hinterhältige Bundesratswahl musste doch jeden bewegen. Über den Parteiausschluss von Frau Widmer-Schlumpf will ich nicht reden. Es ist doch langweilig, hundert Mal das Gleiche zu sagen. Ich bin in den Ausstand getreten, finde es aber richtig, dass die Partei den Ausschluss nun durchzieht. Droht eine Aufspaltung der Berner SVP? Ich glaube nicht, auch wenn es dort viele Unzufriedene gibt. Eine Spaltung ist im Bündnerland möglich. Die SVP ist schnell gewachsen. Droht die Partei zu gross zu werden? Die Gefahr besteht, wenn das Programm verwässert. Wir haben aber ein klares Programm. Kaum jemand tritt bei, der nicht dahintersteht. Einige Mitglieder sind dank unserem Erfolg etwas schnell vorwärts gekommen. Sie sind etwas verwöhnt. Selbstzufriedenheit ist die grösste Gefahr für eine Partei. Der SVP ist fast alles gelungen. Nur die grossen Städte haben sie noch nicht erobert. Dort hat die SVP keinen einzigen Regierungssitz. In den Städten kommen wir gut voran. Vor zwanzig Jahren bildeten wir in der Stadt Zürich noch nicht einmal eine eigene Fraktion. Heute sind wir die zweitgrösste Partei im Gemeinderat. Weil gleichzeitig alle anderen Parteien verloren haben, sind alle anderen Parteien gegen die SVP. Um in die Exekutive zu kommen müssen sie Majorzwahl gewinnen. Das braucht Zeit. Wir konzentrieren uns zurzeit auf das Parlament. Will die SVP denn gar nicht wirklich in die Stadtregierung? Natürlich wollen wir. Deshalb stellen wir immer Kandidaten. Wenn wir es nicht schaffen, geht die Welt aber nicht unter. Es ist zudem sehr schwierig, dem Programm in einer Regierung treu zu bleiben. Da braucht es einen sehr starken Charakter. Ich konnte im Bundesrat das klare Profil der SVP nur deshalb behalten, weil mich die Linken und die Grünen ohne Pause angegriffen haben. Damit haben sie mein Profil geschärft Verspüren Sie keinen Trieb, die letzte Bastion zu erobern? Es war nie das prioritäre Ziel, dass die SVP eine grosse Partei wird. Wir wollten einfach gegen Missstände antreten. Meine Devise war stets: Je weniger eine Partei an sich selbst denkt desto mehr denken die Bürger an die Partei. So ist es auch gekommen. Deshalb sind wir die erfolgreichste Partei. Das gilt übrigens auch für die einzelnen Politiker.

28.04.2008

Das Bundesgericht hat die Gemeinden entmündigt

Weshalb kämpft Christoph Blocher derart vehement für die Einbürgerungsinitiative seiner Partei? Und wie kommentiert er den Fall Widmer-Schlumpf? Das BT sprach mit ihm im Vorfeld seines heutigen Auftritts in Landquart. Interview mit dem "Bündner Tagblatt" vom 28. April 2008

24.04.2008

Il n’existe pas de droit à la naturalisation

Interview dans «REGION» du 24 avril 2008 Interview: Alex Piazza Conseiller fédéral hier, stratège de parti aujourd'hui: Christoph Blocher se sent bien dans son rôle de leader de l'opposition. Avant son intervention à Emmen, il a évoqué l'initiative sur les naturalisations dans un entretien accordé à "REGION" (Alex Piazza). Christoph Blocher, depuis votre éviction du Conseil fédéral, un certain silence s'est fait autour de votre personne. Qu'avez-vous fait entre-temps? Christoph Blocher: J'ai d'abord pris des vacances. Quatre semaines de pages blanches dans mon agenda, il y a longtemps que cela n'est pas arrivé. J'ai fait avec ma femme une randonnée pédestre en Amérique du Sud. Je travaillerai entièrement pour mon parti jusqu'en été. En tant que vice-président de l'UDC Suisse, je m'occupe plus particulièrement du secteur de la stratégie et je suis responsable des campagnes. Il est possible que je reprenne après les vacances d'été certaines activités dans l'économie. Je suis en effet toujours entrepreneur. Regrettez-vous certaines parties de votre ancienne fonction de conseiller fédéral? Non, je ne vois rien de particulier à regretter. Au lieu d'influencer directement l'administration, je fais avancer mes thèmes via le parti et le peuple. On sait que le peuple est le souverain en Suisse. Le Parlement vient en deuxième position et le Conseil fédéral en troisième. De ce point de vue, j'ai passé du troisième au premier échelon hiérarchique. Le 1er juin le peuple suisse décide de l'initiative UDC sur les naturalisations. Voulez-vous remettre en vigueur, dans ce domaine, les votations dans l'urne? Il ne s'agit pas de cela. Cette initiative demande uniquement que chaque commune puisse décider elle-même à qui elle entend donner son droit de cité et selon quelle procédure cela doit se faire. Et la décision de naturalisation doit être définitive. C'est ainsi que nous avons procédé pendant 150 ans en Suisse. Les habitants de la commune sont les mieux à même de juger si un demandeur est intégré dans la vie communale ou s'il ne l'est pas. Ils sont en tout cas mieux placés que les juges fédéraux. Il faut empêcher que les décisions de naturalisation soient dégradées au niveau d'un acte purement administratif. Un étranger doit aussi accepter que le droit de cité suisse lui soit refusé. Mais ces naturalisations peuvent-elles être arbitraires? Une naturalisation est un acte politique comparable à une élection à une fonction politique. Il ne viendrait à l'idée de personne de recourir auprès d'un tribunal contre une décision populaire. Il n'existe pas de droit à la naturalisation. La naturalisation est la dernière étape de l'intégration – et non pas la première. Les adversaires de l'initiative prétendent que celle-ci viole le droit international public. Si cette initiative viole effectivement le droit international public je me demande pourquoi les adversaires de ce projet ont attendu 150 ans pour agir. On n'y a même pas songé il y a quelques années quand la Constitution fédérale a été révisée. Non, notre pratique de naturalisation, qui a fait ses preuves depuis longtemps, n'est pas contraire au droit international public. Est-il donc juste que des demandeurs italiens soient naturalisés sans aucun problème alors que ceux venant des Balkans sont régulièrement refusés? On ne peut pas dire que cela se produit régulièrement. Mais cela peut effectivement arriver. Il est toutefois parfaitement légitime que l'on soit plus prudent à l'égard d'un groupe d'étrangers avec lesquels on a fait des expériences négatives. Il n'y a rien de discriminatoire à cela. Finalement, les personnes refusées ont aussi la possibilité de renouveler leur candidature à une date ultérieure. Dans votre campagne de propagande vous mettez en garde contre des naturalisations en masse. Pourquoi au fait? Depuis la publication de l'arrêt du Tribunal fédéral de 2003, le nombre de naturalisations a certes augmenté, mais non pas de manière exponentielle. Nous relevons clairement des premiers indices dans ce sens. Et le mouvement s'accélérera quand toutes les communes auront adapté leur procédure et quand les candidats refusés feront systématiquement recours. Si nous ne corrigeons pas le cap aujourd'hui, chaque étranger, dont la demande de naturalisation a été refusée, fera recours. Et pour ne pas devoir systématiquement se présenter devant un juge, les autorités communales choisiront automatiquement la voie de la facilité et naturaliseront aussi en cas de doute. La nouvelle pratique judiciaire facilite la naturalisation, et non pas l'inverse. Et cela bien que le peuple ait déjà refusé trois fois dans l'urne toute forme de naturalisation facilitée. La semaine prochaine vous intervenez à Emmen pour parler de l'initiative sur les naturalisations. A votre avis, quelle est la meilleure procédure pour Emmen? Il appartiendra aux citoyens d'Emmen d'en décider. Si cette initiative est acceptée, ils pourront choisir eux-mêmes leur procédure de naturalisation. S'ils préfèrent donner cette compétence à une commission des droits civiques, il en sera ainsi, sinon ils choisiront une autre procédure. Ce qui compte, c'est que la décision de naturalisation soit à chaque fois définitive. Mon opinion personnelle est que plus une commune est grande, plus les décisions dans l'urne sont problématiques. Comptez-vous sur le soutien actif de milieux proches du PDC et du PRD en vue du scrutin du 1er juin? Il est évident que dans leur for intérieur de nombreux membres du PDC et du PRD – notamment en Suisse centrale – partagent l'objectif de l'initiative sur les naturalisations. Nous recevons aussi le soutien de milieux des arts et métiers. La semaine dernière, la chambre du commerce du canton de Lucerne a décidé à l'unanimité de recommander l'acceptation de l'initiative. Et ces gens ne sont évidemment pas tous des membres de l'UDC. Celles et ceux qui se battent avec nous se retrouveront finalement aussi dans le camp des vainqueurs. Vous prévoyez-donc que cette initiative sera acceptée? J'en suis convaincu. La pratique de naturalisation trop laxiste préoccupe le peuple. Et le peuple fait confiance à l'UDC: preuve en est, par exemple, que l'UDC a conquis quatre sièges sur neuf lors de l'élection de la commission des droits civiques d'Emmen.

24.04.2008

Es gibt kein Recht auf Einbürgerung

Interview in der „REGION“ vom 24. April 2008 Von Alex Piazza Gestern Bundesrat, heute Parteistratege. Christoph Blocher fühlt sich wohl in seiner neuen Rolle als Oppositionsführer. Vor seinem Auftritt in Emmen sprach er mit der REGION (Alex Piazza) über die Einbürgerungsinitiative. Christoph Blocher, seit Ihrer Abwahl aus dem Bundesrat ist es ruhig geworden um Ihre Person. Was haben Sie in der Zwischenzeit getan? Christoph Blocher: Zuerst habe ich mal Ferien gemacht. Plötzlich vier Wochen weiss im Kalender: das habe ich bisher noch nie erlebt. Ich war mit meiner Frau auf Wandertour in Südamerika. Bis Sommer arbeite ich voll und ganz für die Partei. Als Vizepräsident der SVP Schweiz leite ich das Ressort Strategie, und bin für die Kampagnen zuständig. Es ist gut möglich, dass ich nach den Sommerferien zusätzlich etwas in der Wirtschaft tue. Ich bin ja Unternehmer. Gibt es etwas, das Sie an Ihrem Bundesratsamt vermissen? Es kommt mir gerade nichts in den Sinn. Statt direkt auf die Verwaltung Einfluss zu nehmen, bringe ich meine Themen nun über die Partei und das Volk ein. Und das Volk ist bekanntlich der Souverän. An zweiter Stelle kommt das Parlament, an dritter der Bundesrat. So gesehen bin ich von der dritten Hierarchiestufe auf die erste geklettert. Am 1. Juni entscheidet das Schweizer Stimmvolk über die Einbürgerungsinitiative der SVP: Wollen Sie die Urnenabstimmung wieder aufs Tapet bringen? Darum geht es nicht. Die Initiative verlangt einzig und allein, dass jede Gemeinde wieder selber entscheiden kann, wer und wie eingebürgert wird. Und dieser Entscheid ist dann definitiv. So wie das in der Schweiz 150 Jahre lang galt. Die Einwohner einer Gemeinde können am besten beurteilen, ob sich ein Gesuchsteller in das Gemeindeleben integriert hat oder nicht. Besser jedenfalls als die Bundesrichter. Einbürgerungen dürfen nicht zu einem Verwaltungsakt mit Rekursrecht degradiert werden. Auch einen ablehnenden Entscheid hat ein Ausländer zu akzeptieren. Dürfen sie willkürlich erfolgen? Einbürgerungen sind ein politischer Akt, vergleichbar mit einer Wahl in ein politisches Amt. Da käme auch niemandem in den Sinn, einen Volksentscheid vor dem Gericht anzufechten. Es gibt kein Recht auf Einbürgerung. Die Einbürgerung ist die Folge der Integration, nicht ihr erster Schritt. Die Gegner der Initiative behaupten, sie verstosse gegen geltendes Völkerrecht. Wenn die Initiative gegen das Völkerrecht verstossen würde, frage ich mich, warum diese Gegner während 150 Jahren nichts daran geändert haben. Man kam nicht einmal auf diese Idee, als vor einigen Jahren die Bundesverfassung revidiert wurde. Nein, unsere bewährte Einbürgerungspraxis ist nicht völkerrechtswidrig. Ist es denn gerecht, dass Gesuchsteller aus Italien problemlos eingebürgert werden, während solche aus dem Balkan regelmässig abblitzen? Von Regelmässigkeit kann man nicht sprechen. Aber es kann vorkommen. Es ist jedoch legitim, dass man bei einer Volksgruppe, mit der man negative Erfahrungen gemacht hat, etwas vorsichtiger ist beim Einbürgern. Das ist nicht diskriminierend. Schliesslich haben die Abgewiesenen die Möglichkeit, die Einbürgerung zu einem späteren Zeitpunkt nochmals zu beantragen. In Ihrer Abstimmungspropaganda warnen Sie vor Masseneinbürgerungen. Wieso eigentlich? Seit dem Bundesgerichtsurteil von 2003 ist die Anzahl Einbürgerungen zwar weiter angestiegen, aber nicht exponentiell. Erste Anzeichen sind klar vorhanden. Und das wird noch zunehmen, sobald alle Gemeinden ihr Verfahren angepasst haben und die Rekurrierenden auf den Geschmack gekommen sind. Wenn wir jetzt nicht Gegensteuer geben, wird in Zukunft jeder abgewiesene Ausländer Einspruch erheben können. Um nicht ständig vor dem Richter antraben zu müssen, werden die Gemeindebehörden automatisch den Weg des geringsten Widerstands gehen und im Zweifelsfall einbürgern. Mit der neuen Gerichtspraxis wird die Einbürgerung erleichtert, nicht erschwert. Und dies obwohl das Schweizer Volk an der Urne bereits dreimal jegliche Form der erleichterten Einbürgerung abgelehnt hat. Nächste Woche referieren Sie in Emmen über die Einbürgerungsinitiative. Welches Verfahren ist für Emmen das beste? Das müssen die Emmer entscheiden. Wird die Initiative angenommen, können die Emmer ihr Einbürgerungsverfahren wieder selber festlegen. Wenn sie eine Bürgerrechtskommission vorziehen, dann gilt dieses Verfahren, und sonst halt ein anderes. In jedem Fall ist der Entscheid aber abschliessend. Meine persönliche Meinung: Je grösser eine Gemeinde ist, desto kritischer wird es mit der Urnenabstimmung. Rechnen Sie am 1. Juni mit aktiver Unterstützung aus CVP- und FDP-Kreisen? Innerlich stehen mit Sicherheit viele CVPler und FDPler hinter der Einbürgerungsinitiative – gerade in der Zentralschweiz. Die Frage ist nur, ob sie es wagen, aktiv dafür zu werben. Wir erhalten aber auch Unterstützung aus dem Gewerbe. Gerade letzte Woche hat die Gewerbekammer des Kantons Luzern einstimmig die Ja-Parole zur Einbürgerungsinitiative beschlossen. Und das sind weiss Gott nicht alles SVPler. Wer mit uns kämpft, gehört am Schluss ebenfalls zu den Siegern. Sie rechnen also damit, dass die Initiative angenommen wird? Davon bin ich überzeugt. Das Stimmvolk beschäftigt die zu large Einbürgerungspolitik. Dass die SVP hier viel Vertrauen geniesst, erkennt man nicht zuletzt am Wahlergebnis bei der Bürgerrechtskommission in Emmen, wo die SVP am Wochenende vier von neun Sitzen eroberte

02.03.2008

Wir müssen Schengen und Dublin kündigen

Interview mit «20minuten (online)» vom 2. März 2011 Arabische Flüchtlinge strömen nach Europa. In zwei Wochen sollen sie die Schweiz erreichen. Ist der Bund dafür gewappnet? Christoph Blocher: Diesen Eindruck habe ich nicht. Das Wichtigste wäre jetzt, Wirtschaftsflüchtlinge aus Nordafrika sofort zurückzuschicken, und die strikte Grenzkontrolle vorzubereiten. So kann man aufzeigen, dass es in der Schweiz nur Platz für echte Flüchtlinge gibt. Justizministerin Simonetta Sommaruga hat die Situation aber offenbar nicht im Griff. Das grösste Problem sind ihre falschen Signale, welche sie und ihre Ämter aussenden. Nämlich? Beispielsweise verlautet, die Menschen aus Nordafrika könnten zwar nicht aufgenommen werden, um hier zu arbeiten, aber man könnte diese ausbilden. Die Länder würden sich dann verpflichten, diese Menschen nach der Ausbildung wieder zurückzunehmen. Welche Illusion! Was gefällt Ihnen daran nicht? Es sind Einladungen an die Schlepper, die jungen Männer in die Schweiz zu bringen und es wird nicht funktionieren! Einmal in der Schweiz, wollen diese nicht mehr zurück. Schliesslich haben sie ja dann eine Ausbildung für die Schweiz, nicht für Ägypten. Gerade jetzt bräuchte es diese Männer aber für den Aufbau in ihren Heimatländern. Schliesslich kann man in Tunesien und Ägypten durchaus wirtschaftlich tätig sein. Was ist mit Libyen? Bei Libyen wissen wir noch nicht, wie es ausgehen wird. Wenn Gaddafi gestürzt wird, dann gälte für Libyer der gleiche Grundsatz. Dann würde ja niemand mehr verfolgt. Im Moment müssen wir vielleicht Libyer vorübergehend aufnehmen, so wie wir es in Kriegszeiten z. Bsp. mit der Bourbaki-Armee (zeigt auf ein Bild von Edouard Castres an der Wand) getan haben. Die haben wir in der Schweiz auch aufgenommen – aber nicht als Flüchtlinge. Nach dem Krieg mussten die alle wieder zurück. Auf solche Situationen muss man vorbereitet sein. Ist die Schweiz das? Als ich für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zuständig war, habe ich für solche Situationen vorsorgliche Szenarien ausarbeiten lassen. Was machen wir, wenn plötzlich 20 000 Menschen kämen. Was bei 30 000, 50 000 oder 100 000? Jetzt habe ich gelesen, diese Szenarien seien veraltet. Kein Wunder, ich hatte die Szenarien 2005 machen lassen. Dann muss man sie halt aktualisieren. Für solche Katastrophenfälle muss der Bundesrat und die Armee vorbereitet sein. Wie viele Menschen könnte die Schweiz im Notfall aufnehmen? Die Zahl ist abhängig vom Komfort der Unterkünfte. Mit den bestehenden Infrastrukturen wäre die Aufnahme von zusätzlich zwischen 15 000 bis 20 000 Menschen gut möglich. Allerdings sprechen wir hier von einem extremen Notfall. Ein solcher liegt im Moment nicht vor. Jetzt stehen der Schutz der Grenze und die strikte Rückweisung der Wirtschaftsflüchtlinge im Vordergrund. Schon in zwei Wochen dürften aber genau solche hier sein. Was würden Sie tun, wenn sie noch Justizminister wären? Als erstes muss man wieder einen Grenzschutz aufziehen. Auch mit Schengen sind wir in ausserordentlichen Situationen dazu berechtigt, vor allem weil Schengen/Dublin nicht funktioniert. Das hätte bereits eine hemmende Wirkung. Zudem müssen Asylgesuche von Menschen aus Nordafrika prioritär behandelt werden. Junge Männer, die keinen Asylanspruch haben, sollten innert kürzester Zeit zurückgeschickt werden. Das würde dem Geschäft der Schlepperbanden schaden. Innert zweier Wochen? Bei einer Beschwerde gegen einen negativen Asylentscheid können Asylbewerber zwei Jahre in der Schweiz bleiben. D as muss nicht sein. Notfalls muss der Bundesrat mit Dringlichkeitsrecht arbeiten. Weshalb muss sich die Schweiz überhaupt auf einen Flüchtlingsansturm vorbereiten? Dank dem Dublin-Abkommen können ja sämtliche Asylsuchenden an das Land überstellt werden, in welchem sie den Schengen-Raum betreten haben. Schengen und Dublin funktionieren nicht und haben nie funktioniert. Das ist ein schönes Modell auf dem Papier. Aber im Leben funktioniert es nicht. Das sieht man gut in Griechenland, wohin Wirtschaftsflüchtlinge nicht mehr zurückgeschickt werden dürfen. Weil die jungen Afrikaner dies alles wissen kommen jetzt fast alle über Griechenland nach Europa. Oder über Italien. Genau. Italien sieht sich sowieso mehr als Transitland, denn als Asylland. Als ich noch Bundesrat war, hat mir das der italienische Justizminister unter vier Augen explizit so gesagt. Schengen war damals zwar noch nicht in Kraft, da konnte er das noch offen sagen. Am Standpunkt der Italiener hat sich aber auch mit Schengen nichts geändert. Sie nehmen pro Woche wenige  Asylsuchende auf und die anderen registrieren sie einfach nicht. Deshalb ziehen diese weiter in den Norden. Z. Bsp. in die Schweiz, wo sie registriert werden und dann meist bleiben. Dann sind die Italiener keine verlässlichen Partner? Wir müssen uns nichts vormachen: andere Länder, andere Sitten. Was ist also ihre Konsequenz? Wir müssen Schengen und Dublin kündigen. Dann könnten wir sofort wieder autonome Grenzkontrollen machen und Wirtschaftsflüchtlinge an der Grenze abweisen. Wirtschaftsflüchtlinge gab es in der Schweiz schon vor Schengen. Aber nicht so viele. Da können Sie jeden Polizisten fragen. Das wirkt sich auch auf die Kriminalität aus. Zudem: Die Schweiz muss seit Dublin mehr Asylsuchende als Erststaat zurücknehmen als dass sie als Zweitstaat abgibt. Das ist absurd. Wenn Sie die Situation in Bern anschauen. Müssen Sie nicht wieder als Parlamentarier ins Bundeshaus? Es gibt Argumente dafür und dagegen. Aber das entscheide ich erst Ende April, wenn die Zürcher Kantonsratswahlen vorbei sind. Denn wenn ich kandidiere, dann in meinem Wohnkanton Zürich. Was spricht dagegen? Ich muss wieder von vorne an fangen. Wenn ich an die vielen unnötigen  Sitzungen denke, an die ich gehen müsste. Die Bundesversammlung wird ja immer mehr zu einem Berufsparlament. Kommen Sie in Versuchung, das Leben geruhsamer anzugehen? Natürlich. Ich werde 71 Jahre alt. Wenn ich kandidiere, muss ich vier Jahre voll aktiv sein. Da stellt sich die Frage, ob ich dafür die Kraft habe, um die grosse Erfahrung einzubringen. Ihre Partei hat eine klare Meinung. Weil ich seit Jahrzehnten in der Politik bin, will man die enorme Erfahrung nützen. Sie wären auch ein ideales Zugpferd für den Kampf um einen Zürcher Ständeratssitz. Wir müssen uns keine Illusionen machen. Im Kanton Zürich einen Ständeratssitz zu erobern wird sehr schwierig für eine Partei wie die SVP, die in den EU- und Ausländerfragen von allen anderen bekämpft wird. Sie rechnen sich schlechte Chancen aus für eine Ständeratskandidatur? Der wichtige Entschied ist, ob die SVP kandidiert. Ob die SVP dann gewinnt, ist zweitrangig. Sie können laut Gerüchten auch über Medien die Fäden ziehen. Das wäre schön. An welchen Medien sind Sie finanziell beteiligt? An keinem. Vertritt die Weltwoche nicht die SVP-Linie? Das ist ein wichtiges Medium, weil es einen Gegentrend zum Mainstream setzt. Es ist gut, dass die Weltwoche Themen bringt, die der journalistische Mainstream unterdrückt. Hie und da scheut sie sich nicht, auch die Themen der SVP zu behandeln, obwohl der Mainstream gegen uns ist. Ich bin überzeugt, dass wenn der Mainstream in unsere Richtung laufen würde, gäbe die Weltwoche Gegenkurs. Das ist gut so. Bei der Basler Zeitung hat die SVP keinen Einfluss? Leider nein. Aber Sie kennen Chefredaktor Markus Somm gut. Somm war früher ein Linker und hat mich 20 Jahre lang im Tagesanzeiger in die Pfanne gehauen, bevor er ein Buch über mich geschrieben hat. Aber ich habe Konvertiten gerne. Roger Köppel ist auch einer. Die gescheiteren Sozialisten ändern ihre Meinung mit zunehmendem Alter. Wie wichtig sind diese Publikationen für den Wahlkampf? Eine freie Presse nützt allen. Aber ich würde den Einfluss nicht überschätzen. Die SVP hat zugelegt, obwohl praktisch alle Medien gegen uns waren. Sie haben als SVP-Strategiechef grossen Einfluss innerhalb der Partei. Wie viel arbeiten Sie für die Partei? Etwa 50 Prozent. In meinen 40 Jahren, während denen ich nun in der Politik bin, habe ich derzeit – im Vergleich zu meinen früheren Positionen - am meisten Einfluss in der Öffentlichkeit. Obwohl ich ja kein politisches Amt mehr habe. Weil Sie im Hintergrund die Fäden ziehen können? Ich mache nichts geheim. Ich setze mich so stark für die Politik ein, weil es für die Schweiz wichtig ist. Es geht nicht darum, am Wahlabend sagen zu können, die Partei hat ein paar Prozente zugelegt und ein Mandat dazugewonnen. Worum geht es Ihnen denn dann? Wenn die SVP 2011 zulegt, wonach es aussieht, dann merken die andere Parteien, dass es vorbei ist mit dem links-grünen Trend, der die Schweiz in die EU führen will und eine haltlose Asylpolitik fährt. Die Schweizer wollen zurück zu den schweizerischen Werten der Unabhängigkeit, der direkten Demokratie und des Überblickbaren. Die Mitte-Parteien haben den Slogan Schweiz ebenfalls entdeckt. Weil es Wahljahr ist, fangen sie nun an, die Fassade neu zu streichen. Aber den Inhalt haben sie nicht geändert. Sie sagen jetzt dem Volk: «Schaut, wir sind auch ein bisschen wie die SVP.» Aber das reicht nicht. Warum nicht? Es ist ein Verzweiflungsakt der Mitte-Parteien. Das ist, wie wenn wir sagen würden, “weil die Leute mehr Steuern wollen, ist auch die SVP für mehr Steuern.“ Das glaubt uns doch niemand. Das können SP und Grüne besser. Zum Glück wollen die Leute dies nicht! Sie sind auch Mitglied im Wahlkampfteam. Dort werden Sie bleiben? Ja, natürlich. Im Wahlkampf helfe ich unbedingt mit. Was ist Ihr Ziel für die Wahlen? Wir zielen auf 30 Prozent. Das wäre sehr viel. Wir sollten auf keinen Fall schlechter werden als eine andere Partei. Das dürfte aus heutiger Sicht nicht passieren. Sie denken sogar an einen Verlust der SVP? Das ist immer möglich. Wir haben letztes Mal ein Spitzenresultat erzielt. Die anderen Parteien haben allerdings einen Blödsinn gemacht, indem sie gegen mich putschen wollten. Selbstverständlich hat die Partei das auch ausgeschlachtet mit dem Slogan «Blocher stärken, SVP wählen». Wir werden immer stärker, wenn uns die anderen schlecht behandeln. Also wird die SVP weiter wachsen? Wenn uns die anderen Parteien nach einem Wahlsieg im Herbst ernst nehmen, uns zwei Bundesratssitze geben, innerlich - nicht nur auf den Plakaten - einem EU-Beitritt abschwören, und das Gedankengut der SVP vertreten, dann werden wir wohl schwächer werden. Aber das ist dann egal. Denn wir politisieren nicht, um möglichst viele Wähler zu haben, sondern damit die Schweiz vorankommt.