Testi

 

13.03.2002

«Bei mir zählt allein der Erfolg»

Interview mit der HandelsZeitung vom 13. März 2002 Christoph Blocher - Nach der Niederlage in der Uno-Abstimmung widmet sich der Politiker wieder vermehrt seinem Unternehmen. Und dort ist seine Nachfolgeplanung weit fortgeschritten. Seine vier Kinder stehen in den Startlöchern. Volkstribun Blocher äussert sich zur Zukunft seiner Firma Ems, hohen Managerlöhnen und Swiss. Interview: Mélanie Rietmann und Reto Schlatter Herr Blocher, haben Sie mit einer Niederlage bei der UNO-Abstimmung gerechnet? Christoph Blocher: Es ist weniger schlecht herausgekommen, als ich in den letzten Monaten befürchtet habe. Aber wir haben verloren, das ist betrüblich. Das heisst, die Schweiz hat verloren, weil die Schweiz geschwächt wird durch diesen Entscheid. Sind Sie daran, Ihre Nachfolge bei der Ems Chemie zu planen? Blocher: Ja natürlich. Meine älteste Tochter ist seit letztem Jahr im Verwaltungsrat; sie übernimmt bereits einen Teil der strategischen Planung. Der Sohn hat Chemie studiert und vor zwei Jahren abgeschlossen; zurzeit arbeitet er bei McKinsey. Die zweitälteste Tochter ist ebenfalls industriell tätig, sie leitet die Abteilung Forschung und Entwicklung und die Produktion der Zeltlifabrik Zile bei Aarau. Und die jüngste ist gerade am Abschluss in St.Gallen. Beste Voraussetzungen, dass die Ems in der Familie bleibt. Blocher: Ich will, dass alle Kinder zuerst Karriere ausserhalb der Ems machen. Sobald ich merke, dass sie die Fähigkeiten zu einer Führungsaufgabe besitzen, werde ich kürzer treten. Es muss niemand ins Unternehmen eintreten; es kommt aber auch niemand in Frage, der die Fähigkeiten dazu nicht hat. Wie lange wollen Sie noch CEO der Ems bleiben? Blocher: Bis eine Nachfolge Fuss fasst. In den nächsten Jahren dürfte dies der Fall sein. In der Öffentlichkeit sind Sie ja primär nicht als Unternehmer bekannt, sondern als Politiker. Wie viel Prozent Ihrer Arbeitszeit widmen Sie sich Ihren Unternehmen und wie viel der Politik? Blocher: Ein Drittel widme ich der Politik, zwei Drittel dem Unternehmen. Besteht nicht die Gefahr der Verzettelung? Blocher: Wenn ich in der Firma bin, habe ich immer das Gefühl, dass ich in der Politik etwas verbessern müsste. Und wenn ich mich in der Politik engagiere, denke ich, dass ich zurück ins Unternehmen sollte. Meine Stärke liegt in der Kombination von Unternehmer und Politiker. Ohne diese Kombination verliere ich meine politische Wirksamkeit. Deshalb nehme ich mich politisch auch nur zwei grossen Themen an, der Selbstbestimmung unseres Landes und der Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik. Setzen Sie auch als Unternehmer Schwerpunkte? Blocher: Ja, wie in der Politik. Wenn ich immer in der Unternehmung wäre, würde ich meine Direktoren mit all meinen Impulsen überfordern. Oder Ihnen auf den Wecker gehen ... Blocher: Das vielleicht auch. Ich bin mir bewusst, dass beides - Politik und Geschäft - eines Tages nicht mehr möglich sein wird. Dann müsste ich mich aus der Politik zurückziehen. Wie das Nationalrat Walter Frey im vergangenen Jahr getan hat. Blocher: Das könnte mir auch passieren. Aber zurzeit sieht es nicht so aus. Einer, der so viel abwesend ist im Unternehmen wie Sie, muss mit langer Leine führen. Blocher: Ja, eindeutig. Ich habe das Unternehmen in selbstständige Profitcenters gegliedert. Mit den Chefs dieser Profitcenters erarbeite ich die kurz- und langfristige Strategie und kontrolliere monatlich. Wenn einer operativ sehr gut arbeitet, sehe ich ihn während des Jahres selten. Für diese Aufgabe braucht es Leute, die bereit sind, die Chancen und Risiken eines Unternehmers selber zu tragen. Sie haben darum auch kleine Löhne und eine hohe Gewinnbeteiligung. Das heisst, Ihre Manager haben 2001 deutlich weniger verdient. Blocher: Ja, das ist klar. Die Details legen wir im April fest, wenn wir die genauen Zahlen kennen. Wenn die Ziele nicht erreicht werden, gibt es keinen Bonus. Wie hoch ist der Lohn Ihrer Topmanager? Blocher: Er liegt zwischen 200'000 und 250'000 Fr., je nach Grösse des Bereiches. Bei einem guten Geschäftsverlauf kann ein Manager dieses Salär verdreifachen. Und wie viel verdient der Chef? Blocher: Seit einigen Jahren liegt mein Jahresgehalt bei 350'000 Fr. Dieser Betrag lässt sich aber nicht vergleichen mit den Löhnen anderer Manager, weil mir ja zwei Drittel der Unternehmung und damit des Gewinns gehören. Das ergibt 120 Mio Fr. fürs Jahr 2001. Blocher: Das ist so, diese gehören mir; auch wenn ich sie in der Unternehmung lasse. Das Gleiche gilt bei einem Verlust. Das macht den Unterschied zwischen einem Manager und einem Unternehmer aus. Darf ein Verwaltungsrat in einem Jahr 1 Mio Fr. verdienen? Blocher: Von mir aus auch viel mehr. Es kommt drauf an, was er bringt. Einer, der nur an vier Sitzungen im Jahr teilnimmt, der wird es nicht bringen. Deshalb habe ich in meinem Unternehmen nur vollamtliche Verwaltungsräte. Wenn die Entscheide des Verwaltungsrates dazu führen, dass die Firma 100 bis 200 Mio Fr. mehr einnimmt, dann darf der VR auch mehr als 1 Mio Fr. verdienen. An den Millionengehältern der Manager stören sich viele Leute; auch solche von der SVP. Blocher: Wissen Sie, mir geht es nicht um die Höhe der Gehälter, sondern darum, dass der Erfolg und die Leistung honoriert werden. Deshalb muss auch der Misserfolg berücksichtigt werden. Ein Manager, der die Leistung nicht bringt, muss weniger ver- dienen oder entlassen werden. Es zählt allein der Erfolg. Bei der Pharma-Vision verdienten Sie als VR-Präsident zu den besten Zeiten 4 Mio Fr., obwohl die Performance hinter dem Pharmaindex herhinkte. Blocher: Die Pharma Vision hat das System zur Salarierung genau festgelegt. Die Zielvorgabe war, 6% Performance pro Jahr zu erreichen. Effektiv erzielten wir auch einmal 30% und mehr. Unter 6% gab es keine Entschädigung. Allerdings mussten die Verwal- tungsräte zuerst 140 Mio Fr. investieren. Kein Erfolg für die Aktionäre - keine Entschädigung für die Verwaltungsräte. Nur haben Sie dafür gar nichts gemacht. Blocher: Doch, wir haben die Beteiligung richtig gewählt. Der Unternehmer hat Erfolg oder Misserfolg, unabhängig seiner Betriebsamkeit. Wenn die Ziele klar definiert sind, interessieren nicht die Gründe, warum etwas so herausgekommen ist. Es hilft nichts, sich auf den 11. September zu berufen. Der Ausschuss der Zulassungskommission der Börse schlägt vor, dass börsenkotierte Unternehmen die Bezüge von VR und Management pauschal offen legen müssen. Genügt Ihnen das? Blocher: Nein, dieser Vorschlag ist wertlos. Pauschale Beträge für einen Verwaltungsrat bringen die erforderliche Transparenz nicht. Für die Wahl des Verwaltungsrates durch die Aktionäre hilft dies nicht weiter. Wie sieht es mit der Transparenz beim Management aus? Blocher: Für die Geschäftsleitung braucht es ebenfalls Transparenz. Vertretbar wäre, nur den Lohn des CEO offen zu legen und den Rest pauschal. Warum soll der Staat der Privatwirtschaft in dieser Frage dreinreden? Blocher: Es gehört zu den primären Aufgaben des Staates, das Privateigentum zu schützen. Bei den grossen Publikumsgesellschaften ist das Eigentum des Aktionärs nicht mehr geschützt. Der Verwaltungsrat kann sich aus der Firmenkasse bedienen, ohne dass die Eigentümer etwas davon merken. Deshalb genügen in dieser Frage nicht Richtlinien. Es muss im rechtlich verbindlichen Börsenkotierungsreglement oder im Börsengesetz festgeschrieben sein, dass dies offen gelegt wird, dann kann sich der Eigentümer schützen. Bei der Aktienrechtsrevision waren Sie noch gegen diese Offenlegung. Blocher: Damals war es noch kein Problem. Heute ist es eines. Passen Doppelmandate von VR-Präsident und CEO zu Ihrem Verständnis von Corporate Governance? Blocher: Damit habe ich keine Mühe. Es entspricht dem klassischen Unternehmer, der Eigentümer und Manager ist. Das ist bei grossen Firmen wie Novartis, CS oder Ciba nicht der Fall. Blocher: Bei den grossen Firmen ist das Kontrollsystem bei einem Doppelmandat tatsächlich zu klein. Die Kontrolle ist bei einer personellen Trennung sicher besser. Aber wichtiger als diese Frage ist jene der Transparenz. Wer kontrolliert eigentlich Sie in Ihrem Unternehmen? Blocher: Neben einem starken Controlling und einem internen Rechnungswesen habe ich Schutzvorschriften für mich eingeführt. Ich habe in keiner meiner Firmen Einzelunterschrift. Aber ganz gefeit ist man natürlich nicht. Kriminelle Dinge oder unvernünftige Entscheide sind nie ausgeschlossen. Mit welcher Airline fliegen Sie ab April ins Ausland? Blocher: Ich nehme jene, die mich am besten und am günstigsten an den gewünschten Ort bringt. In Europa interessant ist die neue Easy-Jet. Früher nahm ich auch Swissair, heute Crossair, aber auch British Airways oder Lufthansa. Ich habe ein unverkrampftes Verhältnis zu den Fluggesellschaften. Auch zur Swiss? Blocher: Mir passt nicht, dass ich mit einer staatlichen Gesellschaft fliegen muss. Aber ich fliege damit, weil der Steuerzahler dann weniger bezahlen muss.

04.03.2002

Il ne reste plus que deux partis

Interview dans Le Temps du 4 mars 2002 Christoph Blocher s'attend "à ce que la Suisse soit soumise à une forte pression dès la semaine prochaine sur le plan du secret bancaire et de la taxation des intérêts". Et d'annoncer une chasse aux sorcières à l'égard des personnalités de son parti qui se sont engagées pour le oui et qui lui ont coûté la victoire. Propos recueillis par Stéphane Zindel Vous aviez qualifié de "majorité de hasard", le oui sorti des urnes le 10 juin dernier en faveur de l'armement des soldats suisses à l'étranger. Diriez-vous de même à propos du vote sur l'ONU? Christoph Blocher: Oui. Au niveau de la majorité des cantons, on peut parler à nouveau de majorité de hasard. La situation est extrêmement serrée dans plusieurs cantons. Si quelques milliers de Lucernois ou quelques centaines de Valaisans avaient voté un peu autrement, le résultat aurait été tout différent. Cela dit, j'ai perdu la votation. Et surtout la Suisse a perdu. Le résultat est ce qu'il est. On ne peut plus rien y changer. Avez-vous fait des erreurs pendant la campagne? Blocher: Nous devrons l'analyser. Nous ne pouvions pas en faire davantage. Nous avons fait le maximum avec les ressources personnelles et financières limitées qui étaient à notre disposition, en nous concentrant sur les cantons importants. Nous n'avions pas les moyens de mener une forte campagne partout. Ce qui nous a certainement beaucoup nui est qu'une partie des représentants de l'UDC se sont laissés instrumentaliser par les partisans de l'adhésion. Ils ont été utilisés quasiment comme figures emblématiques du camp du oui. Je suis convaincu que nous aurions gagné si cela n'avait pas été le cas. Vous pensez au conseiller aux Etats argovien Maximilian Reinmann, connu habituellement pour ses positions très conservatrices? Blocher: Par exemple. Mais aussi l'UDC bernoise - qui a officiellement prôné le oui - comme la section grisonne du reste. Vous noterez au passage que dans les Grisons, l'ensemble des partis gouvernementaux a été désavoué par le peuple - et ce pour la deuxième fois après le 10 juin. Nous allons devoir en tirer les conséquences au sein de l'UDC. Vous niez à un représentant de l'UDC le droit de défendre un oui à l'ONU de bonne foi? Blocher: On peut tout à fait avoir un avis différent de la majorité du parti sur l'une ou l'autre question. Mais lorsque j'ai un avis différent, je ne vais pas aller m'exposer publiquement contre mon parti. En outre, lorsque quelqu'un a un avis différent de la majorité de son parti sur toutes les questions importantes, il devrait songer à changer de parti. A qui pensez-vous? Blocher: Au conseiller national argovien Ulrich Siegrist par exemple ou à sa collègue zurichoise Lisbeth Fehr. On ne peut pas se laisser élire sur un parti qui défend certaines valeurs et une fois élu faire tout à fait autre chose. On ne peut pas se borner à profiter des promesses électorales faites sans les tenir ensuite. Notre parti a un programme très clair qui n'autorise pas des tergiversations ultérieures. Le oui aux soldats à l'armée puis à l'ONU ont certes été serrés, mais le scénario a tendance à se répéter. Sont-ils l'indice que la Suisse a changé? Blocher: Difficile à dire. Dans le cas de l'ONU, c'est la première fois que l'UDC a dû monter au front complètement seule. Dans les votations précédentes, le camp du non était beaucoup plus large. De facto, il n'existe pratiquement plus que deux partis en Suisse sur les questions importantes: l'UDC et les autres. L'UDC est peut-être trop faible pour l'emporter lorsqu'elle est seule et que tous les autres se mettent ensemble - y compris la haute finance et les milieux économiques multinationaux qui ont financé la campagne du oui. Le oui à l'adhésion est-il un drame pour la Suisse? Blocher: Je m'attends à ce que la Suisse soit soumise à nouveau à une forte pression dès la semaine prochaine sur le plan du secret bancaire et de la taxation des intérêts. L'UE et les Etats-Unis ont gentiment attendu le vote sur l'ONU. Maintenant que la Suisse ouvre les vannes et abandonne sa détermination sans faille à vouloir rester un pays indépendant, ils vont revenir à la charge. Qu'est-ce qui vous fait penser cela? Blocher: Je ne suis pas un prophète mais je le sens. Des sources bien informées me le confirment. L'ASIN a-t-elle encore raison d'être? Blocher: Plus que jamais. Pensez-vous que la neutralité ne soit plus menacée? Le Conseil fédéral veut entrer dans l'UE par étapes. Il a désormais atteint la première avec l'adhésion à l'ONU. La deuxième sera de se rapprocher de l'UE par le biais des accords bilatéraux. En abolissant les frontières suisses (accords Schengen) puis en relevant progressivement la TVA à un niveau européen. Nous devons lutter contre ces pas successifs. A quelles calamités vous attendez-vous après le oui? Blocher: Le Conseil fédéral ne pourra pas tenir toutes ses promesses. D'abord sur le plan financier. Si nous étions déjà dans l'ONU, le surcoût ne serait déjà plus de 75 millions par an, comme cela a été dit, mais de près de 100 millions sur la base des nouveaux chiffres du PNB. En matière de neutralité ensuite. On ne pourra plus être neutre à l'égard d'un Etat en conflit avec le Conseil de sécurité - respectivement les grandes puissances qui le contrôlent. CNN a lancé le message ces derniers jours que si la Suisse entrait à l'ONU, la neutralité serait morte. C'est de cette manière que nous sommes désormais perçus. La crédibilité de la neutralité n'est plus assurée. Il ne m'étonnerait pas dans ce contexte que dans les prochains jours les taux d'intérêts à long terme de la Suisse grimpent. L'avantage considérable pour notre marché du travail que nous avons d'avoir des taux bas en comparaison internationale va se réduire dès lors que nous renonçons en partie à être un "Sonderfall". Joseph Deiss est-il le vainqueur du jour? Blocher: Il faut poser cette question à Joseph Deiss lui-même. Une chose est claire: ce résultat ne lui donne pas une marge de manœuvre supplémentaire. 11 cantons et 45% de la population contre lui malgré l'unilatéralité et la massivité de la campagne - relayée par pratiquement tous les médias, ce n'est pas rien. En s'impliquant pareillement dans la campagne et en recourant aux instruments de la propagande, le gouvernement a perdu énormément de plumes dans l'aventure. Le Conseil fédéral n'est plus le Père de la nation pour tous les Suisses. Cela aura des conséquences sérieuses pour lui. Cela changera-t-il si l'UDC obtient un deuxième siège au Conseil fédéral? Blocher: Non. L'UDC ne choisit pas ses conseillers fédéraux. Ils sont élus par les autres partis. Mais si l'UDC gagne les prochaines élections - et le fait que nous ayions perdu aujourd'hui en renforce les chances - les autres partis vont se réveiller et voir que l'on ne peut pas continuer comme cela. Regardez les résultats de ce dimanche. A Winterthur, nous avons gagné 40% de nouveaux sièges. Nous progressons pour la troisième fois. Cela se répercutera aussi au niveau fédéral l'an prochain. Nous devrons alors présenter la quittance des promesses non tenues par le Conseil fédéral.

04.03.2002

Es gibt nur noch zwei Parteien

Christoph Blocher - der Matador des Nein - gibt sich nicht als geschlagener Mann Interview mit dem «Bund» vom 4. März 2002 Interview: Johann Aeschlimann Am 10. Juni, nach der Abstimmung über das Militärgesetz, sprachen Sie von einem Zufallsmehr. Heute wieder? Christoph Blocher: In Bezug auf die Kantone sicher. Wenn ein paar hundert Walliser oder zwei-, dreitausend Luzerner anders gestimmt hätten, wäre das Ergebnis ein ganz anderes. Aber es ist entschieden. Da kann man nichts machen. Haben Sie Fehler begangen? Blocher: Mit unseren begrenzten personellen und finanziellen Mitteln konnten wir nicht mehr machen. Ganz schlecht war sicher, dass ein Teil der SVP-Vertreter sich von der anderen Seite missbrauchen liess und dieser quasi als Aushängeschild diente. Wäre das nicht gewesen, bin ich überzeugt, dass wir gewonnen hätten. Sie denken an den Aargauer Ständerat Reimann? Blocher: Reimann, auch Nationalrat Siegrist oder im Kanton Zürich Nationalrätin Fehr. Dann die Berner und Bündner SVP, die die Ja-Parole ausgaben. Darüber muss man innerhalb der Partei sicher über die Bücher gehen. Sprechen Sie einem SVP-Mitglied das Recht ab, für ein Ja einzutreten? Blocher: Wenn ich in einer Partei eine ganz andere Meinung habe als die Partei, dann stelle ich mich nicht öffentlich vorne hin. Und wenn man in allen wichtigen Fragen eine ganz andere Meinung hat, müsste man eigentlich die Partei wechseln. Nationalrat Ulrich Siegrist? Blocher: Der ist zu wenig lange dabei, aber das ist sicher jemand. Oder Frau Fehr im Kanton Zürich. Wir können uns nicht mit dem Aufruf wählen lassen, man solle unsere Partei wählen, weil sie klar für dieses oder jenes eintritt, und dann ganz etwas anderes tun. Es gab ein Ja zu den Militäreinsätzen, jetzt ein Ja zur Uno. Hat sich die Schweiz verändert? Wird sie es? Blocher: Es ist das erste Mal, dass die SVP allein, und nicht einmal geschlossen, antreten musste und fast die Hälfte der Kantone auf ihre Seite brachte. Sehen Sie, es gibt in der Schweiz praktisch nur noch zwei Parteien, die SVP und die andern. In den wichtigen Fragen ist es so. Nach dem heutigen Resultat muss man vielleicht die Schlussfolgerung ziehen, dass man allein zu schwach ist, wenn die Hochfinanz - sie hat die Ja-Kampagne finanziert - sich mit allen anderen zusammentut. Aber wir sehen ja in andern Bereichen, in denen wir Niederlagen erlitten haben, wie eklatant wir Recht erhalten. Beim Krankenversicherungsgesetz, beim Schwerverkehr... Wo werden Sie nach dem Uno-Beitritt recht erhalten? Blocher: Erstens werden Sie sehen, dass wir die 75 Millionen Franken bei den Kosten nicht halten werden können. Mit den neuesten BIP-Zahlen macht es bereits 89 Millionen aus. Zweitens die Neutralität. CNN strahlt dieser Tage aus, wenn die Schweiz der Uno beitrete, werde sie nicht mehr als neutral betrachtet. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich bereits in den nächsten Tagen die langfristigen Zinssätze zu versteifen beginnen, weil das Land nicht mehr ein Sonderfall sein will. Bereits in den nächsten Wochen erwarte ich einen grossen Druck von der EU und von Amerika auf die Schweiz in Sachen Bankgeheimnis und Zinsbesteuerung. Das spüre ich. Der Bundesrat sagt, die Schweiz bleibe gleich neutral. Blocher: Ich nehme ihn beim Wort. Im Hinblick auf die Wahlen 2003 wird es die Auseinandersetzung zwischen der SVP und der Partei der andern geben. Wir haben 45 Prozent. Das ist nicht nichts. Sie sprechen nicht wie einer, der eine Abstimmung verloren hat, sondern wie ein Sieger. Blocher: Doch, ich habe die Abstimmung verloren. Aber verloren haben in erster Linie die Schweizerinnen und Schweizer. Und es ist meine Aufgabe zu schauen, dass es den Schweizerinnen und Schweizern nicht schlecht geht. Ist der Bundesrat und Aussenminister Deiss der Sieger von heute? Blocher: Mit einer solchen Macht nur so zu siegen - das gibt Herrn Deiss keinen Freiraum. Der Bundesrat hat enormen Schaden genommen dadurch, dass er sich in diese Kampagne einspannen liess. Er ist nicht mehr der Landesvater aller Schweizer, sondern Teil einer Werbekampagne geworden. Das hat schwere Folgen für ihn. Wird sich das ändern, wenn die SVP den zweiten Bundesratssitz hat, den sie anstrebt? Blocher: Das glaube ich nicht. Erstens wählen ja nicht wir die Bundesräte, sondern die andern. Und die wählen einen, der dasselbe tut, was sie wollen. Nein. Aber ich glaube, wenn die SVP die Wahl 2003 gewinnt - und nach dem heutigen Entscheid sind die Chancen sehr gross - dann werden die anderen Parteien langsam zu erwachen beginnen.

04.03.2002

«Ich muss nochmals antreten»

Interview mit der Berner Zeitung vom 4. März 2002 SVP-Nationalrat und Auns-Präsident Christoph Blocher gibt nicht auf. Nach der gestrigen Abstimmungsniederlage will er erst recht weiterkämpfen. Denn schon bald gehe es wieder um den EU-Beitritt. Interview: David Sieber Herr Blocher, haben Sie mit einer Niederlage bei der UNO-Abstimmung gerechnet? Christoph Blocher: Es ist weniger schlecht herausgekommen, als ich in den letzten Monaten befürchtet habe. Aber wir haben verloren, das ist betrüblich. Das heisst, die Schweiz hat verloren, weil die Schweiz geschwächt wird durch diesen Entscheid. Inwiefern? Blocher: Ein Beispiel: Ich habe auf CNN, dem weltgrössten Nachrichtensender, Berichte über die Schweizer UNO-Abstimmung gesehen. Und dort hat es geheissen, die Schweizer hätten über den UNO-Beitritt und damit über die Aufgabe ihrer Neutralität zu entscheiden. So wird das im Ausland gesehen. Das heisst im Klartext: Unsere Neutralität ist unglaubwürdig geworden. Da können wir noch lange daran festhalten. Abgesehen davon müssen wir uns nun Entscheiden des Sicherheitsrates beugen, darum sind wir faktisch nicht mehr neutral. Hinzu kommt, dass die Schweiz nun viel Geld bezahlen muss, das im Inland fehlen wird und dessen Verwendungszweck sie nicht kontrollieren kann. Auch wirtschaftlich wird das UNO-Ja Konsequenzen haben. Denn gerade die Unabhängigkeit und die Neutralität haben der Schweiz im internationalen Zinsgefüge grosse Vorteile verschafft. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich bereits in den kommenden Wochen die langfristigen Zinssätze versteifen würden, weil die Schweiz nicht mehr als die verlässliche Partnerin gilt. Bedeutet das Ja zur UNO einen Paradigmenwechsel in der schweizerischen Aussenpolitik? Blocher: Das ist schwierig zu sagen. Der Bundesrat hat diese Frage verneint und erklärt, der Beitritt koste nichts und stärke die Unabhängigkeit. Ich persönlich meine, es ist einer. Wie erklären Sie sich Ihre Niederlage? Blocher: Ich wusste, dass es ganz schwer werden würde. Wir waren wenige. Nur noch ein Teil der SVP hat den Kampf geführt. Es gab ja leider auch Dissidente, die von den UNO-Befürwortern als Aushängeschilder benutzt worden sind. Wir haben unsere Kräfte auf jene Kantone konzentriert, wo wir etwas zu erreichen glaubten. Ich selber bin vor allem in Thurgau, St. Gallen und Aargau aufgetreten, aber auch in der Innerschweiz und in Luzern. Das ist missraten. Wir mussten zudem gegen eine Übermacht antreten, die den teuersten Abstimmungskampf der Geschichte geführt hat. Wir dagegen hatten nur wenig Geld zur Verfügung. Wie viel? Blocher: 2,5 bis 3 Millionen Franken ... ... die Sie aus Ihrem Sack bezahlt haben? Blocher: Nein. Ich decke, wie oft, bloss den Rest ab. Wie viel ist das in Franken und Rappen? Blocher: Das weiss ich noch nicht und werde es Ihnen auch nicht sagen. Was hat sich verändert seit der letzten UNO-Abstimmung 1986? Blocher: Vor allem hat sich die Wirtschaft verändert. Damals hiess es noch: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Anfang der Neunzigerjahre fand ein unglaublicher wirtschaftlicher Wechsel statt, der jetzt überall Schiffbruch erleidet. Nicht mehr klein und solid, sondern international und gigantisch wollten die Firmen sein. Aushängeschilder wie die Swissair und alle drei Versicherungsgesellschaften sind damit gescheitert. Dieses Denken hat politische Folgen. Deshalb sind Firmen mit solchen Konzepten - anders als 1986 - für die UNO und haben den Abstimmungskampf geführt und bezahlt. Aber es muss sich in den letzten 16 Jahren doch auch etwas in den Köpfen der Menschen verändert haben. Blocher: Also, diese Keckheit, die der Bundesrat an den Tag gelegt hat, indem er behauptete, wir können auch in der UNO noch neutral sein, die hatte er 1986 nicht besessen. Damals war er noch ehrlicher. Er sagte zwar schon, der Beitritt habe für die Neutralität keine schwerwiegenden Folgen, aber er sagte nicht, es werde keine Folgen haben. Zudem hat der Bundesrat sich dieses Mal zum Propagandainstrument der Befürworter machen lassen. Der zweite Verlierer des Abstimmungssonntages ist deshalb der Bundesrat. War das der letzte Kampf des Christoph Blocher? Blocher: Schön wäre es. Doch der Kampf geht weiter, denn der Bundesrat will nun den Schengen-Beitritt forcieren, dann soll die Mehrwertsteuer auf EU-Niveau angehoben werden, um die Beitrittshürden zu verkleinern, und schliesslich wird der EU-Beitritt wieder auf dem Tisch liegen. Dies wird bereits in der nächsten Legislaturperiode der Fall sein. Dieses Konzept entnehme ich einem Vortrag von Bundesrat Joseph Deiss. Sie werden also zu den Nationalratswahlen 2003 antreten? Blocher: Ich muss. Nach dieser Niederlage erst recht. Es gilt noch viel zu tun.

23.02.2002

Graubünden ist bis heute stets zur Schweiz gestanden

Die Schweiz und Graubünden würden mit einem Beitritt zur Uno nur verlieren: Nationalrat Christoph Blocher über die Neutralitätspolitik des Bundesrates, über drohende Verpflichtungen für die Schweiz bei einem Uno-Beitritt. Interview mit dem Bündner Tagblatt vom 23. Februar 2002 Interview: Claudio Willi Graubünden gilt neuesten Umfragen nach nicht mehr als Wackelkanton, sondern als zustimmender Kanton. Mit welchem Ausgang rechnen Sie in Graubünden? Christoph Blocher: Graubünden ist bis heute stets zur Schweiz gestanden. Graubünden kann kein Interesse haben, dass weiter Geld ins Ausland geschickt wird, in eine Uno als Fass ohne Boden. Das Geld wird im eigenen Kanton fehlen. Die SVP Graubünden hat die Ja- Parole gefasst - im Gegensatz zur Mutterpartei. Hat Sie das überrascht und / oder enttäuscht? Blocher: Überrascht leider nicht, aber enttäuscht. Die Basis denkt wohl anders als der Parteitag der Offiziellen. Das habe ich schon bei der Abstimmung für das Militärgesetz im Juni letzten Jahres beobachten können. Der Kanton Graubünden hat, wenn es um die Schweiz gegangen ist, stets Wert auf die Selbstbestimmung gelegt. Man vergleiche die letzte Uno-Abstimmung, die Abstimmung über den EWR und das Militärgesetz. Leider stand auch die Bündner SVP, wie auch die anderen Parteien nicht auf der Seite der Mehrheit. Der Bundesrat war bis 1980 auch gegen einen Beitritt zur Uno, nicht zuletzt aus Gründen der Neutralität. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? Blocher: Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlamentes nehmen zunehmend Abschied von der Selbstbestimmung, der Neutralität und der Souveränität der Schweiz. Sie wollen zunächst in die Uno, dann in die EU. Das alles ist nicht zum Wohl der Schweizerinnen und Schweizer, davon profitieren Politiker und multinationale Grossfirmen, welche in der Schweiz nur noch eine kleine Basis haben. Die Schweiz müsste keine Truppen stellen, auch nicht als Vollmitglied. Das ist juristisch wasserfest. Blocher: Die Schweiz müsste einen Vertrag unterzeichnen, der die Schweiz verpflichtet, auf Ersuchen des Sicherheitsrates Streitkräfte zur Verfügung zu stellen, Beistand zu leisten und Erleichterungen einschliesslich des Durchmarschrechtes zu gewähren (Artikel 43 der Uno-Charta). Die Details (Zahl, Art der Streitkräfte, Bereitschaftsgrade und so weiter) müssten in einem Sonderabkommen geregelt werden, das nach Massgabe unseres Verfassungsrechtes ratifiziert würde. Die formaljuristische Behauptung des Bundesrates, dass man ein solches Abkommen einfach nicht unterzeichnen würde, halte ich für einen Trick, der die Schweiz grossem internationalen Druck aussetzen könnte. Die Uno ist keine Rechtsgemeinschaft, sondern eine Machtgemeinschaft. Da sollte man aufpassen, was man unterzeichnet. 60 der 189 Staaten mussten noch nie Truppen stellen. Blocher: In der Uno gibt es auch Staaten ohne Armeen und mit unbrauchbaren Armeen. Diese müssen keine Armeen stellen. Zahlen müssen allerdings alle an solche Kriege, auch wenn sie keine Armeen stellen, das gälte insbesondere auch für die reiche Schweiz! Andere neutrale Länder, wie Schweden und Finnland, sind auch Vollmitglieder der Uno, ohne dass ihr Status als neutraler Staat darunter leidet. Diese Länder haben keine umfassende Neutralität wie die Schweiz. Schwedens Regierung hat letzte Woche beschlossen, seine Neutralität ganz aufzugeben, weil man als Neutraler nicht in der Uno und der EU sein kann. Das Gleiche erklärt auch der österreichische Bundeskanzler. Was den Neutralitätsvorbehalt betrifft, hat der Bundesrat zuerst Nein gesagt, will nun aber in einem Brief etwas Entsprechendes nachliefern. Genügt dies? Blocher: Nein. Bundesrat und Parlament haben einen Vorbehalt abgelehnt, der die Schweiz berechtigt hätte, die Uno-Charta nur so weit erfüllen zu müssen, als es mit unserer selbst gewählten, dauernden, bewaffneten, bündnisfreien und umfassenden Neutralität nicht im Widerspruch steht. Der Bundesrat erklärt in seinem Beitrittsschreiben, er werde die Charta vollumfänglich erfüllen. Das wird die Neutralität beenden. Dass er im Begleitschreiben erwähnt, die Schweiz sei neutral, das kümmert niemanden. Wäre ein klarer Neutralitätsvorbehalt - wie ihn Ständerat Christoffel Brändli vorschlug - nicht besser gewesen? Hätten Sie bei einem Neutralitätsvorbehalt einem Uno-Beitritt zustimmen können? Blocher: Zumindest wären dann die schweren Bedenken betreffend die Neutralität beseitigt gewesen. Wäre es moralisch möglich, wirtschaftliche Sanktionen nicht mitzutragen, wenn die Völkergemeinschaft solche beschlossen hat? Blocher: Ist das, was der von den fünf Grossmächten dominierte Sicherheitsrat beschliesst, stets moralisch? Millionen von Menschen sind so ausgehungert worden. Unrecht wird nicht besser, wenn es alle miteinander tun wie die Wölfe in einem Wolfsrudel. Es bleibt auch dann unmoralisch, wenn sich alle beteiligen. Zugegeben, die Uno hat ein Demokratiedefizit. Die Grossmächte haben mehr zu sagen. Aber widerspiegelt dies nicht auch die Realitäten? Blocher: Diese Macht ist Realität. Ein Kleinstaat sollte sich nicht durch einen Vertrag blindlings diesen Machtspielen aussetzen. Der proklamierte "Schritt der Öffnung" hin zur Uno habe aber nichts mit einer Annäherung an die EU oder die Nato zu tun, sagt der Bundesrat. Bundesrat Deiss hat eine Woche nach Annahme der bilateralen Verträge erklärt, die erste Etappe sei für die Schweiz der Uno-Beitritt, dann müssten die "Beitrittshürden" für den EU-Beitritt beseitigt werden, zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf das EU-Niveau von 15 Prozent angehoben werden, um dann der EU beizutreten. Sagt die Schweiz am 3. März Nein zum Uno-Beitritt, dann kann dieser Marschplan nicht eingehalten werden. Das muss vor allem der Kanton Graubünden gut bedenken. Die internationalen Organisationen werden für die Randgebiete sicher keine Vorteile bringen. Was wären die Folgen eines Beitritts, was die eines Nein zur Uno? Blocher: Würde die Schweiz der Uno beitreten, würde sie ihre Grundsäulen, die die Schweiz stark gemacht haben, schwächen. Souveränität, Völkerrecht, Neutralität würden verletzt. Dazu müsste die Schweiz Millionen ins Ausland schicken, denn die Uno ist ein Fass ohne Boden. Diese Millionen fehlten dann in der Schweiz. Sagt die Schweiz Nein, so könnte sie wie bisher wirtschaftlich erfolgreich und freiheitlich bleiben.