Testi

Storia

02.01.2012

Würdigung grosser Zürcher Persönlichkeiten

Neujahrsanlass vom 2. Januar 2012 in Niederglatt Meine sehr verehrten Damen und Herren Liebe Frauen und Männer I. Einleitung Wir versammeln uns hier im Zürcher Unterland am "Bächtelistag" des Jahres 2012, um "Zürcher Persönlichkeiten" zu würdigen, die längst nicht mehr unter uns weilen. Das mag vielen Zeitgenossen eigenartig vorkommen. Tatsächlich, alle drei Persönlichkeiten – Alfred Escher (der Architekt der modernen Schweiz), Gottfried Keller (der bedeutendste Schweizer Dichter) und Rudolf Koller (der Künstler des schweizerischen Nationaltiers – der Kuh) sind vor über hundert Jahren gestorben. Alle drei sind "grosse Zürcher Persönlichkeiten", nicht des 21. Jahrhunderts, sondern des 19. Jahrhunderts. Trotzdem: Sie sollen heute gewürdigt und "ihre Bedeutung für die Schweiz" aufgezeigt werden. Allein, dass wir dies tun, beweist, dass es sich um besondere Menschen handelt. Wer würde sonst von ihnen reden? Denn die Zeit trennt das Wichtige vom Unwichtigen, das Bleibende vom Vergänglichen, das Wertvolle vom Wertlosen, das Werk von der Betriebsamkeit. In einer Zeit, in der der Mensch – wie der gegenwärtige Blick in die Welt und in die Vorgänge in Europa zeigt – das gross Angelegte, das abstrakt Konstruierte, das Grenzenlose, Unübersichtliche anstrebt, ist die Suche nach dem Allgemeingültigen und Dauerhaften von besonderer Bedeutung. Die Erkenntnis zeigt, dass es halt doch Persönlichkeiten und nicht Systeme sind, die das Wesen der Welt ausmachen. zum Video

10.12.2011

Konkordanz oder Opposition? Die SVP und die Landesregierung

Ansprache von a. Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Delegiertenversammlung vom 10. Dezember 2011 in der Kaserne von Chamblon (VD) Herr Präsident Herr Bundesrat chers amis de la Suisse romande cari amici della Svizzera italiana meine Damen und Herren In vier Tagen wird unsere Landesregierung neu gewählt. Die Frage lautet: Gilt die Konkordanz oder soll eine Koalition von Gleichgesinnten regieren? I. Die SVP und die Konkordanz In der Konkordanz regieren mehrere Parteien zusammen - sinnvollerweise die grössten. Nicht weil sie gleicher, sondern obwohl sie verschiedener Meinung sind. Sie haben nur etwas gemeinsam: Sie sind die Wählerstärksten. Für die Landesregierung hiess dies bisher: Die drei grössten Parteien sind mit je zwei Sitzen, und die kleinste Partei mit einem Sitz in der Regierung vertreten. Das galt zumindest solange, als die SVP die kleinste Partei war. Nachher waren der Ausreden viele, um die SVP ganz oder teilweise aus der Regierung auszuschliessen. Sie predigten Wasser und tranken Wein! II. Am 14. Dezember 2011 geht es um die Konkordanz Die Konkordanz garantiert eine gewisse Stabilität. Darum hat sich die SVP stets vorbehaltlos hinter die Konkordanz gestellt. Mit der „Zauberformel“ – 2:2:2:1 – sind etwa 75 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Bundesrat vertreten. Das ist anspruchsvoll: Jeder Bundesrat trägt die Grundsätze seiner Partei und ihrer Wähler ins Regierungsgremium. Hier treffen die verschiedenen Ansichten aufeinander. Und hier muss nun ein tragfähiger Kompromiss erstritten, erkämpft und erlitten werden. Was heisst das für die SVP? Erstens hat man den Gegner ernst zu nehmen, indem man sich mit ihm streitet. Es ist kein billiges Anbiedern. Die SVP setzt sich auch in der Regierung ein für Freiheit, für eine unabhängige Schweiz, für die Volksrechte, die dauernd bewaffnete Neutralität und die Sicherung der Wohlfahrt. Sie muss auch bereit sein, sogar mit einer SP notfalls einen Kompromiss einzugehen. Die Konkordanz verlangt, dass die SVP notabene mit einer SP regiert, die in ihrem neuesten Programm genau das Gegenteil von der SVP darstellt. Die SP strebt eine in die EU eingebundene Schweiz an, sie tritt ein für die Abschaffung der Landesverteidigung und für die Überwindung des Kapitalismus – d.h. für den real existierenden Sozialismus. Die SVP weiss, dass in der Geschichte Wirtschaftstotenstille, Hunger, Elend, Massenelend, Blutvergiessen und Millionen von Ermordeten, Verdrängten und Vertriebenen zur Diktatur geführt haben. Nein, wir regieren nicht mit der SP, weil uns dieses Programm begeistern könnte. Aber wir akzeptieren die SP, die mit 18,5 Prozent Wähleranteil die zweitgrösste Partei ist, und daher zwei Sitze zu gut hat. Allerdings kann diese Bereitschaft der SVP nur dann gelten, wenn auch die SP bereit ist, der SVP – der mit 26,6 Prozent grössten Partei – zwei Sitze zuzugestehen. In der Konkordanz müssen alle involvierten Parteien diese mittragen – und zwar nicht nur verbal. Darum, meine Damen und Herren, gilt: Am 14. Dezember 2011 geht es um die Konkordanz. Wird der SVP der zweite Sitz zugunsten der 5,4-Prozent-Partei BDP verweigert, ist die Konkordanz gebrochen. Dies hat unabsehbare Folgen. III. Wo steht die SVP? Die Entscheidung fällt in der Wahl um den zweiten Bundesratssitz. Eine Vertreterin einer 5,4-Prozent-Partei hat keinen Platz in der Konkordanz. Wird die SVP als stärkste Partei in ihrem Anspruch auf einen zweiten Sitz nicht berücksichtigt, ist DIE KONKORDANZ GEBROCHEN! Dann gelten dann sofort keine Regeln und Abmachungen mehr. 26,6 Prozent der Wähler haben SVP gewählt, mehr als ein Viertel. Die SVP ist mit dem drittbesten Resultat in ihrer 92-jährigen Geschichte aus den Wahlen hervorgegangen! Die Partei hat erstmals 1919 an den eidgenössischen Wahlen teilgenommen. Das Jahr 1919 war auch das erste Jahr der Proporzwahlen. 2011 hat die SP mit dem zweitschlechtesten Resultat in ihrer Geschichte abgeschlossen! Und die CVP und FDP liegen auf dem historischen Tiefpunkt! Meine Damen und Herren, wer ist hier die Verliererpartei? IV. Der Auftrag der SVP Die SVP hat vor den Wahlen dem Schweizervolk ein klares Programm und einen Vertrag mit dem Volk vorgelegt – 26,6 Prozent der Wähler haben sich dafür ausgesprochen und damit der SVP einen klaren Auftrag erteilt. Am Anfang der Bundesverfassung steht geschrieben: „Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes.“ Meine Damen und Herren: Freiheit Volksrechte Unabhängigkeit Sicherheit Genau dies ist das Parteiprogramm der SVP! Die Verwirklichung dieser Ziele ist für die Schweiz existenziell. Schauen Sie hinaus in die Welt! Die Schuldenpolitik ist das Resultat globalen Grössenwahns. Es ist eine Politik ohne die Grundsäulen Freiheit, Volksrechte, Unabhängigkeit, Sicherheit! Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg! Es drohen Unsicherheit und Wirtschaftniedergang mit Arbeitslosigkeit! Es gilt, diesen Gefahren entschlossen entgegenzuwirken. Es gilt, die bewährten Grundsäulen unseres Landes nicht zu verlassen. Bürger und Wirtschaft sind zu stärken. Ist es da sinnvoll, die grösste Partei aus der Regierung auszuschliessen? V. Tadel als grösstes Lob Es mag Leute unter Ihnen geben, die unter all den schadenfreudigen Meldungen und Falschmeldungen der Monopolmedien Fernsehen und Radio, sowie der Main-stream-Medien leiden. Doch, meine Damen und Herren, gönnen Sie doch unseren Gegnern die Schadenfreude, dass die SVP nach 20-jährigem Dauererfolg am 23. Oktober 2011 etwas zurückgefallen ist. Wer kann denn ein Lob erwarten von all denen, die sich schon lange von der Schweiz verabschiedet haben? Von all jenen, die uns Richtung EU treiben, die dem Druck aus der EU und den USA leichtfertig nachgeben, die die Schweizer Wirtschaft verregulieren und zu Tode verbürokratisieren, die die Stromversorgung unterbrechen, bevor sie neue Energiequellen haben, die die verheerenden Auswirkungen der Personenfreizügigkeit und von Schengen nicht sehen, die das Asylunwesen nicht beseitigen, sondern verwalten und pflegen, die ein Finanzgebaren an den Tag legen, das die Schweiz zum Schuldenstaat macht? Sollten wir von diesen Kreisen Lob erhalten? Nein, meine Damen und Herren: Der Tadel unserer Gegner ist gleichzeitig unser grösstes Lob! Deshalb können wir freudig und selbstbewusst in die Zukunft schreiten! Egal, ob die SVP in der Regierung als vollwertiger Partner vertreten ist oder ausserhalb der Regierung steht: Sie wird sich auf jeden Fall für die Schweiz einsetzen.

18.09.2011

50 Jahre schweizerische Landeshymne

Jubiläums-Ansprache am Bettag, Sonntag, 18. September 2011, 17 Uhr in der Klosterkirche Wettingen Meine sehr verehrte Festgemeinde, I. Geburtsstunde Der 14. November des Jahres 1841 war kein Tag wie jeder andere. An diesem Tag sang eine Zürcher Sängerrunde in privatem Kreis zum ersten Mal den „Schweizerpsalm“. Fast ein halbes Jahr lang hatten Pater Alberik Zwyssig und der Freizeitdichter Leonhard Widmer Melodie und Verse aufeinander abgestimmt. Zwyssig und Widmer – so ungleich sie von Herkunft, Überzeugung und Lebensumständen waren –, hatten sich zusammengetan, um etwas Harmonisches, Weihevolles, Patriotisches und Naturfrommes zu schaffen. Und es gelang. Der „Schweizerpsalm“ eroberte im Sturm die Chorliteratur, gehörte bald zum Repertoire geistlicher wie weltlicher Konzerte und fand Aufnahme im katholischen wie im reformierten Kirchengesangbuch. 1961 – vor fünfzig Jahren – wurde der „Schweizerpsalm“ zur provisorischen, zwanzig Jahre später zur definitiven schweizerischen Nationalhymne. II. Feier am Eidgenössischen Dank-,Buss- und Bettag Die heutige Feier verdanken wir der Initiative von ebenso kunstsinnigen wie heimatliebenden Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Und es ist eine glückliche Idee, die Würdigung der schweizerischen Landeshymne am heutigen nationalen Feiertag vorzunehmen. Denn der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag wurde vor über zweihundert Jahren als äusseres Zeichen der Verbundenheit aller Landesteile, Sprachen und Konfessionen geschaffen. Nachdem der Sonderbundskrieg um 1847 – eine Mischung zwischen Religions-, Bürger- und ein Bruderkrieg unter den Eidgenossen –erhebliche Wunden ins eidgenössische Zusammenleben geschlagen hatte, galt es durch einen gemeinsamen Akt die Wunden im noch jungen Bundesstaat zu heilen! III. Geboren in stürmischen Zeiten Versetzen wir uns zurück ins Jahr 1841, ins Jahr, als der "Schweizer Psalm" erstmals in einem privaten Kreis gesungen wurde. Die Zeiten waren stürmisch, die eidgenössischen Orte zerstritten, das politische Klima in der Schweiz war vergiftet, der Hass zwischen Konservativen und Liberalen so tiefgreifend, dass es sogar zu bewaffneten Freischarenzügen mit Toten und Verletzten kam. Vor diesem Hintergrund erscheint es uns fast wie ein Wunder: Über kaum unüberwindliche, schmerzvolle Gräben hinweg trafen sich zwei gleichaltrige Männer und schufen ein vaterländisches Lied, das nach über hundert Jahren zu unserer Nationalhymne werden sollte. Pater Zwyssig übertrug einen früher von ihm komponierten lateinischen Messgesang auf den Text von Leonhard Widmer. Die Gegensätze hätten nicht grösser sein können: Die beiden Schweizer verkündeten nicht prahlerisch und selbstgerecht Toleranz und Solidarität. Aber sie handelten entsprechend. – Hier der liberale Feuerkopf Leonhard Widmer – dort der konservative Zisterzienser Alberik Zwyssig. – Hier der Reformierte und dort der Katholische – Hier der Zürcher und dort der Urner. – Hier der Geschäftsmann und dort der Geistliche. – Hier der Heftige und dort der Sanftmütige. – Hier der umtriebige Städter und dort der zurückgezogene Mönch. – Hier der kraftvoll Gesunde und dort der ständig Kränkliche. – Hier das Vaterlandslied und dort der Messgesang. – Hier die deutsche und dort die lateinische Sprache. All diese Gegensätze sind in diesem Schweizerpsalm – gleichsam unfreiwillig als Symbol gestaltet – heute in der Landeshymne vereint. Ganz ähnlich geschah es übrigens in jener Zeit mit dem Lied „O mein Heimatland, o mein Vaterland!“, das zeitweise ebenfalls als schweizerische Nationalhymne diskutiert wurde. Dichter des Textes war der junge Zürcher Gottfried Keller. In Töne setzte die Verse sein damals wohl bester Freund, der früh verstorbene Thurgauer Katholik Wilhelm Baumgartner. Beide bedeutungsvollen Schweizerlieder sind nicht die Frucht selbstgerecht gepredigten und prahlerisch verkündetem Bekenntnis für billige Toleranz und schwächlicher Solidarität. Nein, es sind die Früchte von tiefsinnigem und echt freund-eidgenössischem Denken und Handeln. IV. Entstehung des Schweizerpsalms Die Entstehungsgeschichte des Schweizerpsalms ist kurz. Leonhard Widmer kannte und schätzte Pater Alberik Zwyssig, der gelegentlich Musikalien aus dessen lithographischer Anstalt bezog. Im Sommer 1841 schickte ihm Widmer seinen Liedtext. Noch waren die Strophen etwas breiter, zerdehnter und holpriger. Doch die Kraft, der Glaube und der Patriotismus des Textes müssen Zwyssig tief beeindruckt und inspiriert haben. Er erinnerte sich an einen sechs Jahre zuvor komponierten Messgesang auf den Psalmtext „Diligam te Domine“ – Dich will ich lieben, Herr! Nun galt es, diese feierliche Melodie dem Text Widmers rhythmisch anzugleichen. Wie genau sich Töne und Text, in welchem Hin und Her sich Widmer und Zwyssig zusammenfanden, ist nicht mehr zu klären. Aber jedenfalls: Ende gut – alles gut. Und so kam es: Etwa gleichzeitig, wie in Zürich Widmers Freunde den Psalm sangen, waren es in Buonas am Zugersee bei Zwyssig vier Zuger Stadtbürger, die das Lied als Quartett mit erstem und zweitem Tenor sowie mit erstem und zweitem Bass intonierten. 1843 figurierte der Schweizerpsalm erstmals in einem Festheft der Zürcher Studentenverbindung Zofingia. Im gleichen Jahr wurde er am Eidgenössischen Sängerfest in Zürich vorgetragen, und die Männerchöre überlieferten Melodie und Text fortan über Generationen. Bald schon erfolgte die Übersetzung ins Französische, und es war denn auch ein Genfer Gesangslehrer, der 1894 den Schweizerpsalm erstmals als Nationalhymne vorschlug. Doch vorerst überwogen die Bedenken: Die Komposition sei zu schwierig, der Schluss zu wenig straff, der religiös-hymnische Charakter ungeeignet. Am 12. September 1961 beschloss der Bundesrat nach einer Befragung der Kantone, den Schweizerpsalm einstweilen als Nationalhymne einzuführen. Nach dreijähriger Versuchsperiode erfolgte eine erneute breite Befragung. Schliesslich am 1. April 1981 der erneute, unbefristete Beschluss. Positiv gewürdigt wurde vor allem, dass diese Hymne im Gegensatz zum etwas martialischen „Rufst Du mein Vaterland“ keine Gewalt und Waffentaten verherrliche, sondern die Liebe zu Gott, Heimat und Naturschönheit. Denn der Schweizerpsalm – so meinte der Bundesrat – sei „ein rein schweizerisches Lied, würdig und feierlich, so wie eine Grosszahl unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger sich eine Landeshymne wünschen“. V. Ein Feldmeilemer als Texter Doch erinnern wir uns etwas eingehender der beiden denkwürdigen Männer, denen wir den Schweizerpsalm verdanken. Der Textdichter, Leonhard Widmer, wurde 1808 in Feldmeilen am Zürichsee geboren. Jenem Ort am rechten Zürichseeufer übrigens, wo ich mit meiner Familie über zwanzig Jahre gelebt habe und die zusammen mit meiner heutigen Wohngemeinde Herrliberg den Bahnhof teilt. Der Gedenkstein, der 1908 zu Leonhard Widmers 100. Geburtstag gesetzt wurde, ist allerdings kaum mehr sichtbar. Er steht zwischen Bahnschienen eingeklemmt, von Efeu überwachsen unweit des Bahnhofgebäudes Herrliberg-Feldmeilen, wo sein Geburtshaus dem Bahnbau weichen musste. Wer den Gedenkstein nicht sucht, findet ihn auch nicht! Familie Widmer lebte am Zürichsee in ärmlichen Verhältnissen, bis der Vater in Hirslanden recht erfolgreich eine Gärtnerei betreiben konnte, aber früh verstarb. Der Berufsweg von Leonhard Widmer entsprach den unruhigen Zeiten: Er absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in einem Seidenhandelsgeschäft, wechselte in eine Musikalienhandlung, lebte in Lausanne als Hauslehrer und in Morges als Pensionatslehrer, kehrte zurück, verlor wegen politischer Heftigkeit eine gute Stelle in einer konservativen Druckereifirma. Widmer gab zeitweilig das kämpferisch liberale „Neumünster-Blatt“ heraus. Er, der uns im Schweizerpsalm so innig naturfromm und gottvertrauend entgegentritt, war ein begeisterter Anhänger des 1839 aus Deutschland berufenen Theologen Friedrich Strauss, den konservative Reformierte schlicht als Unchristen bekämpften. Später betrieb Widmer selber ein Lithographiegeschäft und versuchte in jeder Art, seine Familie und sich wirtschaftlich über Wasser zu halten. Schliesslich pflegte er die Geselligkeit als Gastwirt „Zum schönen Grund“ in Oberstrass. Widmers Leidenschaft galt der Politik. Er vertrat mit Energie die liberal-radikale Richtung und folgte ihr auch in den extremen Auswüchsen. So verehrte er den Aargauer Klostergegner Augustin Keller und pflegte dennoch Freundschaft mit dessen Opfer, Pater Alberik Zwyssig. Als sich der von Widmer mitbegründete Grütliverein immer mehr sozialistischen und gar kommunistischen Gedanken annäherte, kam es zum Bruch. Am meisten aber liebte Leonhard Widmer den Gesang und die Verskunst. Er beteiligte sich begeistert am 1841 gegründeten liberalen Sängerverein „Harmonie“ und später im Sängerbund Zürich. Viele seiner Texte sind vergessen. Der Schweizerpsalm aber ist geblieben und etwa noch das Lied „Wo Berge sich erheben“, doch leider auch dieses nur noch der älteren Generation bekannt. Es war damals die ganz grosse Zeit des vierstimmigen Männerchorgesangs. Ausgezeichnete Musiker vertonten die Verse ausgezeichneter Dichter. Die eidgenössischen, kantonalen und regionalen Sängerfeste vereinigte Tausende von Sängern und bildeten machtvolle Demonstrationen vaterländischer Gesinnung. Leonhard Widmer war stets eifrig dabei, sang im Quartett, im grossen Chor, verfasste Sängerzeitungen und gab Liedersammlungen heraus. Im Alter von sechzig Jahren verstarb der merkwürdige Mann, dessen Gesichtszüge kraftvolle Energie und kluge Aufmerksamkeit ausstrahlen. VI. Alberik Zwyssig: Melodie aus dem Kloster Wettingen Ganz anders verlief der Lebenslauf des Komponisten Alberik Zwyssig. Als „Johann Josef Maria“ 1808 in Bauen am Urnersee, mitten in der Wiege der Eidgenossenschaft, geboren, verlor er früh seinen Vater, dessen Spur sich in holländischen Kriegsdiensten verlor. Schon seine Mutter war Novizin gewesen, und vier ihrer fünf Kinder wählten später den Ordensstand. Nach einer Ausbildung in Menzingen trat Zwyssig im 13. Altersjahr ins 1227 gegründete Zisterzienserkloster Wettingen ein. Neben der theologischen spielte hier die musikalische Ausbildung eine bedeutende Rolle; Alberik wurde zum vielseitigen Instrumentalisten und vorzüglichen Kantor. Im alten Klostergemäuer ging es durchaus auch fröhlich zu; Zwyssigs erste musikalische Schöpfung war ein Trinklied. Sein humorvolles, heiteres und mildes Wesen liess den begabten Mönch später Freunde auch ausserhalb des Klosters, ja ausserhalb seiner eigenen Konfession gewinnen. Er wurde Novize und nach einem Jahr mit dem Namen „Alberik“ nach Ablegung der Profess freudig als Mönch aufgenommen. Nach weiteren theologischen und musikalischen Studien erfolgten 1832 in Luzern die Priesterweihe und danach war er manche Jahre als Stiftskapellmeister und Sekretär von Abt Alberik Denzler tätig. Es wird bezeugt, dass der junge Zisterzienser äussert unzufrieden war mit der alten Klosterorgel. Darum habe er die altersschwachen Tasten so sehr traktiert, um sie vollends zu ruinieren… Bald schon nahmen die politischen unruhigen Zeiten Zwyssig mehr und mehr in Beschlag. Die Wahl des neuen, eher entscheidungsschwachen Abtes Leopold Höchle machten seine Sekretärspflichten nicht leichter. Am 13. Januar 1841 verfügte schliesslich der Grosse Rat die Aufhebung der aargauischen Klöster, und Pater Zwyssig hat diesen rechtlich gewiss fragwürdigen Akt mitsamt militärischer Besetzung für die Nachwelt aufgezeichnet. Die vertriebene Klostergemeinschaft fand zuerst im Schloss Buonas eine neue Bleibe. An eine Rückkehr war nach der Einrichtung eines Lehrerseminars in den Wettinger Konventsgebäuden im Jahr 1846 nicht mehr zu denken. Vorübergehend in Werthenstein bei Wolhusen untergebracht, vertrieb der Sonderbundskrieg 1847 die Klostergemeinschaft erneut. So folgten weitere sechs Jahre im Kloster Wurmsbach in Jona am Obersee. Alberik Zwyssig leitete am dort neu gegründeten Töchterinstitut den Musikunterricht und schuf zahlreiche geistliche und weltliche Werke. 1854 bezog er mit sechs anderen Patres und drei Brüdern das wiederbelebte Benediktinerkloster Mehrerau in Bregenz. Zwyssig aber – stets von schwächliche Konstitution und nach grossen Anstrengungen meistens längere Zeit leidend – verstarb schon ein halbes Jahr nach dieser letzten Umsiedlung im Alter von erst 46 Jahren. VII. Nationalhymne in unserer Zeit Meine Damen und Herren, wir haben hier unseren Schweizerpsalm und dessen weitgehend vergessene Urheber gewürdigt. Erlauben Sie mir zum Schluss ein Wort über das Wesen und die Bedeutung einer Nationalhymne in unserer Zeit ganz allgemein. Eine Nationalhymne hat ja eine Bedeutung, die heute weit über die Repräsentation der Staaten bei Staatsbesuchen und ähnlichen diplomatischen oder militärischen Ereignissen hinausgeht. Sie ist – ähnlich wie die Flagge – ein äusseres Zeichen der Einmaligkeit von jedem einzelnen der immer noch zahlreichen Staaten dieser Welt. Gerade in Zeiten der Vermassung und Gleichmacherei entsprechen solche Unterscheidungsmerkmale einem tiefen menschlichen Bedürfnis nach Verwurzelung und Heimatgefühl. Gerade bei Sportveranstaltungen und deren Übertragung für ein Millionenpublikum am Fernsehen bildet die Nationalhymne ein wichtiges emotionales Mittel der Identifikation. Die jungen Fussballfans singen zumindest die erste Strophe kräftig mit und man schaut genau hin, ob die Stars bei Spielbeginn kräftig mitsingen oder wenigstens die Lippen ein bisschen dazu bewegen. Beim gegenwärtig feststellbaren, neu erwachenden Patriotismus der jungen Generation spielt die Nationalhymne eine nicht zu unterschätzende Rolle. So vielfältig und unterschiedlich die Staaten sind, so verschieden sind auch ihre Nationalhymnen. Länder wie Grossbritannien, Dänemark, Schweden oder Norwegen würdigen ihre Monarchen und wünschen ihnen ein langes, gesundes Leben. Wieder andere Hymnen haben einen kriegerisch-militärischen Charakter, etwa jene der Grossmacht Amerika, das irische „Soldatenlied“ oder – besonders bekannt – die französische „Marseillaise“ aus blutiger Revolutionszeit. Die Schweiz aber besitzt eine Nationalhymne mit ausgeprägt sakralem, chorartigem Charakter, die sogar Aufnahme in die kirchlichen Gesangbücher unseres Landes fand. Ist es nicht bemerkenswert und Grund zur Freude, dass unsere Schweiz auch diesbezüglich von der Norm abweicht und einen Sonderfall darstellt? Wir verdanken diesen Sonderfall den dichterischen Versuchen eines idealistisch gesinnten, kleinbürgerlichen Zürcher Freiheitsfreundes. Und den musikalischen Fähigkeiten eines begabten, empfindsamen „grauen Mönchs“, der in dieser Wettinger Klosterkirche zur Ehre Gottes musizierte. So ungleich die beiden Schöpfer unseres Schweizerpsalmes waren: Wir sind ihnen zutiefst dankbar, dass es ihnen gelang, bleibend Ergreifendes für eine ganze Nation zu schaffen.

17.09.2011

Hütet Euch am Morgarten

Rede anlässlich des «Morgarten-Treffen» vom 17. September 2011 Sehr geehrte Herren Regierungsräte Herren Nationalräte Damen und Herren Kantonsräte, Gemeindepräsidenten und Gemeinderäte Liebe Zugerinnen und Zuger, liebe Freunde der Zuger SVP Liebe Frauen und Männer Sie hatten die gute Idee, das 20-jährige Jubiläum der SVP des Kantons Zug hier an dieser historischen Stätte, beim Schlachtgelände von Morgarten, zu begehen. Kapelle, Denkmal und Schützenhaus sind Orte der Erinnerung: Erinnerung an den Kampf um Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Genau dafür haben die Eidgenossen am 15. November 1315 gegen eine riesige Übermacht von Gegnern gekämpft. Und dafür kämpft die Zuger SVP seit zwanzig Jahren – ebenfalls gegen eine riesige Übermacht von Gegnern! Gewiss: Die Schlacht am Morgarten war eine blutige Auseinandersetzung, bei der es um Leben oder Tod ging. Die politische Arbeit im Kanton Zug ist glücklicherweise friedlich und gewaltlos. Und dennoch musste der Kanton Zug vor nicht allzu langer Zeit erleben, dass die Politik auch heute noch eine ungeheuer ernsthafte, gefährliche Sache sein kann: Und im Extremfall Tod, Verletzung und Traumatisierung bedeutet. Das schreckliche Attentat im Rathaus von Zug vom 27. September 2001 – vor ziemlich genau zehn Jahren also – hat die Menschen weit über die Schweiz hinaus erschüttert. I. Eidgenossenschaft gegen Grossmachtmachtpolitik Im Jahre 1291 schlossen die Urschweizer ihren ewigen Bund gegen die Ansprüche des machtbewussten, zunehmend europäisch herrschenden Hauses Habsburg. Ziel des Adelsgeschlechts war es, ein einheitlich organisiertes, geschlossenes, zentralistisch regiertes Herrschaftsgebiet durchzusetzen. Schon damals ging es um die Beherrschung der Nord-Süd-Verbindung des Gotthardpasses. Doch die Eidgenossen von Uri, Schwyz und Unterwalden beriefen sich auf ihre alten Freiheitsrechte. Sie bekräftigten im besiegelten Bundesbrief zu Anfang August 1291 ihren Willen, dass sie keine fremden Richter dulden und sich gegenseitig beistehen wollten. In den folgenden Jahren rüsteten die Habsburger vorerst noch nicht zum bewaffneten Krieg. Die Habsburger führten aber einen wirtschaftlichen und kirchlichen Kampf gegen die Urschweiz. Wegen Grenzstreitigkeiten und einem Überfall der Schwyzer auf das Kloster Einsiedeln verhängte der Bischof von Konstanz den Kirchenbann über Schwyz, Uri und Unterwalden. Weil aber die Gottesdienste nur „auf“ der Erde verboten waren, grub man in Schwyz einen Teil der alten Dorfkirche zwei Meter unter den Boden und feierte so munter weiter die heilige Messe… Als die Habsburger seit 1314 mit den bayerischen Wittelsbacher um die deutsche Königswürde stritten, stellten sich die Eidgenossen auf die Seite der Wittelsbacher, weil sie sich so Unterstützung gegen die habsburgischen Ansprüche erhofften. Der Habsburger König Friedrich sprach die Reichsacht gegen die Waldstätte aus und beauftrage seinen jüngeren Bruder Leopold, gegen die widerspenstigen Eidgenossen vorzugehen. Dieser bot nun ein Heer von etwa 9000 Mann auf, darunter etwa 2000 Ritter aus dem süddeutschen Adel und Abordnungen der damals habsburgischen Städte Zürich, Winterthur, Luzern – und auch aus Zug. Die Zuger kämpften also damals noch auf der falschen Seite. Bis Zug dann 1352 ebenfalls der Eidgenossenschaft beitrat. Leider ein volles Jahr später als wir Zürcher! II. Ein Zuger als Warner Und dennoch hat ein Zuger am Morgarten eine rühmliche Rolle gespielt und die Eidgenossen rechtzeitig gewarnt. Ritter Heinrich von Hünenberg soll ihnen mit einem Pfeil über die Befestigung von Arth folgende Warnung geschickt haben: „Hütet Euch am Morgarten am Tage vor St. Othmar!“ Die Landleute von Uri, Schwyz und Unterwalden erwarteten nämlich die habsburgischen Eindringlinge unter Herzog Leopold bei Arth, bei Rothenturm oder am Brünigpass und hatten dort die Zugänge durch Schutzmauern gesichert. Auch ein Einfall vom Vierwaldstättersee her war durch Palisaden bei Brunnen, Stansstad und Buochs verunmöglicht. Ungesichert aber blieb der Weg von Ägeri über den Sattel zwischen dem Rossberg und Morgarten. Das blieb den österreichischen Angreifern und deren Spionen nicht unbekannt. Doch Ritter von Hünenberg sagte voraus, wann genau der weit übermächtige Feind zu erwarten sei. Zu Sankt Othmar – am 15. November. Die Hauptmacht des habsburgischen Heers startete in Zug und zog entlang des Ägerisees in einer mehrere Kilometer langen Kolonne Richtung Morgarten, die Ritter an der Spitze, das Fussvolk dahinter. An der engen Stelle zwischen Hang und versumpftem Ufer des Ägerisees hatten die Schwyzer mit den befreundeten Urnern einen Hinterhalt errichtet und fielen mit Steinen, Baumstämmen und Hellebarden über die Ritter her. Diese hatten im engen Gelände kaum Möglichkeiten zur Gegenwehr, so dass schliesslich 2000 Tote auf der habsburgischen Seite liegenblieben. Die Eidgenossen sollen nur gerade 12 Mann verloren haben. Sie hatten alle entscheidenden Faktoren einer erfolgreichen Kriegsführung auf ihrer Seite: Ortskenntnis, Überraschungseffekt, geschickte Ausnützung des Geländes, infanteristischer Nahkampf. So verhinderten sie mit unglaublicher Kampfkraft diese unfriedliche habsburgische „Masseneinwanderung“. „Hütet Euch am Morgarten!“ – Dank der Warnung eines befreundeten Zugers standen die Eidgenossen am 15. November 1515 genau am richtigen Ort. Sie vermochten das feindliche Ritterheer vernichtend zu schlagen und die junge Eidgenossenschaft zu retten. „Hütet Euch am Morgarten!“ – möchte man heute den Schweizerinnen und Schweizern zurufen, wenn wir die Politik in Bundesbern betrachten. Da wird unentwegt versucht, das Volk mit nebligen Erklärungen über wahre Absichten zu täuschen, mit unbestimmten Begriffen die Tatsachen zu verschleiern und in Verhandlungen fortwährend Positionen preiszugeben – bis wir die von den alten Eidgenossen erkämpfte Unabhängigkeit und Freiheit verloren haben. III. Hütet Euch vor der Masseneinwanderung! Es gibt heute viele Gründe, sich am Morgarten zu hüten. „Hütet Euch vor der Masseneinwanderung!“ ¬– sollte man unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zurufen. Wenn ein Land die Zuwanderung nicht mehr selber steuern kann, ist es nicht mehr unabhängig. Heute gibt es keine wirksamen Instrumente mehr, um die Einwanderung zu steuern und zu begrenzen. Die nachteiligen Folgen werden immer offensichtlicher. Die Schweiz hat immer grosszügig, aber kontrolliert Zuwanderer aufgenommen. In den letzten fünf Jahren sind beinahe 400‘000 Menschen mehr in die Schweiz ein- als ausgewandert. Der Ausländeranteil hat sich seit 1950 um ein Vierfaches vermehrt – trotz jährlichen Einbürgerungen von gegen 50‘000 Personen. Geht es so weiter, müssen wir in den nächsten Jahrzehnten mit einem weiteren massiven Bevölkerungswachstum rechnen; möglicherweise mit zehn Millionen Einwohnern schon in zwanzig Jahren. Alle drängen in die angeblich so abgeschottete, isolierte Schweiz. Die Armen, die hier ein besseres Leben suchen, die Arbeitswilligen, die hier berufstätig sein wollen, die Reichen, die hier ihr Vermögen in Sicherheit bringen wollen, die Asylsuchenden und Flüchtlinge, ja selbst die fernen Afrikaner finden die angeblich so isolierte „Insel“ Schweiz. Hier gibt es höhere Löhne und Renten, bessere Sozialwerke, ein bestens ausgebautes Gesundheits- und Bildungswesen, mehr Sicherheit. Die Folgen der ungebremsten Zuwanderung sind überlastete Infrastrukturen, verstopfte Strassen, überfüllte Züge, explodierende Mieten und Bodenpreise. EU-Zuwanderer verdrängen Arbeitnehmer aus Drittstaaten, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehren, sondern unsere Sozialwerke belasten. Die Löhne geraten unter Druck. Asylmissbrauch und Ausländerkriminalität steigen. Die SVP will mit ihrer Volksinitiative „Gegen die Masseneinwanderung“ wieder eine Zuwanderung, die sich nicht nur am Interesse der Zuwanderer, sondern auch am Gesamtinteresse der Schweiz orientiert. Wir wollen wieder selber bestimmen, welche Ausländerinnen und Ausländer für wie lange in unser Land kommen dürfen. IV. Hütet Euch vor dem EU-Beitritt! Gegenwärtig, vor den Wahlen, sagen die Politiker aller Parteien, sie wollten nicht der EU beitreten. Nach den Wahlen sieht die Sache dann wieder ganz anders aus. Hütet Euch vor dem EU-Beitritt! Hütet Euch vor schlauen Abmachungen, die dem EU-Beitritt nahe kommen! Betrachten wir den realistischen Zustand der heutigen EU: Das Euroland ächzt unter der hohen Staatsverschuldung, den darob wankenden Banken und der Euro-Fehlkonstruktion. und den Nachteilen einer gemeinsamen Währung. Die Tüchtigen zahlen und jene, die über ihre Verhältnisse leben, werden belohnt. Die Empfänger verliessen sich immer mehr auf die Geber, tricksten und fälschten Statistiken und Bilanzen, arbeiteten immer weniger, gingen immer früher in Rente und schufen statt Arbeitsstellen in der Wirtschaft ständig neue Staatsstellen. Kommt es selbstverschuldet zum Kollaps, werden Unsummen gesprochen, die niemand besitzt. Auch unser Land musste sich – obwohl nicht EU-Mitglied – an diesen Rettungsaktionen beteiligen. Dies ist umso sinnloser, als ein brauchbares Konzept zur nachhaltigen Gesundung der Staatsfinanzen nicht vorliegt. Die EU verlangt von der Schweiz, dass diese in Zukunft – ob als EU- oder als EWR-Mitglied oder als bilateraler Vertragspartner – mit neuen "institutionellen" Einrichtungen unbesehen das EU-Recht übernimmt. Sollte unsere Regierung auf die Forderungen der EU eintreten, hiesse das: Die Schweiz muss künftiges, heute noch nicht bekanntes EU-Recht übernehmen. Und in Streitfällen würde ein EU-Gericht entscheiden. Was die Eidgenossen in ihrem Bundesbrief von 1291 nicht wollten, ja der eigentliche Grund, weshalb sie den Schweizer Bund gründeten, würde dann Tatsache: Wir bekämen fremde Richter! Da können wir nur sagen: „Hütet Euch am Morgarten!“ "Hütet Euch vor fremden Richtern! Die zwangsweise Übernahme von noch unbekanntem Recht entspricht einem Kolonialvertrags-Verhältnis. Die Schweiz würde zur Kolonie der EU. Der Bundesrat muss der EU endlich klarmachen, dass die Schweiz nicht beitreten will, weil das mit der Souveränität unseres Landes und den Rechten seines Volkes nicht vereinbar ist. Wie will man gegenüber der EU die Interessen unseres Landes glaubwürdig vertreten, wenn seit bald zwanzig Jahren ein Beitrittsgesuch der Schweiz in Brüssel liegt? Und wie soll die EU verstehen, warum wir bei Verträgen hartnäckig um Details feilschen, wenn die Regierung ja längst beitreten möchte? Warum zieht denn der Bundesrat nicht endlich dieses Beitrittsgesuch zurück? Aus einem einzigen Grund: Weil der Bundesrat – ohne es dem Schweizer Volk zu sagen – in die EU drängt. Wir sollten nicht nur hören, was sie sagen, sondern vor allem, was sie denken. „Hütet Euch am Morgarten!“ "Hütet Euch vor "institutionellen Bindungen"! "Hütet Euch vor Kolonialverträgen!" Die besondere Stellung der Schweiz verdanken wir allein der besonderen Staatsform der Schweiz. Einer Verfassung, die dank der direkten Demokratie den Bürgern die letzte Entscheidungsmacht überlässt. Es war das Volk, das in der wichtigsten Volksabstimmung des letzten Jahrhunderts, am 6. Dezember 1992, mit dem Nein zum EWR den Eintritt in die EU versperrte. Wir verdanken die bessere Situation also einzig dem Sonderfall Schweiz mit der weltweit einzigartigen direkten Demokratie. Durch einen EU-Beitritt und neuen bildenden Verträgen soll gerade diese direkte Demokratie geopfert werden. V. Hütet Euch vor den Antidemokraten! Auch hierzulande gibt es leider zunehmend Leute, denen die direkte Demokratie nicht passt. Im blütenreinen Mantel von Gutmenschen, Moralisten und Rechtsstaatlern verkünden sie, sie wüssten besser als das Volk, was dem Volk dient. Hütet Euch vor den Antidemokraten! Sie wollen lieber selber bestimmen, statt sich vom Volk dreinreden zu lassen. Sie verhindern die Umsetzung von gültigen Volksabstimmungen wie etwa der SVP-Ausschaffungsinitiative. Darum muss die SVP eine neue Volksinitiative starten, die den Volkswillen wie in einem Gesetz im Wortlaut in der Verfassung festsetzt. Diese Antidemokraten wollen Warnungen bei Volksabstimmungen anbringen, damit die angeblich dummen Bürger nicht falsch abstimmen. Sie wollen Volksinitiativen möglichst frühzeitig für ungültig erklären. Sie fordern „Wahrheitskommissionen“, die beurteilen sollen, ob die Propaganda bei Abstimmungen richtig oder falsch sei. Eigentlich müssten Regierung, Parlament und Richter laut Verfassung die Rechte des Volkes schützen. Doch in Wirklichkeit schränken sie die Rechte des Volkes immer mehr ein. Die Einbürgerungen werden zum reinen Verwaltungsakt degradiert. Weil bei Steuererhöhungen die Bürger mitbestimmen können, werden immer mehr Abgaben, Gebühren und Prämien erhoben, um den Bürgerwillen zu umgehen. Das sogenannte Völkerrecht wird immer mehr über den verfassungsmässigen Gehalt hinaus ausgeweitet, ebenso der Kerngehalt der Grundrechte. Dies widerspricht zunehmend dem verfassungsmässigen Gehalt der direkten Demokratie. Zum Gehalt unserer Demokratie gehört das Vertrauen in die Bürger. Wir müssen über alles reden, debattieren, streiten – und abstimmen können. Doch heute stösst auch das verfassungsmässige Initiativrecht immer mehr an Schranken von internationalen Konventionen, Vereinbarungen und Staatsverträgen. Unzählige internationale Paragrafen führen dazu, dass berechtigte und mehrheitsfähige Volksinitiativen nicht mehr gemäss dem Willen des Souveräns umgesetzt werden. So geschah es bei der Verwahrungsinitiative und bei der Unverjährbarkeitsinitiative; bei der siegreichen Minarett- wie auch bei der SVP-Ausschaffungsinitiative werden völkerrechtliche Einwände erhoben, um sie nicht gemäss Wortlaut umsetzen zu müssen. Kurz: Die Richter stellen sich über Volk und Volksvertreter. Da gilt für die Bürgerinnen und Bürger die Devise: Hütet Euch vor dem Richterstaat VI. Schweizer wählen SVP! Wer verhindern will, dass die Schweiz schleichend der EU beitritt, hat nur eine Wahl: Er oder sie muss am 23. Oktober 2011 SVP wählen. Denn es geht weniger um Wahlen als um eine Sachfrage: Wie hältst Du es mit der Schweiz? Bist Du für oder gegen die Schweiz? Ein EU-Beitritt zerstört die Schweiz. Wer das will, den bezeichne ich nicht als Schweizer. Denn der Schweizer wird zum Schweizer durch die Schweiz. Und die Schweiz ist undenkbar ohne Freiheitsrechte der Bürger, ohne direkte Demokratie, ohne Föderalismus und Neutralität. Wer für die Schweiz ist, muss SVP wählen. Schweizer wählen SVP! Nur wer SVP wählt, hat die Gewähr, dass die Personenfreizügigkeit mit ihrem gewaltigen Zuwanderungsdruck und sofortigem Zugang zu den Sozialwerken neu verhandelt wird. Nur wer SVP wählt, hat die Gewähr, dass die direkte Demokratie und die Rechte der Bürger gegen die Anmassung von Antidemokraten verteidigt werden. Dafür kämpfen die Vertreter der SVP – vor und nach den Wahlen. Wir kämpfen mit voller Überzeugung, kraftvoll und wenn nötig auch listig – wir dereinst die Ahnen am Morgarten!

01.08.2011

1. August-Rede 2011 auf dem St. Gotthard-Pass

Ansprache von a. Bundesrat Christoph Blocher, gehalten am 1. August 2011 –  Liebe Mit-Landsleute –  Cari amici del Cantone Ticino –  Liebe Urner, Walliser und Bündner Freunde –  Verehrte Geburtstagsgäste Geburtstag auf dem St. Gotthard Heute am 1. August 2011 - sind wir hier auf diesem geschichtsträchtigen Punkt – zusammengekommen, um den 720. Geburtstag unseres Landes - unseres Heimatlandes zu feiern. In Dankbarkeit feiern wir unseren Geburtstag. Dankbar, dass unser Land ein weiteres Jahr in guter Verfassung bestehen konnte. Heute dürfen wir – und das ist auch für mich ausserordentlich – diesen Geburtstag an einem besonderen Ort feiern: –  auf 2018 Meter über jedem Meeresspiegel, wo sich gegenwärtig wohl viele Schweizerinnen und Schweizer am Strand erholen. –  auf der Passhöhe des St. Gotthard, des San Gottardo –  mitten im Alpenmassiv, –  mitten in der Schweiz, –  mitten in Europa: (Sie haben recht gehört: nicht mitten in der EU, sondern mitten in Europa) Ja dieser Gotthard! Dieser Gotthardpass! Jedes Mal, wenn ich über diesen Pass fahre, habe ich Herzklopfen angesichts dieses Gebirges. Was wäre wohl die Schweiz, was wäre wohl Europa ohne diesen Nord-Süd-Übergang? Zentralalpiner Kreuzpunkt Heute also feiern wir unseren Nationalfeiertag am zentralalpinen Kreuzpunkt der nordsüdlichen und der ostwestlichen Alpenfurche, am Kreuzpunkt von Reusstal-Leventina einerseits und Vorderrhein und Rhonetal anderseits. –  Hier entspringen vier wichtige Flüsse Europas –  der Rhein fliesst nach Norden und ergiesst sich in die Nordsee –  die Reuss, die sich mit der Aare und dem Rhein verbindet, –  die Rhone, fliesst nach Südwesten, verbindet uns mit dem Mittelmeer und Marseille, –  der Ticino wendet sich schnurstracks nach Süden zum Po und in die Adria. –  Es ist schön, dass wir auf dem neugeschaffenen 4-Quellen-Weg die vier Quellen des Wasserschlosses Europa durchwandern können. Gotthard: Nomen est Omen Wir benennen dieses Gebirgsmassiv und den Alpenpass als Sankt Gotthard, lateinisch Monte Sancti Gottardi, nach dem 1131 heilig gesprochenen Benediktiner Gotthard, dem einstigen Bischof von Hildesheim – eine Stadt, die heute in der EU liegt. (Doch dafür kann der gute Bischof St. Gotthard nun wirklich nichts!) Der Name Gotthard stammt aus dem Althochdeutschen. Wenn wir heute abend hier oben stehen, sehen und spüren wir, wie sehr dieser Name passt. In Schillers „Wilhelm Tell“ lesen wir: „So immer steigend, kommt Ihr auf die Höhen Des Gotthards, wo die Ew’gen Seen sind Die von des Himmels Strömen selbst sich füllen.“ Man ist hier nahe den Wolken, nahe dem Himmel, nahe bei Gott. Doch die Felsen vermitteln Härte, Unerbittlichkeit und Unbezwingbarkeit. Manche haben den Gotthard als „Dach Europas“ bezeichnet, denn lange glaubte man, der Gotthard sei der höchste aller Alpengipfel. Der St. Gotthard als Symbol und Mahnmal Sie mögen sich fragen, was wohl der Gotthard mit dem Geburtstag der Schweiz zu tun hat. Mehr als vielen in Bundesbern lieb ist! Der Gotthard steht in höchstem Masse für die schweizerische Unabhängigkeit und Freiheit. Er ist Symbol und Mahnmal zugleich. Es ist kein Zufall, dass die Geburtsstunde unseres Landes – der Bundesbrief von 1291 – hier in der Nähe, auf dem Rütli – einer kleinen abgelegenen Wiese – beschlossen und beglaubigt wurde. Der Kaiser hatte den Waldstättern im 13. Jahrhundert hohe Freiheitsrechte eingeräumt. Nicht weil er diese Urschweizer besonders geliebt hätte, sondern vielmehr, weil er sich den Gotthard-Pass – diesen wichtigen Nord-Süd-Durchgang sichern wollte. Mit diesen besonderen Freiheitsrechten band er die Waldstätten an sich, und sie hielten ihm dafür denGotthardpass frei. Doch 1291 – nach dem Tod des Habsburger Königs Rudolf – waren die Machtverhältnisse im Kaiserreich unsicher geworden. Die Freiheitsrechte waren bedroht. Darum war die Zeit gekommen, zusammenzustehen und den Schwur auf den Bundesbrief zu leisten. Der Bundesbrief Und dieser Bundesbrief ist kein Mythos, sondern eine gesiegelte Pergamenturkunde, täglich von uns allen zu besichtigen im Bundesbriefarchiv in Schwyz. Führen wir uns vor Augen, was in diesem Bundesbrief, was in dieser Geburtsukunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschrieben steht. Auf einer einzigen Seite haben schlichte Innerschweizer Landleute das niedergelegt, was ihrer Ansicht nach wegen der „Arglist der Zeit“ nötig war. Aus einem gemeinsamen Schwur und aus dieser einen Seite Protokoll erwuchs die Idee der Eidgenossenschaft, welcher sich im Laufe der Jahrhunderte immer neue Talschaften und wichtige Städte des Mittelandes anschlossen.Über 700 Jahre hat diese eine Seite ihren Wert und ihre Gültigkeit behalten. Warum? Weil die Väter des Bundesbriefes mit beiden Beinen im wirklichen Leben standen, weil sie spürten, was wesentlich war, was Substanz hatte, was – wie sie ausdrücklich forderten – Wert hatte, ewig zu bestehen. Diese Gründerväter der schweizerischen Eidgenossenschaft waren keine hoch gebildeten Juristen und Staatsrechtler, sie wussten nichts von meterweise erlassenen Gesetzen oder komplizierten Verfassungen mit unzähligen Paragraphen. Die Gründer der Eidgenossenschaft konnten nicht einmal lesen und schreiben. Ein Mönch, ein Geistlicher, kam ihnen zu Hilfe und schrieb ihre Ideen in Latein nieder, einer Sprache, die sie nicht einmal kannten. Der Geistliche setzte die Anfangsworte: „In Gottes Namen, Amen“ Selbstverständlich für den Kirchenmann, selbstverständlich für die damaligen Landleute. Und auch heute steht in unserer Bundesverfassung "Im Namen Gottes, des Allmächtigen". Hier am Gotthard entstand unser schweizerischer Staatsmythos, der sogar ein doppelter ist: Die Geschichte vom Einzelgänger Wilhelm Tell, der zum Tyrannenmörder wurde. Und die Geschichte vom Rütlischwur als Zeichen des Zusammenstehens, der Gemeinschaft - einer echten, der Solidarität. Man kann  viel Abschätziges hören und  lesen über die Gründungsgeschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft. Das seien ja alles nur Mythen. Ja und? Nur eingebildete Leute und Wissenschafter haben nicht gemerkt, dass gerade solche Mythen jedes Land kennt und braucht. In Märchen, Sagen, Legenden oder biblischen Gleichnissen liegt oftmals mehr Wahrheit als im trockenen Sachartikel heutiger Schreiberlinge. So wollen wir es mit der weisen Aussage Gottfried Kellers halten, der über die Gründungsgeschichte sagte: "Ob sie geschehn? Das ist hier nicht zu fragen, Die Perle jeder Sage ist der Sinn, Das Mark der Wahrheit ruht hier frisch darin, Der reife Kern von allen Völker Sagen." Tatsache ist – meine lieben Geburtstagsgäste – in dieser wilden, unwirtlichen Natur des Sankt Gotthard sind und waren die Menschen mit sich, den Bergen, den Felsen, dem Himmel und Gott alleine – ohne Theoretiker und Staatsrechtler. Hier wurde und wird der Blick frei fürs Wesentliche. Geschichtliche Rolle des Gotthards Immer wieder hat der Gotthard eine wichtige Rolle in der Geschichte gespielt. Nicht nur als Pass für den wichtigen Warenverkehr zwischen Nord und Süd. Auch strategisch hat er seine Bedeutung! –  Die Urner haben diesen Übergang nach Süden geschätzt, um dann die Leventina zu erobern. –  Auch die Eidgenossen benützten den St Gotthard, um sich weit im Süden bis nach Mailand zu wagen und sich in fremde Händel zu mischen, was dann aber zu einer bitteren Niederlage in der Schlacht von Marignago 1515 führte. Diese Niederlage führte zu einem Rückzug der noch wenigen, nicht gefallenen Schweizer, zurück in die vertrauten Gefilde der Eidgenossen. Diese Schlacht wurde zum Ausgangspunkt der ewig dauernden Neutralität der Schweiz. –  Im dreissigjährigen Krieg (1618-1648) benutzten die spanischen Truppen den Pass als Verbindung zwischen Mailand und den Niederlanden. –  1799 zog der russische General Alexander Suworow mit seinem Heer von Italien her über den Gotthard. –  Als im 19. Jahrhundert in Italien und Deutschland grosse Nationalstaaten entstanden, richteten sie ihre begehrlichen Blicke wiederum auf den Gotthard. Die Schweiz erbaute darum seit 1886 verschiedene Festungsanlagen. Das Reduit! Die Idee der Alpenfestung fand ihren Höhepunkt im Zweiten Weltkrieg mit dem Konzept des Reduit, welches das Gotthardmassiv ins Zentrum des schweizerischen Abwehrdispositivs rückte. Damit wurde der Gotthard in fast aussichtsloser Situation Bollwerk der Eidgenossenschaft. Fast die ganze Armee wurde hier in diesem Massiv in Festungen unter Boden konzentriert, um diesen Nord-Süddurchgang auf jeden Fall zu sperren. Unzählige Sprengladungen an Strassen, Eisenbahnnetzen und Tunnels bezeugten den unbedingten Willen zur militärischen Verteidigung im Falle eines Angriffs. Als General Henri Guisan in schwerer Zeit, am 12. Juli 1940, dem Bundesrat seinen Entschluss für die Aufträge der Armee mitteilte, beschrieb er den Auftrag der Armeeeinheiten im Reduit wie folgt: "die Truppen halten die Alpen- oder Zentralraumstellung, mit grösstmöglichen Vorräten versehen, ohne jeden Gedanken an Rückzug" Und da spricht sie wieder die Standhaftigkeit: Freiheit – ohne jeden Gedanken an Rückzug! Der Gotthard symbolisiert das Unbezwingbare der Schweiz, das Rückgrat, den Mut. Hier oben gibt es keinen Rückzug, kein Lavieren, kein Wischiwaschi, kein Einlenken, kein Nachgeben. Die Berge machen die Menschen klein und bescheiden. Hier ist kein Platz für menschliche Allmachtsfantasien. Der Gotthard, dieses zentrale Massiv im Herzen der Schweiz, im Herzen Europas, steht für die Selbstbestimmung und die Eigenverantwortlichkeit. Wie ein Klotz liegt dieser Granit mitten in Europa, ein Bollwerk, eine ewige Provokation gegenüber der Umtriebigkeit von Regierungen und Verwal-tungen. Das Symbol der freien Schweiz inmitten Europas! Wenn Europa heute wieder – und einmal mehr! – vor einem etatistischen Scherbenhaufen steht, so gibt uns der Gotthard die Antwort, so offeriert er die Alternative, auf die seit jeher Verlass ist: Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstverantwortung! Gotthard als Symbol der freien Schweiz Meine Damen und Herren, Der Gotthard ist auch heute von grösster Bedeutung. Wir bauen jetzt den längsten Tunnel Europas. Und wo? Natürlich am Gotthard! Täglich hören wir von kilometerlangen Autoschlangen, die durch den Gotthard nach Süden kommen. Wer dieses Nadelöhr in den Händen hat, hat auch heute den strategischen Nord-Süd-Uebergang in seiner Macht. Wer weiss: Vielleicht kommt schon bald die Zeit, wo wir von diesen Bergeshöhen, von dieser Innerschweiz aus unseren alten Bund erneuern und den wichtigen Grundsatz auf der Grundlage unseres Bundesbriefes – "Wir wollen keine fremden Richter haben" neu beschwören müssen! Schlusswort Meine Damen und Herren, Öffnen Sie die Augen und Ohren! Schauen Sie hinaus in die Welt! Sie werden sehen, dass Jakob Burckhardt in seinen "Weltgeschichtlichen Betrachtungen" recht hat: "Der Kleinstaat ist vorhanden, damit ein Fleck auf der Welt sei, wo die grösstmögliche Quote der Staatsangehörigen Bürger im vollen Sinne sind... Denn der Kleinstaat hat überhaupt nichts, als die wirkliche tatsächliche Freiheit, wodurch er die gewaltigen Vorteile des Grossstaates, selbst dieses Machtideal, völlig aufwiegt." Möge unser Wille zur Freiheit und Unabhängigkeit im Vertrauen auf Gott so fest und unbezwingbar bleiben wie der Granit des Gotthards!