09.10.2010
Mein Beitrag für die «Schaffhauser Nachrichten», Beilage «Zeitfragen» vom 9. Oktober 2010
In der bundesrätlichen Europapolitik herrscht gegenwärtig ein beunruhigendes Durcheinander. Bundespräsidentin Doris Leuthard spricht von „Fortführung des bilateralen Weges“ als das für unser Land „am besten geeignete Instrument“. Gleichzeitig verkündet Aussenministerin Micheline Calmy-Rey: „Die Weiterführung des bilateralen Weges gemäss den bisher geltenden Modalitäten ist nicht denkbar.“ Noch-Bundesrat Moritz Leuenberger sagt: "Die Schweiz sollte der EU beitreten." Was gilt nun?
Verdecktes Ziel
Hier wird mit gezinkten Karten gespielt.
Mit Ausnahme der SVP haben alle Regierungsparteien den EU-Beitritt seit den 90iger Jahren in ihrem Programm. In Brüssel liegt ein offizielles Gesuch zum EU-Beitritt der Schweiz. Das Schweizervolk, das die Vorteile einer unabhängigen Schweiz im Hinblick auf die Krisen in der EU immer mehr gewahr wird, ist immer mehr gegen einen EU-Beitritt.
Es ist dem Bundesrat peinlich, dass er jetzt vor dem Wahljahr 2011 zur EU-Frage Stellung beziehen muss. Die offizielle Erklärung ist darum: "Heute kommt ein EU-Beitritt nicht in Frage, es gilt der bilaterale Weg". Doch sofort stellen sich Fragen: Wie ist es morgen? Wohin mit dem bilateralen Weg? Wie soll es nun konkret weiter gehen?
Der Bundesrat handelt nach dem bewährten Grundsatz: Wer gar nicht mehr weiter weiss, gründet einen Arbeitskreis. So soll also eine gemischte Arbeitsgruppe aus Vertretern der EU und unserer Bundesverwaltung über „institutionelle Fragen“ beraten. EU-Funktionäre sollen also mitbestimmen, welche institutionelle Bindungen die Schweiz eingehen soll! Mit neuen Institutionen soll still und heimlich – möglichst ohne Parlament und ganz sicher ohne Volk – künftiges EU-Recht übernommen werden. Das ist zum Nachteil der Schweiz.
EU in schlechter Verfassung
Als man 1992 den Kampf gegen den EWR führte, wusste man noch nicht, wie sich die damalige EG entwickeln würde. Die EG war noch ein Projekt. Unterdessen ist sie zur EU mutiert, bildet für 17 Staaten eine Währungsunion, hat die Sozialunion und eine gemeinsame Sicherheitspolitik. Gewiss, ich war schon damals tief überzeugt, dass es sich bei der EU – erst recht mit einer gemeinsamen Euro-Währung – um eine intellektuelle Fehlkonstruktion handle. Aber die gesamte politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite sah dies anders. Es gab fast nur Propheten, die der Schweiz ausserhalb der EU keine Chance beimassen. Heute sehen wir, dass es falsche Propheten waren. Zum Glück. Von den Schweizer Tageszeitungen sahen in der EWR-Frage einzig die „Schaffhauser Nachrichten“ klar. Heute sehen wohl viele - auch die falschen Propheten - klarer: Unserem Land geht es ausserhalb von EWR und EU wesentlich besser als den andern europäischen Staaten. Die EU befindet sich in einer tiefen Krise und muss einzelne Mitgliedstaaten mit Milliardenversprechen vor dem Bankrott bewahren. Der Euro verliert massiv an Vertrauen und wird – nicht wegen des Bankkundengeheimnisses – auf die Schweizer Banken gebracht. Der verspottete Sonderfall wird plötzlich zum beneideten Vorbild.
Neu aufflackernde EU-Diskussion
Trotz des offensichtlichen Scheiterns der zentralistischen Brüsseler Bürokratie ist die Beitrittsdiskussion hierzulande wieder neu aufgeflackert. Mitte Juli forderte einerseits die angeblich liberale Avenir Suisse den EU- oder zumindest den EWR-Beitritt. Die EU-Spitze andrerseits diktierte, die Schweiz müsse künftig EU-Recht übernehmen und ihre Gerichte anerkennen. Der EU-Botschafter liess uns wissen, dass wir bei einem EU-Beitritt den Euro übernehmen müssten. 1. August-Redner wie Bundesrat Moritz Leuenberger oder alt Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz erklärten unsere Souveränität kurzerhand zum Mythos. Und alt Bundesrat Couchepin prophezeite, die Schweiz müsse wegen des starken Franken der EU beitreten. Nach Couchepins Logik müsste die Schweiz eigentlich Somalia beitreten, denn die dortige Währung ist noch schwächer als der Euro.
Was ist zu tun?
Die Erklärung, der „bilaterale Weg“ sei das Ziel unserer Europapolitik ist dumm.
Die Erklärung hält sich an das Bonmot: "Der "Weg ist das Ziel". Wir lieben zwar diesen Satz. Er ist eine typische Erscheinung der Freizeit- und Vergnügungsgesellschaft. Darum wird einem ganz wohlig zumute. Wer immer diese Gedanken einbringt, erntet daher zustimmendes Gemurmel. Weil das Erreichen eines Zieles eben mühsam ist und verpflichtet, erklärt man den Weg zum Ziel. Denn wer kein messbares Ziel hat, muss schliesslich auch nichts erreichen. Doch genau besehen: "Der Weg ist das Ziel" ist eine der dümmsten Sätze. Er mag vielleicht für den Sonntagsspatziergang mit der Familie richtig sein. Aber auch dort nur bedingt und allenfalls für die Eltern, denn die Kinder wissen meist genau, wohin sie wollen - ihr Ziel ist das nächste Ausflugsrestaurant!
Für die Schweizer Politik ist das Ziel unmissverständlich festgehalten in Artikel 2 unserer Bundsverfassung: „Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes.“ Darum darf und kann die Schweiz weder dem EWR noch der EU noch der NATO beitreten. Bilaterale Verträge sind dieser Zielsetzung vollumfänglich unterzuordnen und dürfen keinerlei institutionelle Bindungen eingehen. Bilaterale Verträge dürfen nur dem Zweck dienen, die Interessen der Schweiz zu wahren und nicht EU-Recht zu übernehmen, um schliesslich der EU beizutreten. Der Rückzug des EU-Beitrittsgesuchs ist die zwingende Logik und der erste Tatbeweis. Wir haben an unserer eigenständigen Währung festzuhalten und jede weitere Staatsverschuldung ist zu vermeiden. Die Personenfreizügigkeit mit sofortigem Zugang zu den Sozialwerken ist unhaltbar und muss neu verhandelt werden. Der Schengen-Vertrag ist zu kündigen um ihn neu auszuhandeln: Die Kriminalität hat dank Schengen enorm zugenommen.
Die SVP kämpft als einzige Partei konsequent gegen den EU-Beitritt der Schweiz. Wenn die SVP die Wahlen gewinnt, bleibt die Schweiz unabhängig. Im andern Fall geht der „bilaterale Weg“ unaufhaltsam in Richtung EU-Beitritt. Das schwächt Wohlfahrt, Freiheit und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.
04.09.2010
Discorso tenuto il 4 settembre 2010 su invito
dell'UDC del canton Zurigo, presso l’albergo Mariott a Zurigo
04.09.2010
Discours tenu le 4 septembre 2010 à l'invitation de
l'UDC du canton de Zurich à l'Hôtel Marriott, Zurich
04.09.2010
Vortrag vom 4. September 2010, gehalten auf Einladung der
SVP des Kantons Zürich im Hotel Marriot, Zürich
21.08.2010
Interview mit der Neuen Luzerner Zeitung vom 21. August 2010
Christoph Blocher, gehen Sie ans Eidgenössische Schwingfest in Frauenfeld?
Ja. Und ohne Zwang. Früher fühlte ich mich fast verpflichtet, weil der Schwingsport als schweizerische Besonderheit abschätzig behandelt wurde.
Sie wollten das Fest aufwerten?
Damals. Heute ist Schwingen „in“. Es besteht aber die Gefahr des Missbrauchs.
Wie meinen Sie das?
Es gefällt mir zwar, dass das Schwingen gesellschaftlich wieder einen hohen Stellen-wert hat. Das hängt mit der gesellschaftlich konservativen Wende zusammen: Die Schweizer lieben das Schwingfest wieder als Prototyp des Sonderfalls Schweiz. Aber man muss aufpassen, dass das „Drum und Dran“ nicht wichtiger wird als das Schwingen. Heute buhlen die Firmen geradezu darum, Sponsoren zu sein. 2001 in Chur bat man unser Unternehmen noch, zu spenden, was wir dann auch in hohem Ausmass taten.
In der Zentralschweiz war das anders: Hier war Schwingen immer beliebt. Wer ist Ihr Favorit in Frauenfeld?
Als Ostschweizer setze ich auf die Ostschweizer – Jörg Abderhalden. Aber die Innerschweizer und die Berner kommen stark.
Ihr Herz schlägt für die Ostschweizer: Auch beim Hosenlupf für den Bundesrat?
Wichtg ist, dass die fast 30 Prozent der Wähler, die die SVP vertritt, endlich vollwertig im Bundesrat vertreten sind. Weil die SVP den EU und EWR-Beitritt entschieden ablehnt, will man die SVP nicht im Bundesrat.
Aber sowohl CVP als auch FDP wollen keinen EU-Beitritt.
Beide haben den EU-Beitritt im Parteiprogramm.
Der Bundesrat sagt, das Ziel sei offen. Das glauben Sie nicht?
Eine Strategie ist ein Plan zur Erreichung eines Zieles. Wenn der Bundesrat kein Ziel hat, dann hat er auch keine Strategie. Aber: der Bundesrat hat ein Beitrittsgesuch in Brüssel und will es nicht zurückziehen. Dabei sollte er der EU endlich klar machen, dass die Schweiz nicht beitreten will, weil das mit der Souveränität unseres Landes nicht vereinbar ist. Warum tut er es nicht endlich? Weil er - ohne es dem Schweizer Volk zu sagen – in die EU drängt.
Die Landesregierung hat aber klipp und klar gesagt: Der bilaterale Weg geht weiter.
Ich höre in dieser Sache nicht nur, was sie sagen, sondern auch, was sie denken. Was heisst: Der Bundesrat bildet „eine Arbeitsgruppe für eine stärkere institutionelle Zusammenarbeit?“ Das Ziel ist wohl die Uebernahme von EU-Recht.
Eine Bedingung des Bundesrats ist, dass die Schweiz eben nicht automatisch EU-Recht übernehmen muss.
Er sucht eine „institutionelle Lösung“: Das heisst, EU-Recht übernehmen ohne Volksentscheid im Einzelfall.
Aber das Stimmvolk kann immer abstimmen.
Wir werden sehen, wie man die Stimmbürger austrickst, ohne dass sie es merken.
Der Bundesrat sagt klar, dass der Schweizerische Entscheidungsweg mit Volksabstimmungen unantastbar sei.
Warum sucht er denn eine „institutionelle“nähere Zusammenarbeit mit der EU?
Diese Arbeitsgruppe ist demnach Unsinn.
Die Arbeitsgruppe mit der EU soll vor allem Wege aufzeigen, wie die bilateralen Verträge besser umgesetzt werden können – zum Beispiel, dass Unternehmen wissen, welches Recht gilt. Und damit nicht bei allen Verhandlungen wieder alle Vertragsteile neu ausgehandelt werden müssen.
Das sind alles bürokratische Argumente. Einfacher für Beamte auf beiden Seiten, ist kein Grund, um die Souveränität der Bürger zu schmälern. Für die Unternehmer wären weniger Bürokratie, weniger Abgaben und Gebühren nötig und nicht eine Annäherung an die EU. Als ich mich vor 18 Jahren gegen den EWR-Beitritt stemmte, da war ich oft nicht so sicher, ob es ohne Mitgliedschaft so gut geht, denn die EWR-Befürworter sagten damals, die Schweiz würde ohne Beitritt untergehen. Ich fragte mich, ob sie am Ende nicht doch Recht behalten würden. Aber heute, nach 18 Jah-ren Erfahrung, können wir sehen, wie es in der EU und in der Schweiz ausserhalb aussieht. Das Urteil spricht eindeutig für eine Schweiz ausserhalb EWR/EU.
Das ist heute allen klar. Ein EU-Beitritt steht ja gar nicht ernsthaft zur Diskussion.
Warum verkündet denn Avenir Suisse nun auf einmal einen EWR-Beitritt? Der EWR ist ein Kolonialvertrag mit dem Ziel EU-Beitritt.
Avenir Suisse wehrt sich nur gegen Denkverbote: Und es ist doch richtig, dass man alle Möglichkeiten prüft.
Ich denke über die Beziehung Schweiz-EU seit dreissig Jahren – ohne Verbot. Und die Verfasser seit 20 Jahren über den EU-Beitritt – auch ohne Verbot. Aber kein
EU-Gegner durfte sich im Avenir-Suisse-Buch über die Souveränität äussern. Wer verbietet hier wem das Denken?
Es ist bei weitem nicht nur Ihre Partei, die heute gegen einen EU-Beitritt ist.
Hoffentlich haben Sie Recht. So sollen diese andern hinstehen und verkünden: „Das strategische Ziel der Schweiz ist die Unabhängigkeit. Darum ist ein EWR/ und EU-Beitritt ausgeschlossen.“
Sie haben über eine Volksinitiative nachgedacht, welche der Schweiz einen EU- oder Nato-Beitritt verbieten soll.
Wann kommt die?
Wir denken weiter darüber nach.
Zurück zu den Bundesratswahlen. Liebäugelt die SVP mit einem Departements-wechsel ihres Bundesrats Ueli Maurer?
Das steht nicht im Vordergrund. 10 Jahre liessen die SP, CVP und FDP Samuel Schmid, der gegen den Willen der SVP gewählt worden war, im VBS gewähren, sodass jetzt ein riesiger Problemberg entstanden ist. Es wird Jahre dauern, diesen zu beseitigen. Es wäre verlockend, wenn einmal ein SP, CVP oder FDP-Vertreter die von ihnen veranstalteten Misstände in Ordnung bringen müssten.
Die Chancen für einen zweiten SVP-Sitz stehen jedenfalls nicht gut.
Die Mitte- und Linksparteien sind gefordert, die Konkordanz einzuhalten. Dann kehrt auch die Funktionsfähigkeit der Regierung wieder ein. Was es heisst, wenn die grösste politische Kraft im Bundesrat ausgeschlossen ist, haben wir in den vergange-nen 2 1/2 Jahren erlebt!
Sie wollen mehr Opposition machen – und die SVP ganz aus dem Bundesrat abziehen?
Ich bin nicht dafür. Aber solange die SVP nicht zwei Bundesräte hat, ist sie so oder so zur Opposition verpflichtet.
Für die Bundesratswahlen haben bereits zwei Schwergewichte abgesagt: Fraktionschef Caspar Baader und Peter Spuhler.
Ob Peter Spuhler angefragt wurde, weiss ich nicht. Aber Caspar Baader haben wir angefragt, obwohl wir wussten, dass er nie Bundesrat werden will, aber das Amt
angenommen hätte, wenn es sein Unternehmen erlaubt hätte. Das ist nun leider nicht der Fall. Also werden es andere, gute Leute sein.
Wer?
Das verraten wir Ihnen, wenn die Vorschlagsfristen abgelaufen sind.
Wird die SVP mit einem Einerticket antreten?
Die Fraktion hat noch nicht entschieden. Mit zwei Kandidaten als Auswahl würden die Stimmen aber zu stark zersplittert.
Treten Sie selber an?
Nein, auch wenn ich bei einer Wahl das Amt annehmen müsste. Aber das Parlament hat zweimal gegen mich entschieden. Also muss man dafür sorgen, dass die anderen Parteien das Gesicht wahren können. SP, CVP und FDP mussten schon genug büssen! Seit der Abwahl hat die SVP bei den kantonalen Wahlen massiv Wähler hinzugewonnen. Gerade auch in der Innerschweiz: Schauen Sie z.B. Nidwalden an: Die SVP hat seither zwei Regierungsratssitze geholt und ist neu die stärkste Fraktion in einem traditionellen CVP-Kanton.
Man könnte auch sagen, in Nidwalden habe die SVP einfach nachgeholt, was schweizweit schon früher passiert ist.
Also sagen wir es so: Ziel der Abwahl war, die SVP zu schwächen. Aber die Abwahl hat zumindest den weiteren Aufstieg der SVP nicht verhindert.
CVP-Ständerat Konrad Graber schlägt vor, dass die Mitteparteien vier Sitze erhalten, die SVP und die SP die anderen drei teilen. Das soll lösungsorientiertere Politik erlauben. Was halten Sie davon?
SVP, SP und Grüne haben zusammen gegen 60% Wähleranteil. CVP und FDP hätten 4 von 7 Sitzen. Konkordanz a la CVP. Und: Was heisst lösungsorientiert? Die SVP setzt sich gegen den EWR/EU-Beitritt ein und will endlich das Ausländer und Asylproblem lösen. Die SVP hat wirksame Lösungen.
Aber es sind FDP und CVP, welche zum Beispiel bei der Ausschaffungsinitiative Hand bieten für eine Lösung, die auch für jene 70 Prozent der Stimmbürger akzeptabel sein kann, die nicht die SVP wählen.
Kriminelle Ausländer sind endlich auszuschaffen. Das geht nur mit der Ausschaffungsinitiative. Der Gegenvorschlag sorgt dafür, dass sie nicht ausgeschafft werden müssen. Es ist ein Verwässerungsvorschlag.
Nehmen wir ein Beispiel: Eine ausländische Familie lebt seit 15 Jahren hier, und der Vater begeht ein Verbrechen. Würden Sie den Vater ausschaffen und die Familie auseinander reissen?
Wenn er ein Schwerverbrecher ist, Ja! Wenn man es so wichtig findet, dass die Familie beisammen sein muss, muss sie halt mit dem Verurteilten Schwerverbrecher ausreisen. Natürlich findet man immer einen Grund, warum ein Verbrecher nicht ausgeschafft werden soll. Wir haben endlich mit der Verbrechensbekämpfung ernst zu machen – gerade mit der sehr hohen Ausländerkriminalität. Die drohende Ausschaffung schreckt ab.
Laut NZZ wird eine Volksinitiative zur Wiedereinführung der Todesstrafe bei Mord mit sexuellem Missbrauch lanciert. Ist das für Sie ein Thema?
Ich war gegen die Abschaffung der Todesstrafe bei Landesverrat im Kriegsfall. Die Todesstrafe für übrige Delikte ist m.E. Untauglich. Es gibt hier auch viele Fehlurteile. Die Abschreckung der Todesstrafe ist fraglich. M.E. wirkt eine lebenslange Verwahrung besser.
Wie schätzen Sie aber die Chancen einer solchen Initiative an der Urne ein?
Im Vornherein klar ist der Ausgang einer Urnenabstimmung jedenfalls nicht. Ich bin auch keinesfalls für eine Ungültigerklärung. Ich werde niemanden verachten, der sich bei solchen Delikten für die Todesstrafe einsetzt. Aber ich werde sie nicht unter-stützen.
Themawechsel: Bundespräsidentin Doris Leuthard will ein Freihandels-abkommen mit China. Ist das der richtige Weg, um sich unabhängiger vom wichtigsten Handelspartner EU zu machen?
Ein Freihandelsabkommen mit China macht Sinn. China ist ein interessantes, eindrückliches und leistungsfähiges Land. Ich selber habe von 1983 bis 2003 in China 117 Fabriken gebaut. Mit China ist ein Problem Landwirtschaft auszu-schliessen, denn China hat auch eine Landwirtschaft, mit kleineren Betrieben und muss seine 1,3 Milliarden Menschen ernähren!
Doris Leuthard hat Recht, wenn sie da vorwärts macht. Die Schweiz hat allerdings viel kaputt gemacht, indem sie die zwei Uiguren aufgenommen hat, welche China als Terroristen betrachtet. Und in Schanghai hat die staatliche Organisation Präsenz Schweiz unter Johannes Matyassy einen peinlichen Auftritt: Im Schweizer Pavillon stieg die attraktive Seilbahn ständig aus. Das ist keine Referenz für die Schweiz als Qualitätsstandort. Präsenz Schweiz müsste man sowieso schon lange abschaffen. Sie ist nutzlos, und im Fall Weltausstellung sogar schädlich für die Schweiz.
Sie werfen Micheline Calmy-Rey aber gleichzeitig vor, sie pflege die Aussenbeziehungen zu den wichtigsten Partnern zu wenig. Was gilt jetzt?
Wir brauchen zu den wichtigsten Partnern gute diplomatische Vertreter, die die schweizerischen Interessen vertreten. Nicht PR-Organisationen.