Über die Bundesratswahlen und die Basler Zeitung

Interview mit den Schaffhauser Nachrichten vom 16. Dezember 2011 mit Norbert Neininger

Herr Blocher, nun ging gestern gar nichts nach Wunsch: Die SVP hat nach wie vor nur einen Sitz.
Christoph Blocher: Ja. Vor allem aber wurde jetzt Klarheit geschaffen. Es ist nun offensichtlich, die andern Parteien wollen der SVP – der wählerstärksten Partei – keinen zweiten Sitz zugestehen. Das kann man zwar tun. Aber indem man von Konkordanz schwafelt und verkündet, man wolle der SVP zwei Sitze zugestehen, zeigt erneut das unappetitliche heuchlerische Spiel bei Bundesratswahlen.

Hatten Sie denn einen anderen Ausgang erwartet?
Blocher: Nein, es hat sich in den letzten Tagen abgezeichnet, dass es so kommen wird, wie es kam.

Die ersten Kommentatoren werfen Ihnen vor, Ihre Strategie habe versagt. Gibt es Anlass zur Selbstkritik?
Blocher: Bis auf eine Kleinigkeit, hat sich Herr C. Baader nichts vorzuwerfen.

Und das war was?
Blocher: Konsequenterweise hätten wir entweder nur gegen die SP oder dann gegen beide SP- und FDP-Sitze antreten müssen. Doch das Resultat wäre unverändert gewesen.

Sehr glücklich war der Kandidatenwechsel von Zuppiger zu Walter aber nicht …
Blocher: Das ist ein sehr bedauerlicher Unglücksfall. Die SVP hat schnell und konsequent gehandelt, als wir feststellen mussten, dass Herr Zuppiger nicht mehr als Kandidat in Frage kommt und seine Kandidatur zurückzog.

Waren Sie da zu vertrauensselig?
Blocher: Vielleicht. Hätten wir den wahren Sachverhalt gewusst, wäre Herr Zuppiger nie vorgeschlagen worden. Doch das ist erledigt. Aber es ging ja gar nicht darum: Es spielte – wie man jetzt sieht – gar keine Rolle, mit wem wir angetreten sind. Wir haben ja Leute nominiert, die von unseren Gegnern geradezu ausgewählt worden waren. Sowohl Herr Zuppiger wie Herr Walter wollten unsere Gegner stets im Bundesrat.

War denn die Nomination von Herrn Zuppiger keine Panne?
Blocher: Natürlich ist das eine Panne. Darum ist er unverzüglich zurückgetreten, nachdem wir den wahren Sachverhalt erfahren haben.

Die SP, die CVP und auch die Grünliberalen haben erklärt, der Kandidatenwechsel hätte sie geradezu gezwungen, den ursprünglichen Plan zu ändern.
Blocher: Das sind Ausreden. Man wollte die SVP nicht im Bundesrat. Darum hat man weder Jean-François Rime noch Hansjörg Walter gewählt, nur darum. Einen konkordanteren Kandidaten als Herrn Walter gibt es ja nun wirklich nicht. Wenn man den nicht wählt, wählt man keinen.

Was sind jetzt die Konsequenzen? Wird die SVP auch Herrn Maurer dazu veranlassen, den Bundesrat zu verlassen?
Blocher: Herr Maurer hat heute gesagt, dass diese Wahl und die Zusammensetzung des Bundesrates schlecht für das Land seien. Und auch schlecht für ihn, der weiter einsam in der Regierung sitzt. Und trotzdem: Ueli Maurer wird bleiben, wenn die Partei dies nicht anders verlangt!

Noch einmal: Geht die SVP in die Opposition?
Blocher: Wir müssen nicht mehr gehen wir sind es. Man hat uns nicht die volle Regierungsverantwortung übertragen. Welche Konsequenzen wir daraus ziehen, entscheiden wir am Parteitag am 28. Januar 2012. Aber eines ist klar, jetzt sind wir verpflichtet, die Regierung zu kontrollieren, zu kritisieren, Missstände aufzudecken und auch aufzuzeigen, was man wie besser machen könnte. Wir haben den Auftrag zur konstruktiven Regierungskontrolle.

Möglich wäre auch, dass Herr Maurer den Bundesrat verlässt?
Blocher: Herr Maurer ist ein ausgezeichneter Bundesrat. Ich glaube nicht, dass dies nötig sein wird. Auch das entscheiden wir am 28. Januar 2012.

Es wird klar, dass Sie persönlich den Weg in die Totalopposition bevorzugen.
Blocher: Nein. Aber was heisst das? Wir sind ja nach wie vor in den Gemeinden und Kantonen eingebunden. Eine Totalopposition kann und soll es also gar nicht geben. Aber ich werde opponieren, wenn die Ausländer- und Asylpolitik aus dem Ruder läuft. Andere werden es auch tun. Ob die ganze Fraktion oder Partei dies auch tut, werden wir sehen.

Was werfen Sie dem Bundesrat denn inhaltlich vor?
Blocher: Dass er beispielsweise die Katastrophe im Asylwesen schönredet, statt diese aufzudecken. Frau Sommaruga, löst die Asylprobleme nicht, sondern verwaltet sie. 95 Prozent der Asylanten aus Afrika sind Kriminelle oder Wirtschaftsflüchtlinge. Italien nimmt sie gemäss Dublin-Vetrag praktisch kaum zurück. Sie sollten sofort die Südgrenze – entgegen Schengen – kontrollieren oder schliessen. Wenn es so weitergeht, gibt es unlösbare Probleme. Das muss verhindert werden. Weil wir nicht mehr in der vollen Regierungsverantwortung sind, können wir das besser tun, als wenn man mit der Regierung unter einer Decke steckt.

Warum haben Sie eigentlich den FDP-Sitz attackiert, obwohl Sie das zuvor ausgeschlossen hatten?
Blocher: Weil die Konkordanz gebrochen war: Zudem gab es ja auch mindestens ein halbes Dutzend FDP-Mitglieder, die sich nicht an die Abmachung gehalten haben. Wie damals bei meiner Abwahl sind sie mitverantwortlich. Am Montag hat die FDP auch gegenüber der SVP erklärt, dass sie im 7. Wahlgang gegen die SP nicht die SVP unterstützen werde.

Themenwechsel, reden wir von der «Basler Zeitung» und dem Vorwurf, Sie hätten über Ihren Einfluss dort gelogen.
Blocher: Das behaupten die Journalisten jener Verlage, die sich die «Basler Zeitung» einverleiben wollen. Aber die Aeusserung, meine Aussagen seien formell korrekt gewesen, aber inhaltlich gewagt, ist nicht ganz falsch.

Warum haben Sie denn nicht klipp und klar gesagt, dass Sie die Macht in Basel hatten?
Blocher: Weil das nicht so war, die Macht hatte der Mehrheitsaktionär Moritz Suter, solange er die Aktien besass. Aber – meine jüngste Tochter hat die Aktien kurzfristig übernommen, weil eine solche Option bestand. Sie tat dies, um sie an die Medien-Vielfalt-Holding von Herr Tettamanti zu verkaufen. Diese wird dafür sorgen, dass der Monopolisierung der Medienlandschaft Einhalt geboten wird.

Es bleibt dabei: Sie haben den Eindruck genährt, dass Sie nichts mit der «Basler Zeitung» zu tun hätten.
Blocher: Nicht ich, sondern meine Tochter Rahel war mit ihrem Geld involviert. Natürlich hat weder sie noch ich dies veröffentlicht, aber auch nicht bestritten. Meine Tochter ist nun nicht mehr dabei, aber ich werde den neuen Besitzern für Basel eine gewisse Garantie leisten, dass sie mit dem industriellen Teil keinen Verlust erleiden werden. Doch jetzt hat die BaZ mit Filippo Leutenegger einen tüchtigen Sanierer als Präsidenten. Entscheidend ist doch, dass die «Basler Zeitung» und später auch weitere nicht auch noch in die Hände der Grossverlage fallen. Das helfe ich zu verhindern.

Wird sich denn diese Holding an weiteren Medienunternehmen beteiligen?
Blocher: Das müssen Sie Herr Tettamanti fragen. Ich glaube schon. Sie will die Medienvielfalt. Wir haben ja bereits geradezu nordkoreanische Verhältnisse: Vor den Wahlen einheitlich durch Staatsfernsehen und Staatsradios die Asyl- und Freizügig-keitsprobleme beschönigen und erst nach den Wahlen die Realität zeigen! Es gibt nur wenige Ausnahmen; Zu denen gehören die «Basler Zeitung», die «Weltwoche» und auch die «Schaffhauser Nachrichten». Aber die «Schaffhauser Nachrichten» brauchen ja glücklicherweise niemanden, der ihnen hilft.

Wird denn nun die «Basler Zeitung» zum SVP-Blatt?
Blocher: Lesen Sie sie doch, dann sehen Sie, dass es eine offene Zeitung ist, die enorm an Qualität gewonnen hat. Und die auch linke Autoren publiziert, selbstverständlich.

Sobald Sie sich bei Medien engagieren, gibt es massive Widerstände. Können Sie sich das erklären?
Blocher: Erklären? Ich bin es gewohnt. Das ist halt einfach so, und dies hat mich auch – der Sache und den Mitarbeitern zuliebe – in Basel dazu veranlasst, mich offiziell aus dem Spiel zu nehmen.

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