Konkordanz oder Opposition? Die SVP und die Landesregierung

Ansprache von a. Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Delegiertenversammlung vom 10. Dezember 2011 in der Kaserne von Chamblon (VD)

Herr Präsident
Herr Bundesrat
chers amis de la Suisse romande
cari amici della Svizzera italiana
meine Damen und Herren

In vier Tagen wird unsere Landesregierung neu gewählt. Die Frage lautet: Gilt die Konkordanz oder soll eine Koalition von Gleichgesinnten regieren?

I. Die SVP und die Konkordanz
In der Konkordanz regieren mehrere Parteien zusammen – sinnvollerweise die grössten. Nicht weil sie gleicher, sondern obwohl sie verschiedener Meinung sind. Sie haben nur etwas gemeinsam: Sie sind die Wählerstärksten. Für die Landesregierung hiess dies bisher: Die drei grössten Parteien sind mit je zwei Sitzen, und die kleinste Partei mit einem Sitz in der Regierung vertreten. Das galt zumindest solange, als die SVP die kleinste Partei war. Nachher waren der Ausreden viele, um die SVP ganz oder teilweise aus der Regierung auszuschliessen. Sie predigten Wasser und tranken Wein!

II. Am 14. Dezember 2011 geht es um die Konkordanz
Die Konkordanz garantiert eine gewisse Stabilität. Darum hat sich die SVP stets vorbehaltlos hinter die Konkordanz gestellt. Mit der „Zauberformel“ – 2:2:2:1 – sind etwa 75 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Bundesrat vertreten.
Das ist anspruchsvoll: Jeder Bundesrat trägt die Grundsätze seiner Partei und ihrer Wähler ins Regierungsgremium. Hier treffen die verschiedenen Ansichten aufeinander. Und hier muss nun ein tragfähiger Kompromiss erstritten, erkämpft und erlitten werden.

Was heisst das für die SVP? Erstens hat man den Gegner ernst zu nehmen, indem man sich mit ihm streitet. Es ist kein billiges Anbiedern.
Die SVP setzt sich auch in der Regierung ein für Freiheit, für eine unabhängige Schweiz, für die Volksrechte, die dauernd bewaffnete Neutralität und die Sicherung der Wohlfahrt. Sie muss auch bereit sein, sogar mit einer SP notfalls einen Kompromiss einzugehen. Die Konkordanz verlangt, dass die SVP notabene mit einer SP regiert, die in ihrem neuesten Programm genau das Gegenteil von der SVP darstellt.
Die SP strebt eine in die EU eingebundene Schweiz an, sie tritt ein für die Abschaffung der Landesverteidigung und für die Überwindung des Kapitalismus – d.h. für den real existierenden Sozialismus. Die SVP weiss, dass in der Geschichte Wirtschaftstotenstille, Hunger, Elend, Massenelend, Blutvergiessen und Millionen von Ermordeten, Verdrängten und Vertriebenen zur Diktatur geführt haben. Nein, wir regieren nicht mit der SP, weil uns dieses Programm begeistern könnte. Aber wir akzeptieren die SP, die mit 18,5 Prozent Wähleranteil die zweitgrösste Partei ist, und daher zwei Sitze zu gut hat.

Allerdings kann diese Bereitschaft der SVP nur dann gelten, wenn auch die SP bereit ist, der SVP – der mit 26,6 Prozent grössten Partei – zwei Sitze zuzugestehen. In der Konkordanz müssen alle involvierten Parteien diese mittragen – und zwar nicht nur verbal.

Darum, meine Damen und Herren, gilt: Am 14. Dezember 2011 geht es um die Konkordanz.

Wird der SVP der zweite Sitz zugunsten der 5,4-Prozent-Partei BDP verweigert, ist die Konkordanz gebrochen. Dies hat unabsehbare Folgen.

III. Wo steht die SVP?
Die Entscheidung fällt in der Wahl um den zweiten Bundesratssitz. Eine Vertreterin einer 5,4-Prozent-Partei hat keinen Platz in der Konkordanz. Wird die SVP als stärkste Partei in ihrem Anspruch auf einen zweiten Sitz nicht berücksichtigt, ist DIE KONKORDANZ GEBROCHEN! Dann gelten dann sofort keine Regeln und Abmachungen mehr.
26,6 Prozent der Wähler haben SVP gewählt, mehr als ein Viertel.

Die SVP ist mit dem drittbesten Resultat in ihrer 92-jährigen Geschichte aus den Wahlen hervorgegangen! Die Partei hat erstmals 1919 an den eidgenössischen Wahlen teilgenommen. Das Jahr 1919 war auch das erste Jahr der Proporzwahlen.
2011 hat die SP mit dem zweitschlechtesten Resultat in ihrer Geschichte abgeschlossen!

Und die CVP und FDP liegen auf dem historischen Tiefpunkt!

Meine Damen und Herren, wer ist hier die Verliererpartei?

IV. Der Auftrag der SVP
Die SVP hat vor den Wahlen dem Schweizervolk ein klares Programm und einen Vertrag mit dem Volk vorgelegt – 26,6 Prozent der Wähler haben sich dafür ausgesprochen und damit der SVP einen klaren Auftrag erteilt.

Am Anfang der Bundesverfassung steht geschrieben:
„Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes.“

Meine Damen und Herren:

  • Freiheit
  • Volksrechte
  • Unabhängigkeit
  • Sicherheit

Genau dies ist das Parteiprogramm der SVP!

Die Verwirklichung dieser Ziele ist für die Schweiz existenziell.
Schauen Sie hinaus in die Welt! Die Schuldenpolitik ist das Resultat globalen Grössenwahns. Es ist eine Politik ohne die Grundsäulen Freiheit, Volksrechte, Unabhängigkeit, Sicherheit! Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg!
Es drohen Unsicherheit und Wirtschaftniedergang mit Arbeitslosigkeit! Es gilt, diesen Gefahren entschlossen entgegenzuwirken. Es gilt, die bewährten Grundsäulen unseres Landes nicht zu verlassen. Bürger und Wirtschaft sind zu stärken. Ist es da sinnvoll, die grösste Partei aus der Regierung auszuschliessen?

V. Tadel als grösstes Lob
Es mag Leute unter Ihnen geben, die unter all den schadenfreudigen Meldungen und Falschmeldungen der Monopolmedien Fernsehen und Radio, sowie der Main-stream-Medien leiden. Doch, meine Damen und Herren, gönnen Sie doch unseren Gegnern die Schadenfreude, dass die SVP nach 20-jährigem Dauererfolg am 23. Oktober 2011 etwas zurückgefallen ist.

Wer kann denn ein Lob erwarten von all denen, die sich schon lange von der Schweiz verabschiedet haben? Von all jenen,

  • die uns Richtung EU treiben,
  • die dem Druck aus der EU und den USA leichtfertig nachgeben,
  • die die Schweizer Wirtschaft verregulieren und zu Tode verbürokratisieren,
  • die die Stromversorgung unterbrechen, bevor sie neue Energiequellen haben,
  • die die verheerenden Auswirkungen der Personenfreizügigkeit und von Schengen nicht sehen,
  • die das Asylunwesen nicht beseitigen, sondern verwalten und pflegen,
  • die ein Finanzgebaren an den Tag legen, das die Schweiz zum Schuldenstaat macht?

Sollten wir von diesen Kreisen Lob erhalten?
Nein, meine Damen und Herren: Der Tadel unserer Gegner ist gleichzeitig unser grösstes Lob!

Deshalb können wir freudig und selbstbewusst in die Zukunft schreiten!

Egal, ob die SVP in der Regierung als vollwertiger Partner vertreten ist oder ausserhalb der Regierung steht: Sie wird sich auf jeden Fall für die Schweiz einsetzen.

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