Blocher: Ospel und Wuffli waren ein hervorragendes Team

Der SVP-Vizepräsident erklärt die Finanzkrise, rückt Missverständnisse zurecht und sagt SonntagsBlick, warum er sich nicht von Ospel distanzieren mag.

Interview mit dem „SonntagsBlick“ vom 2. November 2008

Mit Hannes Britschgi und Marcel Odermatt

Herr Blocher, Sie waren einige Wochen in den USA. Was haben Sie von der UBS-Krise mitgekriegt?

Ich habe natürlich auch viel telefoniert und gehört, dass ein Rettungspaket geschnürt werden musste. Die Nationalbank hat gut gearbeitet.

Das Rettungspaket ist mit 68 Milliarden Franken ein brutal schweres Paket.

Das ist so. Aber es sind keine eigentlichen Staatsausgaben, die den Steuerzahler belasten. Das ist wie bei einem Hauskauf für 800 000 Franken. Sie haben zuerst Geld und dann haben Sie das Haus. Und wenn Sie es wieder verkaufen, können Sie es hoffentlich mit Gewinn verkaufen. Es sind Darlehen, die bei der Nationalbank zurückbezahlt werden müssen. Der Bund gibt ein Darlehen, das zu 13 Prozent verzinst wird und der Erwerb einer Beteiligung an der UBS ist im positiven Fall ein gutes Geschäft. Im schlechten Fall wird es allerdings ein Verlust.

Ihre Prognose ist recht optimistisch.

Meine bange Frage heisst: Genügt das Paket?

Die Antwort hängt mit der Vertrauensfrage zusammen. Wie sehen Sie die Vertrauenskrise?

Sie ist vorhanden. Keine Bank traut der anderen. Im Moment trauen die Leute noch dem Staat. Das heisst sich selber – dem Steuerzahler. Die letzte Bundesanleihe ist zu null Prozent Zins zustande gekommen! Gratis Geld ist auf Dauer gefährlich. Vorsichtig gesagt: Das Vertrauen hat sich in jüngster Zeit verbessert.

Ihre Nachfolgerin, Bundesrätin Widmer-Schlumpf, musste für den herzkranken Bundesrat Merz einspringen. Wie hat sie es gemacht?

Ich weiss es nicht, da ich nicht im Lande war. Ich stelle einfach fest, dass in der Bevölkerung die Botschaft nicht angekommen ist.

Was stellen Sie denn bei der Bevölkerung fest?

Das Volk meint, es sei eine Firma im Schleudern und deshalb müsse man dieser 60 Milliarden aus der Bundeskasse zahlen. Das ist der Tenor bis weit in die Politik hinein. Das ist Unsinn.

Was wäre denn Ihre Botschaft?

Weil alle Staaten der Welt praktisch Bankgarantien gegeben haben, musste die Schweiz auch etwas unternehmen. Zudem hat der Staat die primäre Aufgabe, den Geldfluss zu garantieren. Weil der nicht mehr funktionierte, musste man unbedingt handeln. Mit verzinsbaren und rückzahlbaren Darlehen und Investitionen, die man hoffentlich wieder veräussern kann. Zur Rettung unserer Volkswirtschaft tut man es.

Manager, angetrieben durch aggressive Bonussysteme, haben die Banken in diese Krise geführt. Was lernen wir daraus?

Die oberste Führung der Banken – das heisst der Verwaltungsrat – trägt die Verantwortung. Es gibt keine Ausreden. Also: Verbesserung und Änderung des Führungsverhaltens!

Was muss sich ändern?

Es muss sich grundlegend ändern. Abschied vom Bonussystem und zwar radikal. Marktgerechte Löhne und bei Extraleistungen gibts was dazu.

Was sagen Sie zur Idee, eine gesetzliche Höchstgrenze für Managerlöhne festzusetzen?

Das ist Unsinn. So wird es noch schlimmer werden.

Warum?

Wir haben nur ein paar Unternehmen, die über der Höchstgrenze liegen. Über 95 Prozent sind weit von dieser Höchstgrenze weg. Meinen Sie, es würde doch noch einer unter diesem Maximum in den Verwaltungsrat? Zudem würde man den Eigentümern und den Verwaltungsräten die Verantwortung nehmen. Das wäre fatal.

Wie konnte es überhaupt zu diesem Boni-Auswuchs kommen?

Man wollte die Angestellten wie Unternehmer behandeln. Das heisst, wenn es gut geht, verdient man viel. Aber es wurde vergessen: Wenn ein Unternehmer schlecht arbeitet, wird er arm. Die Boni-Empfänger wurden aber nicht mausarm. Sie erhielten sogar Boni, wenn es im Unternehmen schlecht lief. Begründung war: Man muss die Mitarbeiter halten.

Sie haben auch selbst schon tüchtig kassiert. Als Verwaltungsrat der Pharma-Vision erhielten Sie 1997 sieben Millionen Franken.

Es ging um eine Beteiligungsgesellschaft mit dem einzigen Zweck, den Wert zu steigern. Aber die drei Verwaltungsräte waren die Mehrheitseigentümer. Sie trugen die Gewinne und die Verluste mit. Als es schlecht lief, waren sie die Verlierer und die Entschädigung – stets durch die Generalversammung genehmigt – war null!

Ihr Freund Martin Ebner hat seinerzeit auch Schaden angerichtet, ebenso Ihr Freund Marcel Ospel bei der UBS. Haben Sie da mitgelitten?

Natürlich. Aber ich bin nicht verantwortlich für das, was andere machen. Herr Ebner hat dabei als Unternehmer verloren. Aber ich distanziere mich auch nicht von Personen, die in der Geschäftsführung Fehler gemacht haben. Das würde von schlechtem Charakter zeugen. Als die SBG und SBV zur UBS fusionierten, waren Herr Ospel und Herr Wuffli ein hervorragendes Team. Die Bank wurde damals gut geführt.

Mit Betonung auf «damals»?

Natürlich. Das Ganze kam meines Erachtens mit dem Bankenerwerb in USA. CS und UBS machten dieses Abenteuer. Beide verloren Geld! Die UBS hatte es zum Schluss nicht mehr im Griff. Dafür muss nun der Verwaltungsrat geradestehen und natürlich insbesondere Herr Ospel und Herr Wuffli.

Martin Ebner hat in den 90er-Jahren die damalige SBG öffentlich geprügelt, dass sie höhere Eigenkapitalrendite erwirtschaften müsse. Das war die Immer- mehr-Mentalität!

Ich bin für Ebners Geschäfte nicht verantwortlich. Er ist aber ein guter Banker und einer der ersten, der gegen die Boni-Mentalität angetreten ist. Ich habe auch nichts gegen Gewinne. Der Gewinn ist das Blut des Unternehmens. Aber Scheingewinne sind abzulehnen.

Wie werden Sie bei der Personenfreizügigkeit abstimmen?

Ich stimme Nein. Was die Partei beschliesst, weiss ich nicht. In der SVP gab es in dieser Frage stets unterschiedliche Meinungen. Bei der Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien muss man Nein stimmen. Um den Stimmbürger irrezuleiten, hat das Parlament zwei Vorlagen zusammengebunden. Die Sache ist jetzt verfälscht. Nein zu stimmen, ist die weniger schlechte Lösung.
Werden Sie sich in den Abstimmungskampf einmischen?

Das weiss ich noch nicht. Den Kampf müssen jetzt vor allem die führen, die das Referendum ergriffen haben.  

Haben Sie eigentlich persönlich Geld in der Finanzkrise verloren.

(Lacht) Nein. Mein Vermögen steht im Privatdarlehen an meine Kinder, damit sie die Unternehmen führen können und in Festgeld, da ich als Bundesrat keine Firmenbeteiligungen wollte.

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