90 Jahre SVP Zürich

Zürich. Anlässlich der Feier zum 90. Geburtstag der SVP Zürich ging Bundesrat Christoph Blocher auf die schwierigen Zeiten, in welchen die Zürcher Bauernpartei gegründet wurde, und deren Erfolge und Rückschläge ein. Die Partei habe frühzeitig im Sozialismus die wichtigste Bedrohung für die Grundfesten der Schweiz entdeckt. Das Jubiläum solle Anlass sein, sich der Bedeutung der Säulen der Schweiz bewusst zu werden.

02.09.2007, Zürich

Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.
Meine Damen und Herren

90 Jahre ist es her, dass an einem Sonntag, mitten im 1. Weltkrieg (1914 – 1918), in der Zürcher Tonhalle die Zürcher Bauernpartei gegründet wurde.

1. Gründung in schwerer Zeit

Die Zürcher SVP ist also – wie die Schweiz auch – in einer „arglistigen Zeit“, in einer Situation grosser Not, entstanden. Besonders für die ländliche Bevölkerung war die Zeit schwer: Seit dem Ausbau der Eisenbahnen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts steckte der Bauernstand in der Krise.
Billiges ausländisches Getreide überschwemmte den einheimischen Markt. Missernten und die Einschleppung verheerender Rebschädlinge verschärften die Lage zusätzlich.

Auf der einen Seite gehörten mächtige Industrie-, Finanz- und Eisenbahnbarone zu den Hauptgewinnern jener Zeit.
Auf der anderen Seite organisierten sich sozialistische Gewerkschaften und die sozialdemokratische Partei.
Der Zürcher Bauer schrieb 1919: „Die Sozialisten wollen billige Lebensmittel, und zwar um jeden Preis, also auch dann, wenn die bäuerliche Bevölkerung dabei zugrunde geht.“1
In den Vertretern des Kapitals und der Grossindustrie sah die Bauernpartei eine ebenso grosse Gefahr für den Weiterbestand der Bauernschaft.
„Auch jene wollen billige Lebensmittel, denn ’billige Lebensmittel – billige Arbeitskräfte – hoher Kapitalgewinn’ sagen sich die Herren.“2

Trotz der drückenden Lage war die Landbevölkerung in sich nicht geeint. Politisch bekämpfte sich der bäuerlich-ländliche Mittelstand oft in unterschiedlichen Parteilagern: Die einen stimmten mit den Freisinnigen, die andern für die Demokraten.

Doch konnten und wollten diese beiden Parteien die Sorgen der Landbevölkerung je länger je weniger aufnehmen und vertreten: Nach Meinung unserer Parteigründer vertraten die Demokraten vorwiegend die Interessen von „fest besoldeten Theoretikern“, und die Freisinnigen waren „zu träge, um sich gegen den freiheitsfeindlichen Sozialismus entschieden zu wehren“.

2. Die Anfänge

Von Anfang an musste sich die Bauernpartei gegen den Vorwurf der Medien und anderer Parteien wehren, bloss als Vertretung einer Berufsgruppe egoistische Interessenpolitik zu betreiben. Doch die Bauernpartei galt von Anfang an auch als glühendste Verfechterin der Landesverteidigung und entschiedene Verteidigerin der Demokratie, in der sie einen „festen Eckpfeiler des Staates zum Nutz und Frommen aller“3 sahen.

Als die Bauernpartei schon bei ihrem ersten Wahlgang 1917 auf Anhieb 47 Kantonsrats-mandate gewann, war das Medienecho um so giftiger und der Neid der anderen Parteien umso grösser.

Sie sehen: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Der Neid ist auch heute nicht geringer geworden.

1917 entstand also die heutige SVP des Kantons Zürich. Sie belebte die damalige Parteienlandschaft im Kanton Zürich, die aus den Freisinnigen, den Demokraten (die sich später zur Freisinnig-demokratischen Partei, FDP, zusammen schlossen, den Sozialisten (heute Sozialdemokratische Partei, SP) und dann den kleineren, konfessionell geprägten Parteien EVP und CSP.

Warum brauchte es also noch eine weitere politische Kraft?
Weil sich die Menschen nicht vertreten fühlten.
Die SVP ist von unten entstanden, aus einem breiten Bedürfnis heraus.
Die geistigen Grundhaltungen bei der Geburtsstunde der SVP und unseres Landes Schweiz ähneln sich:
Es ist eine Mischung aus Trotz und Rebellentum.

Die Gründer der Zürcher SVP sahen, wie die Bürgerlichen (damals die Freisinnigen und die Demokraten) nach links schielten. So beklagte der „Zürcher Bauer“ drei Jahre vor der Parteigründung – bei den Nationalratswahlen 1914:
„In Winterthur zeigten die Bürgerlichen klar und deutlich, dass sie lieber mit der sozialistischen Partei zusammenspannen als mit den Bauern.

Bei gleichem Anlass in Zürich haben wir erfahren, dass die Bürgerlichen überhaupt dem Land keine Vertretung gönnen, wo sie in städtischer Mehrheit sind.“4

3. Eine Partei findet sich

Drei Hauptbeweggründe sind bei der Geburtsstunde der Schweizerischen Volkspartei klar auszumachen. Es sind:

* Klassische standespolitische Interessen
* Die Sammlung der bodenständigen, heimatverbundenen, freiheitsliebenden Kräfte in der bewegten Zeit des 1. Weltkrieges und am Vorabend der sozialistischen Revolution in Russland
* Es ging um den Wert der Schweiz, um die Werte Heimat, Familie, Arbeit

Die Gründerväter sahen sich – wie sie erklärten – als Partei des „vaterlandstreuen und bodenständigen Zürchervolkes“.
Unter all den markanten Erscheinungen, die samt und sonders zur seit 1848 erfolgreichen, freisinnigen Grossfamilie gehört hatten, aber sich nach der Jahrhundertwende abwandten, ragt wohl der Bauernknecht Fritz Bopp aus Bülach hervor.
Schon 1907 gründete er im Bezirk Bülach eine Bauernpartei und führte diese dort zur absoluten Mehrheit.
In seiner armseligen Knechte-Kammer hatte er sich durch Selbststudium vom Bauernknecht zum Zeitungsredaktor, Gerichtspräsidenten und Nationalrat hochgearbeitet.

Er rief in Bern gegen die Verschleuderung der Steuergelder auf, liess es aber nicht beim Schwatzen bewenden, sondern schickte aus Protest und Vorbild seine Taggelder als Parlamentarier an den Bund zurück.

Bopp verschmähte jedes fotographische Porträt von sich mit der Begründung: „Jede Tore-bueb laat sich hüt efäng fotografiere!.“ Sein Urteil über eine grosse Zahl von Nationalrats-kollegen war schonungslos, aber ehrlich, wenn er ausrief: „Ich sehe manche gespreizte Null in ihrer ganzen durchsichtigen Hohlheit schimmern.“

4. Erfolge und Rückschläge

Schon Mitte der 20er Jahre ereilte auch die Bauernpartei das, was alle Parteien immer wieder durchzustehen haben: Rückschläge, Querelen, Auseinandersetzungen und Spaltungen.

In diesen Turbulenzen übernahm dann 1925 ein Mann das Präsidium, der die Partei in ein ruhigeres Gewässer führte und der SVP ein eigentliches Programm verpasste: Der Stäfener Rudolf Reichling. Er übernahm die Anliegen seiner Vorgänger und verstärkte die patriotische Ausrichtung.

Der politische Gegenentwurf war der Sozialismus. Hauptgegner war die Linke, heute wären dies Sozialdemokraten und Grüne.

Das hiess in einem Satz: “Alle Bauern, Handwerker, Gewerbetreibende, sowie die auf vaterländischem Boden stehendem und dem Grundsatz des Privateigentums huldigenden Intellektuellen, Angestellten und Arbeiter wollen von ihr gesammelt werden zu vereinter Arbeit für das Gesamtwohl.”5

5. Gegen Sozialisten jeglicher Couleur

6Die Partei entdeckte frühzeitig im Sozialismus die wichtigste Bedrohung für die Grundfesten der Schweiz:
Selbstbestimmung, Freiheit, Föderalismus, Eigenverantwortung, die liberale Wirtschaftsordnung.
So viel hat sich auch bis heute nicht geändert. Es ist so: Die ewige politische Grundfrage bleibt:

Wie viel Staat braucht der Mensch? Wie viel Staat – wie viel Freiheit wollen wir?
Schon die jugendliche Bauernpartei ruhte in ihren Grundsätzen und konnte so auch später allen totalitären Versuchungen widerstehen.
Besonders aktuell war dies dann in den 30er-Jahren, als die Partei festlegte:
“Nicht Sichel und Hammer und nicht das Hakenkreuz, nicht das Dogma einer Partei und nicht die staatliche Diktatur können unsere Losung sein”. Scharen wir uns entschlossen unter dem weissen Kreuz im roten Feld, dem Symbol der Demokratie, dem Zeichen der inneren Verbundenheit und der gegenseitigen Verantwortung. In diesem Zeichen werden wir den politischen Gegner überwinden und siegen!”7 – so das Bekenntnis im Jahr 1933 – im Jahre der Machtübernahme durch Hitler.

6. An die Bürger denken

Nur weil wir hier heute ein Jubiläum feiern, sollten Schwächen und Versagen in der Parteigeschichte nicht verschwiegen werden. Auch die Zürcher SVP hatte immer wieder Krisen. Vor allem dann, wenn sie aus Opportunismus, aus wahltaktischen oder Bequemlichkeitsgründen ihre Grundsätze vernachlässigte.
Nicht der politische Gegner schwächte die SVP, sondern in der Krise war sie es stets selber.

Das ist die dauernde Gefahr der Politiker und Parteien: Kaum kehrt etwas Erfolg ein, denken sie an sich selbst, ihre Karriere und den eigenen Vorteil, vergessen ihren Auftrag, wollen beliebt und in der Presse gelobt sein und vergessen die Sorgen der Menschen. Sie sehen: Es gibt nichts Neues unter der Sonne!
Schauen Sie heute in die Parteienlandschaft: Wer Ohren hat, der höre, wer Augen hat, der sehe. Besonders gross müssen Aug und Ohr nicht sein, um die Missstände im Land oder in den Parteien zu sehen und zu finden.

7. Die 70er Jahre: Krise und Wiederauferstehung

Ein Jahr nach den Zürchern – im Jahre 1918 – würde die Berner Bauern-Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) gegründet. Im grossen Agrarkanton wurde sie rasch zur vorherrschenden Partei und überragte in der SVP-Fraktion die Zürcher bis in die 90er Jahre an Bedeutung und Zahl der Vertreter.

Bis in die 90er Jahre war die SVP politisch nur in der Hälfte der schweizerischen Kantone vertreten. Erst die Auseinandersetzung um die Europäische Union und namentlich der erfolgreiche Kampf gegen den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum brachte die breite Präsenz in allen Kantonen.
1971 integrierte die Schweizer BGB die Bündner und Glarner Demokraten und wurde so zur Schweizerischen Volkspartei (SVP).

Bei den Nationalratswahlen 1975 brach die SVP jedoch dramatisch ein. Gesamtschweizerisch erreichte sie lediglich noch 9,9 %. Damit war sogar ihr einziger Bundesratssitz stark gefährdet. Von Angst und Weh begleitet, setzte eine heftige innerparteiliche Diskussion ein: Wie üblich, glaubten viele in der Partei, man müsse das konservative Gedankengut aufgeben und mit mehr modernistischem, progressiv–liberalem Gedankengut neue – vor allem eher linke – Wähler ansprechen.

Die Diskussion wandte sich immer mehr ab von den Sorgen der Bürger. Im Mittelpunkt standen nur noch Polit- und Marketingüberlegungen.
Auch die Zürcher SVP, die mit nur gerade vier Mandaten aus den Nationalratswahlen 1975 hervorgegangen war, machte sich ernste Gedanken über die Zukunft der Partei und deren Ausrichtung, aber hielt das Parteimarketing als die falsche Orientierung.

Nach heftigen Auseinandersetzungen in der SVP, nach Austritten und Turbulenzen, nach Versöhnungen, Beschwörungen, Kompromissen und nach zahlreichen Grundsatzdiskussionen mit verunsicherten Parteiexponenten, die zur Anpassung nach links neigten, setzte sich schliesslich der liberal-konservative Kurs der Zürcher SVP in der Partei durch, auch wenn die Diskussion – namentlich mit Berner und Zürcher Parteiexponenten – bis Mitte der 90er Jahre immer wieder aufflammte.

Die Zürcher legten überzeugend dar: Man braucht keine weltanschauliche Öffnung, keine Anbiederung an die diffuse, unzuverlässige Mitte, wo sich genügend Parteien tummeln und die Zürcher machten ein für allemal klar, ein Weg nach links ist für das Land verhängnisvoll.

Das liberal-konservative bürgerliche Gedankengut, die Idee der Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger sei keineswegs veraltet, sondern zukunftsweisend
Zürich wehrte sich gegen eine ideologische Öffnung, aber verfolgte eine thematische Öffnung auf vorhandenem solidem Gedankengut. Das Menschenbild galt es nicht zu ändern.

Die SVP sollte sich nicht nur mit den Themen Landwirtschaft und Landesverteidigung und Finanzen befassen, sondern auch mit allen anderen Gebieten: Staats- und Bildungspolitik, Sicherheits- und Sozialpolitik, der breiten Wirtschaftpolitik usw.

Auch in der Zürcher Partei selbst war das Vorgehen nicht unumstritten. Zahlreiche Arbeits-tagungen, Diskussionen, interne Debatten sowie heftige Attacken von aussen schweissten die Basis aber immer mehr zusammen.
Mitten in diese Zeit – Anfang 1977 – fiel der überraschende Tod des damaligen zürcherischen Parteipräsidenten, Nationalrat Werner Leutenegger, Geschäftsführer des kantonalen Gewerbeverbandes.
Die anschliessende Präsidentenwahl wurde zur Abstimmung über die ideologische Ausrichtung der Partei. In einer heftigen Kampfwahl wurde schliesslich im Februar 1977 Christoph Blocher zum Parteipräsidenten gewählt und blieb dies bis zur Wahl in den Bundesrat im Jahr 2004.
Anfänglich wurde die Parteiorganisation gestrafft, die Ortssektionen und Bezirks-parteien wurden gestärkt und grosser Wert auf die politische Knochenarbeit gelegt.

Oberster Führungsgrundsatz war: Je weniger die Partei an sich denkt, desto eher denken die Wähler an die Partei. Im Detail hiess das: Entschädigungen, Sitzungsgelder, Spesen wurden abgeschafft und das Parteisekretariat professionalisiert.
Die Zürcher Kantonalpartei begann in nationalen Fragen der Partei voranzugehen. Sie nahm gesamtschweizerischen Einfluss. Die jährlichen Albisgüetli-Tagungen entwickelten sich zu national bedeutungsvollen Anlässen.

Erinnert sei auch an die denkwürdige Delegiertenversammlung im Jahre 1992 mit über 500 Delegierten, wo die Zürcher Kantonalpartei als erste schweizerische Partei zur Überraschung aller Politbeobachter den Mut aufbrachte, den EWR-Vertrag abzulehnen.

Da in den Zeitungsspalten der zunehmend erfolgreichen Zürcher SVP (sie steigerte ihre Sitzzahl im Nationalrat von den vier Sitzen 1975 auf 13 Mandate im Jahre 1999) immer weniger Platz eingeräumt wurde, musste die Partei den Kampf mit Veranstaltungen und auf dem Inserateweg führen. Die Wählerinnen und Wähler belohnten die SVP – trotz aller Gegenattacken – mit ständig steigenden Stimmenzahlen.

Die Zürcher SVP wurde so immer mehr zur Partei all jener Leute, die mit beiden Beinen im Leben stehen und ihren Alltag stets aufs Neue erfolgreich bewältigen. Die Zürcher Schweizerische Volkspartei wurde immer mehr zur Partei des Mittelstandes und der arbeitenden Bevölkerung.

Gezielt wurde – namentlich unter der Führung von Nationalrat Walter Frey – die Stadtpartei ausgebaut, so dass die SVP sowohl auf der Landschaft als auch in den Agglomerationsgemeinden und der Stadt Zürich zur grossen Partei wurde. Aus den Nationalratswahlen 2003 ging sie mit dem fast unglaublichen Stimmenanteil von 33,6% aus den Wahlen hervor!

8. Konsequent auf Kurs

Der konsequente Weg für Selbstbestimmung, direkte Demokratie, Neutralität, Föderalismus wurde vor allem in den 90er Jahren für den Erfolg der Partei entscheidend. Als alle anderen Parteien und die gesamte politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche Prominenz die Schweiz in die EU, die UNO, ja sogar in die NATO führen wollten, ging die Zürcher SVP einen anderen Weg. Sie konnte davon zuerst die Schweizerische Partei und dann schliesslich an der Urne die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger überzeugen:

Das Schweizervolk lehnte am 6. Dezember 1992 bei einer Stimmbeteiligung von 78,7% den EWR ab und schloss damit das Tor für den Beitritt der Schweiz in die Europäische Union.

Dieser heftigen Auseinandersetzung, die den Höhepunkt der Verunglimpfungen brachte, war die Geburtsstunde zahlreicher neuer SVP-Parteien in der Zentralschweiz, der Ostschweiz und der Romandie.
Die Zürcher SVP unterstützte anfänglich diese neuen Parteien mit Rat, Tat und oft auch finanziell. Der politische Boden dieser Parteien war solid. Einstehen für die Schweiz war damals in der veröffentlichten Meinung nicht modern. Die SVP aber hielt Stand.

An der 1. Augustfeier 1991 – im 700sten Jahr der Eidgenossenschaft – wurde auf dem Rütli durch die Classe politique der Sonderfall Schweiz rhetorisch zu Graben getragen. Einstehen für den Sonderfall Schweiz war zum Spiessrutenlaufen geworden. Die Zürcher SVP gab massiv Gegensteuer. Die Albisgüetli-Rede von 1992 trug den programmatischen Titel: „Anpassung oder Widerstand“?
In der Innenpolitik wurde die Zürcher SVP zum Bollwerk gegen den Sozialismus und gegen die innere Zersetzung.

Die Bürger – nicht der Staat – sollen im Mittelpunkt stehen. Eigenverantwortung, Unternehmertum, Kreativität, Erfolg wurde propagiert. Diese Ausrichtung hat die Schweiz geformt und bildet das Fundament, das unserem Land (arm, praktisch ohne natürliche Bodenschätze, ohne Meeranstoss, kleinräumig) einen solchen Wohlstand schaffen konnte. Und „schaffen“ ist durchaus wörtlich gemeint. In diesem Sinne hielt die Partei an dem fest, was die politischen Vorfahren schon 1919 proklamierten: „Und nichts als harte Arbeit ist es, die ein Volk nährt und sittlich stark macht.“8

Mit Sorge erfüllt die SVP, wenn in einem Staat das Gefühl aufkommt, man sei der Betrogene, wenn man arbeitet gegenüber anderen, die mit allen Tricks versuchen, sich von der Allgemeinheit aushalten zu lassen. Dann haben wir ein Sozialsystem, das diesen Namen nicht mehr verdient.
Missbräuche zu stoppen trat in der politischen Arbeit immer mehr in den Vordergrund, sei es im Sozialwesen, im Asylwesen, bei der Invalidenversicherung, in der Entwicklungshilfe oder anderswo.

Für die SVP gilt aber auch, dass für diejenigen, die nicht für sich selber sorgen können und durch alle Maschen fallen, gesorgt wird. Sie weiss aber auch, dass man die Schwachen nicht stärkt, indem man die Starken schwächt.
Jeder Franken Fürsorge muss irgendwo erwirtschaftet werden und einem anderen gewissermassen abgenommen werden.

Daraus leitet sich die soziale Überzeugung der SVP ab.

* Sozial ist zuerst einmal derjenige, der für sich und seine Nächsten schaut.
* Sozial ist, wer arbeitet.
* Sozial ist, wer Arbeit schafft.
* Sozial ist, wer in Eigenverantwortung lebt.
* Sozial ist, wer selber wohltätig ist und nicht derjenige, der sich für staatliche Sozialleistungen brüstet, für die andere aufkommen müssen.

9. Für Grundsätze einstehen

Grundsätze bleiben bestehen – sonst wären sie keine Grundsätze. Die SVP ist die Partei der Grundsätze. Darin liegt ihre Glaubwürdigkeit und Kraft.

1922 trat die Bauernpartei mit folgenden Schlagwörtern in den Nationalratswahlkampf: „Bauernpolitik ist eine Politik der Arbeit“9 , „Kampf gegen Rot“10 und „Verteidigung unserer Volksrechte“11.

Müssten wir 2007 ein Komma daran ändern? Nein. Grundsätze bleiben bestehen und für Grundsätze steht man ein.

Zu den Kantonsratswahlen von 1932 trat die Bauernpartei mit der Parole an: “Für Sicherheit, Ruhe und Ordnung, für einen einfachen, gesunden Finanzhaushalt, für eine entschiedene vaterländisch-bürgerliche Politik”12.

Müssten wir an dieser Parole einen Buchstaben ändern? Nein.
Die SVP ist die Partei, die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger fordert.

Für unsere Zeit hat die SVP die Richtung vorgegeben: Wir haben ein Problem mit importierter Gewalt – also muss sie reexportiert werden.

10. Besinnung auf unser Fundament

Gerade an einem Anlass wie heute, an dem wir ein Jubiläum feiern, dürfen wir uns wieder bewusst werden, was uns die Säulen der Schweiz zu bedeuten haben.

* Wir wollen eine Demokratie, eine Volksherrschaft – und zwar ohne Abstriche.
* Wir wollen Freiheit und Selbstbestimmung – wir brauchen kein fremdes Recht und wollen unsere Handlungsfreiheit bewahren.
* Wir pflegen aussenpolitisch die dauernde Neutralität – und zwar ohne modische Zusätze („aktive“ Neutralität).
* Wir halten an unseren Grundsätzen und Werten fest und halten durch – auch gegen alle modischen Strömungen und moralischen Erpressungsversuche.

Ich zitiere zum Abschluss noch ein Werbeflugblatt der Bauernpartei aus dem Jahr 1919:13
Ihr wollt arbeiten und leben;
Ihr hasst das Saugen an der Staatskrippe.
Ihr wollt ein einfaches, sittlich kräftiges Schweizervolk: Menschen mit eigener Arbeits- und Verantwortungsfreude!
Ihr bekämpft die Auswüchse des Kapitalismus und verdammt die zertrümmernden Wahnideen der Sozialisten.
Ihr verlangt einen festen Kurs in der Politik und duldet kein Wanken zwischen der vaterländisch-bürgerlichen und der sozialistischen Politik.
Ihr duldet das Verschleudern der Staatsgelder durch eine leichtsinnige Geldverteilerei und eine ruinierende Lohnpolitik nicht.
Ihr fordert einen sparsamen Haushalt des Staates und des Bundes.
Ihr verwerft das staatliche Eingreifen in Eure Betriebe, weil es den Bureaukratismus gross züchtet und die eigene Verantwortung lähmt.

Die SVP muss auf Kurs bleiben. Für eine sichere, unabhängige, erfolgreiche Schweiz.
Für einen prosperierenden Kanton Zürich. Für die Volksrechte.
Für unsere einzigartige Demokratie.
Für unser Land.
Für die Bürgerinnen und Bürger.
Der heutige Tag ist nicht das Ende der bisherigen Aufgabe, sondern der Anfang für neue! Der Kanton Zürich, die Schweiz, die Bürgerinnen, die Bürger brauchen die SVP!
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1 Der Zürcher Bauer, Der Bauer und die Nationalratswahlen, Nr. 73, 24. September 1919.
2 Der Zürcher Bauer, Der Bauer und die Nationalratswahlen, Nr. 73, 24. September 1919.
3 Der Zürcher Bauer, Zum 8. Juli, Nr. 27A, 5. Juli 1917, S. 314.
4 Der Zürcher Bauer, Zu den eidgenössischen Wahlen, Nr. 42, 16. Oktober 1914, S. 505f.
5 Der Zürcher Bauer, Kantonal zürcherische Bauernpartei, Parteiprogramm, Nr. 95, 20. Oktober 1931.
6 Der Zürcher Bauer, Die Zürcherische Bauernpartei an ihre Mitglieder und Gesinnungsgenossen, Nr. 25, 22. Juni.1917, S. 290.
7 “Demokratie oder Diktatur”, “Der Zürcher Bauer” Nr. 40 vom 7. April 1933.
8 Der Zürcher Bauer, Bauernpolitik, Nr. 81, 22. Oktober 1919.
9 Der Zürcher Bauer, Kämpft für Liste 6, Nr. 86, 28. Oktober 1922.
10 Der Zürcher Bauer, Der 29. Oktober, Nr. 83, 18. Oktober 1922.
11 Der Zürcher Bauer, Der 29. Oktober, Nr. 83, 18. Oktober 1922.
12 “Regierungsratwahl 1932”, “Der Zürcher Bauer” Nr. 41 vom 12. April 1932.
13 Der Zürcher Bauer, Werbeflugblatt der Bauernpartei 1919, Nr. 82, 25. Oktober 1919

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