1. August-Rede 2007

An seiner 1. August-Rede in Schwarzenburg, Andermatt, Hallau und Gruyères lobte Bundesrat Christoph Blocher den Willen zur Unabhängigkeit und zur Selbstbehauptung, welcher im Bundesbrief von 1291 zum Ausdruck komme. Er warnte, dass der Niedergang der Eidgenossenschaft drohe, wenn dieser Grundgedanke missachtet und der vorgezeichnete Weg verlassen würde.

01.08.2007, Schwarzenburg, Andermatt, Hallau, Gruyères

Es gilt sowohl das mündliche wie das schriftliche Wort, der Redner behält sich vor, auch stark vom Manuskript abzuweichen.

Liebe Miteidgenossinnen, liebe Miteidgenossen, liebe Geburtstagsgäste

Wir feiern den 1. August auch dieses Jahr an unzähligen Orten in gut traditioneller Schweizerart, das heisst: Bescheiden, in Gemeinschaft, stellvertretend für das ganze Land, gleichzeitig an zahlreichen Orten in der Schweiz.

Die Gründungsurkunde ist der Bundesbrief von 1291. Er ist Bekenntnis und Ausdruck des Willens zur Unabhängigkeit und zur Selbstbehauptung. Dieser Grundgedanke hielt sich im Wesentlichen 716 Jahre, obwohl seither viel geschehen ist.

Eines aber zeigte sich klar: Immer wenn die Schweiz von diesem vorgezeichneten Weg abkam, immer wenn die Schweiz sich mit Grossmächten einliess, immer wenn die Schweiz sich nicht auf sich selbst besann, drohte der Niedergang der Eidgenossenschaft und dies bis auf den heutigen Tag! Doch in der entscheidenden Auseinandersetzung fand die Schweiz immer wieder auf den eigenen Weg zurück.

Jede Zeit kennt ihre besonderen Gefahren. Jede Zeit hat ihre – oft selbsternannten – Vögte, die die Macht an sich reissen möchten.

Bei internationalen Abmachungen werden Volksrechte abgetreten und so dem Volke die Entscheide entzogen. Es sei – so heisst es dann beschönigend – eben „übergeordnetes Recht“. Auf jeden Fall ist es „dem vom Volk gesetzten Recht übergeordnet“. Das ist das Gegenteil, von dem, was der Bundesbrief wollte. Man nennt es auch internationales Recht oder noch schöner „Völkerrecht“, als hätten es alle Völker demokratisch gesetzt. „Übergeordnetes Recht bricht Landesrecht! Damit ist ja alles gesagt.

Die heutige Tendenz, die Volksrechte leichtfertig durch übergeordnetes Recht zu ersetzen, nimmt beängstigend zu. Das ist meine kurze Erfahrung in der Zeit, in der mir das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement anvertraut worden ist. Und dies ist genau das Gegenteil des Freiheitsbriefes von 1291.

Wer leichtfertig versucht, die Entscheidungsmöglichkeit des Volkes und der Stimmbürger auszuschalten oder zu umgehen, bedroht die Freiheit. In der Schweiz heisst Freiheit auch und vor allem Vertrauen in den einzelnen Bürger.

Denken wir daran: Der Bundesbrief ist die Absage an unkontrollierte staatliche Macht und eine geradezu rebellische Absage an die Einschränkung des Volkswillens. Darum ist der Kampf gegen „Vögte“, die den Volkswillen einschränken, eine Daueraufgabe. Es ist der dauernde Kampf um die Freiheit.

In Dankbarkeit begehen wir heute den Geburtstag unseres Landes. Die heutige Wohlfahrt des Landes und seine wirtschaftliche Stärke ist nicht zuletzt der Selbstbestimmung des Volkes und der Selbstverantwortung der Bürger zu verdanken.

Die Schweiz legt hohen Wert darauf, selbst die Zukunft bestimmen zu können, und zwar durch Regeln, welche das Volk setzt. Die internationalen Gremien haben dies zu respektieren.

Das gilt aber auch für unser eigenes Parlament, für unsere Regierung und unsere Gerichte. Auch sie haben sich nicht über Volksentscheide und über durch das Volk gesetztes Recht hinwegzusetzen!

Dazu gehört aber auch die Pflicht der Verantwortlichen, seien es jene in der Regierung, seien es Richter, seien es Volllzugsbehörden, (beispielsweise die Strafvollzugsbehörden) diese Gesetze auch anzuwenden! Nicht zuletzt infolge der hohen Zahl der Gesetze in unserem Lande werden viele Gesetze gar nicht angewendet oder dann nur in einzelnen Fällen gegenüber Leuten, die man nicht mag und denen man eine Strafe gönnen will. Das ist auch Rechtsmissbrauch.

Mit dieser Botschaft – meine Damen und Herren – wollen wir auch die nächsten 366 Tage, das 717. Lebensjahr unseres Landes, in Angriff nehmen.

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