Keine geschlossene Vierer-Kolonne

Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (Ressort Zürich und Region) vom 5. Januar 2002Interview: stü.


Warum führt die SVP keinen Abstimmungskampf gegen den Crossair-Kredit?

Christoph Blocher, Präsident SVP des Kantons Zürich: Wir führen den Kampf sehr wohl. Seit Anfang Oktober weisen wir klar darauf hin, warum der Kredit abgelehnt werden sollte. Aber wir können keine Inseratenkampagne führen, weil der kritische Stimmbürger keine Lobby hat, die dafür Geld gibt. Die andere Seite hingegen hat Geld von Firmen. Wer 300 Millionen Franken bekommt, gibt gerne etwas Geld für Ja-Inserate.

Wie erklären Sie sich, dass sich viele SVP-Exponenten, namentlich auch Mitglieder von Gemeindeexekutiven, für den Kredit aussprechen?

Blocher: So viele sind es nicht. Die Abstimmung an der Delegiertenversammlung war eindeutig. Die Befürworter haben ihre Leute an die Versammlung gebracht, was nicht verboten ist. Aber mit 234 gegen 43 Stimmen wurde ein Nein beschlossen. Es gibt Gemeindepräsidenten, die sagen, wir sollten alles tun, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wenn wir aber so weiterfahren, wird jeder Betrieb in Schwierigkeiten Staatsgelder beantragen. Das geht nicht.

Sind Sie mit den Befürwortern in Ihrer Partei im Gespräch?

Blocher: Wir haben die normalen Kontakte. Wir sind nicht an sie gelangt und haben gesagt, sie dürften diese Meinung nicht haben. Natürlich haben wir keine Freude; aber das muss man in Kauf nehmen. Unsere Partei zeichnet sich normalerweise durch eine starke Geschlossenheit aus. Die Befürworter haben aber das Recht, sich bemerkbar zu machen. Unser politischer Gegner umwirbt sie stark und gibt ihnen Geld, um Inserate zu machen.

Man hört, Mitglieder von Gemeindeexekutiven aus der SVP seien unzufrieden mit der Partei, weil sie keine Problemlösungen bringe.

Blocher: Die Kritik habe ich von Herrn Landis gehört. Ich habe mich bei den anderen Befürwortern des Crossair-Kredits erkundigt, die mir sagten, es handle sich um eine Einzelaktion des Betreffenden. Landis ist ein tragischer Fall, weil er als Gemeindepräsident zurücktreten muss, da er letztes Mal nicht im ersten Wahlgang gewählt wurde. Sein Vorwurf stammt von anderen Parteien, weil wir andere Problemlösungen bringen als sie. Wenn wir Nein sagen, sagen wir Ja zu besseren Lösungen. Natürlich haben gewisse Exekutivmitglieder lieber höhere Steuern und sind mit dem Kurs der Partei, die Steuersenkungen verlangt, nicht immer einverstanden.

Wie geht man in der SVP mit Andersdenkenden um?

Blocher: Wir haben den Andersdenkenden die Möglichkeit gegeben, sich an der Delegiertenversammlung zu äussern. Es gab ein Podiumsgespräch mit zwei Befürwortern und zwei Gegnern. Die Dissidenten haben auch das Wort ergriffen, Ständerat Hans Hofmann sogar weit über der Redezeit der anderen. Dann haben wir abgestimmt. Wir erwarten nicht, dass die anderen ihre Meinung ändern, aber dass sie nicht an vorderster Front eine Kampagne führen, das war bis heute üblich.

Wie wird man im Hinblick auf die Abstimmung über den Uno-Beitritt vorgehen?

Blocher: Genau gleich wird man vorgehen. Die Schweizer Partei hat ihre Parole nach Referaten von Befürwortern und Gegnern bereits beschlossen. Wir haben selber bereits Stellungnahmen erarbeitet, so auch für das Parteiprogramm. Es gibt nicht viele Parteien, in denen die demokratische Auseinandersetzung so geführt wird wie bei uns. Es gibt bei der Uno-Frage auch SVP-Vertreter im Pro-Komitee, die werden von den Befürwortern besonders gehätschelt, das ist in der Politik so. Das ist nicht sehr schön, man muss es aber in Kauf nehmen. Eine Partei ist keine geschlossene Vierer-Kolonne.

Sie hatten gegen den Uno-Beitritt im Kanton Zürich nur einen einzigen Auftritt – ziehen Sie sich langsam aus dem politischen Tagesgeschäft zurück?

Blocher: Ich habe bis zum Abstimmungssonntag noch über 30 Auftritte in der ganzen Schweiz. Den Kanton Zürich kann ich nicht mehr bearbeiten als andere Kantone. Wegen des Ständemehrs messen wir anderen Kantonen auch eine grössere Bedeutung zu. Andere Exponenten treten aber auch im Kanton Zürich auf.

Es macht den Eindruck, als gebe es in der SVP mehr Meinungsverschiedenheiten als früher. Soll sich in parteiinternen Diskussionen zeigen, wer Ihr Nachfolger werden könnte?

Blocher: Nein; die Auseinandersetzungen sind schwächer als früher. Sie werden aber stärker beobachtet von aussen, weil andere bürgerliche Parteien, zu denen wir ein gespanntes Verhältnis haben, mit grosser Schadenfreude auf Exponenten der SVP schauen, die eine andere als die Parteimeinung vertreten. So geeint wie jetzt waren wir nie. Meine Nachfolge steht nicht zur Diskussion. Einen Präsidentenwechsel wünschen sich zwar die anderen Parteien sehnlichst. In der SVP stelle ich nichts dergleichen fest.

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