«Wir setzen bei der SP an, das ist unser Gegner»

Regierungs-Beteiligung: Blocher zum zweiten Bundesrats-Sitz und zu FDP-Präsident Gerold Bührer

Interview mit der Aargauer Zeitung vom 5. November.2001

Wie erklären Sie sich die Erfolge der SVP in Genf und in der Waadt?

Christoph Blocher: Die SVP kann auch in der Westschweiz 20 bis 30 Prozent Wähleranteil gewinnen. Sofern sie glaubwürdige SVP-Politik nach Zürcher und Ostschweizer Art betreibt.

Bis ins Jahr 2003?

Blocher: Tun die richtigen Leute von Beginn an das Richtige, dann schon früher. In St. Gallen brauchten wir vier Jahre. Bis jetzt glaubte man auch in SVP-Kreisen, unsere Politik sei in der Westschweiz nicht möglich. Nun gewinnt die SVP in der Westschweiz aber immer mehr Wähler. Ich erhalte viele Briefe, in denen man mich bittet, mit meiner Politik in die Westschweiz zu kommen. Nur ist es nicht meine Aufgabe, dort Politik zu machen. Sie muss von unten kommen. Offensichtlich beginnt das jetzt zu tragen.

Was Sie über die Westschweiz sagen, scheint ein bisschen theoretisch.

Blocher: Westschweizer sind Westschweizer, und ich bin Deutschschweizer. Weshalb soll ich als Zürcher in der Westschweiz sagen, was getan werden soll? Das ist nicht meine Aufgabe.

Eine starke SVP in der Romandie ist für einen zweiten Bundesratssitz wichtig.

Blocher: Glauben Sie das?

Im April sagte FDP-Präsident Gerold Bührer, die SVP erhalte einen zweiten Sitz auf Kosten der CVP, wenn die Tendenzen der Wahlen von 1999 andauern.

Blocher: Was hat Bührer nicht schon gesagt, seit er Präsident ist? Weniger Staat, weniger Steuern, keine Mutterschaftsversicherung. Sobald die FDP ernsthaft den Kopf hinhalten muss, kippt sie aber nach links. Jetzt muss Bührer eine Mutterschafts-Versicherung vertreten. Das Engagement des Staates bei der Swissair führt die FDP mit der SP an. Bührer wird auch einen Grund finden, weshalb er uns keinen zweiten Bundesratssitz geben muss. Die regieren lieber in einer Links-Mitte-Koalition.

Haben Sie nichts dagegen, wenn man Sie als Neoliberalen bezeichnet?

Blocher: Was ist das? Ich bin ein Liberaler. Ein schlanker Staat war 1848 der Gedanke in der Bundesverfassung – Freiheit für die Bürger und staatliche Souveränität. Das war die Stärke der Schweiz. Das ist nicht neo, das ist liberal. Es gibt zwar Leute, die glauben, es benötige keinen Staat. Zu denen gehöre ich nicht. Vielleicht sind das Neoliberale. Ich bezeichne sie als Anarchisten.

Kämpft die SVP um einen zweiten Bundesratssitz?

Blocher: Das müssen wir. Bei der nächsten Vakanz werden wir antreten.

Gegen SP oder gegen CVP?

Blocher: Tritt die CVP keinen Sitz ab, spielt die Konkordanz nicht mehr. Dann zählt die Politik und wir setzen bei der SP an. Das ist unser Gegner.

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