«Wie wir auch stimmen, es ist falsch»

Interview zum UBS-Staatsvertrag mit David Sieber, «Südostschweiz», 16.6.2010

Herr Blocher, jetzt ist der UBS-Staatsvertrag doch noch unter Dach und Fach. Dazu war ein weiterer Strategiewechsel der SVP nötig. Haben Sie noch den Durchblick?
Christoph Blocher: Aber natürlich. Ich weiss nichts von einem weiteren Strategiewechsel. Es galt und gilt: Obwohl sehr schlecht, wird die SVP dem Vertrag zum Durchbruch verhelfen, wenn die von der SP gestellten und vom Bundesrat beantragten Zusatzbedingungen wegfallen.

Die Öffentlichkeit hat aber Mühe, der SVP-Politik zu folgen.

In komplizierten Situationen kann es sein, dass von aussen die Strategie vorerst nicht nachvollzogen werden kann. Das mussten wir in Kauf nehmen. Das braucht Kraft. Diese Kraft hatten einige in der Fraktion nicht. Begreiflich. Es bleibt aber dabei: Dieser Vertrag ist eine Katastrophe, eine Schande. Lehnt man ihn ab, wird die Schweiz vertragsbrüchig, stimmt man ihm zu, verletzen wir schweizerisches Recht und die schweizerische Rechtssicherheit.  Alles hohe Rechtsgüter! In diese Lage hat der Bundesrat das Parlament gebracht!

Dennoch führte kein Weg an einem Ja vorbei.
Schlussendlich schon. Wie wir auch stimmen, es ist falsch. Es gilt dann aber, alles daran zu setzen, dass nicht andere Staaten das gleiche Recht fordern. Ob die Regierung die Kraft hat zu sagen, die USA erhalten Kundendaten, ihr aber nicht?

Warum ist die SVP einen solchen Zickzackkurs gefahren?
Ich weiss nichts von einem Zickzackkurs. Nachdem die SP eine Unternehmenssteuer verlangt hat, was ihr gutes Recht ist, hat der Bundesrat unerklärlicherweise diese Bitte erfüllt. Dazu kam, dass die Mitteparteien nichts vorkehren wollten, um solche Verträge in Zukunft zu verhindern. Nachdem wir dem schlechten Vertrag auch ohne SP zum Durchbruch verhelfen konnten, konnten wir diese wirtschaftsfeindlichen Zusätze wegbringen. Also: Keine Unternehmenssteuer und die Staatsvertragshoheit beim Parlament. Dies ist nach einigen Umwegen und Unterzügen schliesslich erfüllt worden.

Und deshalb hat sich die SVP nun mehrheitlich der Stimme enthalten?
Ja, sonst wäre der Vertrag mit unannehmbaren Unternehmenssteuern genehmigt worden.

Es gab auch Nein-Stimmen aus Ihrer Fraktion.
Der Fraktionsbeschluss erfolgte mit 35 zu 17 Nein-Stimmen.

Würden Sie im Parlament sitzen, könnten Sie solche Alleingänge besser unterbinden.
Ich wäre näher dran, aber im Grunde sind wir alle einer Meinung: Der Vertrag ist miserabel. Nur um Schlimmeres zu verhindern, halfen wir zum Ja.

Machen Sie ein Referendum?
Selbstverständlich muss ein solcher Beschluss eine Referendumsklausel haben, aber ich glaube nicht, dass es ergriffen wird.

Ist das nicht ein Trick, um am Schluss das Ganze zu kippen?
Wir machen keine Tricks. Nachdem unsere Bedingungen erfüllt sind, wird die Mehrheit Wort halten. Das ist eine Charakterfrage.

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