«Wenn ich einen Erfolg erziele, darf es einfach nicht mit rechten Dingen her- und zugehen»

Abzocker-Initiative: Interview mit Norbert Neininger, Schaffhauser Nachrichten vom 12. Februar 2010

Die Kommentatoren – auch die Ihnen sonst feindlich gesinnten – sind heute des Lobes oder wenigstens des Respekts voll …

Christoph Blocher: … Respekt genügt …

… ob der Tatsache, dass Thomas Minder und Ihre SVP nun gemeinsame Sache machen. Aber manche meinen auch, Sie hätten den Neuhauser Unternehmer «über den Tisch gezogen.»

Blocher: Ja, das sagt die SP. Und die FDP meint, Herr Minder hätte mich – und damit die SVP – «über den Tisch gezogen». Daran erkennt man, dass es sich hier um einen Kompromiss handelt, bei dem beide nachgeben mussten, um die beste Lösung zu finden.

Wie kam denn dieser aufsehenerregende Schulterschluss zustande?

Blocher: Die Minder–Initiative wurde in die Wege geleitet, als ich noch Bundesrat war, und unter meiner Führung entstand der bundesrätliche Gegenvorschlag, der ja in dieselbe Richtung zielt wie die Initiative. Wäre ich im Bundesrat geblieben, hätte ich das Gespräch mit Herrn Minder gesucht. Da ich nicht mehr Bundesrat bin, tat ich es als SVP-Vizepräsident. Es begann im vergangenen Dezember.

Wer gab dazu den Anstoss?

Blocher: Das weiss ich nicht mehr genau. Wichtig aber ist, dass wir nach intensiven Verhandlungen nun zu einer gemeinsamen Lösung gelangt sind.

Alle sind erstaunt, dass Herr Minder – der ja als unbeirrbar gilt – nun bereit ist, seine Initiative zurückzuziehen. Wie konnten Sie ihn davon überzeugen?

Blocher: Ja, Herr Minder ist unbeirrbar und gradlinig, andere sagen stur, und er hat eine gewisse Verbissenheit. Aber ohne diese Eigenschaften hätte er diese Initiative – und da war er ja ganz allein – auch nicht zustande gebracht. Thomas Minder ist Unternehmer und hat sich ohne Eigennutz voll und ganz für die Sache engagiert, das hat ihn Geld und Kraft gekostet, und zwar Geld aus dem eigenen Sack. Das ist bewundernswert. Und wenn jemand so ist, dann ist er andrerseits auch nicht grad ein besonders geschmeidiger Verhandlungspartner.  Das waren tatsächlich harte, lange und intensive Gespräche, die wir unter höchster Geheimhaltung führten.

Es gibt  Journalisten, die vermuten, Sie seien bereit, sich an Herrn  Minders Unternehmen zu beteiligen und hätten so diesen Kompromiss erreicht.

Blocher (lacht): Ja, das ist typisch, wenn ich einen Erfolg erziele, darf es einfach nicht mit rechten Dingen her- und zugehen.

Das stimmt also nicht?

Blocher: Nein, das ist Unsinn. Ich weiss übrigens gar nicht, ob Herr Minder das überhaupt wollte. Und ich wüsste nicht, ob ich wollte, wenn er wollte. Das stand nie zur Debatte. Aber etwas anderes schon: Ich habe grossen Respekt vor der Leistung dieses Unternehmers. Und das vor allem: Das Resultat unserer Verhandlungen ist nun ein Gesetzestext, der besser ist als die sogenannte Abzocker–Initiative.

Und auch besser als Ihr bundesrätlicher Gegenvorschlag?

Blocher: Ja, auch das, weil wir das Gesetz nun den Entwicklungen anpassen konnten und die vom Parlament eingebrachten Verwässerungen wieder draussen sind.  Gleichzeitig konnte ich meine Erfahrungen als Inhaber eines börsenkotierten Unternehmens einbringen; der Kompromiss ist nun im unternehmerischen Alltag anwendbar.

Also keine Verwässerung der Abzocker–Initiative?

Blocher: Nein, überhaupt nicht. Vor allem hat Herr Minder nun ein Gesetz in der Hand, das bald in Kraft treten kann.  Und nun hoffe ich, dass die Wirtschaft mitzieht …

Sie meinen die Economiesuisse?

Blocher: Ja, die auch.  Jetzt müssen natürlich – auf der Ebene der Parteileitungen – Gespräche geführt werden.

Gehen Sie davon aus, dass die Parteien, auch die SP, nun einschwenken und man sich auf diesen Blocher-Minder-Kompromiss einigt?

Blocher: Das ist schwer zu sagen. Aber die Ausgangslage ist für alle klar: Entweder einigt sich wenigstens die bürgerliche Mehrheit auf unseren Vorschlag, und Herr Minder zieht die Initiative zurück, oder nicht. Wenn es keine Einigung gibt, bleibt die Initiative bestehen, und wir, die SVP, unterstützen Herr Minders Initiative mit voller Kraft. Am Spielbrett würde man von «Figgi oder Müli» reden, und alle wissen, dass man da nicht mehr verlieren kann.

Letzte Frage: Ist das nun der grösste Erfolg, den Sie als Strategiechef der SVP bisher erzielen konnten?

Blocher: Das gehört einfach zu meinem Auftrag. Und von Erfolg wollen wir erst reden, wenn das Ziel erreicht ist, dass nämlich den sogenannten Abzockern das Handwerk gelegt wird und den Eigentümern der Firmen – und das sind die Aktionäre – ihre angestammten Rechte zugestanden werden.

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