Von Treue und Tapferkeit

Jubiläumsgrusswort von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Feier «500 Jahre Päpstliche Schweizer Garde» vom Samstag, 24. September 2005 in Luzern

24.09.2005, Luzern

Luzern, 24.09.2005. Jubiläumsgrusswort von Bundesrat Christoph Blocher anlässlich der Feier «500 Jahre Päpstliche Schweizer Garde» vom Samstag, 24. September 2005 in Luzern.

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Hochwürden Abt Martin Werlen
Sehr geehrte Damen und Herren
National- und Ständeräte
Sehr geehrte Damen und Herren Regierungsräte
Sehr geehrter Herr Stadtrat
Sehr geehrter Herr Korpskommandant Kekeis
Seher geehrte aktive und ehemalige Gardisten
Sehr geehrtes Organisationskomitee
mit Ihrem Präsidenten Korpskommandant Beat Fischer
Sehr geehrte Damen und Herren

Es gibt Beschlüsse, die verhallen und verpuffen sofort. Teils zu Unrecht – meistens zu Recht. Namentlich in schnelllebigen Zeiten werden hochtrabende Beschlüsse gefasst, die schnell wieder verschwinden. Sie haben keinen Bestand.
Und dann gibt es das Seltene, das ganz und gar Aussergewöhnliche, das ein halbes Jahrtausend und länger besteht.
Das weisse Kreuz im roten Feld gehört dazu, welches die Eidgenossen in der Schlacht bei Laupen im 15. Jahrhundert auf ihren Wämsern trugen.
Die 500jährige Päpstliche Schweizergarde gehört auch dazu.
Die Tatsache, dass etwas 500 Jahre gedauert hat, beweist: es hat sich bewährt, sonst wäre es längstens verschwunden.

Gründungsjahr 1505

1505 steht Rom in einer kulturellen Hochblüte. Papst Julius II. ruft Michelangelo in den Vatikan; Grünewald beendet sein mächtiges Gemälde «Die Kreuzigung». Raffael die «Madonna im Grünen». Das 16. Jahrhundert wird eingeläutet. Es sollte das Jahrhundert der Erschütterungen werden! Das Jahrhundert der Reformation. Martin Luther gelobt 1505 – im Gründungsjahr der Schweizergarde – seinen Klostereintritt und wird Augustiner Mönch.

Und die Schweiz ?

Niccolò Machiavelli kommt 1513, also in den Anfängen der Garde, in seinem Buch «il Principe» auch auf die Schweizer zu sprechen:

«Stettono Roma e Sparta molti secoli armate e libere. E Svizzeri sono armatissimi e liberissimi.»

So wie Rom und Sparta viele Jahrhunderte bewaffnet und frei gewesen seien, so seien die Schweizer die allerbewaffnetsten und die allerfreisten! Rom und Sparta sind schon lange untergegangen. Die Schweiz hat überlebt.

Was würde ein Macchiavelli der Gegenwart über die heutige Schweiz sagen? Würde er sie noch rühmen als die «allerbewaffneste»? Die allerfreiste? Wissen wir Schweizerinnen und Schweizer eigentlich noch, was uns die Freiheit bedeuten könnte ?

Die Garde

Seit nunmehr 500 Jahren erfüllen Sie – liebe Gardisten – also Ihren Dienst.

Das Wort kommt von dienen. Schon diese Herkunft allein zeigt die Tiefe und Würde Ihrer Aufgabe. Dienen heisst nämlich den Auftrag über das Persönliche stellen. Dienen heisst, etwas anderes oder jemanden anderen über die eigene Befindlichkeit, den Auftrag über das eigene Interesse stellen.

Als Soldat, der ich ja auch einmal war, habe ich gelernt, dass es meine Aufgabe ist, Land und Volk zu verteidigen.
Im schlimmsten Fall unter Einsatz und Preisgabe des eigenen Lebens. Wir wissen alle, dass es keinen grösseren Treuebeweis gibt, als sein Leben in der Erfüllung eines Auftrages herzugeben.

Was Treue heissen kann, demonstrierte die Schweizer Garde am 6. Mai 1527 – nur 23 Jahre nach ihrer Gründung: 20’000 deutsche und spanische Landsknechte verwüsteten Rom. 147 von 180 Gardisten fielen im Kampf, unter ihnen auch ihr Kommandant Kaspar Röist. Doch der Papst konnte sich in die Engelsburg retten und überlebte.

Oberst Kaspar Röist war übrigens Zürcher, also Angehöriger eines Kantons, in dem Zwingli gerade seine reformatorischen Vorstellungen durchsetzte. Ein auf den ersten Blick völlig widersinniger Vorgang: Reformierte Soldaten opfern sich für den katholischen Papst. Doch es gibt eine schlichte und ergreifende Erklärung für dieses Handeln: Die Gardisten taten es aus Treue zum gegebenen Wort. Treue muss allen Versuchungen widerstehen können. Treue sprengt konfessionelle und andere Grenzen. Genau in solchen Momenten zeigt sie nämlich ihre wahre Grösse. Aus Treue haben Kaspar Röist und seine Männer ihr Leben hingegeben. An den Treueschwur einer anderen Epoche und einem anderen Dienst erinnert uns hier in Luzern auch das Löwendenkmal Die Geschichte lehrt uns: Die Treue zum gegebenen Wort ist ein Pfeiler unserer Eidgenossenschaft.

«Eid – Genossenschaft»

Wir Schweizer sind beisammen, weil wir Schweizer beisammen sein wollen und weil wir uns darauf das Wort, den Eid gegeben haben. Das ist ja der Inhalt des Ausdrucks «Eid – Genossenschaft» und darum ist die Päpstliche Schweizergarde ihrem Wesen nach eine vollkommen eidgenössische Institution. Und darum ist es sinnvoll und schön, dass Sie den Namen Schweizer – Garde behalten haben.

Sie stehen für grossartige menschliche Fähigkeiten. Es hat mich darum besonders berührt, dass Sie mich – damals in Rom – als protestantischen Pfarrerssohn zu diesem Jubiläum geladen haben. Sie haben gespürt, dass uns Vieles verbindet. Nicht nur die Liebe zur Tradition. Das auch. Die «unkatholische Schweiz» hat mindestens zwei gute Gründe, der Schweizer Garde mit Wohlwollen und Achtung zu begegnen: Es ist das gemeinsame Bekenntnis zu den christlichen Grundwerten und es ist der gemeinsame Willen für eine höhere Sache einzustehen.

Ich habe grossen Respekt vor Ihrer Geschichte, Ihrer Aufgabe und Ihrem ganz persönlichen Einsatz. Die 500-Jahrfeier der päpstlichen Schweizer Garde ist der Ausdruck von 500 Jahren Dienen, Treue und Auftragserfüllung. Das sei auch die Devise für uns alle in Familie, Beruf und Politik!

Deshalb schliesse ich mit dem Wunsch:

Möge Gott die Päpstliche Schweizergarde weiterhin schützen und ihr die Kraft schenken, den Schutz des Papstes auch in der Zukunft zu gewähren. Ihr seit 500 Jahren verbindliches Dienen bleibe weiterhin Vorbild für uns alle!

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