Blochers Ratschläge an die FDP

Interview mit dem « Tagesanzeiger » vom 8. April 2003

Die Präsidenten von SVP und FDP streiten auch nach den Wahlen wie ein eingeübtes Schauspielerpaar. Wenn sie ihre Rolle nicht wechseln, kommts bei den Herbstwahlen zum Eclat.

Mit Christoph Blocher und Markus Hess sprach Ruedi Baumann

Herr Blocher, Ihre Widersacher Hösly und Hess aus der FDP sind abgewählt, die « Weichsinnigen » haben eine Schlappe erlitten. Haben Sie Ihr Ziel erreicht?

Christoph Blocher: Menschlich ist das zu bedauern. Doch von der Sache her wird dies viel lösen. Herr Hösly war eines der grössten Hindernisse, dass SVP und FDP zu konstruktiven Lösungen kamen. Sie, Herr Hess, schwenkten bald auch auf diese Linie ein. Doch das ist nicht nur ein personelles Problem, es geht auch um eine Klärung der sachlichen Positionen, um einen gemeinsamen Nenner einer bürgerlichen Zusammenarbeit.

Markus Hess: Zuerst muss sich die SVP einmal entscheiden, ob sie weiterhin Frontalopposition betreiben oder endlich Verantwortung in der Parlamentsarbeit übernehmen will. Sollte Letzteres der Fall sein, haben wir keine Probleme. Wir haben mit der SVP immer dann gut zusammengearbeitet, wenn sie nicht nur Wahlkampf machte. Wenn man sich zum Beispiel in der Finanzpolitik einigen könnte, statt nur absurde Steuersenkungen zu propagieren, wäre das schon mal gut. Doch jetzt haben wir die Quittung: Der Wahlsieger heisst nicht Christoph Blocher, sondern Wahlsieger sind Dominik Schaub und Regine Aeppli.

Die SVP als Wahlverliererin? Ihre Fraktion ist zwei Sitze kleiner, die Kampfkandidatur in die Regierung gescheitert, SVP und FDP haben die Mehrheit im Rat verloren.

Blocher: Die Konstellation war klar: Alle gegen die SVP. Trotzdem ist die SVP mit dem besten Resultat ihrer Geschichte und erstmals über 30 Prozent Wähleranteil wieder die grösste Fraktion. Und dies mit einer betont bürgerlichen Politik. Die FDP hat mit ihrer Anlehnung an die linke Politik die Wahlen verloren. Die FDP muss dringend einmal ihre Positionen klären. Zum Beispiel: Wie halten wir es mit dem Staat?

Diktieren Sie nun der FDP ein neues Parteiprogramm?

Blocher: Tatsache ist, dass die FDP keine klaren Positionen hat. Hat sie diese, so kann man darüber verhandeln. Doch diese fehlten bisher.

Hess: Ihre alte Platte wird nicht spannender. Wir haben in den letzten anderthalb Jahren mit klaren Positionen zu einer grossen Geschlossenheit gefunden, zum Beispiel beim Budget oder bei der Volksschulreform. Nun kann die SVP mit ihrem Finanzdirektor beweisen, wie sie beim Sparprogramm mehrheitsfähige Lösungen findet. Mehrheiten zu finden, das ist die hohe Kunst der Politik. Und nicht bloss eigene Positionen zu diktieren.

Blocher: Wenn ich Sie so höre, haben Sie alles recht gemacht. Aber die Wahlen verloren. Die FDP braucht eine personelle Veränderung.

Herr Blocher, übernehmen Sie nun für die FDP auch die Personalpolitik?

Blocher: Die FDP hat die Wahlen verloren, und ihr Präsident lobt sich für die Erfolge der letzten Jahre. Alle anderen sind an der Niederlage schuld, nur nicht Sie selber.

Hess: Ich habe nur gesagt, dass die Fraktion in letzter Zeit sehr geschlossen auftrat, was uns allerdings keinen Wahlerfolg bescherte.

Blocher: Man spricht von bürgerlicher Zusammenarbeit. Aber die FDP setzt ihr ursprüngliches Parteiprogramm und ihre bürgerlich-liberale Denkweise nicht mehr durch. Als die Freisinnigen die Grossen waren und wir die Kleinen, arbeiteten wir noch sehr gut zusammen. Jetzt, wo es umgekehrt ist, klappt es nicht mehr. Jetzt ist es Zeit für eine Bereinigung.

Sie laden die FDP also ein, Ihnen zu folgen? Doch Sie geben bereits thematische Richtlinien vor und fordern personelle Veränderungen.

Blocher: Ich fordere nicht, aber ich empfehle. Tatsache ist, dass wir zwei selbstständige Parteien sind. Doch in den grossen Fragen muss man sich einfach zusammenraufen. Jetzt geht es vor allem darum, gemeinsam den grossen und schädlichen Linkseinfluss einzudämmen.

Wie wollen Sie beide, die kaum ein konstruktives Wort wechseln können, je wieder gemeinsam politisieren?

Hess: Tatsache ist, dass die Stimmbürger den Hickhack im bürgerlichen Lager satt haben; wir haben die Quittung dafür bekommen, die Linken haben gewonnen.

Blocher: Wegen Ihres Linkskurses.

Hess: Diese Behauptung wird durch Wiederholung nicht wahrer. Tatsache ist, dass der SVP-Vormarsch gestoppt ist und die Linken die Wahlen gewonnen haben.

Nochmals: Wie bringt man Sie beide zu einem vernünftigen Gespräch?

Hess: Wir fordern den bürgerlichen Schulterschluss seit Jahren. Das funktioniert aber nur mit gegenseitigen Gesprächen und nicht mit Befehlsausgaben aus Herrliberg.

Blocher: Ich habe nichts dagegen, Konflikte auszutragen. Wenn zwei sich finden, haben sie zuerst oft gegensätzliche Positionen, die sie entschieden vertreten. Daran muss gearbeitet werden. Die FDP erklärt uns stets, sie möchte die Ausgabenflut auch senken, aber sie wollte nie über Zahlen sprechen. So geht es nicht.

Sie haben gemeinsam die Steuern gesenkt. Doch nun fehlt Ihnen im Rat die Mehrheit zum Kostensenken.

Blocher:
Das ist nicht neu. SVP und FDP hatten nur vier Jahre lang die absolute Mehrheit. Jetzt ist halt auch die CVP gefordert. Sie kann nicht mehr erwarten, dass wir ihr zu einem Regierungssitz verhelfen, und dann politisieren sie wieder wie aufgescheuchte Hühner.

Jetzt nehmen Sie auch noch die CVP unter Ihre Fittiche?

Blocher: Wir brauchen nur einen einzigen CVPler, der sich tapfer gegen Ausgabensenkungen einsetzt, dann haben wir die Mehrheit. Die CVP muss auch bedenken, dass sie bei der nächsten Vakanz in der Regierung wieder antritt und Unterstützung braucht.

Hess: Diesmal haben Sie der CVP nicht geholfen.

Blocher: Wenn wir ein Fünferticket unterstützt hätten, wäre Ihr Herr Jeker abgewählt worden.

Hess: Vor allem wäre der Wahlkampf ganz anders gelaufen.

Immerhin ein erfreuliches Resultat bringen diese Wahlen: Die FDP ist von links und rechts begehrt. Für welchen Weg entscheiden Sie sich?

Hess: Es geht nicht um eine Richtung, wir müssen weiterhin unsere eigenen Positionen vertreten. Immerhin haben wir neun von zehn Volksabstimmungen gewonnen. Für uns sitzt der politische Gegner weiterhin links. Der Umgarnungsversuch der SP ist fruchtlos.

Blocher: Über dieses allgemeine Bekenntnis freue ich mich. Doch wir müssen nun ein paar zentrale Themen konkret klären, damit wir im Herbst gemeinsam in die Nationalrats- und Ständeratswahlen ziehen können.

Streiten Sie nun noch ein halbes Jahr um Bedingungen oder sind Sie primär gewillt, die beiden Ständeratssitze zu verteidigen?

Hess:
Wir möchten auf jeden Fall die ungeteilte Standesstimme erhalten. Doch wenn Herr Blocher wieder in staatsmännischer Pose Offerten macht und dann die Bedingungen diktiert, sehe ich schwarz.

Blocher: Natürlich sind die Steuern ein wesentliches Anliegen. Auch die EU-Frage müssen wir klären. Und der Asylrechtsmissbrauch gehört ebenfalls dazu.

Ist es denkbar, dass Sie bei den Ständeratswahlen ein Päckchen schnüren, bei den Nationalratswahlen aber verzichten?

Hess: Von uns aus ist das durchaus eine Möglichkeit. Wenn die beiden Standesvertreter immer gegenläufig stimmen, nützt das einem Kanton nichts.

Blocher: Stände- und Nationalratswahlen sind miteinander anzuschauen. Wie will eine Wählerschaft verstehen, dass man bei den Ständeratswahlen mit den Bürgerlichen geht, bei den Listenverbindungen für die Nationalratswahlen aber die Stimmen an die Linken verschenkt?

Zum letzten Mal: Was braucht es, damit Sie sich endlich finden? Warum lädt der Hess den Blocher nicht zu einem Bier ein?

Hess: Das mache ich gerne. Ich bin immer zu einem Gespräch bereit. Wenn Herr Blocher seine Positionen nicht wieder zum Voraus über die Medien bekannt gibt.

Blocher: Ich würde vorschlagen, dass nicht wir beide zusammensitzen. Es müssten je eine Gruppe von vier Leuten in Ruhe Verhandlungen führen und Positionen erarbeiten, ohne dass man sich gleich an den Grind springt.

Hess: Da müssten wir auch unsere Kandidaten Hans Hofmann und Trix Heberlein miteinbeziehen.

Blocher: Nicht unbedingt.

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