Ebner ist der Hauptleidtragende

Christoph Blocher sieht durch Martin Ebners Absturz den Finanzplatz Schweiz nicht gefährdet und erkennt keinen politischen Handlungsbedarf.

Interview mit FACTS vom 8. August 2002

Interview: Lukas Hässig

Herr Blocher, der Absturz Ihres Freundes und langjährigen Geschäftspartners Martin Ebner bringt den Finanzplatz Schweiz ins Wanken. Werden Sie als Politiker aktiv?

Christoph Blocher: Deswegen kann ein Finanzplatz nicht wanken. Sonst wäre das ja ein arg schwaches Gebilde. Soweit ich das beurteilen kann, hat man die BZ Bank und Ebners Holding zu unterscheiden. Die Bank ist laut Bankenkommission solide und wird kontrolliert. Die Aufsichtspflicht funktioniert also offenbar. Die Probleme in der Holding sind Ebners Privatsache, da keine Publikumsaktionäre vorhanden sind. Wenn es dort schlecht geht, verlieren nur Ebner und seine Mitaktionäre. Für diesen Fall braucht es keine neuen Gesetze.

Die staatliche Zürcher Kantonalbank musste Ebners « Visionen » übernehmen. Werden Sie als SVP-Politschwergewicht den mitverantwortlichen Politikern Fragen zum heiklen Engagement stellen?

Blocher: Natürlich haben die Zürcher Politiker zu fragen, wie die Gesamtrisiken der Zürcher Kantonalbank insbesondere bei dieser Börsensituation sind. Unsere Kantonsräte werden entsprechende Fragen stellen.

Macht der Verkauf der « Visionen » an die ZKB Sinn?

Blocher: Für eine Anlagebank wie die ZKB durchaus. Dies bringt ihr Anlagevolumen und neue Kunden, und die Aktionäre der « Visionen » erhalten mehr Sicherheit. Hätte ich eine Anlagebank, hätte ich den Kauf der « Visionen » auf diesem Niveau wohl auch geprüft.

Beim Swissair-Debakel haben Sie Zeter und Mordio geschrieen, bei Ebner bleiben Sie untätig. Weil Sie selber bei Ebners « Visionen » dabei waren und massiv profitierten?

Blocher: In der Swissair steckte Staatsgeld von Bund und Kantonen, sie unterstand der Aufsichtspflicht des Bundes, und der Bund bezahlte zwei Milliarden Franken. Deshalb habe ich mich dagegen engagiert. Die Pharma Vision ist hingegen eine private Publikumsgesellschaft. Vor fünf Jahren habe ich als privater Investor meine Beteiligung verkauft und deshalb das Präsidium niedergelegt. Heute hat unsere Firma mit der BZ Bank geschäftliche Beziehungen, und ich bin zufrieden mit ihr.

Sie haben sehr viel Geld verdient mit der Pharma Vision und sind rechtzeitig ausgestiegen. Die Banken und die Kleinaktionäre erleiden hingegen grosse Verluste. Wie wäre das zu verhindern gewesen?

Blocher: Alle Aktionäre, die am Anfang mitmachten, haben bei dieser Gesellschaft Geld verdient. Nun folgten heftige Börseneinbrüche. Ein Aktionär – gross oder klein – ist auch Unternehmer. Unternehmer verdienen Geld, wenn es gut geht, und verlieren, wenn es schlecht geht.

Als die UBS letzten Herbst die Offenlegung seiner Gesamtverschuldung forderte, bezahlte Ebner die Kredite zurück und brach die Beziehung zur UBS ab. Offensichtlich wollte er das gesamte Schuldenbild nicht zeigen. Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Blocher: Ob die UBS oder sonst wer Gläubigerbank war, weiss ich nicht. Ich kenne die Situation von Herrn Ebners Gesellschaft nicht. Politischer Handlungsbedarf, um Kreditbanken zu schützen, besteht auf jeden Fall nicht.

Was denken Sie als Martin Ebners Freund über dessen Absturz?

Blocher: Es hat mich berührt, dass er sein Ziel mit den « Visionen » infolge der Börsenkrise nicht erreichen kann. Er ist mit Sicherheit der Hauptleidtragende, weil er als Hauptaktionär am meisten verliert. Ich habe den Lebensweg von Martin Ebner, der von ganz unten kommt, mitverfolgt. Er war der weitaus innovativste Bankier, als Person blieb er immer bescheiden.

Haben Sie sich überlegt, Ebner vor dem Absturz zu bewahren und ihn finanziell zu unterstützen?

Blocher: Er hat mich nicht um Hilfe gebeten. Finanzielle Unterstützung wäre auch nicht möglich. Als Privatperson verfüge ich nicht über das nötige Kapital, und unsere Firma dürfte solche Kredittätigkeiten nicht eingehen.

Was hat Ebner der Schweiz an Bleibendem gebracht?

Blocher: Er hat das Denken verändert. Die Aktionäre als Eigentümer einer Firma haben das Recht, für ihren Risiko-Einsatz fair entlöhnt zu werden. Die Verwaltungsräte müssen die Rechte dieser Eigentümer wahrnehmen und schlank und kompetent sein. Und in der Wirtschaft geht es darum, Mehrwert zu schaffen. Das ist heute dank Ebner allen Pensionskassen, Lebensversicherungen und übrigen Grossinvestoren klar. Die Börsenkrise ist nicht die Folge von Ebners Schwierigkeiten, sondern deren Ursache.

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