Das ist ein Eingeständnis

Politische Konsequenzen – SVP-Nationalrat Christoph Blocher über Lohn-Exzesse.

Interview mit der Aargauer Zeitung / Mittelland Zeitung vom 11. März 2002

Barnevik und Lindahl zahlen ABB 90 und 47 Millionen Franken zurück. Dies wertet SVP-Nationalrat Christoph Blocher als Schuldeingeständnis.

Othmar von Matt

Herr Blocher, wie reagierten Sie, als Sie von den Rückzahlungen hörten?

Christoph Blocher: Von der Grössenordnung her kann ich mich nicht äussern, denn ich weiss nicht, wie viel die beiden selbst einbezahlt haben. Doch die Rückzahlungen sind ein Zeichen: Wären die Bezüge nicht publik geworden, hätten weder Barnevik noch Lindahl Geld zurückbezahlt.

Weil es niemand gewusst hätte?

Blocher: Genau. Man hätte keine Ahnung gehabt, wie viel Geld die beiden aus der Kasse der ABB-Aktionäre herausgelöst haben, die ihnen gar nicht gehört. Zahlen sie nun Geld zurück, zeigt das auch, dass die Bezüge nicht rechtens waren. Das ist ein Eingeständnis.

Barnevik und Lindahl konnten sich nirgendwo mehr sehen lassen.

Blocher: Sie taten etwas, das niemand verstehen kann. Sie lösten Geld aus einer Firma heraus, deren Bilanz sie schönten, wie man heute weiss. Zudem geht es dieser Firma heute schlecht. Könnte die ABB glänzende Abschlüsse vorweisen, hätten die Bezüge vielleicht nicht solches Aufsehen erregt. Genau deshalb müssen alle Bezüge der Mitglieder von Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Beirat veröffentlicht werden: Lohn, Pensionskassenleistungen, Optionen, Aktien, Spesen. Man soll sehen, wer was bezogen hat – und zwar in den letzten fünf Jahren. Damit man auch die Entwicklung sieht.

Inzwischen fordern SP, SVP und FDP Transparenz bei den Managerlöhnen. Zeichnet sich ein Konsens ab?

Blocher: Das wird man sehen. Die politischen Parteien haben unterschiedliche Motive. Der SVP geht es um den Schutz des Privateigentums. Beim klassischen Unternehmer, dem eine Firma gehört, ist Offenlegung nicht notwendig. Es ist seine Sache, wie viel er selber bezieht. Es ist ja sein Eigentum.

Die Börsenzulassungsstelle hat vorgeschlagen, die Entschädigungen gesamthaft, aber nicht individuell auszuweisen.

Blocher: Das bringt nichts. Man muss wissen, wer was bezogen hat. Die Bezüge müssen individualisiert und mit Namen offen gelegt werden.

Die FDP will die Löhne offenbar individualisiert offen legen, aber ohne Namen.

Blocher: (lacht) Das ist die sonderbarste Lösung. Ein Witz. Da beginnt doch sofort das Kreuzworträtsel « Wer hat wie viel bezogen? ».

Steht eine Kraftprobe zwischen Börsenzulassungsstelle und Politik an?

Blocher: Ja, das kann sein, ist aber nicht überraschend. Denn der Schutz des Privateigentums ist eine der wichtigen ursprünglichen Aufgaben des Staates. Er funktionierte bei grossen Publikumsgesellschaften nicht. Die Börsenzulassungsstelle ist keine « Privat-Eigentumsschutzstelle ».

Weshalb haben FDP und Börsenzulassungsstelle dermassen Angst?

Blocher: In der Börsenzulassungsstelle sitzen alles Manager, die ihre Bezüge offenlegen müssten.

Ist in der Schweiz bisher nur die Spitze des Eisberges bekannt geworden?

Blocher: Man wird es bald sehen. Mich wundert allerdings, wie leidenschaftlich die Offenlegung bekämpft wird.

Das heisst: Es ist nicht alles bekannt?

Blocher: Ja, es scheint, dass die Bezüge zu hoch sind.

Was entscheidet der Rat morgen zum Vorstoss von Pierre Chiffelle (SP)?

Blocher: Er ist an sich mangelhaft. Die Stossrichtung aber ist richtig, weshalb er wohl fast einstimmig durchgehen wird.

Und die anderen Vorstösse?

Blocher: Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) wird sie wohl als Gesamtpaket behandeln.

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