Strategie stimmte von Anfang an nicht

Interview mit der Berner Zeitung vom 2. Dezember 1998

Christoph Blocher bleibt dabei: Der Bundesrat hat schlecht verhandelt, er hätte auf einem viel höheren Transitpreis bestehen müssen. Ob er das Referendum ergreift, will Blocher aber noch offen lassen.

Interview: Urs Moser

Haben Sie Bundesrat Moritz Leuenberger gratuliert?

Christoph Blocher: Ich wüsste nicht wozu. Er hat kein gutes Abkommen ausgehandelt. Das war allerdings auch nicht zu erwarten. Wenn die Strategie von Anfang an nicht stimmt, ist es schwierig, am Schluss noch etwas herauszuholen.

Was lief falsch?

Blocher:
Der erste Fehler wurde ganz am Anfang gemacht, als der Bundesrat seinen Willen zum EU-Beitritt bekundete. Beim Transitpreis hat man zu schnell nachgegeben. Glauben Sie wirklich, dass mehr herauszuholen gewesen wäre? Ganz bestimmt. Die EU hätte bei einem so tiefen Transitpreis ein Festhalten an der 28-Tonnen-Limite akzeptiert. Die Schweiz hat aber gleich beides preisgegeben, die Gewichtslimite und den Transitpreis von 600 Franken. So kommt der Güterverkehr nicht auf die Schiene.

Werden Sie das Referendum ergreifen?

Blocher:
Das lässt sich noch nicht sagen. Dass das Verkehrsabkommen so schlecht herauskommt, war ja zu erwarten gewesen. Es kommt jetzt auf das Gesamtpaket an, vor allem auf das Dossier Personenverkehr.

Das klingt immerhin versöhnlicher als auch schon. Früher haben Sie gesagt, ein Transitpreis unter 600 Franken sei inakzeptabel.

Blocher: Das ist auch heute meine Auffassung. Ich gebe zu: Wenn die Linke und die Grünen ihre Position preisgeben und mit der Wirtschaft zusammen antreten, ist auf der Verkehrsseite wahrscheinlich nicht mehr viel zu machen. Aber noch einmal: Am Schluss ist das Gesamtpaket zu beurteilen und über ein Referendum zu entscheiden. Ich bin nicht bereit, zum vornherein das Versprechen abzugeben, ein schlechtes Ergebnis zu akzeptieren.

Sie als EWR-Gegner haben den Bundesrat ja auf den Weg der bilateralen Verhandlungen verwiesen. Können Sie es sich überhaupt leisten, jetzt ein Abkommen zu blockieren?

Blocher:
Natürlich. Es gab auch Nachteile durch das EWR-Nein, aber die sind fast alle durch bilaterale Verträge ausgemerzt worden, die bereits in Kraft sind. Und die Swissair ist auch nicht zugrunde gegangen. Die Schweiz ist nicht auf einen schnellen Abschluss der Verhandlungen angewiesen. Bei den Hauptpunkten, die noch offen sind, Landverkehr und freier Personenverkehr, geht es um die Interessen der EU. Für die Schweiz sind diese Abkommen von untergeordneter Bedeutung.

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