Globales Denken ist notwendig

Christoph Blocher zur Bankenfusion

Interview mit « Finanz und Wirtschaft » vom 10. Dezember 1997

Interview: Peter Morf

Herr Blocher, wie beurteilen Sie als Politiker und ehemaliger VR der UBS die Fusion mit dem Bankverein?

Christoph Blocher: Die Fusion ist eine Folge des Umdenkens in den Banken. Sie haben erkannt, dass sie Schwergewichte setzen müssen. In diesem Fall ist die Fusion zukunftsträchtig. Sie ist schmerzlich wegen des Verlusts an Arbeitsplätzen, aber im Grund genommen hätte man diesen Schritt zehn Jahre früher tunmüssen, ehe die Kapazitäten aufgebaut worden sind.

Ausgerechnet jene Kreise, die den EU-Beitritt der Schweiz am vehementesten fordern, machen sich für den Alleingang der Banken stark. Welche Logik steckt dahinter?

Blocher: Das überrascht mich nicht. Den EU-Beitritt zu fordern, ohne die Folgen zu sehen, ist einfach. Sobald ein negativer Aspekt auftritt, wird rasch das Gegenteil vertreten. Hingegen ist globales Denken heute eine Notwendigkeit und für mich als international tätiger Unternehmer eine Selbstverständlichkeit, auch wenn ich den EU-Beitritt nicht befürworte. Wir stehen unter einem Konkurrenzdruck, dem wir besser standhalten können, wenn wir unser Schicksal selbst bestimmen.

Was kann ein nationaler Politiker vis-à-vis des Trends zur Globalisierung tun?

Blocher: Der Politiker muss dafür sorgen, dass im eigenen Land möglichst viele Unternehmen konkurrenzfähig sein können und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Das heisst Freiraum schaffen, möglichst wenig Steuern, Abgaben und Gebühren, also den Haushalt sanieren, und wenig Bürokratie. Die Fusion bringt einen massiven Stellenabbau. Diesem stehen Milliardengewinne der Banken gegenüber.

Wie soll das der Bürger verstehen?

Blocher: Wir müssen dem Bürger klar sagen, wie die Situation ist. Die Banken haben in den letzten Jahren 40 Mrd. Fr. auf faulen Liegenschaften abgeschrieben und im vergangenen Jahr Verluste ausgewiesen. Zudem sind die Gewinne in Relation zum gebundenen Kapital gar nicht so immens.

Aber die Forderung nach einer Kapitalgewinnsteuer wird gleichwohl immer lauter…

Blocher: Eine Kapitalgewinnsteuer ist verlockend, wenn private Kapitalgewinne erzielt werden. Es wird allerdings vergessen, dass auch immer wieder Verluste anfallen. Die Kantone haben die Steuer abgeschafft, weil der Aufwand in der Endabrechnung grösser war als der Ertrag.

Ist eine solche Steuer noch zu verhindern?

Blocher: Ja. Es wäre eine grosse Dummheit, wenn wir diese Steuer einführten. Die Wirtschaft würde dadurch erneut geschwächt.

Im Zusammenhang mit der Kapitalgewinnsteuer und den Medienberichten über hohe Vermögen wird oft das Argument der Gerechtigkeit bemüht. Gibt es einen gerechten oder ungerechten Gewinn?

Blocher: Steuergerechtigkeit heisst für die meisten Leute, dass die andern bezahlen sollen.

Viele Manager lösen sich immer mehr von der Politik und Gesellschaft. Wie kann man sie wieder in die soziale Verantwortung einbinden?

Blocher: Ich stelle enttäuscht fest, dass sich viele leitende Personen aus der Wirtschaft nicht mehr um die Politik kümmern. Das hat auch mit der Globalisierung zu tun. Ob all dem internationalen Engagement entsteht die Meinung, man müsse sich nicht mehr um die Zustände im eigenen Land kümmern. Es besteht die Gefahr, dass Berufspolitiker Oberhand gewinnen, die nicht wirtschaftlich denken. Umgekehrt gibt es auch Manager, die die politischen Zusammenhänge nicht mehr sehen. Früher oder später werden sie jedoch merken, dass sie betroffen sind. Wer nicht politisiert, mit dem wird politisiert.

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