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Persönlich

28.10.2009

Blocher wanderte durch Nordkorea

Interview mit S. Reber TagesAnzeiger Online, 28. Oktober 2009 Wie kamen Sie auf dieses Reiseziel? Ich  reise gerne in Ländern, die etwas abgeschlossen sind. Sehen statt nur hören. So war ich schon in China in den frühen 80er-Jahren, in Russland und in der DDR, als diese noch zu war. Und woran leidet das Land nach ihren Eindrücken? Das Problem bei diesen Ländern ist, dass sie ein extremes Sicherheitsbedürfnis haben, das man aus der Geschichte heraus verstehen muss. Nordkorea hatte chinesischen Feudalismus, war 40 Jahre lang von Japan besetzt und in den Korea-Krieg verwickelt. Dieses Land will unabhängig sein. Und sind umgeben von Atommächten, von Russland, von China und indirekt von den Amerikanern im Süden. Die Nordkoreaner haben ständig Angst vor einem Angriff. Und das spürt man. Das Schlimmste aber in diesem Land ist der Sozialismus. Diese Leute sind sehr, sehr arm. Befürworten Sie gar, dass Kim Jong-Il die Atombombe hat? Nein, befürworten natürlich nicht. Wenn er die Bombe hat, dann haben wir auch Angst. Aber ich habe Verständnis für seine Anstrengungen. Die Regierung sagt sich doch: Wieso dürfen die Grossen Atombomben haben und wir nicht? Die sagen sich: Atommächte greifen sich gegenseitig nicht an. Das ist das Gleichgewicht des Schreckens. Konnten Sie mit der Bevölkerung sprechen? Nein, mit der breiten Bevölkerung ist dies nicht möglich. Man würde die Leute in Schwierigkeiten bringen. Man kann abends auch nicht alleine raus. Ich hörte einmal Musik und ging allein in die Stadt. Das gab dann einen kleinen Aufruhr. Demokratische Grundwerte werden in diesem Land doch mit den Füssen getreten. Das müsste gerade sie wütend machen. Wissen Sie, als Tourist sieht man solche Verletzungen der demokratischen Rechte nicht. Haben Sie den Minister, den Sie getroffen haben, darauf angesprochen? Nein. Ich habe ja in der Tat ein ausgeprägtes Demokratiebedürfnis und bin bekanntlich auch sehr empfindlich, wenn man sie in der Schweiz einschränkt. Aber ich bin kein Apostel und sage einem Land, das noch nie Demokratie hatte, das braucht ihr jetzt. Das widerspricht auch meinem Souveränitätsverständnis. Haben Sie die Landbevölkerung gesehen? So gut man sie vom Zug und vom Auto aus sehen kann. In den Dörfern, die man besuchen darf, war die Situation geschönt dargestellt. Was war ihre eindrücklichste Begegnung? Man sieht, wie die Menschen nach der Reisernte auf den Äckern verzweifelt nach übrig gebliebenen Körnern suchen, so etwa Mütter mit ihrem Kind auf dem Rücken. Das ist schon beelendend. Wie haben Sie eigentlich diese Reise gebucht? Ich ging mit einer privaten Gruppe. Es waren alles Deutschschweizer, zehn an der Zahl. Man kann nicht frei reisen. Mann kann Wünsche stellen, aber der Staat sagt, wo es durchgeht.  Gebucht haben wir über das Schweizer Büro Background Tours. Der Reiseführer war der frühere Nachrichtensprecher Walter Eggenberger, der einmal in der Entwicklungshilfe in diesem Land tätig war. Man hat sie dann aber doch als Politiker erkannt. Der Botschafter hat sich nach dem Visumsantrag gleich gemeldet. So habe ich dann auch Regierungsstellen besucht. Das war interessant und gut. Ich wollte auch schauen, ob man jetzt beginnen könnte das Land wirtschaftlich zu erschliessen. Und zu welchem Schluss kamen Sie? Es ist noch viel zu früh, als dass sich jetzt die Wirtschaft öffnen würde. Sie versuchen es, in dem sie Bauern kleine Grundstücke geben, deren Ertrag sie behalten dürfen. Aber da geht es um winzige Felder von 5 mal 20 Metern Grösse. Hätte das Land Potential? Ich bin überzeugt, wenn Nordkorea die Landwirtschaft hin zu einer selbstverantwortlichen Marktwirtschaft mit privatem Eigentum öffnen würde, gäbe das ein blühendes Land. Die Leute sind fleissig und gehen auch in die Schule. Aber es ist eben die staatliche Planwirtschaft und darum funktioniert es nicht. Wie lange geht es noch bis westliche Investoren tätig werden können? Es fehlt ja auch an der ganzen Infrastruktur. Elektrizität funktioniert vielerorts nicht. Aber wenn sich Nordkorea öffnet, und dazu wird es früher oder später gezwungen sein, dann kann es rasch gehen. So wie in China. Sie gingen ja auch wandern. Wie muss man sich das vorstellen? Ich wollte in den Norden in die „Berge“. Das wurde bewilligt. Das ist übrigens die Gegend, wo die unterirdischen Atomversuche stattfanden. Dort kann man „laufen“. Aber nur auf Strassen, der Rest ist abgesperrt. Aber es hat keine Autos, von dem her ist es auch wieder angenehm… Wie lange kann man laufen? Die Gruppe war nicht so gängig. Einige spazierten eine Stunde, andere zwei, drei. Man kann aber auch länger. Wie muss man sich diese Landschaft vorstellen? Es war sehr schön. Bewaldete Hügel, die sich jetzt im Herbst sehr farbig zeigten. Auch ein Sandstrand den wir gesehen haben, war sehr attraktiv. Aber das war nicht typisch, was man uns zeigte. Gäbe es für den Tourismus Chancen? Das wäre etwas vom ersten, das man nutzen könnte. Aber die Hotels in diesem Gebiet sind keine Hotels. Der Standard ist tiefer als in unseren SAC-Hütten. War es sauber? Die Hotels am Meer waren nicht so sauber. In der Hauptstadt jedoch schon. Die Leute geben sich mühe. Sie sind auch bescheiden aber gepflegt gekleidet. Und gegessen haben Sie gut? Es ist bescheiden. Aber wir hatten immer genug. Wir waren ja auch Touristen, die viel dafür gezahlt haben. Was kostet eigentlich so eine Reise? Ach, das kann ich Ihnen nicht mehr sagen. Meine Frau hat gebucht. Aber es ist ziemlich teuer. Um die 20'000 Franken? Ja, in diese Region geht es schon. Man zahlt alles mit Dollar oder Euro. Das haben sie gern. Landeswährung dürfen sie nicht bei sich haben. War das Reisen nicht mühsam, zum Beispiel an der Grenze? Als wir von der Pjöngjang (die Hauptstadt) nach Peking mit dem Zug fuhren, brauchten wir an der Grenze vier Stunden. Da wurde alles genau kontrolliert. Ich hatte da aber eine etwas bevorzugte Behandlung. Wenn Sie dem Land drei Tipps geben könnten, was würden Sie Nordkorea raten? Erstens den Sozialismus in der Wirtschaft einschränken, wie das China gemacht hat. Damit die Leute auch genug zu essen haben. Brecht sagte ja schon: Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral. Zweitens die Dezentralisierung vorantreiben. Und als drittes würde ich ein freiheitlicheres System empfehlen. Das geht dann hin zur Selbstbestimmung der Bürger und hin zu demokratischen Gemeinden. Ich habe den Nordkoreanern gesagt, ich würde ihr Sicherheitsbedürfnis verstehen. Aber mit der sozialistischen Planwirtschaft würden sie nie vom Fleck kommen. Aber die glauben halt noch daran. Sind Reformen in absehbarer Zeit möglich? Nein, ich denke nicht. Ich sehe keine Opposition. Und da die Leute ja nichts wissen und keine Medien und somit keine Vergleichsmöglichkeiten haben, können sie auch nichts Neues fordern.

01.08.2009

Gedanken zum 1. August 2009

von a. Bundesrat Dr. Christoph Blocher<br> (Es gilt das gesprochene und das geschriebene Wort.) Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Schweizerinnen und Schweizer Wir feiern heute den Geburtstag der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Von unserem Land, von unserer Heimat. 718 Jahre existiert dieses Land. Was heisst das? Als Geburtsstunde gilt der Moment, in dem unsere Urkantone bedroht waren. Man wollte den einfachen Menschen die Freiheit nehmen. Sie bevormunden. Aus dieser Not heraus sind die Leute zusammengestanden. Und sie leisteten einen Schwur auf einen Freiheitsbrief. Darin heisst es: Wir wollen unser Schicksal selber bestimmen. Wir sagen wohin unsere Reise geht. Wir dulden weder fremde Richter noch Herrscher über uns. Heute wissen wir, um die Opfer, die diese Freiheit abverlangt. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns gemeinsam gegen diese fremden Mächte auflehnen. Dieser Eid, dieses Bündnis, hat 718 Jahre unsere Schweiz zusammengehalten. Viele Länder wären stolz, einen so hohen Geburtstag feiern zu können. Wir tun dies heute in Dankbarkeit. Was bewegt unser Land heute, im 719. Lebensjahr unseres Landes? – Ziemlich klar, worum es heute geht: Wir leben heute – wie zur Geburtsstunde unserer Eidgenossenschaft – in einer arglistigen Zeit. Die Wirtschaft kränkelt. Wir stehen mitten in einer Weltfinanzkrise. In einer Art, wie wir sie seit 70 Jahren nicht mehr kennen. Viele Leute haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Und um herum stehen grosse einflussreiche Länder, die sagen, „jetzt nehmen wir uns die wohlhabende Schweiz vor. Die haben Geld. Die leben im Wohlstand und haben Vermögen. - Holen wir ihr Erspartes, das bei uns fehlt.“ - Die USA finden, das Schweizer Bankgeheimnis müsse weg. Die Schweiz müsse die Dossiers der US-Bürger rausrücken, die bei uns ihr Geld angelegt haben. Die EU-Länder stossen ins gleiche Horn: Sie verlangen von uns, unsere Steuergesetze jenen der EU-Staaten anzupassen. Damit niemand mehr zu uns kommt, weil die steuerlichen Anreize fehlen. Die EU möchte überall die gleich schlechten steuerlichen Rahmenbedingungen schaffen. Man beginnt zu erpressen: „Wehe der Schweiz, wenn sie sich nicht fügt! Dann werdet ihr sehen, was passiert.“ - Solche Einflussnahme nennt man Wirtschaftskrieg. Es wird gefährlich, wenn das so weitergeht. Doch: Wie es weitergeht, können wir lernen am Beispiel der Geburtsstunde unseres Landes. Es war auch gefährlich. Damals. Unsere Vorfahren hätten zwar auch die Möglichkeit gehabt, sich anzupassen. Sie hatten aber auch die Möglichkeit, Widerstand zu leisten. Sie haben sich zum zweiten entschlossen: Sie verankerten ihren Willen zum Widerstand über einen Schwur, verfassten den Freiheitsbrief und sagten ihren Gegnern damit, „wir halten zusammen und fügen uns nicht. Für unsere Zukunft.“ Auch heute können wir dieses Bündnis nur erneuern durch Entschiedenheit. Wir wollen selber bestimmen. Wir wollen unabhängig bleiben. Wir wollen ein Land sein, in dem die Bürgerinnen und Bürger, die hier leben, sagen, wohin die Reise geht. Jedes Land soll seine Zukunft so gestalten, wie es dies für richtig hält. Wir sind ein kleines Land. Wir wissen das. Eigentlich sind wir ein armes Land. Wir haben keine Bodenschätze. Von daher haben wir schlechte Voraussetzungen. Aber mit Fleiss, Geschicklichkeit und Zuversicht ist es uns möglich, unseren eigenen Weg zu gehen. Weiter zu gehen. Doch das bedeutet: Nicht nachgeben. Wer von uns etwas Unbilliges verlangt, dem muss man Grenzen setzen: „Bis hierher und nicht weiter.“ Was heisst das für uns, unseren Alltag? Wenn die USA sagen, „gebt uns die Dossiers der schweizerischen Bankkunden“, die wir eigentlich nicht hinaus geben dürfen. Weil die Rechte der Anleger durch unsere Gesetze geschützt sind. Da gilt es Widerstand zu leisten, zu sagen: „Nein, tun wir nicht.“ – Dasselbe gilt, wenn die EU von uns verlangt, unsere Gesetze anzupassen, damit unsere steuerlichen Rahmenbedingungen entsprechend verschlechtert werden. Auch da müssen wir Einhalt gebieten und antworten: „ Wir sind ein souveränes Land. Wir gestalten unsere Steuergesetze so, wie wir sie für richtig halten.“ Unser Land wurde stark, weil es die Eigenverantwortung von uns Bürgerinnen und Bürgern in den Vordergrund gestallt hat. Der Bürger soll das Recht haben, damit der Staat nicht zu mächtig wird, ihm nicht das Geld aus der Tasche zieht. Heute ist das schiere Gegenteil der Fall: Der Staat hat Macht, nimmt Einfluss: Denken wir an die Erziehung unserer Kinder. Die Tante soll einen Ausweis machen müssen, um ihre Nichten und Neffen hüten zu dürfen. Da müssen wir den Mut haben, nein zu sagen. Wir wollen unsere Kinder in Eigenverantwortung erziehen. Ein weiteres Thema ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer: Am 27. September können wir an der Urne sagen: „Nein, wir wollen die Mehrwertsteuer nicht erhöhen, weil das ein schlechtes Rezept ist für uns und unsere Wirtschaft.“ - Sie sehen, es gibt viel zu tun. Einige Schweizerinnen und Schweizer sind über die guten Jahre hinweg ein bisschen träge geworden. Heute ist Kraft gefordert, um selbstständig zu bleiben. Doch diese Selbstständigkeit hat mit unserem Erfolgsrezept zu tun. Das finden auch viele Leute in unseren Nachbarstaaten. Tausende und Abertausend möchten in unser Land strömen. Sie möchten hier arbeiten, hier wohnen. Weil es hier besser ist. - Sie sehen daran: Es besteht für uns kein Anlass, die Fehler der Staaten, aus denen die Menschen zu uns strömen, nachzumachen. Der 1. August, der Nationalfeiertag, gibt uns Gelegenheit, wieder an die Grundsäulen unseres Landes zu denken: An unsere Unabhängigkeit, an den Rütlischwur, an den Freiheitsbrief, in dem die Neutralität und die Eigenverantwortung verankert sind. Wenn wir uns darauf besinnen und in diese Richtung gehen, werden wir erfolgreich bleiben. Ich wünsche Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, einen frohen 1. August. Einen guten Geburtstag und eine gute Zukunft. Ich danke Ihnen.

22.06.2009

Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau

22.06.2009

Fondation Ile suisse de la musique de Rheinau

la fondation

20.06.2009

Bilder sagen mehr als tausend Worte