Leider fast unentschuldbar…

Interview mit dem SonntagsBlick vom 3. Juni 2001

Bundespräsident Leuenberger hat sich am Mittwoch vergangener Woche öffentlich zur Abstimmungskampagne über die Militärgesetzrevision geäussert und uns Gegnern vorgeworfen, die politische Kultur des Landes werde in einer Weise vergiftet, die nicht mehr tolerierbar sei. Am Freitag liess mir Herr Habegger vom SonntagsBlick in dieser Angelegenheit Fragen zukommen. Ich beantwortete sie im Wortlaut wie folgt:

Teilen Sie die Ansicht, dass sich der Gesamtbundesrat für die Aussagen von Bundespräsident Leuenberger zur Abstimmungskampagne Militärgesetz entschuldigen soll?

Blocher: Es ist leider fast unentschuldbar, wenn sich der Bundespräsident zum unfehlbaren Regenten erhebt, der dem Volk diktiert, welche politische Meinung richtig und welche falsch ist. Er beleidigt mit solch unschweizerischer Bevormundung sämtliche Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Herr Leuenberger könnte sich aber ohne weiteres für die Lastwagenlawinen und das miserable Luftverkehrsabkommen entschuldigen, welche im Gegensatz zu seiner Volksschelte sehr wohl in seinen Zuständigkeitsbereich gehören.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dem Stil der Propaganda der Abstimmungsgegner inklusive SVP / AUNS und den Angriffen auf die Person von Bundesrat Schmid?

Blocher: Von Angriffen auf Bundesrat Schmid ist mir nichts bekannt. Wir sagen mit aller Deutlichkeit, dass ein Ja zur Militärgesetzrevision unsere Neutralität verletzt und das Ende unserer Widerstandsarmee bedeutet. Wer in der Politik Vernebelung, Täuschung und Unwahrheiten aufdeckt, sorgt für Transparenz und Ehrlichkeit – und diese hat mit Angriffen auf Personen nichts zu tun.

Sind Sie der Ansicht, dass die SVP auch in Zukunft Abstimmungskampagnen in diesem Stil führen darf?

Blocher: Was die SVP darf oder nicht darf, hat in einem freien Land zum Glück nicht der Bundesrat zu befehlen. Vielleicht werden wir unsere Kampagnen härter führen müssen, vielleicht weniger hart. Bei unseren Abstimmungskämpfen geht es nicht um Stilfragen oder um salonfähige Heuchelei, sondern um die Tatsachen. Je mehr wir in unseren Kampagnen die wirklichen Absichten unserer Gegner aufzeigen konnten, desto grösser war ihr Geschrei über den „schlechten Stil“.

Sollte sich die SVP Schweiz von den Angriffen auf Bundesrat Schmid distanzieren?

Blocher: Bedrohungen und Angriffe auf Politiker sind unangenehm und zu verurteilen. Ich lebe damit seit dreissig Jahren. Diese Nebenerscheinungen sind leider in der Politik zu ertragen. Das hätte Bundesrat Schmid bei seiner Wahl wissen müssen. Wer den Dampf nicht erträgt, soll nicht in die Küche gehen.

Wie beurteilen Sie selbst die Angriffe auf Bundesrat Schmid?

Blocher: Bis jetzt habe ich von ernsthaften Angriffen auf Bundesrat Schmid weder gehört noch gelesen. Ein paar unfreundliche Briefe muss ein Verteidigungsminister ertragen können; er müsste ja im Ernstfall einer Bedrohung von Land und Volk weit schwierigere Situationen durchstehen können.

Sonstige Bemerkungen zum Abstimmungskampf?

Blocher: Im Schweizer Volk beginnt es zu tagen, dass es bei den Militärvorlagen nicht um etwas Bewaffnung zum Selbstschutz geht, sondern um die schicksalhafte Frage, ob wir unsere Neutralität verspielen und mit unserer Armee im grosseuropäischen Raum Krieg führen sollen. Der Bundesrat wird jetzt nervös, weil seine systematische Vernebelungstaktik zu scheitern droht. Darum versucht er jetzt mangels guter Argumente, die Gegner des Militärgesetzes mit Schmutz zu bewerfen.

← Zurück zu: Artikel