Zur Affäre Hildebrand III

Interview mit Zentralschweiz am Sonntag vom 8. Januar 2012 mit Dr. Jürg Auf der Maur

Bundespräsidentin Evelyne Widmer-Schlumpf kündigt scharfe Untersuchungen im Fall Hildebrand wegen der Verletzung des Bankgeheimnisses an.
Christoph Blocher: Es freut mich, dass die Finanzministerin ausnahmsweise das Bankkundengeheimnis ernst nimmt. Doch dieses sollte nicht nur gelten, wenn es darum geht, Spekulationsgeschäfte von Herrn Hildebrand zu verstecken. Am 5. 12.2011 bin ich erstmals mit ungesicherten Vorwürfen gegenüber Philipp Hildebrand an Bundespräsidentin Calmy-Rey gelangt, heute stelle ich fest: Die Vorwürfe stimmen, d.h. der Nationalbankpräsident ist ein Spekulant. Ich bin schockiert, denn das hätte ich nie geglaubt. Frau Micheline Calmy-Rey hat die Sache ernst genommen und eine Untersuchung durch den Bundesrat veranlasst. Und jetzt zeigt sich eine neue Ungeheuerlichkeit: Herr Philipp Hildebrands Spekulationsgeschäfte mit Devisen und Aktien werden durch die Aufsichtsorgane gedeckt. Also ein neuer Skandal!

Parlamentarier erklären, die Beweislast liege bei Ihnen und der „Weltwoche“. Der Nationalbankpräsident habe klar gemacht, dass er die Dollarkäufe nicht selbst in Auftrag gegeben habe.
Blocher: Auf dem persönlichen Konto des Nationalbankpräsidenten darf es keine Devisenspekulationen geben! Der Bericht des Bundesrates und Bankrates beweist, dass es sie gibt. Wenn jemand nicht spekulieren darf, dann sind es die Mitglieder des Nationalbankdirektoriums, denn die Nationalbank setzt die Zinsen fest, entscheidet über die Währungspreise, hat Einfluss auf den Gang der Konjunktur und die Börsenkurse. Da geht es doch nicht, dass diese Leute mit ihren Informationen noch privat Geschäfte machen und profitieren. Kein Bürger kann dies gutheissen. Ich bin nun äusserst besorgt, über den Bundesrat, der als Kontrollinstanz noch alles gutheisst.

Wenn die Sachlage so klar ist, wie Sie behaupten. Weshalb stärkt der Bundesrat dann Hildebrand den Rücken?
Blocher: Das müssen Sie ihn fragen. Aber wenn ich die heutige Bundespräsidentin Widmer höre: Filz, Filz, Filz…. Schon im vergangenen Jahr sprach die Finanzministerin, als würde sie selber die Nationalbank führen. Was da für Beziehungen spielen, weiss ich nicht. Vermutlich will man den Skandal auch nicht wahrhaben, weil man ein schlechtes Gewissen hat. Oder zu bequem ist, diese Kontrolle durchzuführen. So setzt man ein Büro zur Untersuchung ein und kann sich anschliessend hinter dessen Ergebnissen verstecken. Ich kenne solche Vorgänge im Bundesrat aus eigener Erfahrung.

Nochmals: Nicht Nationalbankpräsident Hildebrand, sondern dessen Frau hat die Dollarkäufe in Auftrag gegeben. Das kann der Nationalbankpräsident mit E-Mails belegen.
Blocher: Welches E-Mail’s? Und wenn auch. Das macht doch keinen Unterschied. Ich war Unternehmer. Was auf meinem Konto geschieht dafür bin ich verantwortlich, egal ob das meine Frau, meine Kinder oder sonst wer ist. Man kann sich doch bei Insidergeschäften nicht hinter der Frau verstecken. Jeder kleine Bankbeamte, der so etwas täte, würde seine Stelle verlieren und bestraft.

Frau Hildebrand war jahrelang Devisenhändlerin. Als Amerikanerin will sie einen Teil des Vermögens in Dollar anlegen.
Blocher: Das ist es ja! Herr Hildebrand sagt selber, seine Frau habe während Wochen immer wieder über den tiefen Dollarkurs geredet und dass man deshalb Dollars kaufen müsse. Was ist denn das anderes als Spekulation? Wenn jemand eine Frau hat, die Devisengeschäfte machen muss und will, dann darf ihr Mann nicht Nationalbankpräsident werden. Diese Interessenskonflikte bergen ein grosses Sicherheitsrisiko für die Schweiz!

Man hätte Herrn Hildebrand wegen seiner Gattin gar nicht wählen dürfen?
Blocher: Ja, wenn seine Frau wirklich solche Geschäfte machen muss und nicht davon lassen kann. Dann geht das nicht. Es ist gegen das Interesse der Schweiz!

Sagen Sie damit, dass man Hildebrands Umfeld vor seiner Wahl nicht oder zu wenig abgeklärt hat?
Blocher: Das weiss ich nicht. Ich kann nur sagen, dass ich als Unternehmer nie eine Person in eine höhere Position eingestellt habe, ohne zu wissen, wer die Frau und was das Umfeld ist. Man weiss, dass die Frauen viel stärker die Männer beeinflussen als umgekehrt.

Frau Hildebrand hat eine Galerie. Sie ist nicht professionelle Devisenhändlerin.
Blocher: Hören Sie auf mit diesen Spitzfindigkeiten! Herr Hildebrand hat allein 2011 bei mindestens einer Bank auf seinem persönlichen Konto für Millionen Devisen und Aktiengeschäfte getätigt. Wer den Auftrag gab, ist gleichgültig. Es waren Spekulationsgeschäfte. Wenn die Hildebrands nun der Berghilfe 75‘000 Franken geben wollen, dürfen sie das tun. Aber das rechtfertigt doch ihre Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Bürger nicht! Doch reden wir über das Grundsätzliche.

Nämlich?
Blocher: Herr Hildebrand hat neben Dollars und Euros auch anderes gekauft. Seine Kontenauszüge belegen,dass er mit Währungen und Aktien handelt. Das geht nicht. Ich musste mich als Bundesrat innert dreier Wochen von meinen Unternehmen trennen. Für einen Nationalbankpräsidenten sind aber Währungsgeschäfte und Aktiengeschäfte noch viel problematischer. Er beeinflusst als Nationalbankpräsident Kurse, Konjunktur, Börse, die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und unseren Wohlstand! Da darf es keinerlei Interessenskonflikte geben. Parlament, Bundesrat und Bankrat haben dafür zu sorgen und nicht den „Dreck unter den Teppich zu wischen!“

Weshalb?
Blocher: Wir brauchen eine unabhängige Nationalbank. Das heisst aber nicht, dass das Direktorium machen darf, was es will. Im Jahr 2010 hat der Nationalbankpräsident Hildebrand 140 Milliarden Euro Volksvermögen verspekuliert. Die Schweiz hat dadurch 60 Milliarden Franken Volksvermögen verloren! Deshalb müssen jetzt Kantone ihre Steuern erhöhen. Nun betreibt er noch privat Währungs- und Aktiengeschäfte! Und die Kontrolle – durch Bundesrat und Bankrat – versagt auf der ganzen Linie. Das ist skandalös und eine Schande für die Schweiz. Zu hoffen ist, dass das Parlament nicht auch noch versagt.

Und anstatt konstruktiv mitzuarbeiten und in den parlamentarischen Kommission zu schauen, dass die Kontrolle oder Reglemente schärfer werden, fordern Sie die Absetzung des Nationalbankpräsidenten und eine PUK.
Blocher: Herr Hildebrand ist untragbar. Die Umstände können nur mit einer PUK umfassend abgeklärt werden. Bis jetzt wissen wir ja nur von seinen Spekulationen auf einem einzigen Konto. Da gibt es wohl noch weitere. Und wie sieht es bei den anderen Direktionsmitgliedern aus? Was ist vor 2011 passiert? Wie sollte die Aufsicht funktionieren? Wo und warum hat sie nicht funktioniert? Dann ist rasch Ordnung zu schaffen, um das Ansehen der Bank und der Schweiz zu retten.

Damit bewirtschaften Sie das Problem länger, der Imageschaden für die Schweiz wird noch grösser. Für eine PUK finden Sie im Parlament keine Mehrheit.
Blocher: Wenn man will, muss eine PUK nicht jahrelang dauern. Wer schon im Vorfeld sagt, man sei chancenlos, wird nie etwas bewegen und verbessern. Wir laden die anderen Parteien ein, uns in der PUK-Idee zu unterstützen. Das wird die SVP morgen in der Wirtschaftskommission des Nationalrats fordern. Dann sehen wir, wie die Mitte-Links-Mehrheit reagiert.

Was hätten Sie mit Ihrem Wissen und den Vermutungen gemacht, wenn die SVP den zweiten Bundesratssitz am 14. Dezember zurückgewonnen hätte?
Blocher: Das habe ich mich auch gefragt. Ich denke, wenn wir beide Mandate in der Regierung gehabt hätten, wäre ich wohl zu unseren beiden Bundesräten gegangen. Bundesrat Ueli Maurer ist aber alleine. Deshalb war es besser, mich an die Bundespräsidentin zu wenden.

Der Bundesrat hat gemäss „Weltwoche“ Hildebrand mit 4:3 gestützt. Mit zwei SVP-Bundesräten sähe es wohl anders aus?
Blocher: Ich weiss nicht, ob die „Weltwoche“-Information stimmt. Normalerweise stimmt die Regierung ja gar nicht ab. Leider!

Es fällt aber schon auf, dass sie nicht zur zuständigen Finanzministerin gingen, sondern zur Bundespräsidentin. Zielen Sie nicht doch einfach auf Eveline Widmer-Schlumpf?
Blocher: Die Nationalbank-Aufsicht liegt beim Gesamtbundesrat, also war die Regierungspräsidentin die Richtige. Die Finanzministerin hätte wohl alles schnell unter den Teppich gekehrt.
Ich verlange mit der SVP und vielen anderen in diesem Land, einen Nationalbankpräsidenten, der nicht spekuliert.

Angenommen, Herr Hildebrand würde abberufen. Wer soll Nachfolger werden?
Blocher: Damit habe ich mich noch nicht beschäftigt. Sicher darf man aber niemanden anstellen, der – wie Herr Hildebrand – vom Hedgefondsgeschäft her kommt.

Das interne Reglement der Nationalbank soll nun verschärft werden. Präsident Hildebrand hat auch die Idee von Blind Trusts, wie sie im Ausland üblich sind, ins Spiel gebracht.
Blocher: Das kann man alles prüfen. Aber auch ohne Reglemente und Regeln gilt: Es ist selbstverständlich, dass Direktionsmitglieder der Nationalbank weder Devisen- noch Aktiengeschäfte betreiben dürfen!

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