Die Trachtenvereinigungen sind wichtig für ein Land

Interview in der Mittellandzeitung am 4. Juni 2010 mit Silvan Hartmann

Herr Blocher, Sie sind nach 1998 erneut Hauptsponsor des eidgenössischen Trachtenfests. Was liegt Ihnen daran, diesen Anlass zu unterstützen?
Christoph Blocher: Die Trachtenvereinigung hat immer Mühe, Sponsoren zu finden. Das ist verständlich, die Wirtschaft unterstützt den Sport. Dort sind die Massen auch über das Fernsehen erreichbar. Sponsorengelder gibt die Wirtschaft nicht nur aus Sympathie. Sie betreibt damit Werbung. Darunter leidet etwa die Kultur – so die Musik und die Kunst.
Die Trachtenvereinigungen sind wichtig für ein Land. Sie halten die Tradition aufrecht. Deshalb habe ich mich bereit erklärt, diesen Anlass zu unterstützen.

Wäre denn die Durchführung ohne Ihre Unterstützung gefährdet gewesen?
Blocher: Ich bin mir nicht sicher. Die Organisatoren sind dieses Mal frühzeitig an mich gelangt. Ich nehme an, dass sie grosse Mühe gehabt hätten. Beim Trachtenfest 1998 habe ich mich im letzten Moment bereit erklärt, weil kurzfristig ein Gönner ausgestiegen ist und das Fest sonst wohl nicht stattgefunden hätte.

Man hört, dass Sie einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung stellen. Wie hoch ist der Betrag genau?
Blocher: Über den Betrag spreche ich nicht.

Mehr als eine halbe Million?
Blocher: Wir spielen hier kein Ratespiel.

Haben Sie sich aber mit dem sechsstelligen Betrag das Recht erworben, am Trachtenfest eine Rede zu halten?
Blocher: Nein, ich halte auch keine Rede. An Gelegenheiten Reden zu halten, mangelt es mir nicht. Das Einzige, was ich tun werde, ist den Trachtenumzug zu verfolgen wie alle anderen auch. Ich will möglichst im Hintergrund bleiben. Geheim halten kann man diese Gönnerschaft nicht, darum weiss man es ja auch.

Warum wollten Sie denn nicht, dass es bekannt wird?
Blocher: Es soll der Anlass im Mittelpunkt stehen und nicht der Gönner. Bei Sponsoren ist der Name wichtig  – es geht ihnen um den Werbeeffekt.

Beim letzten Trachtenfest vor zwölf Jahren hatten sich aktive Festteilnehmer über ihren Zustupf beklagt, weil die Bevölkerung so meine, Sie verpassten dem Anlass eine SVP-Etikette. Waren Sie darüber enttäuscht?
Blocher: Ja natürlich, sehr enttäuscht. Die Organisatoren waren wenige Tage vor dem Anlass bei mir und baten innigst um Hilfe. Ich habe geholfen unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Dann beklagte sich die Geschäftsführerin des Verbandes am Radio! So etwas hatte ich zuvor noch nie erlebt. Die Organisatoren haben sich später aber entschuldigt, und die Person ist nicht mehr dort. Aber diese „Dreckelei“ wurde dann in der ganzen Schweiz bekannt. Sie hätten sehen sollen, wer am Trachtenfest den grössten Applaus bekommen hat.

Drei Tage wird Schwyz im Trachtenfieber sein. Wann wird man Christoph Blocher am Trachtenfest antreffen?
Blocher: Ich bin mir noch nicht sicher, ich wurde für alle Tage eingeladen. Den Umzug am Sonntag werde ich sicher verfolgen, wohl auch den Festakt. Aber ich stehe nicht im Mittelpunkt und ich trage auch keine Tracht.

Haben Sie aber eine Lieblingstracht?
Blocher: Nein, eine bestimmte Lieblingstracht habe ich nicht. Aber es gibt viele schöne Trachten wie etwa die Appenzeller Tracht mit dem wunderschönen Kopfschmuck. Und dann gibt es viele schöne, einfache Trachten wie die Zürcher Werktagstracht oder die Berner Trachten.

An einem Trachtenfest wird immer auch gesungen und gejodelt. Können Sie selber jodeln?
Blocher: Nein, das eigentliche Jodeln beherrsche ich nicht. Ab und zu bei Festen fangen einige an zu jodeln, da gesellt man sich dazu und singt mit. Das ist doch wahre Kultur.

Was ist für Sie sonst noch Schweizer Kultur – ausser Trachten?
Blocher: Ich weiss nicht, ob es ein Land gibt mit so vielen Laientheatern, Musikschulen etc. Da wird durch das ganze Jahr hindurch sehr viel Kultur gelebt. Die Schweiz ist reich an Kultur. Und deshalb bin ich gegen eine staatliche Kulturförderung. Die Kultur sollte man laufen lassen, sie entwickelt sich automatisch.

Was halten Sie von der Burka-Diskussion? Ist die Burka nicht auch eine Tracht?
Blocher: Nein, das ist keine Tracht. Eine Tracht trägt jemand, damit er ein schönes Kleid anhat. Aber nicht als religiöses Symbol, um den Körper zu verhüllen, um Frauen zu unterdrücken. Trachtentragen ist ein Fest der Freude, das ist bei der Burka nicht so.

Sie sammeln bekanntlich Hodler- und Anker-Bilder und unterstützen das Trachtenwesen. Pflegen Sie nicht ein antiquiertes Schweiz-Bild?
Blocher: Hodler- und Anker-Bilder sind bestimmt nicht antiquiert und auch kein Schweiz-Bild. Sie haben Botschaften gemalt, die ewig gültig sind. Da spielt es keine Rolle, in welchem Jahrhundert das Bild gemalt wurde Hie und da tragen sie Trachten, weil man damals Trachten trug. Ich habe Freude, wenn ich Menschen in schönen Trachten sehe. Sie sagen, es mögen nicht alle Leute Trachten. Es gibt auch solche, die haben eine andere Menschenauffassung und meinen, sie müssten halb nackt herumlaufen. Gönnen wir auch Ihnen ihre Freude.

Mit anderen Worten: Sie wird man nie beim Nacktwandern antreffen?
Blocher: (lacht) Ich habe nicht das Gefühl, dass ich so schön bin, um dies zu tun.

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