Eine Schlamperei von A bis Z

Interview zum Staatssvertrag in der Mittelland Zeitung vom 01.06.2010 mit Martin Rupf

Herr Blocher, was sagen Sie zum Inhalt des GPK-Berichts, soweit Sie diesen überblicken?
Christoph Blocher: Es ist das heraus gekommen, was ich erwartet habe.

Nämlich?
Blocher: Eine Schlamperei von A bis Z.
Was die SVP schon damals, als der Bundesrat die ersten knapp 300 Kundendaten herausgegeben hat, bekannt gegeben hatte.

Wo genau hat der Bundesrat Ihrer Meinung nach geschlampt?
Blocher: Keine saubere Projektführung, kein Terminplan in der Verwaltung und mit dem Bundesverwaltungsgericht. Am Schluss reichte die Zeit nicht mehr, um die Dossiers zu bearbeiten und man gab sie rechtswidrig hinaus.

Wie hätte das Debakel Ihrer Meinung nach vermieden werden können?
Blocher: Es braucht weder eine Verwaltungsreform noch mehr Staatssekretäre. Sondern es braucht nur Bundesräte und eine Verwaltung, die ihre Arbeit so machen, wie sich das gehört.

Im Bericht heisst es, der Bundesrat habe sich vom Finanzplatz instrumentalisieren lassen. Ihre Einschätzung?
Blocher: Klar hat der Finanzplatz versucht, den Bundesrat zu beeinflussen. Das macht eigentlich auch nichts.

Wie bitte?
Blocher: Viele Verbände und Interessensgruppen versuchen, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Längst nicht alle, die mit einer hohlen Hand ums Bundeshaus rumstreichen, sind Clochards. Entscheidend ist, dass der Bundesrat dem Einfluss nachgegeben hat – ja nachgeben musste.

Wieso hat der Bundesrat nachgegeben?
Blocher: Die zwei Schweizer Banken sind so gross, dass man sie nicht fallen lassen durfte, weil das die Schweizer Wirtschaft in den Abgrund gezogen hätte. Deshalb muss das „To-big-too-fail“-Problem endlich gelöst werden.

Mit einer Holdingstruktur?
Blocher: Ja. Unser Modell sieht zum Beispiel eine UBS USA, eine UBS China, eine UBS Schweiz etc. vor. Diese ausländischen Einheiten dürfen finanziell nicht verknüpft sein. Dann könnte eine ausländische Einheit notfalls Konkurs gehen, ohne dass die Schweiz UBS davon betroffen wäre.

Zurück zum GPK-Bericht. Braucht es jetzt noch eine PUK?
Blocher: Ja. Die Prüfungskompetenz einer PUK reicht viel weiter als diejenige der GPK.

Welche Fragen könnten dann noch beantwortet werden?
Blocher: Die PUK hat ähnliche Kompetenzen wie ein Gericht, nur leider besteht sie aus Parlamentariern (lacht). Ganz entscheidend ist die Klärung der Frage, ob die Aufsichtsbehörde eine gute Arbeit gemacht hat oder nicht. Ich bin überzeugt, eine vom Bund gewählte Aufsicht ist bei der heutigen Bankenorganisation nicht in der Lage, eine Grossbank wie die UBS mit all ihren Auslandtätigkeiten zu überwachen.

Der GPK-Bericht kritisiert vor allem Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Ist sein Rücktritt nun überfällig?
Blocher: Natürlich trägt Hans-Rudolf Merz eine grosse Verantwortung in dieser ganzen Angelegenheit. In die Pflicht zu nehmen ist aber auch der Bankenausschuss (Merz, Calmy-Rey und Widmer-Schlumpf) und ebenso der Gesamtbundesrat, die es verpasst haben, Merz kritische Fragen zu stellen, einen sauberen Ablauf zu verlangen und die Verantwortung zu übernehmen. Mit Rücktrittsforderungen gegenüber einzelnen Personen ist es nicht getan. Die Schlamperei ist die Folge des schönrednerischen, süsslichen Kollegialprinzips ohne persönliche Verantwortung für das Ganze.

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