Die Abspaltung war notwendig

Interview im „Berner Oberländer“ vom 28. März 2009

Von Peter Rothacher

Alt Bundesrat Christoph Blocher fühlt sich von gewissen Zwängen befreit. Er politisiert und polarisiert ausserhalb der Regierung munter weiter. Wir haben ihn zur Rolle der SVP, deren Präsidenten und ihrem einen Bundesrat befragt.

Am Donnerstagabend ist alt Bundesrat Christoph Blocher in Därstetten am Polit-Treff der SVP zur Gesprächsrunde mit Heinz Bercher angetreten. Vorgängig hat er dieser Zeitung ein Kurzinterview gewährt.

Herr alt Bundesrat Blocher, ob Armee-Debakel, ob Finanzkrise – Sie werden immer wieder als «Retter in der Not» ins Gespräch gebracht. Wie finden Sie das?

Christoph Blocher: Ich helfe wo ich kann. Da ich in Bern nicht mehr genehm war, gebe ich die Impulse nun von ausserhalb. Das kann ich jetzt wieder etwas freier tun.

Sind Sie denn nach der Bundesrats- Abwahl überhaupt noch der «Alte»?

Meine politische Motivation und die politische Zielrichtung sind die gleichen geblieben. In der Zeit als Bundesrat musste ich manchmal Sachen gegen meinen Willen vertreten – da wurde auch erwartet, dass ich für etwas eintrete, das ich persönlich für falsch empfand. Diesen Druck bin ich los und es eröffnen sich neue Möglichkeiten.

Von Ueli Maurer als einzigem SVP-Bundesrat hört man erstaunlich wenig. Wie schätzen Sie ihn ein?

Mit drei Monaten Amtszeit steht er am Anfang und muss den Problemen erst auf den Grund gehen. Was er macht ist im Ansatz gut. Ich habe mich in den ersten Monaten als Bundesrat ebenfalls zurückgehalten.

Auch um den SVP-Präsidenten Toni Brunner ist es eher still geworden. Hat die SVP an Biss verloren?

Wir haben die veralteten Strukturen in unserer Partei korrigiert. Der Präsident steht nicht mehr alleine im Zentrum. Die fünf Vizepräsidenten und der Fraktionschef positionieren sich zu ihren Themen ebenfalls in der Öffentlichkeit. Die SVP als stärkste Partei wird von allen anderen kritisiert: Entweder sie sei zu aggressiv oder halt umgekehrt, sie werde wohl langsam zahm.

Wie intensiv sind sie als einer der Vizepräsidenten mit Maurer und Brunner in Kontakt?

Telefonisch so oft als erforderlich. Daneben treffen wir uns in etwa wöchentlich.

Sie haben die SVP zur wählerstärksten Partei gemacht. Fühlen Sie sich nun auch an ihrem Niedergang schuldig?

Von Niedergang träumen nur unsere Gegner. Ebenso sagen dies all die nichtssagenden oder manipulierten Meinungsumfragen. Die SVP ist die wählerstärkste Partei und seit meiner Abwahl hat die SVP in neun von zehn kantonalen Wahlgängen – zum Teil erdrutschartig – gewonnen. Die Ausnahme ist Schaffhausen, weil dort die SVP-Mandatsträger den SVP-Kurs verlassen hatten. Die BDP holt – wie erwartet – Wähler bei den Mitteparteien und der SP, nicht bei der SVP, wenn diese ihrem Weg treu bleibt.

Haben Sie die Abspaltung respektive Gründung der BDP zu verantworten?

Sie war notwendig. Der Ausschluss Graubündens aus der Mutterpartei – war schmerzlich – erweist sich aber als grossen Vorteil: In der neuen bündner SVP herrscht ein offener, ehrlicher Politstil mit vielen Jungen. Sie macht wie zum Beispiel bei Harmos schon Referenden und hat in der Volksabstimmung gewonnen! Vorher hatten alte Familien-Clans – mit den üblichen Verfilzungen – das Sagen. Auch im Kanton Bern profitiert die BDP von einem gewissen Goodwill: Ihre Exponenten liessen sich ursprünglich von der SVP wählen und starten nun aus der Position der Bisherigen. Künftige Wahlen werden zeigen, ob dieses Spiel von der Basis honoriert wird. In den übrigen Kantonen ist die BDB für die SVP ohne Bedeutung, wenn die SVP weiterhin für die Schweiz politisiert. Vielleicht schwächt sie aber die SP und die Mitte.

Bei welchem Thema muss die SVP besonders Gas geben?

Wir sind die Partei, welche die Souveränität unseres Landes als einzige Bundesratspartei verteidigt. Der Bundesrat zeigt grosse Schwächen und knickt bei jeder Forderung aus dem Ausland ein – die Schwäche ist offensichtlich. Die SVP geht voran: Unsere zwei Grossbanken müssen ihre Geschäftsfelder entflechten. Die UBS Schweiz muss unabhängig von der UBS Amerika agieren. Es darf nicht sein, dass unsere Steuerzahler für Verluste in den USA aufkommen.

Haben Sie selber in der Politik noch eine Mission zu erfüllen?

Gemäss meinem Ressort in der Parteileitung der SVP bin ich verantwortlich für die Strategie. Dazu gehört, dass ich meine industrielle und politische Erfahrung und Kenntnisse gegenüber aktuellen Krisen einbringe.

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