«Schuldenabbau kaum dauerhaft»

SVP-Nationalrat Chr. Blocher

Interview mit der Finanz und Wirtschaft vom 02. November 2002


Herr Blocher, der Souverän hat am 22. September die AHV-Initiative der SVP und den Gegenvorschlag mit der Solidaritätsstiftung abgelehnt. Was spricht dagegen, mit den 20 Mrd. Fr. aus dem ‹überschüssigen› Nationalbankgold dem riesigen Schuldenberg von Bund, Kantonen und Gemeinden von 220 Mrd. Fr. die Spitze zu nehmen?

Christoph Blocher: Die staatlichen Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Wer also Schulden abzahlt, sorgt dafür, dass die Steuerlast in der Zukunft leichter wird. Deshalb wäre der Schuldenabbau theo-retisch eine gute Sache.

Weshalb nur theoretisch?

Blocher: Meine langjährige Erfahrung zeigt, dass der psychologische Druck zum Geld-ausgeben für die Politiker derart gross ist, dass die Reduktion von kurzer Dauer wäre. Der neu gewonnene finanzielle Spielraum würde sofort wieder mit zusätzlichen Ausgaben gefüllt.

Dann würde der Bürger gleich zweimal bezahlen, erstens mit dem Gold und zweitens mit der höheren Fiskalquote. Könnten die Politiker nicht mit Vorschriften analog der Schuldenbremse gezwungen werden, die Verschuldung auf dem neuen, tieferen Niveau zu halten?

Blocher: Wenn Sie mir eine absolut wasserdichte Lösung bringen, werde ich mich sofort für den Schuldenabbau engagieren. Aber die Praxis zeigt, dass die Politiker jedes Regelwerk aushebeln oder so uminterpretieren, dass sie mehr Geld aus-geben können. Auch heute werden zum Beispiel in Bern trotz Schulden-bremse Defizite gemacht. Die Ausgabenfreudigkeit der Politiker lässt sich nur bremsen, wenn kein Geld mehr da ist und keine neuen Schulden mehr gemacht werden können.

Sie wollen die Schulden und die schwere Zinsbürde nicht angehen, weil die Ent-lastung nicht von Dauer wäre. Ist das nicht so, wie wenn ein Doktor einen Bein-bruch nicht einschienen will, weil sich der Patient, wenn er gesundet, den Hals brechen könnte?

Blocher: Nicht jeder, der sich ein Bein bricht und verarztet wird, bricht sich danach den Hals. In der Politik beträgt aber die Wahrscheinlichkeit, dass wieder Schulden gemacht werden, 99,99%.

Wie sollen denn die 20 Mrd. Fr. nun eingesetzt werden?

Blocher: Der AHV-Fonds wäre die beste Lösung. Damit werden künftige Steuern vermieden, was dem Effekt des Schuldenabbaus entspricht. Fliesst das Geld an die Kantone, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese damit Schulden tilgen, leider sehr klein.

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