Man muss dafür sorgen, dass wenigstens das dem Volk wieder zukommt, was dem Volk gehört

Interview Pro Libertate, Ausgabe 5, August 2002

Mit Nationalrat Blocher sprach Ami Bossard

Sehr geehrter Herr Nationalrat Blocher, was ging in Ihnen vor, als 1997 Bundesrat Koller die Schaffung einer Solidaritätsstiftung aus Nationalbank-Gold ankündigte?

Christoph Blocher:
Meine Reaktion war spontan: „Jetzt hat der Bundesrat den Kopf verloren“. Die Solidaritätsstiftung kündigte er in einer Rede über die Schweiz und den 2. Weltkrieg vor dem Parlament an.

Wenn wir für unsere Leser und Leserinnen kurz die Situation von 1997 Revue passieren lassen: War die Solidaritätsstiftung eine Notwehr-Reaktion einer Landesregierung, welche einfach nicht die Kraft hatte, auf die ausländischen Beschuldigungen im Zusammenhang mit der Situation der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges angemessen zu antworten?


Blocher
: Dies ist so. Natürlich erleichtert das Nachgeben auf eine erpresserische Forderung für den Augenblick. Das Nachgeben nimmt Druck weg. Aber wer Erpressungen nachgibt, der wird stets von neuem erpresst. Würde die Solidaritätsstiftung gegründet, würde diese jedes Jahr um Beiträge erpresst.

Wäre die Annahme der Stiftung demnach ein Schuldeingeständnis der Schweiz?

Blocher
: Das auch.

Am kommenden 22. September stimmen wir über eine Volksinitiative der SVP ab, welche die frei werdenden Goldreserven der AHV zuführen möchte. Somit wird die Schaffung der Stiftung unmöglich. Bundesrat und Parlament haben mit einem Gegenvorschlag auf die Initiative reagiert. Sind sich die Befürworter der Solidaritätsstiftung ihrer Sache doch nicht so sicher, dass nun nicht nur die Solidaritätsstiftung sondern auch die Kantone und die AHV ein „Zückerchen“ erhalten sollen?

Blocher
: Dies hat man gemacht, um Kantone und AHV-Rentner zu gewinnen. Es bleibt jedoch dabei: Beim Gegenvorschlag sollten die Erträge von 7 Milliarden in die Solidaritätsstiftung gehen.

Als Unternehmer sind Sie auf eine stabile Geld- und Währungspolitik angewiesen. Befürworten Sie grundsätzlich die Verringerung der Goldreserven der Nationalbank?


Blocher
: Bevor die Nationalbank und der Bundesrat entschieden haben, für währungspolitische Zwecke benötige man ca. 20 Milliarden nicht mehr, war ich nicht für die Auflösung. Aber jetzt ist entschieden und man muss man dafür sorgen, dass wenigstens das dem Volk wieder zukommt, was dem Volk gehört. Führen wir dies dem AHV-Ausgleichsfonds zu, so werden die Renten sicherer und Steuererhöhungen für die AHV können zumindest aufgeschoben werden.

Das Eidgenössische Finanzdepartement behauptet in einer Broschüre, im Gegensatz zum Gegenvorschlag gefährde die SVP-Gold-Initiative die Unabhängigkeit der Nationalbank. Dies dürfte ja wohl kaum das Ziel der SVP sein?


Blocher
: Ich weiss nicht, woher dieser Unsinn stammt. Was überschüssige Reserven sind, bestimmt allein die Nationalbank. Das wird mit der Initiative nicht geändert.

Die SVP und Sie sagen, die Schweiz würde erpressbar, wenn jedes Jahr die Stiftungsgelder verteilt werden müssen, warum?


Blocher
: Weil Bundespräsident Koller damals in die Welt hinaus sprach, die Solidaritätsstiftung sei selbstverständlich auch für Holocaustopfer. Die amerikanischen Kreise werden die Stiftung also jedes Jahr unter diesem Titel belangen und erpressen.

Irgendwie hat man das Gefühl, die Zuführung der Erträge aus dem Verkauf des überflüssigen Goldes löse die Probleme der AHV im Kern auch nicht. Werden wir nicht trotz „Nationalbankgold“ via erhöhter Mehrwertsteuer noch mehr Steuern bezahlen müssen?

Blocher: Der Verzinsungsertrag von 20 Milliarden löst nicht alle Probleme, aber er ist eine wesentliche Stütze für die AHV – für alle Zeit. Ohne diese 20 Milliarden müssten ab 2008 die Mehrwertsteuer erhöht oder die Renten gekürzt werden. Mit den Erträgen der überschüssigen Reserven nicht. Ob später weitere Mittel notwendig sind, hängt von der Wirtschaftsentwicklung ab.

Nach der Flugzeugkatastrophe von Überlingen in Deutschland hatten verschiedene Stimmen gefordert, der Bundespräsident benötige einen Fonds, aus welchem er bei solchen Katastrophen rasch finanzielle Anteilnahme leisten könnte. Wäre die geplante Stiftung nicht ein geeignetes Mittel, um das Bild der Schweiz im Ausland zu verbessern?


Blocher
: Nein. Wir müssen nicht das Bild „das Image“ verbessern. Die Schweiz ist angesehen, wenn sie wie früher als Kleinstaat selbständig und freiheitlich bleibt. Die Schweiz verliert ihr Ansehen, wenn sie dauernd von ihren bewährten Grundsätzen abweicht.

Könnten Sie mit einem doppelten Nein am 22. September leben?

Blocher: Natürlich. Aber die Gefahr besteht, dass dann wieder Geld neben am Volk vorbei verteilt wird.

Sehr geehrter Herr Dr. Blocher, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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