Neujahrsansprache 2001

1. Januar 2001

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Das erste Jahr, das mit einer 2 beginnt, ist zu Ende. Bevor wir in das abgelaufene Jahr 2000 eingestiegen sind, glaubten die Einen, dies müsse ein besonderes schwieriger Übergang werden, die Welt würde beinahe untergehen. Die Anderen gingen dieses Jahr mit einer riesigen Euphorie an. Geschehen ist nichts Besonderes! Das heisst nichts anderes, als dass sich der Weltenlauf nicht nach unserer Gesinnung richtet. Das ist wahrscheinlich auch tröstlich.

Wenn wir das vergangene Jahr betrachten, dürfen wir mit Dankbarkeit feststellen, dass es der Schweiz, gesamthaft gesehen, wirtschaftlich gut ging. Wir haben eine Vollbeschäftigung, wie wir sie in den letzten Jahren nie mehr hatten. Wirtschaftlich verbesserte sich vieles in der Schweiz. Wenn wir heute besser dastehen als die umliegenden Länder, wenn wir die niedrigste Arbeitslosigkeit aller Industrieländer haben, wenn sich der Volkswohlstand verbessert hat, so deshalb, weil sich das Rezept der Schweiz – auf eigenen Füssen zu stehen und aus dem, was wir haben, das Beste zu machen – bewährt hat.

Euphorie weicht der Ernüchterung

Das muss für uns heissen, auch so weiter zu gehen. Natürlich zeichnen sich wieder düstere Wolken ab – auch am wirtschaftlichen Himmel. Ich denke an die Hiobsbotschaften aus Amerika. Ich denke aber auch an jene aus der Schweiz und aus Europa. Denke an Firmen, die in den letzten Jahren fusioniert und sich mit grossen Plänen hervorgewagt haben. Jetzt zeichnet sich Ernüchterung ab: Restrukturierungen und Entlassungen sind angesagt. Wo allzu lange nichts gemacht oder auch zu früh etwas Falsches erzwungen wurde – nur um eine bestimmte Grösse zu erreichen – dort muss es schlecht heraus kommen.

Das gibt Anlass zu Besorgnis. In der Schweiz zum Beispiel bei Nachrichten über Unternehmen wie Sulzer und Feldschlösschen. Das sind Firmen, die zu lange nichts unternommen haben. Das hat dann schmerzliche Korrekturen zur Folge! Es ist jedoch tröstlich, dass jene Firmen, die über Jahre hinweg eine gute und seriöse Arbeit geleistet haben, auch ein gesichertes Fortkommen aufweisen können.

Auch die Grossen kochen nur mit Wasser

Wenn ich das vergangene Jahr politisch betrachte, so wurde im Rahmen der amerikanischen Wahlen deutlich: Auch die ganz Grossen kochen nur mit Wasser! Bescheidenheit ist angezeigt, für die Grossen wie auch für die Kleinen! Wenn Sie die grossen, wuchtigen Konferenzen verfolgt haben – in der EU; in Nizza: Morgens sah man die verschlafenen Gesichter dieser Minister und wusste nach deren tagelangen Kämpfen schliesslich nicht: Haben Sie jetzt etwas beschlossen oder nicht? Ist es etwas Gutes oder etwas Schlechtes? Was ist eigentlich das Resultat dieser Debatten? – Es kam dabei praktisch nichts heraus. Das ist bei so grossen Strukturen häufig der Fall.

Wenn Sie im vergangenen Jahr beobachtet haben, was in Österreich, dem kleinen Land in der EU, geschah. Man beobachtete, dass die grossen Staaten der Meinung waren, sie müssten diesen Staat boykottieren. – Obwohl es ja ein Freund sein sollte! Das zeigt, dass man besser wachsam und sich selber bleibt!

Wichtige Entscheidungen stehen bevor

Dies soll auch die Devise sein für das neue Jahr! 2001 stehen grosse politische Vorlagen an. Sie betreffen die Selbständigkeit und Unabhängigkeit unseres Landes: Es wird eine EU-Abstimmung geben. Hier ist es für uns Schweizer vorteilhaft, Nein zu stimmen. Zeigen Sie damit dem Bundesrat, dass es auch in Zukunft in der Schweiz so sein muss, dass wir unser Schicksal selber bestimmen können.

In einer weiteren Abstimmung haben wir darüber zu befinden, ob die Schweizer Soldaten, die Schweizer Armee, in neue ausländische Kampfgebiete gehen und sich einbeziehen lassen soll in Grosskonflikte, und ob sie in der NATO mitmachen soll. Wir haben über die Frage zu befinden, ob etwas, das uns während 200 Jahren den Frieden gesichert hat – nämlich die dauernd bewaffnete Neutralität – nun preisgegeben werden soll. Es gibt auch eine Abstimmung über die politische UNO, bei der wir uns dem Willen des Sicherheitsrates unterstellen sollen. Überall ist das Schweizer Volk aufgerufen. Das Parlament und der Bundesrat haben leider falsch entschieden. Da kann nur das Volk selber das Heft in die Hand nehmen!

Sozialwerke sichern

Im neuen Jahr glaube ich, dass es uns in der Schweiz wirtschaftlich und mit den Arbeitsplätzen gut gehen wird. Sofern wir es richtig anpacken. Die exorbitanten Steuererhöhungen, Abgaben und Gebühren, die in den letzten 10 Jahren in Bern, aber auch in den Kantonen und in vielen Gemeinden beschlossen wurden, müssen rückgängig gemacht werden. Das gibt mehr Freiheit für die Bürger und Bürgerinnen. Viele Leute sind – zu Recht – beunruhigt über die Sicherung der Altersvorsorge, oder über die hohen Krankenkassenprämien.

Zur AHV: Es ist wichtig, dass endlich das Geld richtig bewirtschaftet wird. Dann reicht es für alle. Die Goldreserve der Nationalbank muss in die AHV. Die Gelder, die für die AHV beschlossen wurden, müssen ihr auch zugeführt werden. Sie dürfen nicht in die Bundeskasse abfliessen. Wenn die AHV endlich gut bewirtschaftet wird, können wir ohne neue Abgaben und Gebühren die AHV-Rente für alle aufrechterhalten. Hier liegt das Geheimnis: In der richtigen Bewirtschaftung der Mittel!

Zu den Krankenkassenprämien: Der Bundesrat und das Parlament haben versprochen, wenn wir das neue Krankenkassengesetz annehmen würden, so hätte dies eine Senkung der Prämien zur Folge. Jetzt, wo das Gesetz in Kraft ist, ist das Gegenteil der Fall: Die Prämien steigen ununterbrochen weiter. Das muss korrigiert werden! Der Leistungskatalog im Gesundheitswesen kann so nicht weitergeführt werden. Wenn dieser wieder auf das richtige Mass zurückgestutzt wird, ist eine Korrektur möglich. Dies bedeutet aber auch mehr Eigenverantwortung für den Einzelnen. Der Staat soll jene unterstützen, die wirklich Hilfe nötig haben. Dieser Weg muss endlich beschritten werden. Langsam, langsam erwacht auch der Letzte und Hinterste.

Liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger

Sie haben nächstes Jahr wieder das Heft in der Hand, um in den Hauptfragen die Weichen richtig zu stellen. Ich glaube, wenn die Schweiz auf ihrem Weg bleibt, sich auf das Wesentliche konzentriert, und von morgens bis abends ihre Sache richtig macht, werden wir das Jahr 2001 gut überstehen. Wir müssen auf unsere Kräfte und unsere Stärken zählen. Wir Schweizer tun gut daran, wenn wir mit Selbstvertrauen in die Zukunft gehen. Damit sind wir gut gefahren.

Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr – ein gutes 2001!

Christoph Blocher, Nationalrat, SVP

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