Axantis ist kein befristetes Engagement

Interview mit der Solothurner Zeitung vom 23. Dezember 2000

Christoph Blocher will mit Mehrheitsübernahme des Luterbacher Unternehmens neue Märkte erschliessen Die geplante Übernahme der Axantis-Mehrheit soll der Ems-Gruppe von Christoph Blocher neue Anwendungsgebiete erschliessen. Er kündigte ein längerfristiges Engagement in Luterbach an.

Autor: Mit Christoph Blocher sprach Hansjörg Ryser

Sie waren heute bei Axantis in Luterbach. Welches Weihnachtsgeschenk haben Sie der Belegschaft überbracht?

Christoph Blocher: Wir sind ja noch nicht Eigentümer von Axantis. Wir haben lediglich erst ein Angebot gemacht, die Mehrheit zu übernehmen und die Firma zu führen. Weil die Mitarbeiter vor allem viel über Aktien, Aktienkäufe und Quoten gehört haben, war es mir ein Anliegen, ihnen zu sagen, aus welchen Gründen wir Axantis übernehmen, und was wir machen wollen.

Vor einem Jahr wurden die Mitarbeiter über bevorstehende Änderungen informiert, von denen die Arbeitsplätze jedoch nicht betroffen sein würden. Waren Sie bereits der Grund für diese Ankündigung?

Blocher: Vor einem Jahr noch nicht. Wahrscheinlich war damit die Produktionsumstellung gemeint. Axantis stösst ja nun in neue Gebiete vor, was ich grundsätzlich richtig finde. Sie sind ja nun ebenfalls wie wir im Gebiet der polymeren Werkstoffe tätig. Damit das Unternehmen in diese Richtung vorwärts gebracht werden kann, braucht es eine klare Mehrheit. Wir kamen aber erst vor drei Wochen dazu, als die Übernahmeangebote der Firma Model zur Diskussion standen. Der Verwaltungsrat hat Kontakt mit uns aufgenommen und wir erklärten uns bereit, mit einem guten industriellen Konzept voranzugehen.

Zehn Jahre sind inzwischen vergangen. Wieso haben Sie nicht schon früher zugeschlagen und das Unternehmen wesentlich billiger über die Börse aufgekauft?

Blocher: Ich wollte keine unfreundliche Übernahme machen. Heute sind der Wille für die neue Strategie und das Interesse an unserer Übernahme vorhanden.

Was haben Sie heute in Luterbach vorgefunden?

Blocher: Die neuen Anlagen sind eindrücklich. Da wurde viel investiert. Auch ist der Wille für die Umstellung von der Zellulose in die Spezial-Zellulose vorhanden. Ich sehe auch eine gute Zukunft für polymere Werkstoffe auf der Basis von Zellulose. Das lässt sich aber nicht über Nacht realisieren.

Was braucht mehr Zeit? Die Umstellung der Mitarbeiter oder der Märkte?

Blocher:
Zwei Sachen: Sie brauchen qualitativ hervorragende Produkte, aber vor allem auch grosse Anstrengungen in Marketing und Verkauf.

Wie sind Sie in Luterbach empfangen worden?

Blocher: Herzlich, erfreut. Die Stimmung ist gut. Ich habe mit den Leuten beim Apéro gesprochen und die Lehrlinge haben mir noch eine Uhr geschenkt. Sie freuen sich, dass nun eine Lösung kommt.

So haben Sie der Solothurner SVP auch noch ein Weihnachtsgeschenk überbracht, welche nächstes Jahr Wahlkampf hat.

Blocher: Wieso meinen Sie?

400 begeisterte SVP-Wähler.

Blocher: (lacht) Das täte dem Kanton Solothurn vielleicht gut.

SP und Gewerkschaften müssten Ihnen für die Rettung auch noch dankbar sein.

Blocher:
Ich bin nicht als Politiker aufgetreten, sondern als Industrieller.

Zurück zur Übernahme. Wann haben Sie die 3,5 Prozent des Kapitals über die Börse gekauft?

Blocher: Innerhalb von einer Woche, als ich Kontakt mit dem Verwaltungsrat hatte. Vorher hatten wir keine Aktien. Wir wollen die Führung und dafür brauchen wir die qualifizierte Mehrheit von 67 Prozent.

Die 67 Prozent sind für Sie ja interessant. So erhalten Sie zum Preis von 380 Mio. Fr. ein Unternehmen mit einem Wert von 555 Mio.Franken.

Blocher: 67 Prozent ist die unterste Grenze. Wenn uns alle angeboten werden, nehmen wir alle. Wir wollen aber niemanden, der uns noch in die Suppe spucken kann.

Wie weit wird Axantis in die Ems-Gruppe integriert? Bleibt das Management bestehen?

Blocher:
Wir hatten noch keine Möglichkeit, die Führung zu beurteilen. Aber wir werden sehr stark von Ems aus führen, wie die anderen Unternehmen auch. Jedes Unternehmen ist jedoch ein eigenständiges Profitcenter.

Axantis ist aber kein befristetes Engagement.

Blocher: Nein, keinesfalls. Es braucht auch ein paar Jahre, bis die neue Strategie funktioniert. Es wird länger dauern, als von Axantis geplant. Ich spüre aber, dass man da was machen kann.

Und Sie werden von den Erdölpreisen unabhängiger.

Blocher: Nein, davon sind wir weniger direkt betroffen. Wir erschliessen aber neue Anwendungsgebiete, welche uns bisher verschlossen waren, etwa die Nahrungsmittelindustrie.

Ist Axantis eine einmalige Gelegenheit oder ein erster Schritt eines Ausbaus von Ems durch Übernahmen?

Blocher: Axantis passt in unsere Hauptstossrichtung der polymeren Werkstoffe und war eine Gelegenheit.

In der Chemie gäbe es ja derzeit einige Gelegenheiten?

Blocher: Ja, aber sie müssen zu uns passen, wir müssen sie führen können. Bei Axantis glauben wir, das zu können.

Wie läufts bei Ems?

Blocher: Wir schliessen das Jahr in unseren Erwartungen ab. Aber der Gewinn wird mindestens in Vorjahreshöhe ausfallen. Für das kommende Jahr sind wir verhalten optimistisch. Die Autoindustrie, wo 30 Prozent unsere Lieferungen hingehen, läuft schwächer. Andererseits haben wir viele neue, gute Produkte.

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