Wer konsequent vorgeht, gewinnt immer

Zum Ausgang der Bundesratswahlen vom 15. Dezember

Interview mit der Berner Zeitung vom 16. Dezember 1999

Christoph Blocher will den andern Parteien das Leben schwer machen und kündigt eine Offensive in der Romandie an.

Interview: Karin Burkhalter

Herr Blocher, Sie haben jeweils nur 58 Stimmen geholt. Sind Sie blossgestellt worden?

Christoph Blocher: Nein. Unsere Politik ist desavouiert worden. Es ging in der Wahl ja nicht um mich, sondern um den zweiten SVP-Bundesratssitz. Doch FDP und CVP wollen mit der SP zusammenspannen. Offensichtlich will nur die SVP die wählerstärkste Partei angemessen im Bundesrat vertreten haben.

Waren Sie der falsche Kandidat, hätte Ihre Partei jemand anderes portieren sollen?

Blocher: Das Resultat wäre gleich schlecht oder noch schlechter herausgekommen. Wenn wir einen Hinterbänkler gebracht hätten, hätten alle gesagt: Diesen Kandidaten kennt ja niemand. Und wenn wir eine bekannte und fähige Persönlichkeit portiert hätten, hätte es eben geheissen: Die Person ist zwar gut, die Partei jedoch nicht wählbar.

Umfragen zeigten: Auch die Stimmberechtigten wollen keine andere Zusammensetzung des Bundesrates.

Blocher: Ich glaube nur an Umfragen, die die SVP selber gefälscht hat.

Sie kandidierten widerwillig. Sind Sie erleichtert über Ihre Nichtwahl?

Blocher: Ich bin enttäuscht. Niederlagen sind immer bitter. Die SVP macht eine Politik, welche die wählerstärkste Partei vertritt. Folglich muss diese Politik auch im Bundesrat von zwei SVP-Mitgliedern vertreten werden.

Eigentlich müssten Sie zufrieden sein. Ihr Win-Win-Manöver ist aufgegangen.

Blocher: Wer logisch richtig und konsequent vorgeht, gewinnt immer. Und an diesen Grundsatz haben wir uns gehalten. Und das, obwohl wir wussten, dass wir eine Niederlage einstecken werden.

Ist das Thema „Bundesrat Blocher“ für Sie abgeschlossen?

Blocher: Ist unser Anspruch unbestritten, muss ich nicht wieder kandidieren. Denn wir haben genügend fähige Leute. Wenn eine Ausgangslage wieder einmal so risikoreich ist wie diese, dann werde ich wieder antreten.

„Wir sehen uns bei Philippi wieder“, haben Sie dem Parlament zugerufen. Das ist ein regelrechter Schlachtruf.

Blocher: Das ist ein geflügeltes Wort aus der Literatur, welches man in der Umgangssprache benutzt. Es bedeutet lediglich, dass man nach einer Niederlage an einem andern Ort wieder antritt. Im Sinn von: Mit uns ist zu rechnen.

Ihre Partei hat in der Vergangenheit bereits Opposition betrieben. Jetzt wollen Sie einen noch stärkeren Kurs fahren.

Blocher: Die SVP hat bislang keine generelle Opposition betrieben. Zur Erinnerung: Viele Vorlagen haben wir mitgetragen – wenn auch widerwillig -, weil wir eine Regierungspartei sind. Inzwischen sind wir wesentlich stärker geworden, im Bundesrat sind wir aber untervertreten. Und das bedeutet: Wir werden den Oppositionsspielraum ausdehnen. Das ist der Auftrag, den uns gestern das Parlament gegeben hat.

Bedeutet die härtere Gangart auch, dass Sie in der Romandie offensiver werden.

Blocher:
Ganz klar. Wir werden die Sektionen und die guten Leute vermehrt fördern. Denn wir haben gemerkt, dass im Welschland für die SVP ein sehr guter Boden vorhanden ist. Auch wenn ich persönlich und die Partei dort von den Medien diabolisiert werden.

Ein anderes Vorhaben ist die Volkswahl des Bundesrats.

Blocher: Der gestrige Tag hat mir einmal mehr gezeigt, wie nötig diese ist. Die Mauschelei und Spielerei rund um die Wahlen führt nur zu einer unglaublichen Abhängigkeit der Regierung vom Parlament. In der SVP ist die Volkswahl noch umstritten. Vor allem unsere Parlamentarier lassen nicht gerne Kompetenzen fallen. Aber die Delegierten haben ihr im Grundsatz zugestimmt.

Sie wurden vom Zürcher Philosophen Georg Kohler als „notwendiger Agent der Geschichte“ bezeichnet. Sehen Sie sich auch so?

Blocher: Ich weiss nicht, was diese Bezeichnung bedeuten soll.

Es braucht Sie offenbar, damit sich etwas bewegt.

Blocher: Das kann schon sein. Aber wenn ich es nicht wäre, wäre es möglicherweise jemand anders.

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