«Ich habe etwas Gutes getan»

Interview mit dem „Tages-Anzeiger“ vom 1. Dezember 1998

Christoph Blocher sieht nicht ein, was an der Fusion von Algroup und Viag schlecht sein soll. Die Kritiker seien bloss Neider.

Interview: Iwan Städler

Herr Blocher, Sie wurden am Wochenende wegen der Fusion der Algroup und der Viag stark kritisiert. Was überwiegt nun: die Freude am finanziellen Gewinn oder der politische Ärger?

Blocher: Ich habe weder Sonntagszeitungen gelesen noch Radio oder Fernsehen konsumiert. Folglich habe ich nichts gemerkt von diesem „Mais“. Nachträglich hörte ich, dass viele Politiker an mir die Schuhe abgeputzt haben. Das ist aber nichts Neues. Ich kenne das nun seit 20 Jahren. Und ich weiss doch, was hier dahinter steht.

Was denn?

Blocher: Wer Neider hat, hat Brot; wer keine hat, hat Not. Bin ich denn dermassen stark, dass mich alle erledigen wollen?

Ihr Parteikollege Ulrich Zimmerli spricht von einem Ausverkauf der Heimat.

Blocher: Ich bin erstaunt, dass er das gesagt haben soll. Ein Professor sollte sich erst etwas in die Sache vertiefen, bevor er zu schwatzen beginnt.

Zur Sache: Ist es ein Ausverkauf?

Blocher: Nein. Es wurde kein Unternehmen verkauft. Die Alusuisse hat in ihrer heutigen Grösse keine Chance. Sie kann nur Firmen kaufen oder mit welchen kooperieren. Schon heute sind ja 80 Prozent der Arbeitskräfte im Ausland tätig.

Aber das Unternehmen wurde bisher mehrheitlich von Schweizern geführt.

Blocher:
Ja. Geschäftsentscheide werden jedoch nicht nach nationalen Gesichtspunkten getroffen. Glauben Sie, dass bei internationalen Unternehmen einer in der Schweiz investiert, nur weil er Schweizer ist? Im Übrigen ist der Chef von Alusuisse ein Italokanadier.

Hat der Unternehmer Blocher keine nationalen Gefühle?

Blocher: Mir liegt die schweizerische Mentalität am nächsten. Ich hätte Angst, wenn eine amerikanische Firma gekommen wäre. Denn die Amerikaner denken ganz anders. Aber die Bayern kenne ich gut. Mit ihnen arbeite ich gerne zusammen. Im Übrigen bin ich ja erstaunt über die kritisierenden Chauvinisten, die jetzt plötzlich aus dem Busch kommen.

Viele Kritiker sehen eine Diskrepanz zwischen Ihrem wirtschaftlichen und Ihrem politischen Engagement.

Blocher:
Die Alusuisse wird durch diese Fusion gestärkt; die Schweiz hingegen würde bei einem EU-Beitritt geschwächt. Das ist der Unterschied.

Eine Woche vor Bekanntgabe der Fusion haben Sie in der „Tagesschau“ des Schweizer Fernsehens den Unwissenden gespielt. Nun wirft Ihnen CVP-Präsident Adalbert Durrer vor, Sie hätten das Volk an der Nase herumgeführt.

Blocher: Auch ein Politiker wie Herr Durrer sollte sich die Sache genau anschauen. Die „Tagesschau“ fragte mich nach einer Übernahme der Alusuisse durch die Viag. Davon habe ich wirklich nichts gewusst. Es war ja auch nie eine solche geplant. Wäre ich nach einer Fusion gefragt worden, hätte ich keinen Kommentar abgegeben.

Trifft Sie die Kritik?

Blocher: Das sind doch Peanuts. Ich weiss, was ich getan habe. Nämlich etwas Gutes. Und ich werde mich dafür einsetzen, dass die Alusuisse gestärkt wird. Garantieren kann ich nichts. Aber bis jetzt sind mir die risikoreichen Sachen stets gelungen.

Gerüchteweise hört man, es sei Ihnen gesundheitlich schon besser gegangen.

Blocher:
Jetzt kommen Sie auch noch mit dem. Ich soll ja offenbar Leberkrebs haben. Diese Freude kann ich meinen Gegnern aber nicht machen. Gerne verkünde ich hiermit: Ich bin sehr gut „zwäg“.

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