Pressekonferenz: Christoph Blocher in den Ständerat. Die Gründe.

Interview mit «Schaffhauser Nachrichten» vom 16. August 2011

Herr Blocher, der Kanton Zürich erwirtschaftet rund einen Fünftel des Bruttoinlandproduktes und trägt einen Viertel der Steuerlast. Gelingt es ihm derzeit, sich in Bern angemessen Gehör zu verschaffen?
Blocher: Insbesondere im Ständerat könnte man wesentlich mehr herausholen. Man muss die wirtschaftliche Bedeutung Zürichs und der positive Einfluss für die Schweiz stärker betonen. Nehmen wir den Flugverkehr: Es ist doch einfach nicht einzusehen, weshalb ausgerechnet die am dichtesten besiedelten Gebiete als Anflug- und in Zukunft auch als Abflugschneise dienen sollen. Gleichzeitig wird die bautenfreie Schneise nicht benutzt, weil die Deutschen das so wollen. Nun will Deutschland mit der Schweiz einen Vertrag für eine Abgeltungssteuer abschliessen. Da muss man doch sagen „die Schweiz kommt Euch entgegen, sie bringt Euch Milliarden, aber jetzt muss auch im Flugbereich etwas passieren“. Dafür muss sich der Kanton Zürich stark machen. Die ganze Schweiz ist doch auch daran interessiert, dass der Flughafen Zürich erhalten bleibt. Denn die meisten – zumindest aus der Deutschschweiz – fliegen von hier ab.

Das heisst, Sie wären dafür, dass in der Aussenpolitik mehr Paketlösungen verhandelt werden?
Blocher: Ja. In diesem Fall sollte man zu Gunsten des Flughafens und der Flughafenregion ein Flughafenabkommen als Bedingung fordern. Solche Gelegenheiten gibt es nicht viele. Schon als die Swiss an die Lufthansa verkauft wurde, war ich der Meinung, dass man zuerst die Flughafenfrage klären sollte.

Als Chef-Stratege sind Sie in Ihrer Partei eine zentrale Figur. Was sagen sie zur Befürchtung einiger Kritiker, Sie könnten sich im Ständerat vor allem für parteipolitische Belange und weniger für den Kanton Zürich einsetzen?
Blocher: Die SVP setzt sich wie ich für die Schweiz ein. Das ist deckungsgleich. Auch als Ständerat bin ich für die Unabhängigkeit der Schweiz und gegen die Masseneinwanderung. Das ist ein Anliegen im Interesse der Schweiz und eine Forderung der SVP. Daneben gibt es Dinge, zu denen sich die Partei nicht äussert, die ich als Ständerat vertreten würde. Ein Beispiel wäre eben die Kopplung der Flughafenfrage mit der Abgeltungssteuer. In dieser Frage vertrete ich spezifisch den Kanton Zürich.

Die SVP will in allen Kantonen für den Ständerat antreten. Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass sie Sitze hinzugewinnen kann?
Blocher: Es wird schwierig, denn in den meisten Kantonen treten wir nämlich gegen Bisherige an, was nie einfach ist. Doch unser jetziges Engagement ist auch für die kommenden Jahre von Bedeutung.

Im Kanton Zürich ist Ueli Maurer 2007 gegen Verena Diener gescheitert. Wieso soll es der SVP nun gelingen, den Sitz zurückzuerobern?
Blocher: Von bürgerlicher Seite spüren wir Neid und Missgunst. Die FDP hat Wähleranteile verloren, während wir zugelegt haben. Das gibt keine Sympathien. Aber die Migrationsfrage und die Unabhängigkeit der Schweiz bringt uns in der Bevölkerung viel Sympathie. Sie ist breiter als vor vier Jahren.

Die FDP hat sich gegen einen gemeinsamen Wahlkampf entschieden. Sind da noch Animositäten im Spiel?
Blocher: Es scheint so. Wir denken jedenfalls nicht so kleinlich, parteipolitisch. Immerhin unterstützt hier auch ein breitabgestütztes überparteiliches Komitee meine Kandidatur.

Die Schweizer Wirtschaft leidet zurzeit unter dem starken Franken. Wie beurteilen Sie das Vorgehen des Bundesrates in dieser Frage?
Blocher: Vom Bundesrat hat man in dieser Sache nicht viel gehört. Er musste auch nicht viel machen. Was er nun von sich gibt, ist eher etwas zwiespältig. Handeln muss in dieser Krisensituation in erster Linie die Nationalbank. Bei den Massnahmen, die diese nun beschlossen hat, habe ich – im Gegensatz zum letzten Jahr – ein gutes Gefühl. Der Franken ist schon um 10 Prozent schwächer geworden; das stimmt zuversichtlich.

Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass eine Wechselkursuntergrenze festgelegt wird. Wo müsste diese liegen?
Blocher: Die Nationalbank muss eine Untergrenze ins Auge fassen und gut abwägen, was es leiden mag. Ich nehme an, sie hat für sich schon eine Untergrenze definiert. Den Finanzmärkten sollte sie diese aber nicht bekannt geben. Das wäre gefährlich.

Sie waren viele Jahre als Unternehmer tätig. Wie hoch müsste der Franken gegenüber dem Euro sein, damit die Wirtschaft damit leben könnte?
Blocher: Das kommt darauf an, welchen Zeitraum Sie betrachten. Auf lange Sicht ist ein starker Franken nicht problematisch. Das gleicht sich etwa über die Teuerung, die Zinsen und die Importkosten aus. Aber der Staat muss die Rahmenbedingungen verbessern. Er müsste die Unternehmen entlasten. In der Industrie fallen vor allem die Transportkosten ins Gewicht. Aber auch die Stromkosten werden enorm steigen, hier kann und muss der Staat handeln.

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